Normen
ALSAG 1989 §10 Abs1;
ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §3 Abs1;
VwRallg;
ALSAG 1989 §10 Abs1;
ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §3 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Aus den Beschwerden und den in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheiden ergibt sich folgender Sachverhalt:
1.1. Der beschwerdeführenden Partei wurde mit dem näher genannten Notifizierungsbescheid vom 15. September 2006 die Zustimmung zur Verbringung von Shredderrückständen (Leichtfraktion) zum Bergversatz nach Deutschland erteilt. Im Kalenderjahr 2006 wurden dazu von der beschwerdeführenden Partei 2323 t, im Kalenderjahr 2007 3201 t aus dem Bundesgebiet ausgeführt.
Mit den erstinstanzlichen Bescheiden je vom 2. Februar 2009 wurde - eine Anmeldung oder Abfuhr einer Beitragsschuld nach dem Altlastensanierungsgesetz ist nicht erfolgt - die jeweilige Beitragsschuld von Amts wegen festgesetzt und zur Entrichtung vorgeschrieben.
1.2. Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen jeweils Berufung. Diese Berufungen wurden mit Berufungsvorentscheidung jeweils vom 10. April 2009 als unbegründet abgewiesen.
1.3. Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen mit Schriftsatz je vom 15. Mai 2009 Beschwerde bei der belangten Behörde. Diese Beschwerden wurden mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden jeweils als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde jeweils aus, bei der Beurteilung, ob es sich bei dem für den Bergversatz verwendeten Material um einen ALSAG-pflichtigen Abfall handle, sei sie an den im Instanzenzug ergangenen Feststellungsbescheid (§ 10 ALSAG) des Landeshauptmannes vom 21. September 2010, mit welchem die Abfallgemeinschaft der Shredderrückstände sowie die Altlastenbeitragspflicht festgestellt worden sei, gebunden. Dem Antrag auf Herabsetzung des Säumniszuschlages sei im Hinblick auf das grobe Verschulden der beschwerdeführenden Partei nicht zu entsprechen gewesen. Eine zum Feststellungsbescheid abweichende Rechtsansicht vermöge die Nichtentrichtung des Altlastenbeitrages nicht zu entschuldigen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeverfahren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbunden und über die Beschwerden erwogen:
2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, die Ansicht der belangten Behörde, es liege eine Bindungswirkung nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989 (in der Folge: AlSAG), vor, sei nicht richtig und belaste den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Die diesbezügliche Entscheidung des Landeshauptmannes von Vorarlberg (gemäß § 10 AlSAG) sei nämlich vor dem Verwaltungsgerichtshof (ebenfalls) bekämpft worden; es sei jedenfalls möglich - nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei sogar sicher -, dass dieser Bescheid aufgehoben werden werde. Für diese Fälle sehe die Rechtsordnung die Wiederaufnahme des Verfahrens (hier des Abgabenverfahrens) vor. Gemäß § 304 BAO sei jedoch nach Eintritt der Verjährung eine durch Parteienantrag eingeleitete Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen und gehe dabei diese Bestimmung von einer absoluten Verjährungsfrist mit Ablauf von fünf Jahren ab Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides (im vorliegenden Fall der 11. Oktober 2015) aus. Würde man daher eine Bindungswirkung bereits im Zeitpunkt der Rechtskraft eines Bescheides, mit dem die Beiträge nach dem AlSAG festgesetzt würden, annehmen, würde der Abgabenpflichtige (hier die beschwerdeführende Partei) unter Umständen in eine Situation gebracht werden, in der ihr der Rechtschutz unmöglich gemacht werde: Die rechtskräftig entschiedene Vorfrage binde die Behörde an die (nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei falsche) Rechtsansicht mit der Folge, dass die Abgabe fällig werde und zu zahlen sei. Dauere nun ein allfälliges Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof - allenfalls unter Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union - länger als vier Jahre und elf Monate und führe schließlich zu einem Obsiegen der beschwerdeführenden Partei, könne das Verfahren betreffend die Hauptsache (hier den Altlastensanierungsbeitrag) möglicherweise nicht mehr wieder aufgenommen werden. Dies bedeute aber, dass der Abgabenpflichtige trotz des Obsiegens in der als bindend angesehenen Vorfrage die einmal erbrachte Geldleistung nicht mehr zurückfordern könne. Es sei daher unrichtig, wie dies die belangte Behörde getan habe, von einer Bindungswirkung auszugehen.
