Normen
12003TN10/01 Beitrittsvertrag Ungarn - 1/Freizügigkeit;
12003TN14/01 Beitrittsvertrag Slowakei - 1/Freizügigkeit;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art49 Abs1;
61977CJ0106 Simmenthal 2 VORAB;
62002CJ0387 Berlusconi VORAB;
62005CJ0142 Aklagaren VORAB;
ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §32a idF 2011/I/025;
EURallg;
EMRK Art7 Abs1;
MRKZP 07te Art4;
StGB §153e Abs1 Z1;
StGB §153e Abs1 Z2;
VStG §1 Abs1;
VStG §1 Abs2;
VStG §21;
VStG §30;
VStG §5;
VwRallg;
12003TN10/01 Beitrittsvertrag Ungarn - 1/Freizügigkeit;
12003TN14/01 Beitrittsvertrag Slowakei - 1/Freizügigkeit;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art49 Abs1;
61977CJ0106 Simmenthal 2 VORAB;
62002CJ0387 Berlusconi VORAB;
62005CJ0142 Aklagaren VORAB;
ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §32a idF 2011/I/025;
EURallg;
EMRK Art7 Abs1;
MRKZP 07te Art4;
StGB §153e Abs1 Z1;
StGB §153e Abs1 Z2;
VStG §1 Abs1;
VStG §1 Abs2;
VStG §21;
VStG §30;
VStG §5;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der P GmbH zu verantworten, dass durch diese Gesellschaft am 28. Oktober 2009 sechs näher bezeichnete ungarische Staatsangehörige beschäftigt worden seien, obwohl für diese keine der erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch sechs Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden sechs Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.900,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 30 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe der wesentlichen Aussagen und Schriftsätze im Verwaltungsverfahren und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung ineinander verzahnt mit den Überlegungen zur Beweiswürdigung als Sachverhalt fest:
1) Es seien mündliche Verträge zwischen der P GmbH und jeweils mit einem der Ausländer mit jeweils gleichem Inhalt geschlossen worden. Daraus und auch unter Einbeziehung der Inhalte von Schriftsätzen und Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen RA sei kein physisch auf den jeweiligen Ausländer abgrenzbares "Werk" zu erkennen.
2) Es sei keine Pauschsumme für ein Werk vereinbart worden, sondern eine - in der Höhe variierend angegebene - Bezahlung pro Stunde oder pro m2. Ein Endbetrag sei nicht einmal aus den vorgelegten "Schlussrechnungen rekonstruierbar".
3) Eine "Terminisierung der Arbeitsleistungen" der Ausländer sei in den mündlichen Verträgen nicht enthalten.
4) Mangels eines konkreten Werkes sei eine Haftungsregel konkret nicht hervorgekommen; eine wirtschaftliche Risikotragung durch die Ausländer bleibe mangels klarer Haftungsregel unklar.
5) Nach eigener Angabe des Beschwerdeführers seien Kontrollen jeden Montag bei der Abnahme des Bauabschnitts durch den Architekten erfolgt.
6) Die vorgelegten Rechnungen für das gegenständliche Projekt und einen Leistungszeitraum Oktober bis Dezember 2009 stammten nicht von den Ausländern.
7) Keiner der Ausländer habe über eine unternehmerische Infrastruktur verfügt; die Anschaffung spezifischer Betriebsmittel sei nicht hervorgekommen (mit Ausnahme geringwertigen Werkzeuges).
- 8) Material und Gerüst stammten nicht von den Ausländern.
- 9) Sie seien nicht am Markt werbend aufgetreten.
- 10) Eine Vertretungsregelung sei nicht vereinbart worden; es sei von einer persönlichen Leistungspflicht eines jeden der vertragschließenden Ausländer auszugehen.
11) Es sei auch nicht hervorgekommen, dass die Ausländer ihre Tätigkeit für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer durchgeführt hätten; sie hätten "auf Abruf" gewartet, "bis sie wieder gebraucht werden".
12) Den Ausländern seien sämtliche Behördenwege abgenommen worden und ihnen die Wohnung organisiert worden.
13) Den Ausländern sei weder der Inhalt noch die rechtliche Bedeutung der mit der P GmbH geschlossenen Verträge klar geworden. Sie hätten "damit gerechnet, dass sie nur arbeiten brauchen und sich sonst um nichts kümmern müssen."
14) Die Vorgaben, wie der Beschwerdeführer die Arbeit "haben wollte, wie die ganze Bedeckung seil sollte", seien bei Arbeitsanfang, somit nach Vertragsschluss erteilt worden.
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt dergestalt, dass die Ausländer auf Grund des Arbeitskräftebedarfs des Beschwerdeführers lediglich ihre Arbeitskraft eingebracht hätten. Die präsentierte "Werkvertrags"-Konstruktion diene der Umgehung des AuslBG. Es sei von einer Beschäftigung der Ausländer im Sinne des AuslBG auszugehen.
Zur subjektiven Tatseite führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe keine Erkundigungen bei der zuständigen Behörde eingeholt.
Die Voraussetzungen zur Anwendung des § 21 VStG lägen nicht vor. Die Taten blieben nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück. Lediglich auf Grund der langen Verfahrensdauer seien die Geldstrafen unter die gesetzliche Mindeststrafe herabgesetzt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde ist der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt nachvollziehbar in der Begründung enthalten, wenngleich die einzelnen Sachverhaltselemente mit der Beweiswürdigung verzahnt sind. Auch die Erwägungen zur subjektiven Tatseite sind enthalten und liegen darin, dass der Beschwerdeführer keine (alle Sachverhaltselemente des geplanten Einsatzes der Ausländer umfassende) Erkundigungen bei der zuständigen Behörde vor Tätigkeitsbeginn eingeholt hat, weshalb die belangte Behörde zumindest von Fahrlässigkeit ausgegangen ist.
