Normen
ASVG §111;
AuslBG §28 Abs1 idF 2002/I/160;
AuslBG §28 Abs1 Z1 idF 2002/I/160;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2002/I/160;
AuslBG §3 Abs1;
FrG 1997 §105 Abs1 idF 2002/I/126;
MRKZP 07te Art4;
StGB §153e Abs1 Z1;
StGB §295;
StGB §88 Abs1;
StGB §94 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
VStG §30 Abs2 impl;
VStG §30 Abs2;
VStG 1991 §30 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ASVG §111;
AuslBG §28 Abs1 idF 2002/I/160;
AuslBG §28 Abs1 Z1 idF 2002/I/160;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2002/I/160;
AuslBG §3 Abs1;
FrG 1997 §105 Abs1 idF 2002/I/126;
MRKZP 07te Art4;
StGB §153e Abs1 Z1;
StGB §295;
StGB §88 Abs1;
StGB §94 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
VStG §30 Abs2 impl;
VStG §30 Abs2;
VStG 1991 §30 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft N vom 18. Juli 2005 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) wie folgt für schuldig erkannt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Tatbeschreibung
Sie sind als Arbeit- und Auftraggeber dafür verantwortlich, dass die Ausländerin
- 1) CO, geb. … rum.StA., seit 11.09.2003,
- 2) BA, geb. … rum.StA., seit 05.09.2003,
- 3) CA, geb. … rum.StA., seit 05.09.2003,
- 4) CH, geb. … rum.StA., seit 11.09.2003
- 5) TI, geb.… rum.StA., seit 25.07.2003,
- 6) BU, geb. … rum.StA., seit 05.09.2003,
- 7) GE. geb..., rum.StA., seit 05.09.2003
bis 15.09.2003, aber zumindest alle Personen 1) bis 7) am 15.09.2003, um 20.30 Uhr, in 2604 D, Nstraße .., im Lokal 'X-Bar', als Animierdame, entgegen § 3 AuslBG von Ihnen beschäftigt wurde, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden war oder keine gültige Arbeitserlaubnis oder keinen gültigen Befreiungsschein oder keinen gültigen Niederlassungsnachweis besessen hat."
Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG in allen sieben Fällen Geldstrafen von jeweils EUR 2.000,-- sowie Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 336 Stunden verhängt und ihm Kosten des Verwaltungsverfahrens auferlegt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen geltend machte, dass er wegen derselben Beschäftigung der Ausländerinnen bereits mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts N wegen § 217 Abs. 1 erster und zweiter Fall sowie Abs. 2 StGB sowie wegen § 105 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) verurteilt worden sei. § 105 Abs. 1 FrG pönalisiere die Ausnutzung eines Fremden, der sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält oder über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt. § 28 Abs. 1 AuslBG ordne in seinem Einleitungssatz ausdrücklich an, dass eine Verwaltungsübertretung nur vorliege, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bilde. Auch das im Verfassungsrang stehende Verbot der Doppelbestrafung wegen derselben Tat stehe einer Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des AuslBG im vorliegenden Fall entgegen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. April 2006 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung insoferne Folge, als sie den Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz insoweit abänderte, als die im Ausmaß von je 336 Stunden verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 72 Stunden herabgesetzt wurde. Im Übrigen bestätigte sie den Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz.
Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die sieben namentlich angeführten rumänischen Staatsbürgerinnen zu den bezeichneten Zeiten in der X-Bar als Animierdamen beschäftigt worden seien, obwohl für sie keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt gewesen seien. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen wie folgt aus:
"Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ist von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt auszugehen:
Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bezeichneten rumänischen Staatsangehörigen wurden aus Anlass einer Kontrolle am 15. September 2003 um 20.30 Uhr in dem bordellmäßig geführten Betrieb 'X-Bar', etabliert in D, Nstraße .., angetroffen und haben diese in dem Betrieb, dessen Inhaber der Berufungswerber ist, während der im Straferkenntnis bezeichneten Zeiten Animations- und Prostitutionstätigkeiten ausgeübt, ohne dass hiefür die entsprechenden arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vorlagen.