Der Spruch des Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 21. September 2010 lautet in Folge der Bestätigung wie folgt:
"a) das bei der Shredderanlage der (beschwerdeführenden
Partei) am Standort ... anfallende Siebunterkorn der
Shredderrestfraktion mit der Größe ... stellt Abfall gemäß § 2 Abs. 4 des Altlastensanierungsgesetzes … in Verbindung mit § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 … dar …;
b) das in der Anlage der A Gesellschaft für Abfallverwertung …, Deutschland, konditionierte Versatzmaterial stellt Abfall gemäß § 2 Abs. 4 des Altlastensanierungsgesetzes, …, in Verbindung mit § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, …, dar und die stoffliche Verwertung wegen Notifizierung tritt erst durch den Versatzvorgang im engeren Sinne (Verfüllen von definierten Hohlräumen) ein …;
c) die Beförderung des Siebunterkorns der Shredderrestfraktion mit der Größe … von der Abfallbehandlungsanlage am Standort …, Österreich, zum Bergversatz mit Abfall mit vorangehender Konditionierung in die Anlage der
A Gesellschaft … nach B, Deutschland, unterliegt dem Altlastenbeitrag gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. c in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z. 4 des Altlastensanierungsgesetzes, …".
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit.c AlSAG unterliegt dem Altlastenbeitrag u.a. der Bergversatz mit Abfällen. § 3 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. bestimmt, dass das Befördern von Abfällen (u.a.) zu einer Tätigkeit gemäß Z. 1 außerhalb des Bundesgebietes altlastenbeitragspflichtig ist. Nach § 10 Abs. 1 AlSAG hat die Behörde in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Hauptzollamtes des Bundes durch Bescheid unter anderem festzustellen, ob eine Sache Abfall ist (Z. 1), ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt (Z. 2) und ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt (Z. 3).
Das in § 10 AlSAG geregelte Feststellungsverfahren hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur das auch von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 17. September 2009, Zlen. 2009/07/0103, 0104) den Zweck, über strittige (Vor‑)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtsicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinne bereits mehrfach ausgesprochen, ein Verfahren nach § 10 Abs. 1 AlSAG diene der bescheidmäßigen Klärung und damit der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht (vgl. nur das hg. Erkenntnis vom 6. August 1998, Zl. 97/07/0174, und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. September 2009).
Die oben wiedergegebenen Bedenken der beschwerdeführenden Partei gegen dieses Verständnis der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides für die Abgabenfestsetzung vermögen den Verwaltungsgerichtshof nicht von seiner ständigen Rechtsprechung abzubringen: Zunächst verweist die beschwerdeführende Partei selbst zutreffend darauf, dass (etwa) im Wege der Wiederaufnahme im Verfahren betreffend die Festsetzung des Altlastenbeitrages einer Änderung der (bindenden) Entscheidung über die Vorfrage Rechnung zu tragen wäre. Soweit die beschwerdeführende Partei aber in diesem Zusammenhang auf Fristen für die Wiederaufnahme hinweist und daraus die Unzulässigkeit der Annahme einer Bindung abzuleiten versucht, handelt es sich betreffend die hier zu Grunde gelegten Zeiträume von Verfahren um (bloße) Annahmen, aus denen nicht die Rechtswidrigkeit der auf dem Gesetz beruhenden Beurteilung durch die belangte Behörde abgeleitet werden kann. Es erübrigt sich daher eine Spekulation dahin, welche rechtlichen Möglichkeiten der beschwerdeführenden Partei dann offen stünden, wenn die von ihr zu Grunde gelegten Annahmen tatsächlich eintreffen sollten (soweit ein Vorabentscheidungsverfahren angesprochen wurde, sei nur auf das Urteil des EuGH vom 13. Januar 2004, Kühne & Heitz NV, Slg. 2.004, I-00837, insbesondere Randnr. 28, hingewiesen).
Aus diesen Erwägungen erübrigt sich auch ein weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, mit dem die rechtliche Unrichtigkeit des erwähnten Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg dargelegt werden soll.
