Normen
UVPG 2000 §3 Abs2;
UVPG 2000 Anh1 Z30;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 14. Jänner 2010 beantragten die Beschwerdeführerinnen die wasserrechtliche und elektrizitätsrechtliche Bewilligung für die Errichtung des S-Kraftwerkes "S" bei Fluss-km 100,791 mit einer Engpassleistung von 14,5 MW (im Folgenden: KW S).
Am 17. Mai 2010 brachte die mitbeteiligte Partei einen Feststellungsantrag gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (im Folgenden: UVP-G 2000) bei der Salzburger Landesregierung ein. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass die projektierte Engpassleistung in Höhe von 14,5 MW nur knapp den einschlägigen UVP-Schwellenwert gemäß Anhang 1 Z 30 UVP-G 2000 in Höhe von 15 MW verfehle. Auf Grund der technischen Schwankungsbreite wäre die Kontrolle der Einhaltung der beantragten Kapazität praktisch und wirtschaftlich nicht effektiv durchführbar. Die Differenz zum gesetzlichen Schwellenwert sei als Toleranzschwelle einzustufen, weshalb auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse.
Darüber hinaus wurde vorgebracht, es sei evident, dass die bereits flussaufwärts bestehenden Kraftwerke sowie das geplante KW S in einem räumlichen Zusammenhang stünden und daher auf Grund der Kumulationsbestimmung des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 eine Einzelfallprüfung durchzuführen sei.
Zu diesem Antrag wurde von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 14. Juni 2010 festgestellt, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Weder sei eine Überschreitung des einschlägigen Schwellenwertes von 15 MW gegeben noch kumuliere das Vorhaben in Ermangelung eines räumlichen Zusammenhangs mit anderen Wasserkraftwerken.
Der von der Salzburger Landesregierung beigezogene Sachverständige für Limnologie hielt dazu in seinem Gutachten vom 2. Juni 2010 fest:
"Aus Sicht des Gewässerschutzes ist das KW S somit weder funktionell noch hinsichtlich seiner Umweltauswirkungen Teil der KW-Kette M, sondern ein eigenständiges Kraftwerk, welches im Sinne des Verbesserungsgebotes soweit optimiert wurde, dass der betroffene Wasserkörper durch das Kraftwerk keine ökologische Beeinträchtigung erfährt, welche das Erreichen des guten ökologischen Zustandes verhindert.
Zahlreiche der vorgesehenen Maßnahmen dienen umgehend der Verbesserung des derzeitigen ökologischen Zustandes."
Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung an die belangte Behörde. In dieser Berufung wurde beantragt, die belangte Behörde möge feststellen, dass das gegenständliche Vorhaben einer Prüfung nach dem UVP-G 2000 zu unterziehen sei, in eventu im Rahmen einer Einzelfallprüfung klären, ob auf Grund der Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
Die mitbeteiligte Partei brachte in ihrer Berufung vor, es sei die Kumulationsbestimmung des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 anzuwenden, weil sich das geplante KW S im räumlichen Zusammenhang mit bestehenden Wasserkraftanlagen befände; im Einzelnen handle es sich um neun oberliegende Kraftwerke an der M mit einer Gesamtleistung von 248,8 MW (namentlich die Wasserkraftwerke X:
120 MW (Speicherkraftwerk); W: 10 MW; Y: 5,1 MW; A: 16,5 MW; B:
16,5 MW; U: 16,5 MW; Bi: 16 MW; K: 17,7 MW; P: 16 MW), welche gemeinsam eindeutig den Schwellenwert von 15 MW überschreiten würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 2011 gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei insofern statt, als festgestellt wurde, dass durch das Vorhaben KW S der Tatbestand des Anhanges 1 Z 30 iVm § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 verwirklicht werde und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.