Zu diesem Sachverhalt gelangte die Berufungsbehörde aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere aufgrund der Angaben laut Akteninhalt. Daraus ergibt sich, dass die Ausländerinnen in dem vom Berufungswerber betriebenen, bordellmäßig geführten, Etablissement Animationstätigkeiten und Prostitutionstätigkeiten ausgeübt haben. Aus den Niederschriften mit den Ausländerinnen, aufgenommen bei der Bezirkshauptmannschaft N, ergibt sich, dass die Ausländerinnen über Auftrag des Berufungswerbers im Lokal während der Öffnungszeiten bis ca. 4.00 oder 5.00 Uhr in der Früh anwesend waren, um die Kunden zum Trinken und zum Geschlechtsverkehr zu animieren. Die Ausländerinnen waren am Getränkeumsatz beteiligt, sowie an dem vom Kunden entrichteten Schandlohn.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich weiters, dass der Berufungswerber die Tätigkeit der Ausländerinnen (Prostitution und Animation im Rahmen dieses Betriebes) organisiert hat. Die Ausländerinnen sind daher in arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen zum Berufungswerber tätig geworden, wobei insbesondere deren wirtschaftliche Abhängigkeit ihre Verwendung als arbeitnehmerähnliche Personen rechtlich indiziert.
Wenn der Berufungswerber einwendet, es liege ein verwaltungsstrafrechtlich relevanter Sachverhalt nicht vor, zumal der idente Sachverhalt den Gegenstand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bilde, so wird dazu ausgeführt:
Gemäß § 105 Abs. 1 Fremdengesetz in der zur Tatzeit anzuwendenden Fassung ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren zu bestrafen, wer mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten aus der Ausnützung der besonderen Abhängigkeit eines Fremden, der sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt oder sich sonst in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis befindet, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diesen Fremden ausbeutet.
Diese Bestimmung soll dem Schutz fremden Vermögens dienen.
Demgegenüber ist das gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG zu schützende Rechtsgut der inländische Arbeitsmarkt. Das öffentliche Interesse in Bezug auf die Unterbindung der Schwarzarbeit ist im Hinblick darauf, dass die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden führt, vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit, als sehr hoch einzuschätzen.
Es ergibt sich daher, dass die beiden Übertretungen auf jeweils unterschiedlich zu schützende Rechtsgüter abstellen, weshalb eine Identität der gegenständlichen Verwaltungsübertretung mit der vor dem Landesgericht N abgehandelten gerichtlich strafbaren Handlung nicht vorliegt. Der Berufungswerber ist daher für die gegenständliche Verwaltungsübertretung trotz seiner Verurteilung gemäß § 105 FrG, auf welche er verwiesen hat, zu bestrafen."
Die Bemessung der Strafe begründete die belangte Behörde damit, dass sie in sieben Fällen - bei Annahme durchschnittlicher Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse - die gesetzliche Mindeststrafe verhängt habe. Für eine Unterschreitung des gesetzlichen Strafrahmens fänden sich keine Anhaltspunkte, zumal keine Milderungs- und Erschwerungsgründe im Verfahren hervorgekommen seien und dem Beschwerdeführer nicht bloß geringfügiges Verschulden zur Last liege.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid gerichteten, zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten und von diesem mit Beschluss vom 8. März 2007, B 917/06, abgelehnten und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde hat die belangte Behörde mit einem als "Gegenschrift" bezeichneten Schreiben Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und der Verwaltungsgerichtshof darüber in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat wie folgt erwogen, wobei im Hinblick auf die mangelhafte Aktenvorlage hinsichtlich der Verurteilung des Beschwerdeführers gemäß § 38 Abs. 2 VwGG vom Beschwerdevorbringen ausgegangen werden konnte:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, lauten:
"§ 2. ...
