VwGH 2011/02/0333

VwGH2011/02/033319.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des P. in W., vertreten durch Mag. Peter Skolek, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Wiener Straße 2/1, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 29. August 2011, Zl. MA 65-2060/2011, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Kostenvorschreibung gemäß § 92 Abs. 1 und 3 StVO 1960 (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs5;
AVG §63 Abs5;
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs5;
AVG §63 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 68 (Feuerwehr und Katastrophenschutz), vom 16. März 2011 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 3 StVO 1960 der Kostenersatz für das Entfernen des aus dem dem Kennzeichen nach näher bezeichneten Kraftfahrzeug ausgeflossenen Kraftstoffes von einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr, vorgenommen durch die MA 68 - Feuerwehr und Katastrophenschutz - am 13. März 2011 von 13.23 bis 13.45 Uhr, in der Höhe von EUR 175,26 vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit einem mit 19. März 2011 datierten Schriftsatz Berufung.

Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2011 verwies der Beschwerdeführer - aufgrund einer behaupteten neuerlichen Zustellung des Bescheides vom 16. März 2011 - auf seine bereits gegen diesen Bescheid erhobene Berufung und legte diesem Schriftsatz eine Kopie der Berufung vom 19. März 2011 bei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. August 2011 wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurück.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid sei am 17. März 2011 "dem Zustelldienst" übergeben worden. Die Berufungsfrist habe daher grundsätzlich am 22. März 2011 begonnen und am 5. April 2011 geendet.

Die gegenständliche Berufung sei trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am 27. Mai 2011 mittels E-Mail eingebracht worden. Seitens der Erstbehörde sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3. Juni 2011 mitgeteilt worden, dass entgegen dessen Angaben am Samstag, 19. März 2011, 21.31 Uhr, keine Berufung eingelangt und auch der gegenständliche Bescheid nicht neuerlich versendet worden sei. Beim letzten erhaltenen Behördenschreiben handle es sich vermutlich um eine Mahnung. Mit Schreiben vom 6. Juni 2011 sei das Berufungsschreiben aufrechterhalten worden. Auf die Verspätung der Berufung sei dabei nicht eingegangen worden.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28 Juni 2011 sei dem Beschwerdeführer neuerlich diese Sach- und Rechtslage zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten worden, hiezu binnen zwei Wochen ab Zustellung (unter Hinweis auf die Rechtsfolgen bei fruchtlosem Verstreichen dieser Frist) Stellung zu nehmen und Beweismittel (z.B. Sendeprotokoll, Lese/Empfangsbestätigung) vorzulegen.

In der daraufhin erfolgten Stellungnahme vom 7. Juli 2011 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Bescheid der Erstbehörde am 17. März 2011 zugestellt worden sei und er dagegen am 19. März 2011 eine Berufung mittels E-Mail an eine näher angegebene E-Mail-Adresse der MA 68 gesendet habe. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme zwar angegeben, dass er die Kopien der Berufungen mit Datum und Uhrzeit nachreichen könne, entsprechende Beweismittel seien jedoch trotz zuvor erfolgter Aufforderung nicht übermittelt worden.

Ein Sendeprotokoll mit Angabe der richtigen Empfängeradresse oder eine Lese- oder Empfangsbestätigung seien vom Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Den Angaben der Magistratsabteilung 68, wonach am 19. März 2011 keine Berufung bei der Behörde eingelangt sei, habe daher seitens des Beschwerdeführers nicht in ausreichender Weise entgegengetreten werden können. Der Beschwerdeführer habe somit nicht die vorgehaltene Verspätung der Berufung widerlegen können.

Die belangte Behörde sehe es als erwiesen an, dass die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides spätestens am 22. März 2011 bewirkt worden sei - laut Angaben des Beschwerdeführers sei die Zustellung bereits am 17. März 2011 erfolgt, dies sei aufgrund des Umstandes, dass der gegenständliche Bescheid erst am 17. März 2011 dem Zustelldienst übergeben worden sei, allerdings zu bezweifeln.

Am 22. März 2011 habe die Berufungsfrist von zwei Wochen gemäß § 63 Abs. 5 AVG zu laufen begonnen und am 5. April 2011 geendet, sodass die am 27. Mai 2011 eingebrachte Berufung erst nach Ablauf dieser zweiwöchigen Berufungsfrist und somit verspätet eingebracht worden sei.

Welches behördliche Schreiben der Anlass dafür gewesen sei, dass die Berufung am 27. Mai 2011 der Behörde übermittelt worden sei, habe im Verfahren nicht eruiert werden können. Die Behauptung, der angefochtene Kostenvorschreibungsbescheid sei zweimal zugestellt worden, sei in keiner Weise belegt oder auch nur glaubhaft gemacht worden. Demnach schenke die belangte Behörde den diesbezüglichen Ausführungen der Magistratsabteilung 68 Glauben, wonach eine doppelte Zustellung nicht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, die Ausführungen der belangten Behörde, wonach ein Sendeprotokoll mit Angabe der richtigen Empfängeradresse oder eine Lese- oder Empfangsbestätigung nicht vorgelegt worden sei, sei aktenwidrig.

Der Beschwerdeführer habe die "Berufung vom 27.05.2011" vorgelegt, in der er ausdrücklich im Betreff auf den neuerlich zugestellten erstinstanzlichen Bescheid sowie auf die zweite Zustellung hingewiesen habe. Diese Berufung sei an die ursprüngliche Berufung angehängt worden, sodass für die Behörde klar und deutlich erkennbar gewesen sei, dass die ursprüngliche Berufung am 19. März 2011 an eine näher angegebene E-Mail-Adresse gesendet worden sei. Damit habe der Beschwerdeführer bereits mit Einbringung der 2. Berufung den Nachweis mitgeliefert, dass auch die 1. Berufung eingebracht worden sei.