Begründend führte die belangte Behörde aus:
Der räumliche Zusammenhang des KW S mit der oberliegenden Kraftwerkskette M sei - als Voraussetzung für ein Eintreten in die Einzelfallprüfung - zu bejahen, da das KW S im Anschluss an diese Kraftwerkskette errichtet werden solle und die Kraftwerke zentral gesteuert würden, wobei eine Einbindung des KW S in die Betriebsvorschriften und Wehrbetriebsordnungen der Kraftwerkskette M vorgesehen sei. Da das KW S im Wesentlichen bei konstantem Stauspiegel betrieben werde, müsse die jeweils ankommende Wassermenge des Schwalls aus den Oberliegerkraftwerken verarbeitet und weitergegeben werden. Dadurch wirkten die von der Kraftwerkskette M durch den Schwall-Sunk-Betrieb im Verhältnis 3:1 verursachten hydrologischen und gewässerökologischen Störungen als Vorbelastung ungedämmt und großräumig auf den anschließenden Wasserkörper (WK 305350002) ein, in dem die Realisierung des KW S geplant sei.
Nach Ansicht der belangten Behörde komme es durch das KW S zu einer "faktischen Erweiterung" der bestehenden Kraftwerkskette M, die bereits zum Zweck der Wasserkraftnutzung als erheblich veränderter Wasserkörper (WK 305350001) ausgewiesen sei. Das Hinzutreten des KW S als "Schwallbenutzer" zum Zweck der Wasserkraftnutzung führe dazu, dass der anschließende Gewässerabschnitt (WK 305350002) zusätzlich als erheblich verändert auszuweisen wäre. Dies sei nach Ansicht der belangten Behörde eine Anhäufung von Auswirkungen, die unter den Kumulierungstatbestand des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 zu subsumieren sei, wobei ohne Verwirklichung des Vorhabens KW S eben dort der gute ökologische Zustand nach der Nationalen GewässerbewirtschaftungsplanVO 2009 im Jahr 2015 erreicht und langfristig erhalten werden könne.
Die Kumulierung sei nach Ansicht der belangten Behörde darin zu sehen, dass der WK 305350002, in welchem das KW S realisiert werden solle, auf Grund des durch die Kraftwerkskette M verursachten Schwalls dauerhaft und tiefgreifend verändert sei, sodass nicht nur die Gewässerstrecke der oberliegenden Kraftwerkskette M (als Schwallerzeuger), sondern zusätzlich die anschließende Gewässerstrecke bzw. der WK 305350002 als erheblich verändert auszuweisen wäre. Damit ginge in Verfehlung der verordneten Umweltqualitätsnormen gemäß WRG 1959 und der Nationalen GewässerbewirtschaftungsplanVO 2009 eine weitere in ihrem natürlichen Zustand zu schützende Gewässerstrecke an der M verloren.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zur Gegenschrift der belangten Behörde erstatteten die beschwerdeführenden Parteien eine Äußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Die §§ 2 und 3 UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 87/2009 und Z 30 Spalte 1 des Anhanges 1 einschließlich der Fußnote 7 zu diesem Gesetz lauten auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. (...)
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
(...)
(5) Kapazität ist die genehmigte oder beantragte Größe oder Leistung eines Vorhabens, die bei Angabe eines Schwellenwertes im Anhang 1 in der dort angegebenen Einheit gemessen wird. Anlage ist in diesem Zusammenhang eine örtlich gebundene Einrichtung oder eine in engem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Gesamtheit solcher Einrichtungen, die einem im Anhang 1 angeführten Zweck dient."
"Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d und f, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 12a und § 19 Abs. 2 anzuwenden.
(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.
(...)
(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.
(...)"
"Anhang 1
Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.
In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die 'Neuerrichtung', der 'Neubau' oder die 'Neuerschließung' erfasst.
