VwGH 2012/22/0028

VwGH2012/22/002820.8.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 8. November 2011, Zl. 159.455/2-III/4/11, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §24 Abs1;
NAG 2005 §64 Abs1;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAGDV 2005 §8 Z7 litb;
UniversitätsG 2002 §52;
VwGG §42 Abs2 Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2012220028.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. April 2011 auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung als Student gemäß § 19 Abs. 3 und § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ab.

Zur Begründung verwies die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer bis 23. April 2011 über eine Aufenthaltsbewilligung als Student verfügt habe. Da der gegenständliche Antrag am 5. April 2011 gestellt worden sei, betreffe das für einen Studienerfolg heranzuziehende vorangegangene Studienjahr den Zeitraum vom 1. März 2010 bis 31. Jänner 2011. Dem Antrag, der Berufung und weiteren Nachreichungen seien insgesamt nur zwei erfolgreich abgelegte Prüfungen, nämlich vom 2. März und 6. März 2010 über insgesamt vier Semesterstunden (sieben ECTS-Anrechnungspunkten), zu entnehmen. Somit habe der Beschwerdeführer nicht die erforderlichen 16 ECTS-Punkte oder acht Semesterstunden erreicht, weshalb die besonderen Voraussetzungen zur Erteilung einer weiteren Aufenthaltsbewilligung als Student nicht gegeben seien.

In der weiteren Begründung verneinte die belangte Behörde das Vorliegen eines unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrundes im Sinne des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist anzumerken, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im November 2011 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 maßgeblich sind.

Gemäß § 64 Abs. 3 NAG ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums nur zulässig, wenn der Fremde nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität oder anderer genannter Institutionen erbringt. Gemäß § 8 Z 7 lit. b NAG-DV ist ein schriftlicher Nachweis über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UniversitätsG, vorzulegen.

Die belangte Behörde erachtete den Zeitraum 1. März 2010 bis 31. Jänner 2011 als maßgebliches Studienjahr. Damit verkannte sie die Rechtslage. Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 beginnt nämlich das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, ist das "vorangegangene Studienjahr" im vorgenannten Sinn bei Antragstellung grundsätzlich dasjenige, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, 2010/22/0036). Im vorliegenden Fall wäre dies das Studienjahr 2009/2010.

Die belangte Behörde hat aber weiters nicht darauf Bedacht genommen, dass bis zu ihrer Entscheidung auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. Im vorliegenden Fall ist dies das Studienjahr 2010/2011. In einem solchen Fall ist es dem Fremden auch möglich, die Verlängerungsvoraussetzung dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr erbringt (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 13. September 2011). Die belangte Behörde hat somit verkannt, dass es dem Beschwerdeführer möglich war, einen Studienerfolg im jüngsten Studienjahr 2010/2011 als Voraussetzung für die Verlängerung des Titels nachzuweisen.

Dieser Rechtsirrtum ist relevant. Der Beschwerdeführer hat nämlich im verwaltungsbehördlichen Verfahren eine "Bestätigung des Studienerfolges im Studienjahr 2010/2011" vorgelegt, wonach er weitere Prüfungen positiv abgelegt habe, die 16 ECTS-Punkten und acht Semesterstunden entsprächen. Somit hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen können, dass der erforderliche Studienerfolg für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nachgewiesen wurde.

Demnach war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Aus diesem Grund kann das weitere Beschwerdevorbringen in Richtung auf das Vorliegen eines unabwendbaren oder unvorhersehbaren Grundes für das Fehlen des Studienerfolges vor dem Studienjahr 2010/2011 und in Richtung einer Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. August 2013

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