VwGH 2010/03/0180

VwGH2010/03/018026.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des G N in M, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 4/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 15. September 2010, Zl uvs-2009/16/0423-12, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

GütbefG 1995 §23 Abs1 Z11;
GütbefG 1995 §7 Abs2;
VStG §5 Abs1;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z11;
GütbefG 1995 §7 Abs2;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid einer Übertretung nach § 23 Abs 1 Z 11 iVm § 7 Abs 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) schuldig erkannt und es wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) verhängt.

Ihm wurde zur Last gelegt, als Beförderungsunternehmer nicht dafür gesorgt zu haben, dass am 18. September 2008 im Bereich der Landesstraße 211 (Unterinntalstraße) auf Höhe der Hauptschule Langkampfen in einem - nach Kennzeichen näher bezeichneten - LKW, der für die Kabotage in Österreich verwendet wurde, ein vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ausgegebenes, ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt mitgeführt wurde. Das KFZ sei zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern in Österreich verwendet worden (Kabotage), obwohl die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland verboten sei. Sie sei nur gestattet, 1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung bestehe oder 2. soweit die Verordnung (EWG) Nr 3118/93 des Rates vom 25. Oktober 1993 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, ABl L 279 vom 12. November 1993 S 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1. März 2002, ABl L 76 vom 19. März 2002 S 9, dies vorsehe, wobei Kabotagetätigkeiten höchstens an 30 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen im Kalenderjahr durchgeführt werden dürften. Das angeführte KFZ sei zum angegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort von einem namentlich genannten Fahrer gelenkt worden, wobei Waren von Schwoich nach Hall in Tirol transportiert worden seien.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, der beanstandete Transport sei von Schwoich nach Hall in Tirol durchgeführt worden. In Hall in Tirol sei die Ladung abgeladen, mit einer neuen Beschriftung versehen und nach Abfassung eines "CMR-Briefes" in einem Lastzug zusammen mit anderen Artikeln nach Gersthofen (Deutschland) weitertransportiert worden. Sowohl die Niederlassung in Hall als auch die Niederlassung in Gersthofen gehörten zur Spedition Dachser. Es sei daher ein rein innerösterreichischer Transport (Kabotage) durchgeführt worden. Dabei sei kein ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt verwendet und vorgefunden worden.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, vom Sinn und Zweck der Regelungen der Kabotage seien "reine österreichische Transporte" erfasst. Als ein solcher abgeschlossener Transport sei auch der gegenständliche Transport anzusehen, weil die Ware in Hall in Tirol abgeladen, mit einem CMR-Frachtbrief versehen und in einen Lastzug verladen worden sei, der aus dem beanstandeten LKW und einem Anhänger gebildet worden sei. Sowohl durch die Abladetätigkeit, wie auch durch die Schaffung einer neuen Beförderungseinheit sei von einem abgeschlossenen (innerösterreichischen) Transport zwischen Schwoich und Hall in Tirol auszugehen. Dass der Weitertransport nach Gersthofen in Deutschland vorherbestimmt gewesen sei, ändere an dieser rechtlichen Einordnung nichts.

Den Beschwerdeführer treffe daher ein "Verstoß hinsichtlich der Mitführverpflichtung des Kontrollblattes". Als Verschuldensgrad sei Fahrlässigkeit anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl Nr 593/1995 idF BGBl I Nr 153/2006 (GütbefG) lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Verkehr über die Grenze

§ 7. (…)

(2) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland (Kabotage) ist verboten; sie ist nur gestattet,

1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung besteht oder

2. soweit die Verordnung (EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom 25.10.1993 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, ABl. L 279 vom 12.11.1993 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 01.03.2002, ABl. L 76 vom 19.03.2002 S. 9, dies vorsieht, wobei Kabotagetätigkeiten höchstens an 30 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen im Kalenderjahr durchgeführt werden dürfen. Die dafür eingesetzten Fahrzeuge haben das österreichische Hoheitsgebiet mindestens einmal im Kalendermonat zu verlassen. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass in jedem für die Kabotage verwendeten Fahrzeug ein vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ausgegebenes, ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt mitgeführt wird. Der Lenker hat bei jeder Kabotagefahrt ein ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt mitzuführen und den Kontrollorganen auf Verlangen vorzuweisen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung Vorschriften über das Aussehen, den Inhalt und die Handhabung der Kontrollblätter zu erlassen.

(...)

Strafbestimmungen

§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer

(...)

11. nicht dafür sorgt, dass das gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 erforderliche ordnungsgemäß ausgefüllte Kontrollblatt mitgeführt wird."

2. In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, die belangte Behörde habe "aktenwidrig" festgestellt, dass die Ladung in Hall in Tirol abgeladen worden sei. Es gebe keine Beweisergebnisse, die diese Feststellung rechtfertigten.