(...)
| UVP | UVP im fachten | vereinfachten Verfahren |
| Spalte 1 | Spalte 2 | Spalte 3 |
| Wasserwirtschaft |
|
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ZZ 30 | Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW sowie Kraftwerke in Kraftwerksketten *7) ab 2 MW. Ausgenommen sind technische Maßnahmen zur Erhöhung der Engpassleistung oder zur sonstigen Effizienzsteigerung an bestehenden Anlagen, die keine Auswirkungen auf die Restwasserstrecke, die Unterliegerstrecke oder das Stauziel haben, sowie alle Maßnahmen, die zur Herstellung der Durchgängigkeit vorgenommen werden. |
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|
(...)
*7) Unter einer Kraftwerkskette ist eine Aneinanderreihung von zwei oder mehreren Stauhaltungen zur Nutzung der Wasserkraft ohne dazwischenliegende freie Fließstrecke, berechnet auf Basis der Ausbauwassermenge, von zumindest 2 km Länge zu verstehen.
(...)"
Wie aus der Begründung des Initiativantrages 168 BlgNR XXI. GP, A. Allgemeiner Teil, 1. EU-Umsetzungserfordernisse, hervorgeht, ermöglicht § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 den Behörden, "einer Umgehung der UVP durch Aufsplittung von Vorhaben auf mehrere Betreiber im Einzelfall entgegenzutreten, aber auch, unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung oder Errichtung die kumulative Wirkung gleichartiger Vorhaben zu erfassen. Auch Planungen von Vorhaben unter dem jeweiligen Schwellenwert unterliegen somit der Einzelfallprüfung, wenn gemeinsam mit anderen Vorhaben, die in räumlicher Nähe bestehen oder gleichzeitig verwirklicht werden, der Schwellenwert erreicht wird. Sind auf Grund der Kumulationswirkung mit anderen Projekten erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten, so wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das neu hinzutretende Vorhaben durchzuführen sein. Ähnlich wie bei Änderungen ist auch hier eine UVP-Pflicht für Kleinvorhaben (unter 25 % des jeweiligen Schwellenwertes) ausgeschlossen; es handelt sich dabei somit um eine Mindestschwelle, unter der keine Einzelfallprüfung durchzuführen ist." (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 7. September 2004, Zl. 2003/05/0218, und vom 31. Juli 2007, Zl. 2006/05/0221)
Voraussetzung für die Durchführung einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 ist somit, dass das geplante KW S mit anderen Kraftwerken in einem räumlichen Zusammenhang steht.
Die Beurteilung, ob einzelne Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang zueinander stehen, ist einzelfallbezogen durchzuführen. Maßgeblich ist, ob es durch die verschiedenen Eingriffe gleichartiger Vorhaben zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinne kumulativer und additiver Effekte kommen kann (vgl. Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G-Kommentar3, Rz 10 zu § 3, 72). Entscheidend ist jener Bereich, in dem sich die maßgeblichen Umweltauswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben erwartungsgemäß überlagern werden. Dabei sind nicht fixe geographische Parameter ausschlaggebend. Der räumliche Zusammenhang ist vielmehr schutzgutbezogen zu beurteilen; dieser wird je nach Vorhaben und Schutzgut unterschiedlich weit sein (vgl. Schmelz/Schwarzer, Kommentar zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, 2011, Rz 27 zu § 3).
Kann es zu einer derartigen Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinne kumulativer Effekte jedoch nicht kommen und liegt somit kein räumlicher Zusammenhang vor, so sind auch die Voraussetzungen für die Durchführung einer Einzelfallprüfung nicht gegeben.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde im Abschnitt 5.2. (Seite 43) auf den räumlichen Zusammenhang im Sinne des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 ein und versucht zu begründen, warum ein solcher vorliegt.