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern
die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger
Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der
Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
- d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
- e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind
a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,
b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,
c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und
d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine
EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 bis 16 auszustellen ist.
(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des
Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht
die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine
Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann
vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur
Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25%
Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen.
..."
§ 28 Abs. 1 AuslBG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I
Nr. 160/2002, lautet auszugsweise:
"Strafbestimmungen
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen
1. wer,
a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt wurde, oder
b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, oder
c) entgegen der Untersagung der Beschäftigung eines
Inhabers einer Arbeitserlaubnis (§ 14g) diesen beschäftigt,
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 25 000 Euro;
..."
Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides mit Urteil des Landesgerichts N wegen des Vergehens nach § 217 Abs. 1 erster Fall StGB und § 105 Abs. 1 FrG in Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 217 Abs. 1 StGB und wegen derselben nunmehr im Verwaltungsstrafverfahren vorgeworfenen Beschäftigung der sieben Ausländerinnen für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden sei, welche gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass seine Bestrafung im Hinblick auf § 28 Abs. 1 AuslBG, wonach eine Bestrafung nach dieser Bestimmung nur zulässig ist, "sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" unzulässig sei, weil er bereits mit dem angeführten Urteil wegen des Vergehens nach § 105 Abs. 1 FrG für schuldig befunden und bestraft worden sei. Eines der Tatbestandselemente dieser Bestimmung sei es, dass die beschäftigten Fremden über keine Beschäftigungsbewilligung verfügen. Gerade vom Zutreffen dieses - für einen Schuldspruch nach § 105 Abs. 1 FrG maßgeblichen - Tatbestandselementes sei das Gericht ausgegangen. Vom zweiten Fall ("oder sich sonst in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis befinden") sei das Landesgericht N ausdrücklich nicht ausgegangen, es habe sich vielmehr auf das Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses (gemeint: Fehlen einer Beschäftigungsbewilligung) gestützt. Da allerdings § 105 Abs. 1 StGB ausdrücklich auf die Beschäftigung eines Ausländers ohne Beschäftigungsbewilligung als eines der Tatbestandselemente abstelle, ohne die eine gerichtliche Strafbarkeit nicht vorliege, bilde die in § 28 Abs. 1 AuslBG verpönte Beschäftigung eines Ausländers entgegen § 3 AuslBG denselben Tatbestand des § 105 Abs. 1 StGB, wenn auch unter dem notwendigen Hinzutreten weiterer Tatbestandselemente.
§ 105 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 lautet:
"Ausbeutung eines Fremden
§ 105. (1) Wer mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten aus der Ausnützung der besonderen Abhängigkeit eines Fremden, der sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt oder sich sonst in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis befindet, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diesen Fremden ausbeutet, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Wer durch die Tat einen Fremden in Not versetzt oder eine größere Zahl von Fremden ausbeutet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(3) Hat die Tat den Tod eines Fremden zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."
Aufgrund der Subsidiaritätsklausel des Einleitungssatzes des § 28 Abs. 1 AuslBG, wonach eine Bestrafung nach dieser Bestimmung nur dann erfolgen darf, "sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet", ist im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung bereits den Tatbestand des § 105 Abs. 1 FrG gebildet hat und daher seine Bestrafung wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 AuslBG unzulässig war. Dass der Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach § 217 Abs. 1 erster Fall StGB und § 105 Abs. 1 FrG vor Erlassung des angefochtenen Bescheides mit Urteil des Landesgerichts N für schuldig befunden und rechtskräftig verurteilt worden ist, ist von der belangten Behörde unbestritten, ebenso wie die Tatsache, dass der Verurteilung wegen § 105 Abs. 1 FrG die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals zu Grunde lag, dass die Ausländerinnen "über keine Beschäftigungsbewilligung verfügten".
