Normen
AVRAG 1993 §7h;
AVRAG 1993 §7i Abs3;
AVRAG 1993 §7i Abs8;
B-VG Art131 Abs2;
KollV Bauindustrie Baugewerbe §5 Z15;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47 Abs4;
VwRallg;
AVRAG 1993 §7h;
AVRAG 1993 §7i Abs3;
AVRAG 1993 §7i Abs8;
B-VG Art131 Abs2;
KollV Bauindustrie Baugewerbe §5 Z15;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Aufwandersatzbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 19. Dezember 2011 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH mit Sitz an einer näher bezeichneten Adresse in Graz und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft zu verantworten, dass vier namentlich genannte Arbeitnehmer in jeweils näher bezeichneten Zeiträumen zwischen 4. Mai und 30. Juni 2011 von der H. GmbH zu einem Bruttostundenlohn von EUR 10,21 beschäftigt worden seien, obwohl Arbeitgeber verpflichtet seien, zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten. Das den genannten Arbeitnehmern nach dem Kollektivvertrag Baugewerbe und Bauindustrie als Facharbeiter zustehende Entgelt habe EUR 12,-- pro Stunde betragen. Der Mitbeteiligte habe dadurch § 7i Abs. 3 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) iVm. § 9 VStG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 3.000,--, in Ansehung des vierten Arbeitnehmers in Höhe von EUR 2.000,--, verhängt würden (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 3 Tage bzw. in Ansehung des vierten Arbeitnehmers 2 Tage).
Mit Bescheid vom 18. Juni 2012 gab der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark (UVS) nach Durchführung einer Verhandlung der Berufung des Mitbeteiligten Folge, behob das erstinstanzliche Straferkenntnis zur Gänze und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 erster Fall VStG ein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Das AVRAG lautet (auszugsweise):
"Feststellung von Übertretungen durch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse
§ 7h. Stellt die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse im Rahmen ihrer Tätigkeit fest, dass der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in im Sinne des Abschnitts I BUAG oder im Sinne des § 33d BUAG nicht zumindest den nach Gesetz, Kollektivvertrag oder Verordnung zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien leistet, gilt § 7e Abs. 3, Abs. 4 letzter Satz und 5 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Kompetenzzentrums LSDB die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse tritt.
Strafbestimmungen
§ 7i.
…
(3) Wer als Arbeitgeber/in ein/en Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.
(4) Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde fest, dass die Unterschreitung des Grundlohns gering oder das Verschulden des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin geringfügig ist, hat sie von der Verhängung einer Strafe abzusehen, sofern der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt binnen einer von der Behörde festzusetzenden Frist nachweislich leistet und eine solche Unterschreitung des Grundlohns durch den/die Arbeitgeber/in das erste Mal erfolgt. Hat das Kompetenzzentrum LSDB, der zuständige Krankenversicherungsträger oder die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse bei erstmaliger Unterschreitung des Grundlohns von einer Anzeige abgesehen oder hat die Bezirksverwaltungsbehörde von der Verhängung einer Strafe abgesehen, ist bei der erstmaligen Wiederholung der Unterschreitung zumindest die Mindeststrafe zu verhängen. Im Fall des ersten und zweiten Satzes ist § 21 Abs. 1 VStG nicht anzuwenden. Weist der/die Arbeitgeber/in der Bezirksverwaltungsbehörde nach, dass er/sie die Differenz vom tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt geleistet hat, ist dies bei der Strafbemessung strafmildernd zu berücksichtigen.
(5) Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 beträgt ein Jahr.
…
(8) Im Fall des Abs. 3 in Verbindung mit § 7h kommt der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse Parteistellung und die Berechtigung zu, gegen Entscheidungen Rechtsmittel und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
..."
2. Die - im Hinblick auf § 7i Abs. 8 AVRAG zulässige - Beschwerde ist begründet.
2.1. Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheids - nach Wiedergabe der Angaben der in der Verhandlung einvernommenen Zeugen und des Mitbeteiligten - davon aus, dass die vier Arbeitnehmer auf der Baustelle, auf der die Kontrolle stattgefunden habe, "im Rahmen dieser Baustelle Maurerarbeiten von äußerst mangelhafter Qualität durchgeführt" hätten, wobei diese Arbeiten so wenig fachkundig gewesen seien, dass bereits errichtete Mauern wieder abgebaut und neu hätten aufgezogen werden müssen. Die vier Arbeitnehmer hätten die von Maurern zu erwartende Arbeitsleistung nicht erbracht und insgesamt fehlerhaft gearbeitet. Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, es habe sich dabei nicht nur um Hilfsarbeitertätigkeiten gehandelt, hätten nicht festgestellt werden können.