Es sei somit die Behauptung, dass ein Sendeprotokoll mit Angabe der richtigen Empfängeradresse seitens des Beschwerdeführers nicht vorgelegt worden sei, aktenwidrig und nur damit erklärbar, dass der belangten Behörde der Verwaltungsakt anlässlich der Entscheidung über die Berufung gar nicht vorgelegen habe.

Auch den Ausführungen im Zusammenhang mit der nicht mehr möglichen Eruierung, welches behördliche Schreiben Anlass für die Berufung am 27. Mai 2011 gewesen sei, sei zu entnehmen, dass der erstinstanzliche Verwaltungsakt der belangten Behörde anlässlich der Entscheidung über die Berufung gar nicht vorgelegen sei. Ansonsten bestünde keine Veranlassung dafür, den diesbezüglichen Ausführungen der MA 68 Glauben zu schenken, sondern hätte ein Verweis darauf, dass sich im Akt kein konkreter Hinweis auf eine zweifache Zustellung ergebe, ausgereicht.

Ferner seien die Ausführungen aktenwidrig, wonach der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zwar angegeben habe, dass er die Kopien der Berufung mit Datum und Uhrzeit nachreichen könne, entsprechende Beweismittel jedoch trotz bereits zuvor erfolgter Aufforderung nicht übermittelt worden seien. Dies deshalb, weil zu diesem Zeitpunkt diese Nachweise der Behörde bereits vorgelegen seien. Hätte die belangte Behörde in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt Einsicht genommen, hätte sie sehen müssen, dass die 2. Berufung auch die 1. Berufung mit sämtlichen erforderlichen Daten enthalten habe und die 2. Berufung ja nur mehr aus der neuerlichen Vorlage der ursprünglichen Berufung und dem Hinweis darauf, dass diese bereits eingebracht worden sei, bestanden habe, was im Übrigen aus der Berufung selbst ersichtlich sei.

Bereits mit der 2. Berufung, diese inkludierend die

1. Berufung, sei der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen, habe doch die Behörde dadurch eindeutig erkennen können, dass bereits am 19. März 2011 die Berufung gegen den Bescheid vom 16. März 2011 eingebracht worden sei. Die von der belangten Behörde vermisste Mitwirkung des Beschwerdeführers am Verfahren hätte ausschließlich darin bestehen können, ein der Behörde bereits nachweislich vorliegendes Dokument bzw. eine bereits vorliegende Information neuerlich vorzulegen.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Ein auf eine der vorgesehenen Arten (somit auch mittels E-Mail) eingebrachtes Anbringen (damit auch eine Berufung) ist mit der Entgegennahme durch die Behörde als tatsächlich gestellt (eingebracht) anzusehen. Eine Entgegennahme kann durch die Behörde aber nur dann erfolgen, wenn ihr ein Anbringen tatsächlich zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2002/03/0139).

Die vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27. Mai 2011 vorgelegte Kopie der Berufung einschließlich einer Sendebestätigung von "Saturday, March 19, 2011 09:31PM" (also von Samstag, dem 19. März 2011, 21.31 Uhr), lässt nur erkennen, dass ein E-Mail vom Beschwerdeführer (unter dem Pseudonym "Der M." als Aufgabeadresse) versendet wurde, die Sendebestätigung lässt jedoch nicht den zwingenden Schluss zu, dass das gesendete E-Mail bei der Erstbehörde tatsächlich eingelangt ist. Dass aber bei der Absendung des in Rede stehenden E-Mails die auf die Erlangung einer "Übermittlungsbestätigung" gerichtete Nachrichtenoption (Übermittlung der Sendung bestätigen) verwendet worden sei, wird vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Es ist auch aus dem Akt nicht zu ersehen, dass vom Beschwerdeführer - unbeschadet der Aufforderung durch die belangte Behörde im Vorhalt vom 28. Juni 2011, entsprechende Beweismittel (Lese- /Empfangsbestätigung) vorzulegen - eine solche Bestätigung vorgelegt worden wäre.

Das Fehlen eines zwingenden Nachweises für das tatsächliche Einlangen der vom Beschwerdeführer mittels E-Mail abgesendeten Berufung bei der Erstbehörde wird auch durch die im Vorhalt vom 28. Juni 2011 erwähnte Auskunft der Behörde erster Instanz bestätigt, wonach die (ursprüngliche) Berufung vom 19. März 2011 nicht bei der Behörde eingelangt sei. Auch nach der Aktenlage fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass eine solche Berufung am 19. März 2011 bei der Behörde erster Instanz eingelangt wäre.

Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund im Rahmen ihrer Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangte, dass die in Rede stehende Berufung bei der Erstbehörde nicht eingelangt sei, kann dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zukommenden Kontrolle (vgl. das vorzitierte Erkenntnis vom 3. September 2003, m.w.N.) nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da der Beschwerdeführer die Gefahr für den Verlust seiner Berufung auf dem Weg zur Behörde nach der Absendung trägt, und die Einbringung einer Berufung deren Entgegennahme durch die Behörde erfordert (vgl. hiezu neuerlich das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, m.w.N.), steht auch die Ansicht der belangten Behörde, dass sich die (erst) außerhalb der Berufungsfrist am 27. Mai 2011 eingelangte Berufung gegen den in Rede stehenden Bescheid vom 16. März 201 im Grunde des § 63 Abs. 5 AVG als verspätet erweist, mit der Rechtslage im Einklang.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 19. März 2013

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