VwGH 2010/09/0209

VwGH2010/09/020924.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der AL in W, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. September 2010, Zl. UVS- 07/A/29/2040/2009-14, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs4;
EMRK Art6 Abs1;
StGB §34 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs4;
EMRK Art6 Abs1;
StGB §34 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Straf-, Kosten- und Barauslagenersatzausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen (hinsichtlich des Schuldspruches) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. September 2010 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als Arbeitgeberin mit Gewerbestandort in W zu verantworten, dass von 17. Dezember 2007 bis 15. Jänner 2008 (an diesem Tag in P) die näher bezeichnete kroatische Staatsangehörige MM als Reinigungskraft beschäftigt worden sei, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.800,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen 16 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde die Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung wieder, stellte den Sachverhalt fest und legte dazu ihre Überlegungen zur Beweiswürdigung folgendermaßen dar (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"Die (Beschwerdeführerin) betrieb im Tatzeitraum das (Einzel)Unternehmen 'Wohnanlagenbetreuung und Hausbesorgerdienst AL'. Dieses Unternehmen hat Aufträge über Reinigungs- und einfache Wartungsarbeiten in allgemein zugänglichen Bereichen von Wohnanlagen in der Art, wie sie von Hausbesorgern durchgeführt werden, übernommen, aber auch die Durchführung der Reinigung (einschl. Müllentsorgung) auf der Baustelle in P nach Beendigung der dortigen Bautätigkeit vor Übergabe der Räume an die späteren Nutzer.

Frau MM ist kroatische Staatsbürgerin und war diese im angeführten Tatzeitraum für die 'Wohnanlagenbetreuung und Hausbesorgerdienst AL' tätig. Sie hat zuletzt auf der (fertig gestellten) Baustelle in P Reinigungsarbeiten durchgeführt (Stiegen, Fenster, WCs geputzt, und zur Kontrollzeit: Böden gewaschen). Zum Arbeitsort gebracht und von dort wieder abgeholt wurde sie vom Ehegatten der (Beschwerdeführerin), Herrn ML, der im Unternehmen der (Beschwerdeführerin) tätig ist. Arbeitsmittel und auch ein Staubsauger wurde ihr seitens der Firma AL zur Verfügung gestellt. Außer ein paar Putzfetzen hat die Ausländerin kein Werkzeug und kein Arbeitsmaterial zu ihrer Arbeitstätigkeit selbst mitgenommen. Die Ausländerin wurde für Ihre Arbeit von der 'Wohnanlagenbetreuung und Hausbesorgerdienst AL' entlohnt, und zwar mit 700,-- Euro pro Monat. Ihre tägliche Arbeitszeit war acht Stunden. Sie hat an mehreren Tagen pro Woche (auf vorangehende telefonische Aufforderung durch Herrn ML) - durchschnittlich zwei bis drei Tage pro Woche - gearbeitet. Die Ausländerin arbeitete nach Arbeitanweisungen und unter Kontrolle von Herrn ML.

Die aktenkundigen Kassa-Ausgangsbelege und Rechnungen über 2.340,-- Euro und 10.800,-- Euro sowie auch die Verträge vom 17.12.2007 geben keine tatsächlichen Geschäftsvorgänge bzw. Sachverhalte wieder.

In der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Dass Frau MM nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und für ihre Beschäftigung im Tatzeitraum kein arbeitsmarktrechtlicher Titel iSd § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG vorlag, ist unbestritten und ergibt sich aus dem unbedenklichen Strafantrag des Finanzamtes.

Dass die (Beschwerdeführerin) die erwähnte Einzelfirma betreibt, steht im gesamten Verfahren außer Streit und ergibt sich die aus dem Vorbringen der (Beschwerdeführerin). Dass der im Berufungsverfahren als Vertreter eingeschrittene Ehemann der (Beschwerdeführerin), Herr ML, maßgeblich im Unternehmen der (Beschwerdeführerin) mitwirkt, ergibt sich aus der Schilderung der Zeugin MM, wonach Herr ML ihr Ansprechpartner im Unternehmern der (Beschwerdeführerin) war, insbesondere trat dies insofern augenfällig in der Berufungsverhandlung zutage, als der Vertreter von der Firma 'Wohnanlagenbetreuung und Hausbesorgerdienst AL' in der 'Wir'-Form sprach.

Die angelastete Beschäftigungsdauer wurde von der Zeugin MM bestätigt und von Seiten der (Beschwerdeführerin) nicht in Abrede gestellt. Die Anzahl der Arbeitstage pro Woche gründet sich mangels anderer aktenkundiger Beweisergebnisse auf die Angaben der Zeugin MM. Die Zeugin hat auch bezüglich der Arbeitsumstände (Anweisungen, Kontrolle, Arbeitsmittel) plausibel nachvollziehbare und lebensnahe Angaben gemacht.