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt dahin, dass maßgeblich für die Einstufungsmodelle der Kollektivverträge die tatsächliche Tätigkeit des Arbeitnehmers sei. Der Grundsatz, dass sich die Einstufung in eine bestimmte Verwendungsgruppe eines Kollektivvertrags nach den tatsächlich geleisteten Diensten richte, gelte jedoch nicht, wenn der Kollektivvertrag zumindest auch formale Voraussetzungen für die Einstufung festlege. Der einschlägige Kollektivvertrag für Baugewerbe und Bauindustrie unterscheide zwischen Facharbeitern und Hilfsarbeitern. Der Begriff "Facharbeiter" werde stets an die erfolgreiche Ablegung einer Lehrabschlussprüfung geknüpft (Hinweis auf § 21 Abs. 3 lit. b des Berufsausbildungsgesetzes (BAG)). Der gesetzliche Begriff des Facharbeiters setzte somit eine erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung voraus, nur eine solche vermöge eine Entlohnung als Facharbeiter zu begründen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 2011, Zl. 2008/08/0096).
Im vorliegenden Fall sei von entscheidender Bedeutung, ob die vier Arbeitnehmer aufgrund ihres erlernten Berufs bzw. ihrer auf der gegenständlichen Baustelle tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Facharbeiter zu entlohnen gewesen wären. Hinsichtlich der Qualifikation der Arbeitnehmer hätten keine Feststellungen getroffen werden können, hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten sei, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Mängelrügen, von mangelnder Facharbeiterqualifikation auszugehen. Der Tatvorwurf einer Unterbezahlung der Arbeitnehmer durch den Mitbeteiligten sei somit nicht aufrechtzuerhalten.
Auch in der Gegenschrift vertritt die belangte Behörde die Auffassung, die vier Arbeitnehmer hätten keinesfalls eine solche Arbeit geleistet, welche "der eines Facharbeiters" gleichkomme.
2.2. Die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, dass die belangte Behörde von einer unrichtigen Rechtsauffassung geleitet ist.
2.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits erwähnten Erkenntnis - betreffend Zuschlagsleistung gemäß § 25 BUAG - vom 16. März 2011, Zl. 2008/08/0096, (auszugsweise) Folgendes ausgeführt:
"Für die Auslegung des normativen Teiles eines Kollektivvertrages sind die §§ 6 ff ABGB maßgebend. Nach § 6 ABGB darf einem Gesetz (einem Kollektivvertrag) in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Demgemäß hat jede Interpretation zunächst mit der wörtlichen Auslegung der strittigen Norm 'in ihrem Zusammenhang', das heißt unter Beachtung der sachlich zusammengehörigen Normen, und der darin zum Ausdruck kommenden 'Absicht des Gesetzgebers' (der Kollektivvertragsparteien) zu beginnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2009, Zl. 2007/08/0189; vgl. auch RIS-Justiz RS0008807, RS0010088).
Abgesehen von allgemeinen gesetzlichen Schranken sind die Parteien des Kollektivvertrages grundsätzlich frei, über die Voraussetzungen der Einstufung (also die Zuordnung eines konkreten Arbeitsverhältnisses zu den im Kollektivvertrag geregelten Mindestlöhnen) zu entscheiden. Maßgeblich für die Einstufungsmodelle der Kollektivverträge ist die Tätigkeit des Arbeitnehmers. Für die Einstufung kommt es daher in der Regel auf die Tätigkeitsmerkmale, auf den Inhalt der Arbeit und auf die tatsächlich vorwiegend ausgeübte Tätigkeit an. Die Kollektivverträge können aber außer auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers auch auf die (facheinschlägige) Ausbildung oder auf eine unabhängig vom tatsächlichen Tätigkeitsbereich ausgeübte formale Funktion des Arbeitnehmers im Betrieb als Voraussetzung für die Einstufung abstellen. Der Grundsatz, dass sich die Einstufung in eine bestimmte Verwendungsgruppe eines Kollektivvertrages nach den tatsächlich geleisteten Diensten richtet, gilt nicht, wenn der Kollektivvertrag (zumindest auch) formale Voraussetzungen für die Einstufung ausdrücklich festlegt (vgl. das Urteil des OGH vom 18. Juni 2009, Zl. 8 ObA 20/09p, mwN; vgl. auch Resch, Die Einstufung im Kollektivvertrag, wbl 1999, 237 ff).