2.2. Die beschwerdeführende Partei wendet sich weiters dagegen, dass sie den jeweils auferlegten Altlastenbeitrag schulde. Es sei "nicht erkennbar, aus welchem (verfassungskonformen) Rechtsgrund" gerade die beschwerdeführende Partei "für diese Tätigkeit beitragspflichtig sein" solle.
Nach § 4 Z. 2 AlSAG ist Beitragsschuldner im Fall des Beförderns von gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften notifizierungspflichtigen Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 bis 3 (bzw. 3a) außerhalb des Bundesgebietes die notifizierungspflichtige Person.
Aus der Notifizierungspflicht nach § 67 Abs. 2 AWG 2002 könne jedoch - so die beschwerdeführende Partei weiter - keine ausreichende Verbindung der beschwerdeführenden Partei zu einer beitragspflichtigen Tätigkeit nach dem AlSAG und in der Folge zu einer Beitragspflicht hergestellt werden. § 4 Z. 2 AlSAG sei insofern möglicherweise "rechtswidrig", als er das Verursacherprinzip verletze; dieses Prinzip sei ein Grundgedanke, mit dem Kosten und Abgaben demjenigen zugerechnet werden sollten, in dessen Sphäre deren Entstehen liege. Ein Einstehen für eine fremde Schuld würde diesem Grundgedanken sowie dem Grundrecht auf Unverletzbarkeit des Eigentums widersprechen, so die bezughabenden Beschwerdeausführungen zusammengefasst.
Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht das Vorliegen des Notifizierungsbescheides vom 15. September 2006 sowie, dass sie (grundsätzlich) Beitragsschuldnerin im Sinne des § 4 Z. 2 AlSAG ist. Die von ihr in diesem Zusammenhang vorgebrachten (verfassungsrechtlichen) Bedenken überzeugen jedoch nicht: Soweit die beschwerdeführende Partei hier von einem Einstehen für eine fremde Schuld (gemeint die des den Bergversatz durchführenden Unternehmens) spricht, übersieht sie, dass § 4 Z. 2 AlSAG eine eigenständige Regelung zur Bestimmung des Abgabenschuldners normiert. Insoweit aber ist es nicht erkennbar, warum der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert gewesen wäre, eine derartige Regelung zu treffen. Die in der Beschwerde vorgenommene Gleichstellung mit einer Beförderung innerhalb des Bundesgebietes ist schon deshalb nicht zielführend, weil diese Bestimmung ausdrücklich das Befördern notifizierungspflichter Abfälle aus dem Bundesgebiet hinaus voraussetzt. Wenn der Bestimmung der notifizierungspflichtigen Person als Beitragsschuldner im Fall des Beförderns notifizierungspflichtiger Abfälle auch ein gewisser Lenkungseffekt im Hinblick auf eine Hintanhaltung der Vermeidung der Altlastenbeitragspflicht durch die Verbringung ins Ausland zu Grunde liegen mag, kann darin jedoch noch keine Regelung erblickt werden, die die beschwerdeführende Partei in einem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht verletzen würde. Schließlich spricht die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang zutreffend ihre Dispositionsbefugnis an; sie könnte die hier gegenständlichen Abfälle auch im Inland belassen (und so auf einen allfälligen wirtschaftlichen Vorteil in Abwägung mit der dadurch allenfalls vermiedenen Abgabe verzichten).
2.3. Die beschwerdeführende Partei wendet sich schließlich noch gegen die Festsetzung des Säumniszuschlages. Sie beruft sich hiebei darauf, dass nach § 217 Abs. 7 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen sind, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag indes der Beurteilung der belangten Behörde, es liege grobes Verschulden vor, nicht entgegen zu treten: Spätestens mit Ergehen des (nach dem oben Gesagten bindenden) Feststellungsbescheides gemäß § 10 AlSAG hätte der beschwerdeführenden Partei im Hinblick auf die eindeutige Gesetzeslage und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klar sein müssen, dass der jeweils strittige Altlastenbeitrag (jedenfalls vorläufig) zu entrichten sein könnte. Die vorgebrachten rechtlichen Bedenken haben die beschwerdeführende Partei somit noch nicht berechtigt, die Selbstbemessung der Abgabe zu unterlassen (zur Frage des Vorliegens eines entschuldbaren Rechtsirrtums vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2007, Zl. 2004/17/0217, mit weiteren Nachweisen).
2.4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 10. Jänner 2011
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