Die belangte Behörde sieht nun einen räumlichen Zusammenhang darin gegeben, dass das KW S im Anschluss an die Kraftwerkskette M errichtet werden solle, wobei die Kraftwerke zentral gesteuert würden und eine Einbindung des KW S in die Betriebsvorschriften und Wehrbetriebsordnungen der Kraftwerkskette M vorgesehen sei. Die von der Kraftswerkskette M durch den Schwall-Sunk-Betrieb im Verhältnis 3:1 verursachten hydrologischen und gewässerökologischen Störungen würden als Vorbelastung ungedämmt und großräumig auf den anschließenden Wasserkörper (WK 305350002) einwirken, in welchem die Realisierung des KW S als "Schwallbenutzer" geplant sei und nach der Nationalen GewässerbewirtschaftungsplanVO 2009 der gute ökologische Zustand bis 2015 hergestellt sein müsse.
Diese Ausführungen sind jedoch nicht geeignet, einen räumlichen Zusammenhang des KW S mit den Kraftwerken der M dazutun.
Die abgestimmte Betriebsweise des KW S mit den Oberliegerkraftwerken sagt als solche nichts darüber aus, ob ein räumlicher Zusammenhang gegeben ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob es durch Eingriffe des KW S und der bestehenden Kraftwerke zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinne kumulativer und additiver Effekte kommen kann. Das Umsetzen einer abgestimmten Betriebsweise hat aber - wie die beschwerdeführenden Parteien zutreffend ausführen - gerade nichts mit einer Überlagerung von Wirkungsebenen etwaiger Eingriffe zu tun: Es geht dabei ausschließlich darum, dass sich Kraftwerke, welche sich in einem Fluss befinden, hinsichtlich ihrer Betriebsvorschriften und Wehrbetriebsordnungen aufeinander abstimmen. Dies trägt für sich genommen noch gar nichts zur Beantwortung der hier relevanten Frage bei, ob sich die maßgeblichen Umweltauswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben erwartungsgemäß überlagern würden.
Ein solches Verständnis des an sich "restriktiv" auszulegenden Kumulierungstatbestandes (vgl. die Begründung des Initiativantrages 168 BlgNR XXI. GP, B. Besonderer Teil, zu § 3) ist dem Gesetz nicht zu unterstellen.
Was die Argumentation der belangten Behörde mit dem Schwall betrifft, ist nicht verständlich, inwiefern dadurch ein räumlicher Zusammenhang in dem Sinn bestehen soll, dass es zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen der bestehenden Kraftwerkskette und des geplanten KW S im Sinne kumulativer und additiver Effekte kommen kann, da zwar ein Schwall von den Oberliegerkraftwerken weitergegeben, gleichzeitig aber auch unstrittig dieser Schwall durch das KW S in keiner Weise negativ (also schwallverstärkend) beeinflusst wird.
Das Verfahren vor der belangten Behörde hat nämlich ergeben, dass es durch das KW S hinsichtlich des Schwalls zu keinen zusätzlichen Auswirkungen kommt, da durch das KW S keine Verstärkung des Schwalls erfolgt (Gutachten des von der belangten Behörde bestellten Sachverständigen Dr. W. vom 21. Februar 2011, S. 2). Oberhalb des Stauraums des KW S wird die verbleibende freie Fließstrecke nicht anders als jetzt vom Schwall beeinträchtigt (Gutachten Dris. W. vom 21. Februar 2011, S. 7), die Schwallbelastung wird unverändert in das Unterwasser abgegeben (Gutachten Dris. W. vom 21. Februar 2011, S. 6). Das KW S wird lokal im Stauraum sogar positive Wirkungen zur Behebung oder Verringerung der speziell aus der Wasserkraftnutzung herrührenden Schwallbelastung leisten, für den überwiegenden Teil der Strecke bleibt die Belastung hingegen die gleiche (Gutachten Dris. W. vom 21. Februar 2011, S. 8).
Ebenso kommt das von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegte Gutachten von Dr. P. "Kraftwerk S - Fragenbeantwortung zum Gutachten Dr. W" (März 2011) auf S. 5 zum Ergebnis, dass das KW S mit Ausnahme lokaler positiver Wirkungen im Stauraum keinerlei Einfluss auf die bereits bestehende Schwallsituation hat.