Der hier zu beurteilende Kollektivvertrag für Hafner-, Platten- und Fliesenlegergewerbe bzw. dessen Beilage (Lohnordnungen und rahmenrechtliche Änderung) unterscheidet zwischen Facharbeitern (diese abgestuft nach den Verwendungsjahren), qualifizierten Helfern und Helfern. Zum Begriff 'Facharbeiter' findet sich in dieser Lohnordnung noch der Verweis 'Hafner-, Platten- und Fliesenleger', darüber hinaus finden sich aber weder im Kollektivvertrag noch in der Lohnordnung Einstufungskriterien (wie etwa Tätigkeitsmerkmale).
Der Begriff 'Facharbeiter' wird vom Gesetzgeber - soweit überblickbar - stets an die erfolgreiche Ablegung einer Lehrabschlussprüfung angeknüpft. So sind gemäß § 21 Abs. 3 lit. b BAG Personen, die eine Lehrabschlussprüfung erfolgreich abgelegt haben, berechtigt, sich als Facharbeiter oder als Gesellen oder mit der Berufsbezeichnung des Lehrberufes zu bezeichnen. In entsprechender Weise sieht auch § 7 Abs. 3 des Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes (BGBl. Nr. 298/1990 idF BGBl. I Nr. 102/1998) vor, dass die erfolgreiche Ablegung der Facharbeiterprüfung zur Führung der Berufsbezeichnung 'Facharbeiter' in Verbindung mit der Bezeichnung des Lehrberufes berechtigt. Auch § 73 Abs. 3 sowie § 81 Abs. 3 und 4 des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes (BGBl. Nr. 280/1980) knüpfen die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung 'landwirtschaftlicher Facharbeiter' (bzw. 'Forstfacharbeiter' oder 'Forstgartenfacharbeiter') an die erfolgreiche Ablegung der entsprechenden Facharbeiterprüfung.
Der gesetzliche Begriff des 'Facharbeiters' setzt sohin eine erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung (Facharbeiterprüfung) voraus. Eine von einem gesetzlichen Begriff abweichende Bedeutung eines in einem Kollektivvertrag verwendeten Wortes muss aber klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. das Urteil des OGH vom 8. September 1993, Zl. 9 ObA 216/93).
Da die hier anwendbare Lohnordnung - anders als etwa die im Verwaltungsverfahren ebenfalls erwähnte Lohnordnung für das Bauhilfsgewerbe, welche zwischen Facharbeitern mit Lehrabschlussprüfung und Facharbeitern ohne Lehrabschlussprüfung unterscheidet - den Begriff Facharbeiter ohne weitere Einschränkungen verwendet und auch keine Einstufungskriterien enthält, aus denen allenfalls eine andere Bedeutung des Begriffes abgeleitet werden könnte, ist dieser Begriff im hier anzuwendenden Kollektivvertrag im Sinne des gesetzlichen Begriffes dahin auszulegen, dass nur Personen darunter fallen, welche die Lehrabschlussprüfung erfolgreich abgelegt haben (vgl. auch Resch, aaO, 244 zum Arbeiterkollektivvertrag für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie, der freilich in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf eine abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrabschlussprüfung) verweist; der Begriff 'Facharbeiter' wird aber auch dort - in Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Begriff - nur für Personen mit Lehrabschlussprüfung verwendet). Personen, die lediglich die vereinbarte Dauer der Lehrzeit absolviert, die Lehrabschlussprüfung aber nicht erfolgreich abgelegt haben, sind daher der in der Lohnordnung mit Facharbeiter (Hafner, Platten- und Fliesenleger) bezeichneten Lohngruppe nicht zuzuordnen.
Der Kollektivvertrag verweist sohin durch seine begriffliche Anknüpfung an die Terminologie des BAG (auch) auf ein formales Anknüpfungskriterium, sodass es im hier zu beurteilenden Fall (zur Abgrenzung Facharbeiter oder qualifizierter Helfer) nicht allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Dienstnehmers der Beschwerdeführerin ankommt, wobei zu wiederholen ist, dass der Lohnordnung insoweit auch keine anderen Abgrenzungskriterien entnommen werden könnten.
…"
Auf diese Ausführungen bezieht sich zwar auch die belangte Behörde, verkennt aber den Inhalt der im Beschwerdefall maßgeblichen, weil spezielleren Z. 15 des § 5 des einschlägigen Kollektivvertrags für Bauindustrie und Baugewerbe, die wie folgt lautet:
"§ 5. ARBEITSLÖHNE
I. Allgemeine Bestimmungen
…
15. Arbeitnehmer, die zu Arbeiten herangezogen werden, welche einem erlernten Beruf entsprechen, haben für die Dauer dieser Beschäftigung, wenn ihre Arbeit der eines Facharbeiters gleichkommt, Anspruch auf den Lohn des Facharbeiters."
