Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mitbeteiligte, vormalige Betreiberin eines Gasthofes, beantragte mit Berichtigungserklärung vom 21. Dezember 1999 die Festsetzung der Getränkeabgabe für den Zeitraum von 1995 bis 1998 mit Null sowie die Rückzahlung der bereits entrichteten Beträge für diese Jahre.
Der diesen Antrag abweisende Bescheid vom 29. Februar 2000 des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde erging an das Gasthaus T. H. der Mitbeteiligten.
Die Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid am 6. März 2000 rechtzeitig Berufung, woraufhin der erstinstanzliche Bescheid mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. August 2001 teilweise abgeändert wurde. Letzterer erging an "Gasthof U.H., vormals Gasthof T.H.". U.H. habe als Tochter der Mitbeteiligten mit Notariatsakt vom 14. Dezember 2000, zum Stichtag 31. Dezember 2000, den Gewerbebetrieb der Mitbeteiligten übernommen und sei somit in deren Rechte und Pflichten, betreffend den Gewerbebetrieb, eingetreten. Die Zustellung sei hingegen an den Steuerberater als Zustellbevollmächtigter, sowohl der Mitbeteiligten als auch ihrer Tochter, erfolgt.
Mit Schreiben des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 20. März 2007 wurde die Mitbeteiligte darauf hingewiesen, die Erledigung der Berufung vom 6. März 2000 sei aufgrund materieller Falschbezeichnung des Abgabeschuldners als unerledigt anzusehen. Die missglückte Personenumschreibung stelle einen unheilbaren Mangel dar, sodass diese Erledigung gegenüber der Mitbeteiligten als Berufungswerberin keine rechtliche Wirkung entfalten könne.
Es wurde daher mit Bescheid vom 14. April 2010 eine Berufungsentscheidung an die Mitbeteiligte, T. H., erlassen, welche an ihren zustellbevollmächtigten Steuerberater zugestellt wurde.
Gegen diese Berufungsentscheidung erhob die Mitbeteiligte am 29. April 2010 eine Vorstellung und führte darin aus, der Bescheid vom 14. April 2010 sei wegen res iudicata ersatzlos aufzuheben.
Die belangte Behörde gab der Vorstellung der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 21. September 2010 Folge und hob die Berufungsentscheidung vom 14. April 2010 auf.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die beschwerdeführende Gemeinde in ihrem Recht verletzt, über eine Berufung in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises zu entscheiden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG - gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 70 Abs. 2 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Stmk LAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Partei im Abgabenverfahren ist nach § 55 Stmk LAO der Abgabepflichtige, im Berufungsverfahren auch jeder, der eine Berufung einbringt (Berufungswerber), einem Berufungsverfahren beigetreten ist oder, ohne Berufungswerber zu sein, einen Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hat. Andere als die genannten Personen haben die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.
Abgabepflichtiger ist gemäß § 54 leg.cit., wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Die für die Abgabepflichtigen getroffenen Anordnungen gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß auch für die kraft abgabenrechtlicher Vorschriften persönlich für eine Abgabe Haftenden.
Gemäß § 17 Stmk LAO gehen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechts heranzuziehen.
§ 201 Stmk LAO lautet:
"(1) Einer Berufung, über die noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger (§ 172) in Betracht kommt.
(2) Wer einer Berufung beigetreten ist, kann die gleichen Rechte geltend machen, die dem Berufungswerber zustehen."
Die beschwerdeführende Gemeinde trägt vor, die am 8. August 2001 mit Gemeinderatsbescheid erlassene Berufungsentscheidung sei fälschlicherweise an "Gasthaus U.H."
adressiert worden, weswegen sie gegenüber der Mitbeteiligten keine Rechtswirkung entfalten habe können. Diese materielle Falschbezeichnung der Adressatin stelle nicht bloß ein formales Versehen dar, weswegen der Mangel weder umdeut- noch berichtigbar sei. Es sei daher erforderlich gewesen, die Erledigung der Berufung mit Bescheid vom 14. April 2010 nachzuholen.
Nach § 12 Abs. 1 der Stmk LAO haftet der Erwerber, wenn ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet wird:
a) für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;
b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren.
Die Übergabe des Gastgewerbeunternehmens der Mitbeteiligten an ihre Tochter U.H. mit Notariatsakt zum 31. Dezember 2000 führt bei Letzterer daher nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 17 Stmk LAO. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Einzelrechtsnachfolge.
Die Haftung gemäß § 12 Abs. 1 Stmk LAO kommt bei Übereignung eines Unternehmens nur für Abgaben in Betracht, die auf eine Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen. Es wäre somit U.H., die den Betrieb übernehmende Tochter der Mitbeteiligten, für die in Rede stehenden Abgaben für die Jahre 1995 bis 1998 auch nicht als Haftungspflichtige heranzuziehen (vgl. auch hg. Erkenntnisse vom 2. August 2000, 2000/13/0093 und vom 7. Oktober 2005, 2001/17/0153).
Rechte der Übernehmenden des Gastgewerbebetriebes würden durch den angefochtenen Bescheid nur dann berührt, wenn sie selbst als Haftungspflichtige für Steuerverbindlichkeiten herangezogen würde oder der angefochtene Bescheid einen nach der Betriebsübergabe gelegenen Zeitraum erfüllte. Dafür ergeben sich im Beschwerdefall keine Anhaltspunkte. Ein - demnach unzulässiger -
Beitritt zum Berufungsverfahren durch U.H. wird nicht behauptet und ist dem vorgelegten Verwaltungsakt auch nicht zu entnehmen.
Aufgrund der Spruchformulierung "Gasthof U.H., vormals T.H."
erging die Berufungsentscheidung vom 8. August 2001 an U.H. als Inhaberin des Gasthofes U.H. zu Handen eines mit Zustellvollmacht ausgestatteten Steuerberaters, weswegen es sich um eine materielle falsche Bezeichnung der Abgabenschuldnerin, nämlich der Mitbeteiligten, handelt.
Dieser Mangel kann nicht dadurch geheilt werden, dass die Sendung nach § 13 Abs. 4 ZustG in der hier maßgebenden Stammfassung der zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person als Zustellbevollmächtigter der tatsächlichen Abgabenschuldnerin zugestellt wurde.
Es lag daher kein Fall von res iudicata vor, weshalb die Berufungsentscheidung vom 14. April 2010 insoweit rechtmäßig ergangen ist.
Darüber hinaus ist zu bemerken, dass der angefochtene Bescheid der Aktenlage zufolge lediglich an die beschwerdeführende Gemeinde und nicht auch an die Mitbeteiligte erging.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 13. Dezember 2012
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