VwGH 2008/04/0023

VwGH2008/04/002326.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Bietergemeinschaft bestehend aus 1.) X GmbH & Co KG und 2.) Y GmbH, beide in Q, und 3.) Z GmbH in R (Bundesrepublik Deutschland), diese vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. Jänner 2008, Zl. VwSen-550356/19/KI/Pe und VwSen-550375/5/KI/Pe, betreffend Gebührenersatz im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei:

Land Oberösterreich p.A. Amt der OÖ. Landesregierung, Abteilung Straßenerhaltung und -betrieb in Linz, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §74;
BVergG §319 Abs1;
LVergRG OÖ 2006 §22;
LVergRG OÖ 2006 §23 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §74;
BVergG §319 Abs1;
LVergRG OÖ 2006 §22;
LVergRG OÖ 2006 §23 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der nur insoweit angefochtene Spruchpunkt II. des Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem nur insoweit angefochtenen Spruchpunkt II. des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. Jänner 2008 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft auf Gebührenersatz gemäß § 74 AVG iVm § 23 Oö.Vergaberechtschutzgesetz 2006, LGBl. Nr. 130 (Oö.VergRSG 2006), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe am 27. August 2007 einen Nachprüfungsantrag eingebracht. Dieser Antrag richtete sich auf Nichtigerklärung der gesamten bzw. näher bezeichneter Punkte einer Ausschreibung der mitbeteiligten Partei als öffentliche Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin) im Vergabeverfahren "Ausführung der Bodenmarkierungsarbeiten auf Landesstraßen B und L im Bundesland Oberösterreich".

Nach schriftlicher Verständigung über die erfolgte Zuschlagserteilung habe die Beschwerdeführerin am 13. November 2007 einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens als Feststellungsverfahren eingebracht.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde unter anderem aus, die Beschwerdeführerin sei im Hinblick auf näher bezeichnete, von ihr angefochtene Ausschreibungsbestimmungen (konkret Punkt 0.22, eine Bestimmung in Teil C.3.2. über den Ausbildungsnachweis sowie die Punkte 0.24 und 3.1.1.) durch Berichtigungen der Ausschreibung (vom 3. bzw. 13. September 2007) seitens der Auftraggeberin klaglos gestellt worden.

Zur Abweisung des Feststellungsantrages der Beschwerdeführerin (mit dem nicht angefochtenen Spruchpunkt I. des Bescheides) führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mangels eines konkreten Vorbringens bzw. konkreter Nachweise und auch deshalb, weil die Beschwerdeführerin konkret kein Angebot gelegt habe, könne ein wesentlicher Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht festgestellt werden und sei daher der Feststellungsantrag abzuweisen gewesen.

Zum vorliegend angesprochenen Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 23 Abs. 1 Oö.VergRSG aus, es stehe auch ein Ersatz der entrichteten Gebühr nicht zu, da spruchgemäß der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin abgewiesen worden sei.

Gegen diesen Spruchpunkt II. richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, der Beschwerdeführerin stehe Gebührenersatz zu, da sie während des Nachprüfungsverfahrens teilweise klaglos gestellt worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, im Feststellungsverfahren habe eine Klaglosstellung der Beschwerdeführerin nicht stattgefunden.

Die Auftraggeberin erstattete ebenso eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, die Beschwerdeführerin habe nicht die Erlassung einer einstweiligen Verfügung erwirkt, was zeige, dass es sich um eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Vergaberechtes handle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 23 Abs. 1 Oö.VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw. sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

2. Im Gegensatz zur Regelung des § 23 Abs. 1 erster Satz Oö.VergRSG 2006, der auch ein teilweises Obsiegen regelt, trifft der zweite Satz dieser Bestimmung keine ausdrückliche Regelung für den Fall einer (nur) teilweisen Klaglosstellung.

Daraus kann aber (arg.: "ferner") nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht der Schluss gezogen werden, dass es im Falle einer teilweisen Klaglosstellung nicht zum Ersatz der entrichteten Gebühren kommt. Vielmehr ist in diesen Fällen der Nachprüfungsantrag (hier: die Anfechtung der Ausschreibung) für die Vorgangsweise des Auftraggebers (hier: Berichtigung der Ausschreibung) ursächlich und die Entrichtung der Pauschalgebühr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen, sodass auch bei teilweiser Klaglosstellung ein Gebührenersatz zusteht (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung des § 319 Abs. 1 zweiter Satz BVergG 2006 Reisner in:

Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2, Rz. 11 zu § 319).

3. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde in der Begründung zu Spruchpunkt I. des insoweit rechtskräftigen Bescheides ausdrücklich festgehalten, dass die Beschwerdeführerin durch die Auftraggeberin im Hinblick auf näher bezeichnete, von ihr angefochtene Ausschreibungsbestimmungen durch während des Nachprüfungsverfahrens erfolgte Berichtigungen der Ausschreibung teilweise klaglos gestellt wurde.

Da es vorliegend - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auch ausführt - allein um den Ersatz der für den Nachprüfungsantrag gemäß § 22 Abs. 1 Oö.VergRSG 2006 entrichteten Gebühren geht, und die Auftraggeberin die Beschwerdeführerin insoweit teilweise klaglos gestellt hat, ist von einem Anspruch der Beschwerdeführerin auf Ersatz der entrichteten Gebühren auszugehen.

Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben gewesen war.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. November 2010

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