VwGH 2010/15/0122

VwGH2010/15/012220.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der G P in H, vertreten durch die LBG Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH in 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 27. Mai 2010, Zl. RV/0357-W/05, betreffend Einkommensteuer 1996 bis 1999, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §37 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2010150122.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin, die im Streitzeitraum Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte, welche aus ihrem Forstbetrieb sowie aus dem Forstbetrieb der Gemeinschaft P und Mitbesitzer stammten, wurde im Zeitraum 2001 bis 2004 eine Betriebsprüfung durchgeführt, die u.a. die Jahre 1996 bis 1999 umfasste. Die Prüferin stellte u.a. fest, dass die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum für in ihrem Alleineigentum stehende, forstwirtschaftlich genutzte Grundflächen Entschädigungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Nationalparks erhalten habe, die - mit Beträgen von 775.739 S jährlich - als Einkünfte aus dem Forstbetrieb der Beschwerdeführerin zu erfassen seien.

Das Finanzamt folgte der Prüferin und erließ, nach teilweiser Wiederaufnahme der Verfahren, u.a. Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1999, in denen es die von der Prüferin ermittelten Einkünfte aus dem Forstbetrieb der Beschwerdeführerin und die gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünfte aus dem Forstbetrieb der Gemeinschaft P und Mitbesitzer als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfasste.

Die Beschwerdeführerin berief gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1999 und führte in der Berufung aus, das Finanzamt habe aus Anlass der Betriebsprüfung die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wie folgt festgestellt:

 

1996

1997

1998

1999

Eigener Forstbetrieb

640.331,00

187.701,00

308.420,00

238.446,00

abzgl. Wartetastenverlust

- 470.174,00

   

Tangente P und Mitbesitzer

309.940,00

356.876,00

114.151,00

102.989,00

Einkünfte aus L & F

480.097,00

544.577,00

422.571,00

341.435,00

     

Da die Beschwerdeführerin in ihrem Forstbetrieb 1996 (355.086,93 S), 1997 (304.607,22 S), 1998 (13.678,78 S) und 1999 (84.061,19 S) begünstigungsfähige Einkünfte iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988 (Kalamitätsnutzungen) erzielt habe, werde beantragt, diese mit dem Hälftesteuersatz zu besteuern, soweit sie in den Einkünften aus dem Forstbetrieb der Beschwerdeführerin Deckung fänden. Dies treffe auf Einkünfte wie folgt zu:

 

1996

1997

1998

1999

Einkünfte Forstbetrieb

170.157,00

187.701,00

308.420,00

238.446,00

davon § 37 Abs. 6 EStG

170.157,00

187.701,00

13.678,78

84.061,00

     

Dass in den Einkünften aus dem Forstbetrieb der Beschwerdeführerin auch Entschädigungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Nationalparks enthalten seien, stehe einer Begünstigung der Einkünfte iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988 nicht entgegen, weil die Entschädigungen zweifelsfrei zu den Einnahmen aus dem Forstbetrieb zählten.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und führte begründend hierzu aus, dass der Verlustausgleich auch für die Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988 gelte. Dabei sei der Verlustausgleich so vorzunehmen, dass nur die begünstigten Waldnutzungen unter den Hälftesteuersatz fielen. Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen seien daher zuerst mit Verlusten aus laufenden Holznutzungen desselben forstwirtschaftlichen Betriebszweiges auszugleichen. Erst danach sei eine Verrechnung mit anderen Einkünften des forstwirtschaftlichen Betriebszweiges vorzunehmen, in dem die Kalamitätsnutzung angefallen sei. "Hinsichtlich der Entschädigungszahlungen, deren Ansatz durch die Betriebsprüfung zu den Gewinnen führte, für welche nunmehr die begünstigte Besteuerung gemäß § 37 Abs. 6 EStG 1988 beantragt wird, liegen keinesfalls Einkünfte aus Holznutzungen vor. Eine Versteuerung dieses Gewinnes mit dem begünstigten Hälftesteuersatz käme einer unzulässigen Übertragung der Begünstigung auf diese Entschädigungszahlen gleich und ist nicht zulässig."

Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte im Vorlageantrag ergänzend aus, sie habe kein Ansinnen, andere als die unbestritten berechneten Einkünfte aus der Schadholznutzung mit dem Halbsteuersatz zu besteuern, gestellt. Der Wortlaut des § 37 Abs. 6 EStG 1988 sehe vor, dass Einkünfte aus besonderer Waldnutzung dem halben Einkommensteuersatz zu unterziehen seien, soweit sie in den Einkünften aus dem Forstbetrieb Deckung fänden. Die Entschädigungszahlungen stellten forstliche Einnahmen und damit einen Teil der forstlichen Einkünfte dar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung, nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens und einer mündlichen Berufungsverhandlung, als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass die "Einkünfte des Forstbetriebes (der Beschwerdeführerin) aus Waldnutzung infolge höherer Gewalt" im Jahr 1996 355.086,93 S, im Jahr 1997 304.607,22 S, im Jahr 1998 13.678,78 S und im Jahr 1999 84.061,19 S betragen haben und vertrat, wie zuvor das Finanzamt, die Auffassung, dass Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988 vorrangig mit Verlusten aus forstwirtschaftlichen Leistungen zu verrechnen seien. Die Entschädigungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Nationalparks stellten keine Einnahmen aus forstwirtschaftlichen Leistungen, sondern eine Abgeltung vermögensrechtlicher Nachteile aus Nutzungsbeschränkungen auf unter Naturschutz gestellten Waldflächen dar. Ohne die Entschädigungen habe die Beschwerdeführerin in ihrem Forstbetrieb in allen Jahren Verluste erzielt. Daher verbleibe für eine Halbsatzbesteuerung kein Raum.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 3.Teilstrich EStG 1988 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 2/2001, ermäßigt sich der Steuersatz für "Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6)" auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

Nach § 37 Abs. 6 leg. cit. liegen Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen nur vor, wenn für das stehende Holz kein Bestandsvergleich vorgenommen wird und überdies außerordentliche Waldnutzungen oder Waldnutzungen infolge höherer Gewalt vorliegen. Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen sind solche, die aus wirtschaftlichen Gründen geboten sind und über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehen.

Dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 1996 bis 1999 im Rahmen ihres Forstbetriebes Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen im Sinne des § 37 Abs. 6 EStG 1988 erzielt hat, steht außer Streit. Streit besteht darüber, inwieweit die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Jahre 1996 bis 1999 einen mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 iVm Abs. 6 EStG 1988 zu besteuernden Gewinn enthalten.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, "dass Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen im Sinne des Abs. 6 nur insoweit begünstigt sind, als sie vorrangig den Verlust aus anderen Holznutzungsarten und sodann einen weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen angefallen sind, übersteigen". Daher hat sie die im Forstbetrieb der Beschwerdeführerin erfassten Entschädigungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Nationalparks mit der Begründung, diese stellten keine Einnahmen aus forstwirtschaftlichen Leistungen, sondern eine Abgeltung vermögensrechtlicher Nachteile aus einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit dar, bei der Ermittlung der mit dem Halbsatz zu versteuernden Einkünfte nicht vorrangig mit den Verlusten aus der ordentlichen Waldnutzung verrechnet.

Zutreffend zeigt die Beschwerde auf, dass diese Rechtsauffassung nicht dem Gesetz entspricht. Gemäß § 37 Abs. 1

3. Teilstrich EStG 1988 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 2/2001, ermäßigt sich der Steuersatz für "Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6)" auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Dass Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen im Rahmen des innerbetrieblichen Verlustausgleiches vorrangig mit einem Verlust aus Holznutzungsarten und sodann mit einem weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen angefallen sind, zu verrechnen sind, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Nach § 37 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung bleibt es dem Steuerpflichtigen demnach freigestellt, in welcher Reihenfolge er den innerbetrieblichen Verlustausgleich vornimmt. Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 20. März 2014

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