Basierend auf diesen Ermittlungsergebnissen halten die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Beschwerde zutreffend fest, dass das KW S in Hinblick auf den Schwall geringfügig positive Auswirkungen im Stauraum aufweise, jedenfalls aber keine negativen Auswirkungen habe. In dieser Bewertung stimmen alle Gutachter überein. Voraussetzung für eine etwaige Kumulierung des KW S mit den oberliegenden Kraftwerken hinsichtlich des Schwalls müsste aber sein, dass das KW S etwaige negative Auswirkungen auf den Schwall hätte. Genau dies liegt aber nach übereinstimmenden Aussagen der Gutachter nicht vor.
Schließlich erwähnt die belangte Behörde auch noch, dass nach der Nationalen GewässerbewirtschaftungsplanVO 2009 der gute ökologische Zustand hergestellt sein muss, stellt aber auch hier nicht den erforderlichen nachvollziehbaren Zusammenhang zum räumlichen Zusammenhang im oben dargestellten Sinn her.
Die belangte Behörde führt auch aus, es würde durch das KW S zu einer "faktischen Erweiterung" der Kraftwerkskette M kommen. Obwohl die belangte Behörde in ihrem Spruch die UVP-Pflicht des KW S nicht deswegen bejahte, weil das KW S Teil einer Kraftwerkskette sei, verwendet die belangte Behörde den Rechtsbegriff der Kraftwerkskette hier in missverständlicher Art und Weise, worauf die beschwerdeführenden Parteien zutreffend verweisen.
Der Begriff der Kraftwerkskette hat einen durch Anhang 1 Z 30 UVP-G 2000 klar abgesteckten Bedeutungsinhalt, wonach darunter eine Aneinanderreihung von zwei oder mehreren Stauhaltungen zur Nutzung der Wasserkraft ohne dazwischenliegende freie Fließstrecke, berechnet auf Basis der Ausbauwassermenge, von zumindest 2 km Länge zu verstehen ist.
Zur räumlichen Entfernung hält der Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 14. Juni 2010 (S. 23) gestützt auf die Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen unwidersprochen fest, dass das projektierte KW S (Kraftwerksachse bei Fluss-km 100,791) mit der Staubeeinflussung bis Flusskm 104,300 reicht. Die Unterwassereintiefung des flussaufliegenden Kraftwerkes P (Kraftwerksachse bei Fluss-km 110,295) endet bei Fluss-km 108,095 (vgl. zur Maßgeblichkeit der Unterwassereintiefung das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2013, Zl. 2011/07/0160). Es liegt somit eine fast 4 km lange, von beiden Projekten unbeeinflusste Fließstrecke vor.
Im Ergebnis kommt es daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde zu keiner (auch keiner "faktischen") Erweiterung der Kraftwerkskette M.
Auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse hätte die belangte Behörde bereits wegen des Fehlens eines räumlichen Zusammenhangs eine UVP-Pflicht des KW S verneinen müssen.
Da die belangte Behörde unzutreffend vom Vorliegen eines räumlichen Zusammenhanges ausgegangen ist, hat sie in weiterer Folge umfassende Ausführungen im Rahmen der Einzelfallprüfung getroffen. Da bereits ein räumlicher Zusammenhang nicht zu bejahen ist, ist auf diese Ausführungen der belangten Behörde und die sie bekämpfenden Beschwerdeausführungen nicht mehr einzugehen.
Das zum angefochtenen Bescheid führende Verfahren hat keine in einer etwaigen Kumulierungsbetrachtung zu berücksichtigenden "Auswirkungen" des KW S ergeben.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-AufwandersV, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Parteien war abzuweisen, weil an Schriftsatzaufwand lediglich der in der genannten Verordnung erwähnte Pauschbetrag zusteht, in welchem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0134).
Wien, am 24. Juli 2014
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