VwGH 2011/02/0234

VwGH2011/02/023423.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des H L, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 20. April 2011, Zl. uvs-2011/33/0808-2, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs3a;
StVO 1960 §99 Abs1b;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erachtet, er habe am 10. Dezember 2010 um 16.55 Uhr in I ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt; der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,43 mg/l ergeben. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage) verhängt wurde.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers wieder und stellte die im Spruch umschriebenen Umstände als Sachverhalt fest. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, die Alkoholisierung des Beschwerdeführers habe sich durch den Test am geeichten Alkomaten ergeben, was in der zu Grunde liegenden Anzeige festgehalten sei. Der Beschwerdeführer habe auch eingeräumt, zwischen 15.00 Uhr und 16.15 Uhr einen Becher Glühwein a ca. 0,2 l sowie zwei große Bier zu 0,4 l oder 0,5 l getrunken zu haben. Wende der Beschwerdeführer ein, er sei zum Zeitpunkt des Lenkens um 16.55 Uhr nicht fahruntüchtig gewesen, weil das Ergebnis des Alkovortestes einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,35 mg/l ergeben habe, sei ihm entgegen zu halten, dass das Vortestgerät nicht geeicht sei und nur einen Verdacht auf Alkoholisierung liefere. Der gerätespezifische Wert, ab dem das Vorliegen des Verdachtes der Beeinträchtigung durch Alkohol im Sinne des § 5 Abs. 2a StVO geschlossen werden könne, sei mit 0,22 mg/l festgelegt worden. Ab Erreichen dieses Wertes sei eine Alkomatmessung mit einem geeichten Alkomaten durchzuführen. Beim Beschwerdeführer sei als Ergebnis des Vortestes ein Atemalkoholgehalt der Atemluft von 0,35 mg/l festgestellt worden, weshalb er auch zur Durchführung eines Alkomattests am geeichten Alkomaten aufgefordert worden sei. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nachgekommen. Der Test am geeichten Alkomaten habe um 17.25 Uhr und um 17.26 Uhr jeweils einen Atemalkoholgehalt der Atemluft von 0,43 mg/l ergeben. Dieses Ergebnis könne nicht mit dem Ergebnis des Alkovortestes entkräftet werden. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen darzutun, aus welchem Grund er sich im Zeitpunkt der Anhaltung um 16.55 Uhr nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960 befunden habe. Würde man davon ausgehen, dass die Alkoholresorption zum Zeitpunkt der Alkomatmessung bereits abgeschlossen gewesen sei, so hätten zur Alkomatmessung von 0,86 Promille (=0,43 mg/l) noch ein Wert von theoretisch 0,1 Promille hinzugerechnet werden müssen. Damit sei aber klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges um 16.55 Uhr sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

In rechtlicher Hinsicht verwies die belangte Behörde auf die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 StVO 1960 und neuerlich auf den Umstand, dass der Test am geeichten Alkomaten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,43 mg/l ergeben habe, weshalb der Zustand des Beschwerdeführers als von Alkohol beeinträchtigt anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Erkennbar unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nimmt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde darauf Bezug, dass sich aus dem Verwaltungsstrafakt nicht ergebe, dass die Atemluftuntersuchung mit einem geeichten Alkomaten durchgeführt worden sei.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer - wie auch die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig anmerkt - die Eichung des Alkomaten während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens nicht thematisierte, somit eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zu behandelnde Neuerung vorläge, hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde gar nicht ausdrücklich bestritten, dass der verwendete Alkomat geeicht gewesen sei. Aus der Aktenlage (Anzeige vom 11. Dezember 2010 samt beigeschlossenem Messprotokoll über die Atemluftuntersuchung) ergibt sich, mit welchem konkreten Messgerät die Messung durchgeführt wurde, und dass die nächste Überprüfung für dieses Messgerät am 7. März 2011 vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer war demnach nicht gehindert, die Eichung dieses Messgerätes schon im Verwaltungsstrafverfahren zu bestreiten.

Von einer gültigen Messung ausgehend führen den Beschwerdeführer aber auch die weiteren Überlegungen in der Beschwerde nicht zu dem von ihm gewünschten Ergebnis. Auf Grund einer Messung mit dem Vortestgerät kann nämlich lediglich auf den Verdacht einer Beeinträchtigung durch Alkohol geschlossen werden (vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/11/0134), während nur eine Messung mit dem Alkomaten zu einem im Verwaltungsstrafverfahren verwertbaren Ergebnis führen kann.

Führt der Beschwerdeführer - wiederholt - ins Treffen, dass seine Alkoholisierung im Lenkzeitpunkt auf Grund der noch nicht vollständigen Resorption des Alkohols knapp unter dem für die Anwendung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 relevanten Wert gelegen sei, ist er auf die ständige Rechtsprechung zur "Anflutungsphase" zu verweisen, wonach die - nachträgliche - Feststellung des Atemluftalkoholgehaltes (bzw. Blutalkoholgehaltes) auch dann zur Anwendung der Bestimmung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 zu führen hat, wenn sich der Lenker im Lenkzeitpunkt (noch) in der "Anflutungsphase" befunden hat (vgl. aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom 16. Dezember 2011, Zl. 2011/02/0344, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. März 2012

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