VwGH 2010/03/0018

VwGH2010/03/001819.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache der K GmbH & Co KG in V, vertreten durch Poganitsch & Ragger Rechtsanwälte GmbH in 9400 Wolfsberg, Am Weiher 11/3/4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. Dezember 2009, Zl BMVIT-820.284/008- IV/SCH2/2009, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
EisenbahnG 1957 §31e idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31e;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2010030018.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Mitbeteiligten - zusammengefasst - die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und die wasserrechtliche Bewilligung für den Einreichabschnitt Mittlern-Althofen/Drau von km 92,970 bis km 111,979 der Hochleistungsstrecke Koralmbahn Graz-Klagenfurt und der Bestandsstrecke Bleiburg-Innichen von km 90,670 bis km 111,200 des UVP Abschnittes Aich-Althofen/Drau unter näher genannten Bedingungen (Spruchpunkt A.I. bis A.III.) und die forstrechtliche Rodungsbewilligung für die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Bauvorhaben beantragten - näher umschriebenen - Rodungen (Spruchpunkt B.I. bis B.II.) unter Auflagen (B.IV.) erteilt.

Alle gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen, entgegenstehenden Anträge und sonstige Vorbringen wies die belangte Behörde, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Einwendungen handle oder den Einwendungen durch die Aufnahme von entsprechenden Nebenbestimmungen oder durch bereits im Bauentwurf selbst vorgesehene Maßnahmen entsprochen werde, als unbegründet ab. Zivilrechtliche Ansprüche wies sie zurück und verwies sie auf den Zivilrechtsweg; nicht verfahrensgegenständliche Einwendungen, Anträge und sonstige Vorbringen wies sie ebenfalls zurück (Spruchpunkt A.IV.1. bis A.IV.3.).

Die belangte Behörde stellte überdies fest, dass der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer sei als der Nachteil, der aus der Verletzung der vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden wahrzunehmenden Interessen durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwachse, sowie, dass der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer sei als der Nachteil, der den Parteien durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwachse (Spruchpunkt A.V.).

Das öffentliche Interesse an der Errichtung des gegenständlichen Bauvorhabens auf den zu rodenden Waldflächen überwiege auch das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Waldes (Spruchpunkt B.III.).

Schließlich erteilte die belangte Behörde der Mitbeteiligten auch die Bewilligung zur dauernden Einstellung des Betriebs der Bestandsstrecke Bleiburg-Innichen im anfangs genannten Streckenbereich (Spruchpunkt A.VI).

Gegen diesen Bescheid (zur Gänze) wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete (wie auch die Mitbeteiligte) eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, sie sei Rechtsnachfolgerin der Fa F-GmbH und Eigentümerin von Grundstücken, die direkt an das eingereichte Bauprojekt der Mitbeteiligten angrenzten. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin habe mit der Mitbeteiligten bzw den "Österreichischen Bundesbahnen" ein Übereinkommen über eine Anschlussbahn geschlossen. Das gegenständliche Projekt sehe zwar im Hinblick auf die Versorgung der Beschwerdeführerin einen Anschluss vor, jedoch werde eine Anschlussbahn bis zum Areal der Beschwerdeführerin planerisch nicht einbezogen. Eine Ausführung der Anschlussbahn sei ebenfalls nicht vorgesehen.

Im Übrigen durchschneide die geplante Trassenführung bestehende Straßenverkehrsverbindungen vom Gewerbepark zur Landesstraße L 116. Die geplanten Ersatzwege seien - aus näher dargestellten Gründen - funktional nicht geeignet und keinesfalls als Ersatz für die bestehende Erschließungsstraße anzusehen. In der derzeitigen Projektierung werde die Beschwerdeführerin somit in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten dahingehend verletzt, "dass ihr durch Verwirklichung des derzeitigen Projektes das derzeit vorhandene und gewährleistete Recht des Vorhandenseins einer Güter- und Schienenverladeanbindung und einer Anbindung an den Straßengüterverkehr genommen" werde. Die Nachteile für die Beschwerdeführerin bei einer Verwirklichung des Projektes in der derzeitigen Form würden die Vorteile, die der Öffentlichkeit daraus erwachsen, überwiegen. Durch eine mit einem vergleichsweise geringen Aufwand verbundene Alternativprojektierung des Gesamtprojekts insbesondere der verkehrstechnischen Lösung im Bereich des geplanten Bahnhofes Kühnsdorf hätte die Mitbeteiligte bzw die belangte Behörde im Rahmen der ihr obliegenden Interessenabwägung einen Zustand herbeiführen können, der für die Beschwerdeführerin und für diese stellvertretend für sämtliche angesiedelte Wirtschaftsbetriebe sowie Anrainer mit einem lediglich sehr geringen Nachteil im Sinne des § 31f Z 3 EisbG verbunden gewesen wäre. Durch die Nichtbeachtung dieses Rechtes seitens der Mitbeteiligten und der belangten Behörde sei die Beschwerdeführerin in ihren Rechten ("auf richtige Anwendung des § 31f Z 3" EisbG) verletzt.