Im Übrigen jedoch hat die Zeugin deutlich erkennen lassen, darum bemüht zu sein, durch ihre Aussage die (Beschwerdeführerin) möglichst nicht zu belasten. So etwa hat die Zeugin von sich aus, ohne Sachverhaltssubstrat zu Beginn ihrer Aussage erklärt, selbständig gewesen zu sein. Unter diesem Aspekt zu sehen sind die - unpräzisen und unsicher vorgetragenen - Angaben über tägliche Arbeitszeiten von bloß 2 oder 3 Stunden sowie der Umstand, dass die Zeugin ihre aktenkundigen im Zuge der Kontrolle getätigten Angaben nur nach Vorhalt und zögerlich bestätigte, etwa hinsichtlich ihrer Bezahlung, bzw. ausweichend sich auf fehlende Erinnerung berief, wie insbesondere zu den aktenkundigen Kassabelegen und Rechnungen, welche sie gegenüber den Kontrollorganen vor Ort als nicht den Tatsachen entsprechend bezeichnete.

Bezüglich der täglichen Arbeitszeit und der monatlichen Entlohnung in Höhe von 700,-- Euro wird daher den zeitnahen und spontan gemachten Angaben der Ausländerin im 'Personenblatt' bzw. in niederschriftlicher Befragung durch die Kontrollorgane der Vorzug gegeben. Diese kommen erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten. Desgleichen werden den Angaben der Ausländerin vor Ort folgend - denen im Übrigen im Verfahren weder durch die Zeugin, aber auch nicht durch die (Beschwerdeführerin) plausible Erklärungen entgegen gestellt wurden - die Kassabelege und Rechnungen als nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend erachtet.

Dass die Zeugin MM tatsächlich die in den Verträgen vom 17.12.2007 aufgelisteten Tätigkeiten in den genannten Wohnhausanlagen durchgeführt hätte, ergibt sich aus der Aussage der Zeugin nicht. Sie hat angegeben, seit 17.12.2007 in P Reinigungsarbeiten auf der fertig gestellten Baustelle durchgeführt zu haben (Stiegen, Fenster, WCs putzen), was als schlüssig und glaubhaft erachtet wird.

Wenn auch für die rechtliche Beurteilung nicht wesentlich, mag es durchaus aber auch vorgekommen sein, dass die Ausländerin im Tatzeitraum auf Aufforderung des für die (Beschwerdeführerin) tätigen Herrn ML tageweise auch in anderen Wohnhausanlagen zu Reinigungsarbeiten (in der Art wie sie in den Verträgen vom 17.12.2007 aufgelistet sind) für die Firma der (Beschwerdeführerin) eingesetzt worden ist.

Die Zeugin HA hat, gewissenhaft und vertrauenswürdig wirkend, die gegenständliche Amtshandlung nachvollziehbar erläutert, sodass kein Zweifel darüber besteht, dass die Angaben über die wahrgenommene Arbeitstätigkeit der Ausländerin sowie die Aussagen der befragten Ausländerin in der Niederschrift wahrheitsgetreu wiedergegeben sind."

Die belangte Behörde leitete daraus eine unselbständige Beschäftigung der MM durch die Beschwerdeführerin ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte ML sei zu Beginn der mündlichen Verhandlung erschienen, habe sich durch eine Heiratsurkunde und einen Lichtbildausweis als Ehemann der Beschwerdeführerin ausgewiesen und sich auf die ihm erteilte Vollmacht berufen. Dennoch sei er erst als Vertreter zugelassen worden, nachdem er eine schriftliche Vollmacht habe vorlegen können.

Gewillkürte Vertreter haben sich (außer bei berufsmäßigen Parteienvertretern) gemäß § 10 Abs. 1 AVG durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen. Die Behörde kann gemäß § 10 Abs. 4 AVG im Falle einer Vertretung durch Familienmitglieder von der Vorlage der sonst obligatorischen Vollmacht absehen, wenn diese Familienmitglieder "amtsbekannt" sind. Durch die Vorlage eines Lichtbildausweises und einer Heiratsurkunde wird eine Person nicht "amtsbekannt". Dass und aus welchen sonstigen Gründen ML "amtsbekannt" gewesen wäre, scheint im Verwaltungsakt nicht auf und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Es bestand entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sohin keine Veranlassung, von der Notwendigkeit der Vorlage der schriftlichen Vollmacht abzusehen.

