VwGH 2012/02/0038

VwGH2012/02/003831.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des C.H., Rechtsanwalt in S., gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 20. Dezember 2011, Zl. Senat-PP-11-0098, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §1;
StVO 1960 §2 Abs1 Z1;
StVO 1960 §24 Abs1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
StVO 1960 §1;
StVO 1960 §2 Abs1 Z1;
StVO 1960 §24 Abs1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 2011 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erachtet, er habe am 24. Februar 2011 von 14.25 bis 14.40 Uhr in einem näher genannten Parkhaus im 1. Stock des Gebäudes an einem näher genannten Ort auf einer Verbindungsbrücke ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug abgestellt. Er habe dadurch § 24 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 23 Abs. 2 und § 9 Abs. 7 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 45,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 22 Stunden) verhängt wurde.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen, weil auf Lichtbildern das vom Beschwerdeführer abgestellte Fahrzeug auf der Verbindungsbrücke im gegenständlichen Parkhaus außerhalb der Bodenmarkierung zu sehen sei. Der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 24 Abs. 1 lit. b StVO 1960 erfüllt, wonach das Halten und Parken u.a. auf Brücken verboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet in der Beschwerde u.a. ein, er habe sein Fahrzeug in einem Parkhaus abgestellt. Parkhäuser seien aber keine Landflächen und auch keine im Zuge von Landflächen befindlichen baulichen Anlagen und somit auch keine Straßen. Abgesehen davon dienten Parkhäuser als Abstellmöglichkeit und nicht zur Raumüberwindung. Die StVO 1960 sei somit nicht auf Parkhäuser anwendbar, sodass sich die Strafbefugnisse der Exekutive nicht auf Parkhäuser erstrecke. Die sich im gegenständlichen Parkhaus befindende sogenannte "Verbindungsbrücke" sei Teil des Gebäudes, sodass auch sie vom Begriff "Parkhaus" mitumfasst sei.

Gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO 1960 gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als Straße eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

Straßen sind demnach Landflächen, die dem Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr dienen, also der räumlichen Fortbewegung von einem Ort zu einem anderen Ort durch Personen oder Fahrzeuge (aus den vielfältigsten Motiven), wobei als Zweck der Fortbewegung die Raumüberwindung im Vordergrund stehen muss. Steht ein anderer Zweck als der der Raumüberwindung im Vordergrund und ist die Raumüberwindung lediglich Nebenzweck, dann kann eine Landfläche, die einem solchen "anderen Zweck" dient, nicht als Straße im Sinne der Straßenverkehrsordnung qualifiziert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2003, Zl. 2003/02/0073).

Auch wenn ein Parkhaus eine bestimmte Landfläche in Anspruch nimmt, ist unzweifelhaft, dass ein anderer Zweck, als jener der Raumüberwindung - nämlich der des Abstellens und Parkens von Fahrzeugen in diesem Gebäude - im Vordergrund steht. Es war daher gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960 dieses Bundesgesetz nicht anwendbar und fehlte schon aus diesem Grund an einer rechtlichen Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 24 Abs. 1 lit. b leg. cit. Die belangte Behörde hat somit die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 31. Mai 2012

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