VwGH 2010/13/0154

VwGH2010/13/015424.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Fuchs sowie die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. S in W, vertreten durch Dr. Herbert Gartner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Westbahnstraße 5/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 13. August 2010, Zl. RV/1141- W/07, betreffend Einkommensteuer 2000, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §30 Abs2 Z2;
EStG §30 Abs4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2010130154.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, beim Beschwerdeführer, der u.a. als selbständiger Architekt tätig sei und zudem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele, sei eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt worden. Im Prüfungsbericht vom 14. Juni 2006 sei zu einem "Spekulationsgewinn" im Jahr 2000 festgestellt worden, der Beschwerdeführer habe im Jahr 1989 ein Haus in Wien (N.-Gasse 7) erworben und am 4. Jänner 2000 veräußert. Vom Erwerbszeitpunkt an bis zum Jahr 1993 sei das Gebäude saniert und um einen Zubau erweitert worden. Der Beschwerdeführer habe die Herstellungsaufwendungen gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1988 in Form von Fünfzehntelteilbeträgen geltend gemacht, wodurch sich gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 die Spekulationsfrist auf 15 Jahre verlängert habe. Der Beschwerdeführer habe das Gebäude bisher als selbst hergestelltes Gebäude gewertet, weshalb gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die Spekulationsbesteuerung entfalle. Zum Sachverhalt hätten die Erhebungen der Betriebsprüfung bei der zuständigen Baubehörde ergeben, dass ein Zubau errichtet und weiters nach Abbrechen der bestehenden Dachkonstruktion ein neues Dachgeschoß errichtet worden sei. Das ursprünglich erworbene Gebäude sei im Wesentlichen erhalten geblieben, es sei lediglich eine andere Raumaufteilung vorgenommen worden. Die Einsicht in die Baupläne habe den Erhalt der ursprünglichen Außenmauern des Gebäudes bestätigt. Eine Revitalisierung und ein Ausbau eines bestehenden Gebäudes würden aus diesem noch kein anderes Wirtschaftsgut machen. Die Herstellungskosten seien bei der Ermittlung des Spekulationsgewinnes zu berücksichtigen. Wesentlich sei auch, dass das Gebäude bereits seit 1991 unter Denkmalschutz stehe und ein Abbruch daher nicht möglich gewesen sei. Beim Verkauf des Gebäudes im Jahr 2000 sei somit der Tatbestand der Spekulationsbesteuerung verwirklicht worden, bei dem sich ein Spekulationsgewinn (nach Abzug der Herstellungskosten) in Höhe von rund 3 Mio. S ergeben habe.

Gegen den auf der Grundlage der abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben, in der er darauf hingewiesen habe, dass das strittige Gebäude zum Zeitpunkt der Anschaffung im wirtschaftlichen Sinn als Rohbau zu betrachten gewesen sei. Zum Erwerbszeitpunkt sei in keiner Weise ein fertiges Gebäude vorhanden gewesen, das als solches verwendbar gewesen sei. Genauere Ausführungen würden nachgereicht werden.

Nach Wiedergabe u.a. eines ergänzenden Vorbringens des Beschwerdeführers in einem (in Beantwortung eines Mängelbehebungsbescheides gemäß § 275 BAO eingebrachten) Schriftsatz vom 24. Oktober 2006 wird im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides zu einem in diesem Schriftsatz gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor dem gesamten Berufungssenat ausgeführt, dass ein solcher erst in einem die Berufung ergänzenden Schreiben gestellter Antrag verspätet sei. Ein solcher Antrag müsse nämlich gemäß § 282 Abs. 1 Z 1 und § 284 Abs. 1 Z 1 BAO in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung gestellt werden.

In der Folge traf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (Punkt 8. der Begründung) Feststellungen zum Gebäudeobjekt (und den vorgenommenen Baumaßnahmen) aus den vom Beschwerdeführer im Betriebsprüfungs- und Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen sowie aus den von der belangten Behörde beigeschafften Akten des Bundesdenkmalamtes (Unterschutzstellungsbescheid vom 31. Juli 1991) und der Baubehörde. Dem (der nachträglichen Baubewilligung vom 7. April 2004 zu Grunde liegenden) Einreichplan vom 1. August 2000, in dem die jeweiligen Bauteile mit "Bestand", "Neubau" und "Abbruch" gekennzeichnet seien, könne - so die abschließenden Ausführungen im Punkt 8. - im Wesentlichen "grob zusammengefasst" Folgendes entnommen werden:

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung) sind selbst hergestellte Gebäude (nicht jedoch Grund und Boden) von der Besteuerung als Spekulationsgeschäft ausgenommen.