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einer Subsidiaritätsklausel wie der im Einleitungssatz des § 28 Abs. 1 AuslBG ausgeführt, dass diese nicht auf eine Identität der Tatbestände jener Normen abstellt, die für eine Ahndung der Tat durch die Verwaltungsstrafbehörde auf der einen und das Gericht auf der anderen Seite in Betracht kommen. Entscheidend ist vielmehr, ob das den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung erfüllende Verhalten auch ein wesentliches Sachverhaltselement des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung bilden könnte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040, und vom 29. April 2008, Zl. 2007/05/0125, mwN).
Eine Subsidiaritätsklausel stellt auf die Tat ab, worunter im vorliegenden Zusammenhang jenes menschliche Verhalten zu verstehen ist, welches sowohl den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung verwirklicht, als auch den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet. Nicht erforderlich ist dabei, dass alle Aspekte dieses Verhaltens sowohl unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsstrafrechts als auch unter jenem der gerichtlich strafbaren Handlung relevant sind. Die Subsidiaritätsklausel greift vielmehr auch dann, wenn der Tatbestand der gerichtlich strafbaren Handlung nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des die Tat bildenden Verhaltens verwirklicht wird, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente. Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen einer ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel nicht erforderlich, dass verdrängendes und verdrängtes Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben (vgl. auch dazu die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 1998, sowie vom 29. April 2008, Zl. 2007/05/0125, mwN, das zweitgenannte Erkenntnis - unter Hinweis auf die vergleichbaren Subsidiaritätsklauseln des § 67 Abs. 1 Kntn NSchG 1986, des § 99 Abs. 6 lit. c StVO und des § 134 Abs. 2 Z. 2 KFG - zur Subsidiarität des Tatbestandes des § 38 iVm § 5 Abs. 2 Z. 13 des Tierschutzgesetzes im Verhältnis zu § 222 Abs. 1 Z. 1 StGB).
Im vorliegenden Fall lässt sich ein Hinweis dafür nicht finden, dass für die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestrafung des Beschwerdeführers andere Fakten maßgeblich gewesen wären, als bereits für die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht N und den in diesem Urteil enthaltenen Schuldspruch gemäß § 105 Abs. 1 FrG. Sowohl für das Urteil des Strafgerichts als auch für die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestrafung war der Vorwurf maßgeblich, dass die sieben rumänischen Staatsangehörigen über Auftrag des Beschwerdeführers in dem bordellmäßig geführten Betrieb X-Bar in D während der Öffnungszeiten bis 4.00 oder 5.00 Uhr anwesend waren und dort die Kunden zum Trinken animiert und die Prostitution ausgeübt haben, dass der Beschwerdeführer die Tätigkeit der Ausländerinnen (Prostitution und Animation im Rahmen des Betriebes) organisiert hatte und sich diese in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Beschwerdeführer befanden.
Für das Vorliegen einer Beschäftigung nach dem AuslBG kommt es entscheidend auf das Bestehen einer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit der Arbeitskraft vom Beschäftiger an (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187, mwN). Zwar tritt bei § 105 Abs. 1 FrG zu dieser für den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG wesentlichen persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der ausländischen, nicht zum österreichischen Arbeitsmarkt zugelassenen Arbeitskraft noch das Element der Ausbeutung hinzu (vgl. die Regierungsvorlage zur ursprünglichen Fassung des § 105 FrG in BGBl. I Nr. 34/2000 die Erläuterungen 110 BlgNR, 21. GP, wonach es sich dabei um ein rücksichtsloses Ausnützen des Opfers handeln muss, das gegen dessen vitale Interessen gerichtet ist). Dies ändert aber nichts daran, dass bei einer Betrachtung der in Frage stehenden Tatbestände die wesentlichen Elemente für eine Bestrafung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in dem im vorliegenden Fall vom Landesgericht N herangezogenen Tatbestand des § 105 Abs. 1 FrG (Ausbeutung eines Fremden, der über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt), enthalten sind. Das den Tatbestand der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG erfüllende Verhalten kann daher - wie im vorliegenden Fall bei Hinzutreten des Tatbestandselements der Ausbeutung - ein wesentliches Sachverhaltselement des Tatbestandes des § 105 Abs. 1 FrG bilden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040, und vom 29. April 2008, Zl. 2007/05/0125, mwN). Dass die beiden Übertretungen nach Auffassung der belangten Behörde - allenfalls teilweise - auf jeweils unterschiedliche Rechtsgüter abstellen, ist für die Beurteilung des Zutreffens der Subsidiaritätsklausel im vorliegenden Fall nicht von entscheidender Bedeutung, weil es bei Vorliegen einer ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel nicht erforderlich ist, dass verdrängendes und verdrängtes Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben (vgl. nochmals die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 1998, sowie vom 29. April 2008, Zl. 2007/05/0125, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich in diesem Ergebnis durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 4 7. ZPEMRK bestärkt, wonach niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Die Subsidiaritätsklausel des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG ist im Lichte dieser Verfassungsbestimmung auszulegen.