Dem ist entgegen zu halten, dass schon nach dem Inhalt der polizeilichen Anzeige der Fahrer anlässlich der Kontrolle angegeben habe, er fahre oft solche Routen, "wobei Waren in Österreich be- und wieder entladen" würden. Der Beschwerdeführer selbst sagte bei seiner Einvernahme in der Verhandlung vom 30. April 2009 vor der belangten Behörde aus, Hall in Tirol sei "eine reine Niederlassung" der Spedition, wo die CMR-Frachtbriefe "nach der Abladung der Waren" ausgestellt würden. Im vorliegenden Fall sei nach "Zwischenabladung" die Ware anschließend von Hall in Tirol nach Gersthofen in Deutschland gebracht worden. Letzteres wird von der belangten Behörde ohnedies zugestanden, indem sie im angefochtenen Bescheid ausführt, die Fracht sei nach Abladung und neuer Beschriftung sowie Abfassung eines "CMR-Briefes" mit einem Lastzug (an anderer Stelle: nach "Schaffung einer neuen Beförderungseinheit", die aus dem beanstandeten LKW und einem Anhänger gebildet worden sei) nach Gersthofen in Deutschland weitertransportiert worden. Ausgehend davon begegnen den von der Beschwerde bekämpften Feststellungen der belangten Behörde nach dem auf Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken.

3. Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, dahingehend zu differenzieren, welche Waren tatsächlich von Schwoich nach Hall in Tirol gebracht und dort auf einen anderen LKW bzw einen Anhänger umgeladen worden seien, vermag sie einen relevanten Begründungsmangel nicht aufzuzeigen. Selbst wenn - wie die Beschwerde argumentiert - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde nur Teile der Ware in Hall in Tirol entladen worden wären, würde dies an dem von der belangten Behörde erzielten Ergebnis einer Kabotage (siehe dazu die folgenden rechtlichen Erwägungen) nichts ändern. Eine nähere Präzisierung, welche Waren von Schwoich nach Hall in Tirol gebracht wurden, war nicht erforderlich.

4. In rechtlicher Hinsicht bestreitet der Beschwerdeführer erneut, Kabotage in Österreich durchgeführt zu haben, weil eine solche - seinem Dafürhalten nach - nur dann angenommen werden könne, wenn die Ladung in Österreich geladen und "endgültig" entladen worden sei. Im vorliegenden Fall seien Waren aber lediglich von einem LKW auf einen LKW-Zug umgeladen worden, um anschließend nach Deutschland gebracht zu werden.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass nach den Feststellungen der belangten Behörde die für den grenzüberschreitenden Güterverkehr bestimmte Beförderungseinheit (bestehend aus dem beanstandeten LKW und einem Anhänger) erst in Hall in Tirol zusammengestellt, die Fracht in diese geladen (sei es auch umgeladen) und die Frachtpapiere (CMR-Frachtbrief) dort ausgestellt wurden. Es kann der belangten Behörde deshalb nicht entgegen getreten werden, wenn sie als Ausgangspunkt der grenzüberschreitenden Güterbeförderung Hall in Tirol angesehen und den vorangegangenen Transport von Schwoich nach Hall in Tirol als innerstaatlichen Verkehr (Kabotage) qualifiziert hat. Dass ein "Entladeort" in Österreich iSd des Einleitungssatzes von § 7 Abs 2 GütbefG nur dann vorliegt, wenn die Ware an diesem endgültig verbleibt, lässt sich dem GütbefG nicht entnehmen. Diese Sichtweise würde auch zu einem - den Intentionen des Gesetzgebers offenkundig zuwiderlaufenden - Ergebnis führen, dass jede Form der gewerblichen Beförderung von Gütern innerhalb Österreichs nicht als Kabotage anzusehen wäre, wenn die dabei transportierte Fracht letztlich dazu bestimmt ist, nicht "endgültig" in Österreich zu verbleiben, sondern (allenfalls auch mit größerem zeitlichen Abstand als im vorliegenden Fall) ins Ausland verbracht zu werden.

5. Zutreffend wird in der Beschwerde bemängelt, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zum Kontrollsystem getroffen hat, das der Beschwerdeführer in seinem Betrieb zur Überwachung der Einhaltung einschlägiger Bestimmungen des GütbefG errichtet haben will. Die Beschwerde legt aber nicht dar, dass dem angefochtenen Bescheid insofern ein Begründungsmangel von Relevanz anhaftet, weil sie das taugliche Kontrollsystem schon darin erblickt, dass der Beschwerdeführer "seine Mitarbeiter entsprechend auf die Bestimmungen hinweist". Es wurde in der hg Rechtsprechung aber schon wiederholt erkannt, dass Belehrungen allein nicht ausreichen, die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft zu machen (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom 18. Mai 2011, Zl 2010/03/0196, mwN). Aus diesem Grund gelingt es der Beschwerde auch nicht aufzuzeigen, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in subjektiver Hinsicht nicht zu verantworten hätte.

6. Nicht nachvollziehbar ist abschließend das Beschwerdevorbringen, gegen den Beschwerdeführer sei "bisher keine, die Verjährung des behaupteten Deliktes unterbrechende Verfolgungshandlung" gesetzt worden, weil die notwendige Konkretisierung eines allfälligen Tatvorwurfes unterblieben sei. Schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. September 2008 wurde der Tatvorwurf gegen den Beschwerdeführer ausreichend konkretisiert, indem ihm vorgehalten wurde, als Beförderungsunternehmer nicht dafür gesorgt zu haben, dass am näher bezeichneten Tatort und zum näher umschriebenen Tatzeitpunkt in dem nach Kennzeichen und Fahrer präzise umschriebenen LKW das für die Kabotage erforderliche Kontrollblatt mitgeführt worden sei. Durch diese Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3 VStG) wurde die Verjährungsfrist nach § 31 VStG unterbrochen.

7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 26. März 2012

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