Normen
DBAbk Liechtenstein 1971 Art15 Abs4;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art19 Abs1;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art15 Abs4;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art19 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist seit Dezember 2006 beim Verein für Bewährungshilfe in Liechtenstein als Bewährungshelfer (nunmehr Geschäftsstellenleiter) nichtselbständig tätig, wobei er sich in der Regel täglich von seinem inländischen Wohnsitz an seinen Arbeitsplatz in Liechtenstein begibt.
Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurde die Bewährungshilfe in Liechtenstein auf Grundlage des Gesetzes vom 13. September 2000 über die Bewährungshilfe (FL-BewHG) und der dazu ergangenen Verordnung vom 13. Februar 2001 (FL-BewHV) dem eigens dafür errichteten Verein für Bewährungshilfe mit Sitz in Schaan übertragen. Dies ist ein im Öffentlichkeitsregister eingetragener Verein im Sinne von Art. 246 ff des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechtes. Zweck des Vereins ist nach den Statuten, dem straffällig Gewordenen Bewährungshilfe im Sinne von § 52 FL-StGB und im Rahmen des Bewährungshilfegesetzes zukommen zu lassen; dies beinhaltet insbesondere die Beratung, Begleitung und Betreuung des straffällig Gewordenen. Das Amt für Soziale Dienste schließt mit der privaten Vereinigung einen Leistungsauftrag ab, welcher der Genehmigung durch die Regierung unterliegt. Mit der Genehmigung des Leistungsauftrages durch die Regierung erhält die private Vereinigung die Zulassung zur Tätigkeit (Art. 2 Abs. 3 FL-BewHV). Die Aufsicht obliegt dem Amt für Soziale Dienste (Art. 5 FL-BewHG); sie umfasst insbesondere die Bereiche Organisation, Personal, Geschäftsstellenleitung, Finanzgebaren und Fachlichkeit (Art. 4 Abs. 1 FL-BewHV). Werden die im Rahmen der Aufsichtstätigkeit festgestellten Mängel trotz wiederholter Mahnungen und Weisungen nicht behoben, beantragt das Amt für Soziale Dienste bei der Regierung den Entzug der Zulassung (Art. 4 Abs. 2 FL-BewHV). Bis zum 31. März jeden Jahres ist dem Amt für Soziale Dienste ein schriftlicher Bericht über die Tätigkeit der Bewährungshilfe sowie die Finanzverwendung im vorangegangenen Kalenderjahr zu erstatten (Art. 15 FL-BewHG).
Bewährungshelfer stehen in Ausübung ihres Amtes einem Beamten gemäß § 74 Z 4 FL-StGB gleich (Art. 3 FL-BewHG). Die hauptberuflich tätigen Bewährungshelfer sind Angestellte des Trägervereines und müssen über eine Ausbildung im psychosozialen Bereich auf dem Niveau einer höheren Fachschule, Fachhochschule, Akademie oder Universität verfügen (Art. 1 FL-BewHV). Das von der privaten Vereinigung zu erlassende Besoldungsschema für die Bewährungshelfer bedarf der Genehmigung durch das Amt für Soziale Dienste (Art. 3 FL-BewHV).
Den Aufwand, der dem Verein für Bewährungshilfe aufgrund der Besorgung der Aufgaben der Bewährungshilfe erwächst, hat das Land unter Zugrundelegung einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung nach Maßgabe des jährlichen Finanzgesetzes zu ersetzen (Art. 6 FL-BewHG). Dem zwischen dem Amt für Soziale Dienste und dem Verein für Bewährungshilfe abgeschlossenen Leistungsvertrag vom 26. Jänner 2006 zufolge erfolgt die Finanzierung der Dienstleistungen des Vereins für Bewährungshilfe weiters durch Spenden. Der Verein verpflichtet sich (im Sinne einer Eigenleistung), sich um die Erlangung von Spenden zu bemühen (7.1 und 7.2). Erwirtschaftet der Verein einen Erlösüberschuss von bis zu 10.000 SFr, kann der Verein diesen Betrag nach eigenem Ermessen für zusätzliche Anschaffungen oder Ausgaben verwenden oder dem Vereinsvermögen gutschreiben, ein dieses Limit übersteigender Betrag wird an das Land rückvergütet (7.5.). Erwirtschaftet der Verein für Bewährungshilfe einen Verlust, so wird dieser aus dem Vereinsvermögen abgedeckt, reichen die Mittel nicht aus, um den Verlust abzudecken und beträgt das Restdefizit mehr als 20.000 SFr, kann der Verein für Bewährungshilfe mit detaillierter Begründung für diesen Betrag beim Amt für Soziale Dienste einen Antrag für einen Nachtragskredit einreichen (7.6.).