2. Gemäß § 31e Eisenbahngesetz in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung der Novelle 2006, BGBl I Nr 125 (EisbG), sind in eisenbahnrechtlichen Bauverfahren Parteien im Sinne des § 8 AVG unter anderem die "Eigentümer betroffener Liegenschaften" und "die an diesen dinglich Berechtigten". Betroffene Liegenschaften sind nach § 31e zweiter Satz EisbG "außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich oder in den Feuerbereich zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen".

Es ist nicht strittig, dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin einer betroffenen Liegenschaft im obigen Sinn anzusehen ist.

Ausgehend davon ist sie berechtigt, Einwendungen zu erheben, die eine Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte zum Inhalt haben. Allerdings kann eine Partei erfolgreich nur solche Nachteile einwenden, durch die sie unmittelbar beeinträchtigt ist. Die geltend gemachten Rechte müssen mit ihrem Eigentum (oder ihrer sonst die Parteistellung begründenden Berechtigung) untrennbar verbunden und im EisbG (bzw in einer von der genehmigenden Behörde zu beachtenden anderen Vorschrift) als subjektiv öffentliche Nachbarrechte ausgebildet sein.

Gemäß § 31f Z 3 EisbG ist die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung zu erteilen, wenn eingewendete subjektiv öffentliche Rechte einer Partei nicht verletzt werden oder im Falle einer Verletzung eingewendeter subjektiv öffentlicher Rechte einer Partei dann, wenn der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht.

3. Dem Beschwerdevorbringen ist lediglich zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin durch das Bauprojekt eine Verschlechterung ihrer Straßenverkehrsanbindung im öffentlichen Straßenverkehrsnetz befürchtet. Derartige mittelbare Beeinträchtigungen begründen jedoch keine subjektiv öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin, die von ihr im Genehmigungsverfahren geltend gemacht werden können.

Ergänzend sei angemerkt, dass die Beschwerdeführerin ihre diesbezüglichen Einwendungen im Schriftsatz vom 24. November 2008 auf § 31d EisbG gestützt hatte. Diese Bestimmung räumt den zuständigen Dienststellen vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden ein Recht zur Stellungnahme im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren ein, wenn durch das Bauvorhaben vom Bund, von den Ländern oder von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen berührt werden. Sie begründet aber in Bezug auf diese berührten Interessen keine Parteistellung, und zwar insbesondere nicht eine solche der Beschwerdeführerin.

4. In ihrem Vorbringen zur Anschlussbahn bezieht sich die Beschwerdeführerin auf ein Übereinkommen zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Mitbeteiligten bzw der "ÖBB". Dazu ist festzuhalten, dass diese behaupteten Rechte nicht auf einer aus öffentlich rechtlichen Regelungen erwachsenen Rechtsstellung beruhen, sondern allenfalls zivilrechtliche Ansprüche zwischen den Vertragspartnern begründen. Schon deshalb betreffen die Bezug habenden Einwendungen keine nach dem EisbG gewährleisteten subjektiv öffentlichen Rechte.

Ungeachtet dessen ist hinzufügen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur strittigen Einwendung Folgendes (wörtlich; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) ausgeführt hat:

"Was die Aufrechterhaltung einer Anschlussbahn ('Firma F') betrifft, ist auf die entsprechenden Ausführungen der Bauwerberin zu verweisen, wonach das diesbezügliche Vertragsverhältnis zwischen der Bauwerberin und der 'Firma F' beendet ist, kein Übergang des Vertragsverhältnisses auf allfällige Rechtsnachfolger vereinbart ist und bislang auch sonst kein derartiges Vertragsverhältnis über diese Anschlussbahn besteht, sodass von Seiten der Bauwerberin keine Veranlassung zur Errichtung einer derartigen Anlage besteht. Der Vollständigkeit halber ist jedoch zu bemerken, dass das vorliegende Projekt die Errichtung und den Betrieb einer derartigen Anschlussbahn (Herstellung eines Gleisanschlusses zur Aufschließung der südlich der Bahn gelegenen Gewerbe- und Industrieflächen) bei Bedarf jederzeit ermöglicht."

Aus diesem Begründungsteil des angefochtenen Bescheides ergibt sich auch, dass die belangte Behörde - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin - von keinem aufrechten Vertragsverhältnis über die Anschlussbahn ausgegangen ist. Diesen Feststellungen tritt die Beschwerde mit keinem substantiierten bestreitenden Vorbringen entgegen, weshalb auch aus diesem Grund nicht ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin durch das Bauvorhaben in ihren Rechten verletzt sein kann.

5. Da der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin somit nicht in den (geltend gemachten) Rechten verletzen kann, ist die vorliegende Beschwerde unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch einen gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 19. April 2012

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