Zu dieser Befreiungsbestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. September 2001, 98/15/0071, VwSlg. 7649/F, mit näherer Begründung ausgeführt, dass Baumaßnahmen, die zu einer Änderung der Wesensart des Gebäudes führen, zwar (nach § 30 Abs. 4 EStG 1988) bei der Ermittlung der Höhe des Spekulationsergebnisses zu berücksichtigen sind, im Allgemeinen jedoch noch nicht das Tatbestandsmerkmal des "selbst hergestellten Gebäudes" erfüllen. Ein selbst hergestelltes Gebäude im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 liegt nur dann vor, wenn Baumaßnahmen nach der Verkehrsauffassung als Errichtung eines Gebäudes, somit als "Hausbau" und nicht etwa als Haussanierung oder Hausrenovierung angesehen werden. Grundsätzlich erfasst die Befreiungsbestimmung, die aus verfassungsrechtlichen Überlegungen auch nicht weit auszulegen ist, nur die erstmalige Errichtung eines Objektes. Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Februar 2003, 2000/14/0017, bekräftigt und dabei auch betont, dass es für die Beurteilung nicht darauf ankommt, ob das Gebäude (nach dem Vorbringen im damaligen Verwaltungsverfahren ein "Abbruchobjekt") bei seiner Anschaffung "schon verwendbar" war. Eine - sei es auch erhebliche - Erhöhung des Ausmaßes der zu Wohnzwecken nutzbaren Flächen des Gebäudes begründet weiters eine (neue) Herstellung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 noch nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 2004, 99/13/0133). Ein Dachbodenausbau bzw. die Herstellung von Dachgeschoßwohnungen stellt ebenfalls noch keinen "Hausbau" im Sinne der erstmaligen Errichtung eines Gebäudeobjektes dar, selbst wenn die "gesamte Dachhaut" und der Dachstuhl des bisherigen Gebäudes entfernt werden mussten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2012, 2008/13/0128).

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die Arbeiten und Aufwendungen des Beschwerdeführers den "Charakter des rudimentären Altbestands" des (früher einmal auch für Zwecke einer Schlosserei und nunmehr - nach den Baumaßnahmen - als Wohnhaus genutzten) Objekts geändert hätten und jedenfalls dem Begriff des Herstellungsaufwandes zu subsumieren seien, wobei ein solcher Herstellungsaufwand nach der Befreiungsbestimmung von der Spekulationsbesteuerung nicht umfasst sei, ist darauf hinzuweisen, dass die in Rede stehende Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nach der oben zitierten Judikatur die Qualifikation des Herstellungsaufwandes als erstmalige Errichtung eines Objektes selbst ("Hausbau") erfordert, die Herstellungsaufwendungen scheiden im Übrigen ohnedies im Sinne der Bestimmung des § 30 Abs. 4 EStG 1988 aus der Steuerbemessungsgrundlage aus.

Die belangte Behörde hat (worauf sie auch in der Gegenschrift zu Recht verweist) in der Begründung des angefochtenen Bescheides (insbesondere in den Punkten 8. und 10. der Begründung) in nachvollziehbarer Weise unter Darstellung der ihr vorliegenden Unterlagen ausgeführt, weshalb sie davon ausging, dass durch die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Baumaßnahmen die Grundsubstanz des Gebäudes nicht verändert worden ist. Dass der belangten Behörde dabei ein wesentlicher Verfahrensmangel vorzuwerfen wäre, wird durch das unbestimmte Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt, das die Relevanz behaupteter Verfahrensmängel (etwa in Bezug auf das Unterlassen einer amtswegigen Anordnung einer mündlichen Berufungsverhandlung) nicht konkret dartut, beispielsweise zur "Unterlassung der Beiziehung eines gerichtlich beeideten Bausachverständigen" auch kein bestimmtes Beweisthema nennt. Soweit der Beschwerdeführer dabei einer (aus technischer Sicht) "sorgfältigen Rekonstruktion des Zustandes der Liegenschaft und des Zustandes der darauf befindlichen Baulichkeiten im Jahr 1989 entscheidende Bedeutung" zumisst, macht er noch nicht einsichtig, weshalb die belangte Behörde an Hand der ihr vorliegenden (und im angefochtenen Bescheid referierten) Unterlagen nach der - allein maßgeblichen - Verkehrsauffassung von einem selbst hergestellten Gebäude im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 hätte ausgehen müssen. Dass die "Außenmauern des Gebäudes stehen gelassen wurden" (und etwa auch "betreffend die Innenwände des fast das ganze Erdgeschoss einnehmenden Raumes keine Änderungen eingetreten" seien), wird in der Beschwerde nicht konkret bestritten. Zur Annahme der nicht veränderten Grundsubstanz des Gebäudes durfte sich die belangte Behörde zu Recht weiters auf die Unterschutzstellung und den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 26. Februar 1992 stützen, woraus die denkmalgerechte Erhaltung des Gebäudes in seiner geschichtlich, künstlerisch und kulturell bedeutenden Substanz (eines Gebäudes aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert) ebenfalls hervorging. Dass ein Dachgeschoßausbau (auch unter Entfernung der Dachhaut) oder eine wesentliche Erweiterung der Nutzflächen für sich noch keinen "Hausbau" im Sinne der erstmaligen Errichtung eines Gebäudeobjektes darstellt, geht auch aus der oben erwähnten Judikatur hervor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 24. September 2014

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