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 1. März 2007 Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2007 und die Folgejahre fest. Begründend führte das Finanzamt aus, es liege ein Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zu einem privaten Verein in Liechtenstein vor. Bei den Vergütungen für diese Tätigkeit handle es sich weder um solche, die vom anderen Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften, noch um solche, die aus einem von diesem Staat oder seinen Gebietskörperschaften errichteten Sondervermögen gezahlt würden, sodass Art. 19 Abs. 1 DBA Liechtenstein nicht zur Anwendung kommen könne. Auch sei der Begriff "Ausübung öffentlicher Funktionen" nicht mit jenem der "Wahrnehmung von Aufgaben des Staates oder einer Gebietskörperschaft" gleichzusetzen. Für den Fall, dass die Tätigkeit nicht über einen privaten Verein ausgeübt würde und die Vergütungen unmittelbar von einer Gebietskörperschaft bezahlt würden, würde es sich um einen Betrieb gewerblicher Art handeln. Insgesamt ergebe sich somit, dass die Einkünfte des Beschwerdeführers gemäß Art. 15 Abs. 4 DBA Liechtenstein als Grenzgänger im Wohnsitzstaat steuerlich zu erfassen seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 5. Oktober 2007 wurde aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der erstinstanzliche Bescheid abgeändert und die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2007 und die Folgejahre der Höhe nach reduziert. Begründend wurde ausgeführt, das Verständigungsverfahren gemäß Art. 25 DBA Liechtenstein habe ergeben, dass die Vergütungen, die der Beschwerdeführer von seinem Arbeitgeber erhalte, nicht unter Art. 19 DBA Liechtenstein fielen. Es sei aber die gesamte in Liechtenstein einbehaltene Steuer (6 %) anzurechnen und der Umrechnungskurs (SFr - EUR) zu korrigieren.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und änderte den erstinstanzlichen Bescheid im Umfang der Berufungsvorentscheidung ab. Begründend führte die belangte Behörde - zusammengefasst - aus, der Verein für Bewährungshilfe sei gemäß den Bestimmungen der Art. 246 ff des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts errichtet worden und sei damit eine juristische Person des privaten Rechts. Das Fürstentum Liechtenstein sei weder Träger des Vereins noch komme diesem ein unmittelbares Weisungsrecht gegenüber den Vereinsorganen bzw. dem Geschäftsstellenleiter zu. Damit könne aber auch nicht von einem vom Vertragstaat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen im Sinne des Art. 19 DBA-Liechtenstein ausgegangen werden. Das Gesetz sehe auch nicht die Errichtung eines Sondervermögens, sondern lediglich die vertragliche Übertragung der Besorgung der Aufgaben der Bewährungshilfe an eine private Vereinigung vor. Der Umstand, dass dem Verein ua. die Lohnaufwendungen vom Fürstentum Liechtenstein ersetzt werden, vermöge für sich kein Sondervermögen zu begründen, handle es sich dabei doch vielmehr um einen budgetierten Kosten- bzw. Aufwandsersatz, nicht aber um ein gesondert verwaltetes Vermögen. Da die Vergütungen weder unmittelbar vom Fürstentum Liechtenstein noch aus einem von diesem errichteten Sondervermögen gezahlt worden seien, könne die Regelung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein somit bereits aus diesem Grund nicht zur Anwendung kommen.