Die Beschwerdeführerin verantwortet sich dahingehend, es sei mit MM ein Werkvertrag zur Reinigung der Wohnung P geschlossen worden. Für derartige Arbeiten habe MM eine Gewerbeberechtigung besessen.

Schon damit entfernt sich die Beschwerdeführerin im Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt. Denn es wurde nicht nur die Reinigung der Wohnung in P festgestellt (bei dieser "zuletzt" ausgeübten Tätigkeit wurde MM betreten, es wurden dort aber auch Stiegen gereinigt und die während des Verwaltungsverfahrens behauptete Tätigkeit der MM betraf - wenngleich in der Sachverhaltsfeststellung nur nebenbei erwähnt - zudem auch in anderen Wohnhausanlagen Reinigungsarbeiten - in der Art wie sie in den Verträgen vom 17. Dezember 2007 aufgelistet sind). Damit stellt sie eine Behauptung den Feststellungen der belangten Behörde gegenüber, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d.h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, da die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich nicht befugt, an die Stelle einer schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde eine andere, wenngleich ebenso schlüssige Beweiswürdigung zu setzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2008, Zl. 2007/09/0300).

Die Beschwerdeführerin versucht sodann, durch selektiv ausgewählte Teile aus der Sachverhaltsfeststellung sowie Hinweise auf die behaupteten "Werkverträge" die Beweiswürdigung und die Sachverhaltsfeststellung an sich zu erschüttern, indem sie aus diesen Auszügen zu anderen Sachverhalten (z.B. im Hinblick auf die "persönliche Leistungspflicht", die "Entscheidungsfreiheit", die Wertigkeit von Putzfetzen als "Betriebsmittel") und darauf aufbauend einer anderen rechtlichen Beurteilung (insbesondere die Wertung der Sachverhalte im Rahmen des beweglichen Systems) zu gelangen versucht. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Bewertung der Tätigkeit der MM als selbständige Tätigkeit hält aber vor dem Hintergrund des gesamten festgestellten Sachverhaltes einer näheren Betrachtung nicht stand.

Wenn die Beschwerdeführerin auf die Gewerbeberechtigung der MM hinweist, ist ihr zu entgegnen: Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, ist der bloß formale Umstand, dass MM im Besitz einer (österreichischen) Gewerbeberechtigung war, für die Beurteilung ihrer sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129). Ausländer, die formell im Besitz von Gewerbeberechtigungen waren, nach der nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt vorzunehmenden Beurteilung ihrer Tätigkeit aber de facto nicht selbständig sind, sind nicht vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Die Arbeitnehmerähnlichkeit (§ 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) wird dann anzunehmen sein, wenn zwar die für ein "echtes" Arbeitsverhältnis charakteristische persönliche Abhängigkeit fehlt, die Rechtsbeziehung zum Auftraggeber einem solchen aber wegen der wirtschaftlichen Unselbständigkeit ähnlich ist, weil die Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben sind. Auch diesbezüglich kommt es - wie oben erwähnt - nicht darauf an, wie die Beziehung zum Auftraggeber zivilrechtlich zu qualifizieren ist (z.B. Werkvertrag oder freier Dienstvertrag). Auch ein freier Dienstvertrag begründet nicht automatisch eine arbeitnehmerähnliche Stellung. Entscheidende Bedeutung hat der Umstand, dass die betreffende Person in ihrer Entschlussfähigkeit bezüglich ihrer Tätigkeit auf ein Minimum beschränkt ist.

Als typisch für eine arbeitnehmerähnliche Stellung werden etwa die Tätigkeit im Betrieb des Auftraggebers, Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit, persönliche Leistungspflicht, Beschränkung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit, Berichterstattungspflicht, Arbeit mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers, Arbeit nur für einen oder nur eine geringe Zahl von Auftraggebern, Unternehmensbindung, Entgeltlichkeit oder direkter Nutzen der Arbeitsleistung für den Auftraggeber, Arbeit gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen (wie z.B. durch Kilometergelder, Ersatz von Telefonkosten etc.), genannt.