2.2.2. Die belangte Behörde geht selbst davon aus, dass die vier Arbeitnehmer Maurertätigkeiten ausgeführt haben. Aus der Wiedergabe der Angaben der in der Verhandlung einvernommenen Zeugen und des Mitbeteiligten geht auch klar hervor, dass die vier Arbeitnehmer Mauern aufzustellen hatten. In rechtlicher Würdigung ist daher davon auszugehen, dass sie zu Arbeiten herangezogen wurden, die einem erlernten Beruf, nämlich dem des Maurers (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Berufsausbildung im Lehrberuf Maurer/Maurerin (Maurer/Maurerin-Ausbildungsordnung), BGBl. II Nr. 104/2008), entsprechen. Dieser Rechtsauffassung scheint auch die belangte Behörde zu sein.
Unterschiedlich beurteilen die Beschwerde und die belangte Behörde hingegen die Bedeutung der Wendung in Z. 15 "wenn ihre Arbeit der eines Facharbeiters gleichkommt". Während die Beschwerde erkennbar davon ausgeht, dass es nur darauf ankommt, ob die Arbeitnehmer, die zu Maurertätigkeiten herangezogen wurden, diese auch letztlich ausgeführt haben, versteht die belangte Behörde die genannte Wendung als Einschränkung dahin, dass der Facharbeiterlohn nur dann geschuldet wird, wenn der zur Facharbeit herangezogene Arbeitnehmer diese auch in einer bestimmten Qualität, wie sie von einem Facharbeiter zu erwarten ist, bewerkstelligt.
2.2.3. Der belangten Behörde ist zuzugestehen, dass der Wortlaut der genannten Wendung - arg. "gleichkommt" - die von ihr präferierte Auslegung nicht schlechthin ausschließt. Sie übersieht aber, dass diese Auslegung zur Konsequenz hätte, dass die kollektivvertragliche Einordnung und damit der zu zahlende Lohn eines Arbeitnehmers, der ohne formelle Facharbeiterqualifikation zu einer Facharbeit herangezogen wird, erst nach Durchführung der Arbeiten bestimmbar wäre, nämlich nach der Qualität der geleisteten Arbeit bestimmt werden könnte. Der Arbeitnehmer schuldete dann gewissermaßen eine bestimmte Qualität seiner Arbeit, somit einen Erfolg, und nicht, wie dies für den Arbeitsvertrag üblich ist, eine Bemühung, und der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer ohne formelle Facharbeiterqualifikation für Facharbeiten heranzieht, könnte den Facharbeiterlohn gleichsam im Nachhinein, unter Berufung auf behauptete Minderqualität (etwa der aufgestellten Mauer) verweigern. Eine solche Auslegung ist mit dem Telos eines Kollektivvertrags, der den Arbeitgeber verhalten soll, im Vorhinein eine entsprechende Einstufung der vereinbarten Arbeitsleistung vorzunehmen, nicht vereinbar. Aus diesem Grund ist der von der Beschwerde vertretenen Auffassung der Vorzug zu geben. Ein Widerspruch zum Wortlaut der in Rede stehenden Z. 15 besteht dabei insofern nicht, als die genannte Wendung "wenn ihre Arbeit der eines Facharbeiters gleichkommt" zwanglos auch so verstanden werden kann, dass sie den Anspruch auf den Facharbeiterlohn nur davon abhängig macht, ob ein Arbeitnehmer, der zu Arbeiten herangezogen wird, die einem erlernten Beruf entsprechen, diese Arbeiten überhaupt erbracht hat.
2.2.4. Dass die vier Arbeitnehmer im Beschwerdefall Maurerarbeiten erbracht haben, ist auch nach den Bescheidfeststellungen nicht zweifelhaft. Aus den dargelegten Gründen gebührte ihnen demnach der Facharbeiterlohn.
2.3. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Berufung des Mitbeteiligten in Verkennung der Rechtslage stattgegeben wurde, war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Der Antrag auf Aufwandersatz war abzuweisen, weil davon auszugehen ist, dass sich die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin auf § 7i Abs. 8 AVRAG gründet (vgl. hiezu die RV eines Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetzes - LSDB-G, 1076 Blg NR 24. GP, 8) und die Beschwerde als solche nach Art. 131 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren ist. In den Fällen des Art. 131 Abs. 2 gebührt jedoch gemäß § 47 Abs. 4 VwGG dem Beschwerdeführer kein Aufwandersatz.
Wien, am 21. November 2013
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