Zur Beurteilung der Frage, ob "dieselbe Sache" vorliegt, hat der EGMR beginnend mit seinem Erkenntnis vom 10. Februar 2009, Nr. 14.939/03 (Sergey Zolotukhin), sowie dem folgend in seinen weiteren Erkenntnissen vom 16. Juni 2009, 13.079/0325 (Ruotsalainen), vom 25. Juni 2009, 55.759/07 (Maresti), und vom 14. Januar 2010, 2376/03 (Tsonyo Tsonev), die Ansicht vertreten, dass allein auf die Fakten abzustellen sei und die rechtliche Qualifikation derselben außer Betracht zu bleiben habe und dass eine neuerliche Strafverfolgung dann unzulässig ist, wenn sie sich auf denselben oder zumindest im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht. In seinem Urteil vom 14. Jänner 2010, im Fall Tsonyo Tsonev v Bulgaria, Nr. 2376/03, hat er - mit gewisser Einbeziehung der Tatbestände der angewendeten Strafbestimmungen - darauf abgestellt, ob dieselben Fakten das zentrale Element der Anschuldigungen und der beiden angewendeten Strafbestimmungen gebildet haben, und betont, dass die strafrechtliche Anklage die Fakten der Verwaltungsstraftat in ihrer Gesamtheit umfasste und umgekehrt die Verwaltungsstraftat keine Elemente enthielt, die nicht bereits in der gerichtlich strafbaren Handlung gegeben waren, wegen welcher der Beschwerdeführer verurteilt worden war (vgl. Randnr. 52 des angeführten Urteiles betreffend Verurteilung wegen mittelbarer Körperverletzung und Hausfriedensbruch einerseits und eine Bestrafung wegen Störung der öffentlichen Ordnung anderseits). Aus diesem Grunde durfte der Beschwerdeführer in diesem Fall nicht ein zweites Mal verwaltungsbehördlich verfolgt werden.
Diese Voraussetzung ist auch im vorliegenden Fall erfüllt. Auch hier hat die strafrechtliche Anklage die Fakten der Verwaltungsstraftat in ihrer Gesamtheit umfasst und enthielt umgekehrt die Verwaltungsstraftat keine Elemente, die nicht bereits in der gerichtlich strafbaren Handlung gegeben waren. Daher durfte die angefochtene Bestrafung des Beschwerdeführers auch im Lichte des Art. 4 7. ZPEMRK nicht erfolgen.
Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungsbeschluss vom 8. März 2007, "(d)as Schutzobjekt der beiden Tatbestände - hier der Arbeitsmarkt und der faire Wettbewerb unter den Arbeitgebern, dort der ausgebeutete Fremde - und daher der Unrechtsgehalt der Taten ist verschieden", führen zu keinem anderen Ergebnis, zumal der Verwaltungsgerichtshof in seiner dargestellten Rechtsprechung zu Subsidiaritätsklauseln dargelegt hat, dass es nicht erforderlich ist, dass verdrängendes und verdrängtes Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben. Zum anderen ist der Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zu einem Zeitpunkt ergangen, als die mit dem Urteil im Fall Zolotukhin begonnene Rechtsprechung des EGMR noch nicht eingeleitet war. Auch der Verfassungsgerichtshof hat nach dem Ergehen des Urteils des EGMR im Fall Zolotukhin seine Rechtsprechung zum Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 7. ZPEMRK unter Berücksichtigung dieses Urteiles des EGMR in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 559/08, dahingehend verfeinert, dass eine Verfolgung wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen dann zulässig ist, wenn sich die Straftatbestände in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden und erachtete die Verfolgung wegen fahrlässiger Körperverletzung (ohne Berücksichtigung einer Alkoholisierung, § 88 Abs. 1 StGB), Verurteilung wegen Imstichlassens eines Verletzten (§ 94 Abs. 1 StGB) und Unterdrückung eines Beweismittels (§ 295 StGB) einerseits und die Verfolgung und Bestrafung wegen Lenkens eines Fahrzeugs mit einem Alkoholgehalt der Atemluft zwischen 0,6 mg/l und 0,8 mg/l (§ 99 Abs. 1a StVO) im Hinblick auf Art. 4 7. ZPEMRK für zulässig. Davon unterscheidet sich die Fallkonstellation im Hinblick auf die hier gegebene Sachverhaltsidentität im vorliegenden Fall grundlegend.
In seinem Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2008/09/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Bestrafung wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG nach erfolgter Verurteilung wegen des Vergehens nach § 111 ASVG (Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung) beurteilt und ist zu dem Schluss gekommen, dass für die Bestrafung nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG andere Aspekte des tatsächlichen Geschehens relevant waren (Nichteinholung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung) als für jene für die erfolgte Verurteilung nach § 111 ASVG (Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung) und dass damit die wesentlichen Tatbestandselemente beider Strafnormen divergierten. So ist es für eine Strafbarkeit nach dem ASVG ohne Bedeutung, ob der nicht angemeldete Arbeitnehmer In- oder Ausländer ist, während die Ausländereigenschaft der beschäftigten Person Voraussetzung für eine Bestrafung nach dem AuslBG ist. Strafbar nach dem ASVG ist, wer einen Arbeitnehmer ohne die erforderliche Anmeldung bei der Sozialversicherung beschäftigt; nach dem AuslBG ist strafbar, wer einen Ausländer beschäftigt, ohne dass eine der erforderlichen Bewilligungen oder Bestätigungen vorliegt. Maßgebend für die Bestrafung sind daher wesentlich verschiedene Sachverhaltselemente. Ähnlich hat der Verfassungsgerichtshof letztlich in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, B 343/10, - unter gleichzeitiger Verneinung einer Verletzung des in Art. 4 7. ZPEMRK gewährleisteten Rechts - die Auffassung vertreten, dass sich der einer Bestrafung wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu Grunde liegende Sachverhalt in wesentlichen Elementen von dem dem Vergehen nach § 153e Abs. 1 Z. 1 StGB (organisierte Schwarzarbeit) zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheidet, weil auch zum Tatbestand des Vergehens nach § 153e Abs. 1 Z. 1 StGB die Beschäftigung eines Ausländers ohne Beschäftigungsbewilligung nicht gehört.
Ein solcher in wesentlichen Elementen bestehender Unterschied der für die beiden erfolgten Schuldsprüche und Bestrafungen maßgeblichen Tathandlungen ist im vorliegenden Fall - wie dargelegt - aber nicht gegeben, hier gehört die Beschäftigung eines Ausländers ohne die nach dem AuslBG notwendige Beschäftigungsbewilligung zum angewendeten Tatbestand des § 105 Abs. 1 FrG, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 24. Februar 2011
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