Für eine unternehmerische Tätigkeit spricht hingegen, dass der Arbeitende das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will, indem er z.B. losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert, wie dies bei einer Pauschalabgeltung in der Regel der Fall ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zlen. 2009/09/0287, 0288, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

Im gegenständlichen Fall wurde MM die jeweils durchzuführende Arbeit entgegen der behaupteten Vertragsinhalte unmittelbar vom Ehemann der Beschwerdeführerin, ML, der maßgeblich im Unternehmen der Beschwerdeführerin mitwirkt, zugewiesen. MM wurde von ML zur jeweiligen Arbeitsstelle hingebracht und abgeholt, sie arbeitete nach Arbeitsanweisungen und unter Kontrolle von ML, das Entgelt wurde einseitig von der Beschwerdeführerin bzw. ML bestimmt. Die wesentlichen Arbeitsmittel (siehe die einliegenden Fotos: "Aufwaschwagen" mit Reinigungsmitteln, Staubsauger) wurden von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt (dagegen sind die "paar Putzfetzen", welche MM beistellte, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zu vernachlässigen). Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass MM bei der "Verrichtung der

Tätigkeit ... nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beschränkt"

gewesen sei, so lässt sie außer Acht, dass dann, wenn sich - wie im vorliegenden Fall bei einfachen Reinigungstätigkeiten - die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend erübrigt, weil der Arbeitnehmer von sich aus wissen sollte, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat, dann äußert sich das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechtes in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers"), die die Beschwerdeführerin durch ML nach den Feststellungen auch ausgeübt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0026). Der direkte wirtschaftliche Nutzen aus der Tätigkeit der MM kam der Beschwerdeführerin in Erfüllung des ihr erteilten Auftrages zu und nicht, wie sie vermeint, den späteren Eigentümern der Wohnung.

Es ist zudem weder im Verwaltungsverfahren hervorgekommen noch wird dies in der Beschwerde behauptet, dass MM werbend am Markt aufgetreten wäre oder über eine unternehmerische Infrastruktur verfügt hätte.

Die Beschwerdeführerin stützt sich darauf, dass MM in ihrer Aussage auch vorgebracht habe, für zwei andere Auftraggeber tätig gewesen zu sein (wobei allerdings der Umfang der Tätigkeit unklar blieb). Zwar rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte diesbezüglich näher nachfragen müssen, behauptet in der Beschwerde aber keine konkreten Tätigkeiten der MM für andere Auftraggeber, sodass die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels nicht aufgezeigt wird. Damit ist keine erhebliche Tätigkeit für andere Auftraggeber hervorgekommen.

Die belangte Behörde durfte sohin zu Recht von einer Einordnung der MM in die Betriebsorganisation der Beschwerdeführerin und somit einer unselbständigen Tätigkeit ausgehen.

Die Beschwerde war daher, soweit sie den Schuldspruch betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Allerdings ist der Beschwerde gegen den Strafausspruch (und dem folgend auch gegen die Auferlegung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten und den Ersatz der Barauslagen) Erfolg beschieden:

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der angemessenen Verfahrensdauer iSd Art. 6 Abs. 1 MRK. Diese sei nicht als Milderungsgrund bei der Strafbemessung berücksichtigt worden.

Im vorliegenden Fall erlangte die Beschwerdeführerin mit Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigte erstmals offiziell Kenntnis von dem gegen sie erhobenen Tatvorwurf. Diese Zustellung erfolgte am 6. Juni 2008; als Anfangszeitpunkt des Verfahrens ist daher dieser Tag anzunehmen.

Mit Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 10. Februar 2009 endete das erstinstanzliche Verfahren. Die dagegen erhobene Berufung langte am 5. März 2009 bei der belangten Behörde ein. Der Berufungsbescheid wurde in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2009 verkündet. Die schriftliche Ausfertigung vom 9. September 2010 wurde der Beschwerdeführerin aber erst am 20. September 2010 zugestellt. Das gesamte Verfahren seit der ersten Verfolgungshandlung dauerte somit über zwei Jahre und drei Monate, wovon auf eine vollständige Untätigkeit der belangten Behörde 15 Monate entfallen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verfahrensverzögerung der Sphäre der Beschwerdeführerin zuzurechnen wäre. Es liegt auch keine ungewöhnliche Komplexität und Schwierigkeit dieser Rechtssache vor. Diese Verfahrensdauer - vor allem aber die Dauer zwischen Verkündung des Erkenntnisses und Zustellung des angefochtenen Bescheides - ist nicht mehr als angemessen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK zu qualifizieren. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist im Falle einer Überschreitung der nach Art. 6 Abs. 1 EMRK angemessenen Verfahrensdauer dieser Umstand in Anwendung des § 19 VStG in Verbindung mit § 34 Abs. 2 StGB als strafmildernd zu bewerten; andernfalls wäre das Gesetz bei der Strafbemessung in einer dem Art. 6 Abs. 1 EMRK widersprechenden Weise angewendet worden. Die belangte Behörde hat, indem sie diesen Umstand unberücksichtigt gelassen hat, das Gesetz bei der Strafbemessung in einer dem Art. 6 Abs. 1 EMRK widersprechenden Weise angewendet (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2009, Zl. 2008/09/0094, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang des Straf- und des Kostenausspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Februar 2011

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