Aber selbst dann, wenn man von einem Sondervermögen ausgehen wollte, wäre für den Beschwerdeführer mangels einer in öffentlicher Funktion ausgeübten Tätigkeit nichts zu gewinnen. Der an die Tätigkeit des betreffenden Dienstnehmers und nicht (allein) an den Aufgabenbereich der betreffenden Einrichtung anknüpfende Begriff der "öffentlichen Funktionen" könne nicht mit dem Begriff der "Wahrnehmung von Aufgaben des Staates oder einer Gebietskörperschaft" gleichgesetzt werden. Es werde vielmehr auf jene Dienstnehmer Bezug genommen, die als Organe bei der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse und Aufgaben tätig würden. Der Hoheitsbereich eines Staates sei von der Ausübung hoheitlicher Gewalt gekennzeichnet, konkret werde auf die Erlassung individueller Verwaltungsakte (Bescheide) abgestellt.
Ungeachtet der Frage, inwieweit die Bewährungshilfe dem Bereich der "schlichten Hoheitsverwaltung" zugerechnet werde, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in Ausübung öffentlicher Funktionen tätig sei, komme ihm doch keinerlei Befugnis zur Erlassung individueller Verwaltungsakte zu. Dass die Bewährungshilfe in Urteilen angeordnet werde und der Bewährungshelfer regelmäßig dem Gericht berichten und mit dem Richter die im jeweiligen Fall zu setzenden Maßnahmen absprechen müsse, ändere daran nichts, da die hoheitlichen Befugnisse dem Richter und nicht dem Bewährungshelfer zukämen. Ebenso stelle das im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung eingewendete Recht auf eigenständige Akteneinsicht lediglich ein dem Bewährungshelfer gesetzlich zuerkanntes Recht, nicht aber eine Befugnis zur Erlassung individueller Verwaltungsakte in dem Sinne dar, dass er Rechte zuerkennen oder Pflichten auferlegen könnte. Ebenso wenig könne dies aus dem Umstand, dass auf dem Dienstausweis des Beschwerdeführers das Liechtensteinische Staatswappen aufscheine, abgeleitet werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Artikel 3 Abs. 2, Artikel 15 Abs. 4 und Artikel 19 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 24/1971, (in der Folge "DBA") lauten:
"Artikel 3
(2) Bei Anwendung des Abkommens durch einen Vertragstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.
Artikel 15
Unselbständige Arbeit
(4) Einkünfte aus unselbständiger Arbeit solcher Personen, die in einem Vertragstaat in der Nähe der Grenze ansässig sind und im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben (Grenzgänger), werden in dem Vertragstaat besteuert, in dem sie ansässig sind. Der Staat des Arbeitsortes ist jedoch berechtigt, von den erwähnten Einkünften eine Steuer von höchstens vier vom Hundert im Abzugsweg an der Quelle zu erheben.
Artikel 19
Öffentliche Funktionen
(1) Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft in Ausübung öffentlicher Funktion erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.
(2) Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung."
Aus dem DBA ergibt sich somit folgende Regelung der Besteuerung von "Grenzgängern": Art. 15 Abs. 4 DBA weist (grundsätzlich) dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zu. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz (in Richtung des "Kassenstaatsprinzips") bestimmt Art. 19 Abs. 1 DBA in Anknüpfung an folgende Tatbestandsmerkmale: 1. die Zahlung der Vergütung von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem vom Vertragsstaat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen; 2. die Erbringung von Diensten für diesen Staat oder die Gebietskörperschaft, und zwar 3. "in Ausübung öffentlicher Funktionen" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1996, 94/15/0128).
Der Beschwerdeführer ist nach den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde Mitarbeiter (Geschäftsstellenleiter) eines Vereins. Als solcher erbringt er seine Dienste gegenüber dem eine selbständige juristische Person darstellenden Verein und nicht gegenüber dem Staat Liechtenstein oder einer liechtensteinischen Gebietskörperschaft. Lediglich der Verein erbringt (entsprechend dem zwischen dem Amt für Soziale Dienste des Fürstentums Liechtenstein und dem Verein geschlossenen Leistungsvertrag vom 26. Jänner 2006) Leistungen - im Wege seiner Mitarbeiter - gegenüber dem Staat. Es liegt daher schon deswegen kein dem Art. 19 DBA subsumierbarer Sachverhalt vor (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, 93/15/0199).
Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer in Ausübung öffentlicher Funktionen Dienste erbringt und ob er Vergütungen aus einem vom Staat Liechtenstein (oder einer seiner Gebietskörperschaften) errichteten Sondervermögen erhält, ist daher nicht mehr einzugehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 27. Jänner 2011
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