In der Beschwerde findet sich kein Vorbringen gegen die Richtigkeit und Schlüssigkeit des oben zusammengefasst wiedergegebenen festgestellten Sachverhaltes.
Der Beschwerdeführer stützt sich sowohl zur Auslegung der "Werkverträge" als auch zur Beurteilung der subjektiven Tatseite darauf, er und die Ausländer hätten eine selbständige Beschäftigung gewollt; es sei "bei der Auslegung eines Vertrages … vor allem davon auszugehen, was die Vertragsparteien wirklich wollen". Zu diesem Thema vermisst der Beschwerdeführer die unmittelbare Einvernahme der Ausländer in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde; die Aussagen der Ausländer vor Gericht seien hier nicht maßgeblich.
Auf das "Wollen" kommt es bei der Beurteilung einer Tätigkeit im Hinblick auf Selb- oder Unselbständigkeit nach dem AuslBG aber nicht an, sondern auf den tatsächlich gelebten wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit der Ausländer. Damit geht auch die Verfahrensrüge ins Leere.
Aus demselben Grund geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich ohnehin erkundigt, ob Gewerbeberechtigungen und Anmeldung zur gewerblichen Sozialversicherung vorlägen und beim Magistrat L erkundigt, ob er "selbständige Unternehmer beschäftigen" könne, an der Sache vorbei. Der Einsatz von selbständigen Unternehmern ist dann als unselbständige Tätigkeit zu werten, wenn ihre Tätigkeit nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt unter Einordnung in die Betriebsorganisation des Beschäftigers - wie hier der P GmbH - erfolgt.
Der Beschwerdeführer hat sich weder bei der zuständigen Behörde (siehe unten) erkundigt noch erkennt er, dass die Erkundigung sich auf den vollständigen Sachverhalt, also die Umstände, unter denen die Tätigkeit der Ausländer hätte erfolgen sollen, hätte beziehen müssen.
Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, er sei im gerichtlichen Strafverfahren gemäß § 153e Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 StGB freigesprochen worden, worauf die belangte Behörde nicht eingehe, verkennt er, dass sich der einer Bestrafung wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu Grunde liegende Sachverhalt in wesentlichen Elementen von dem den Vergehen nach § 153e Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 StGB (organisierte Schwarzarbeit) zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheidet, weil auch zum Tatbestand der Vergehen nach § 153e Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 StGB die Beschäftigung eines Ausländers ohne Beschäftigungsbewilligung nicht gehört (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0032, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2010, B 343/10). Die belangte Behörde war daher berechtigt, den vorliegenden Sachverhalt nach dem AuslBG selbständig zu prüfen.
Der Beschwerdeführer bringt noch vor, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides "eine Strafbarkeit bereits überhaupt nicht mehr gegeben" gewesen sei. Diesbezüglich spricht er offenbar den Wegfall der nach dem Beitritt Ungarns zur EU geltenden Einschränkungen für die Beschäftigung unselbständiger Arbeitnehmer mit 1. Mai 2011 an. Es genügt, ihn - wie die belangte Behörde - auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2012, B 1003/11-7, B 1004/11-7, und diesem folgend das hg. Erkenntnis vom 6. September 2012, Zl. 2012/09/0105, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zu verweisen.
Im Übrigen bringt der Beschwerdeführer inhaltlich nichts vor, woraus sich im Verwaltungsstrafverfahren entgegen der Ansicht der belangten Behörde hätte erkennen lassen, dass mit den Ausländern eine Vereinbarung über ein im Vorhinein abgrenzbares, gewährleistungstaugliches Werk geschlossen worden sei. Ebenfalls bringt er nicht vor, er habe im Verwaltungsverfahren die atypischen Umstände dargelegt, die bei Bauarbeiten wie im gegenständlichen Fall (Montage- und Verspachteln von Styroporplatten) entgegen der Ansicht der belangten Behörde eine selbständige Tätigkeit der Ungarn dargetan hätten.
Der vorliegende Beschwerdefall ist damit im Wesentlichen jenem gleichgelagert, welcher dem hg. Erkenntnis vom 5. November 2010, Zl. 2010/09/0188, zugrunde liegt. Es genügt daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die dortigen Entscheidungsgründe zu verweisen.
Zum Verschulden ist noch zu ergänzen: Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur im Falle der Erteilung einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der für die Erteilung einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zuständigen Behörde (der regionalen Geschäftsstelle des AMS), im Vertrauen auf die Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden könnte; hingegen ist es auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf. Unterlässt der Beschwerdeführer - wie hier - die Einholung einer Auskunft der zuständigen Behörde, kann der Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, dass sie von einem Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2011, Zl. 2008/09/0145).
Die Unterlassung der Einholung einer Auskunft im obigen Sinne liegt im typischen Fehlerbereich, der durch zumutbare und leicht zu verwirklichende Maßnahmen ausgeschaltet werden hätte können, weshalb den Beschwerdeführer ein (mehr als geringfügiges) Verschulden an dem objektiv verwirklichten Tatbestand der bewilligungslosen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer trifft. Die Anwendung des § 21 VStG verbietet sich bereits aus diesem Grund (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2011, Zl. 2011/09/0122).
Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. Oktober 2012
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)