Normen
BAO §114;
BAO §20;
BAO §303 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
BAO §114;
BAO §20;
BAO §303 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die vom Finanzamt verfügte Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 als unbegründet ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin, deren Betriebsgegenstand technische Dienste sind, im zweiten Halbjahr 2005 abgeschlossenen, die Streitjahre betreffenden Außenprüfung habe der Prüfer unter anderem zur Umsatzsteuer der Wirtschaftsjahre 2000 bis 2002 Folgendes festgestellt:
Die Beschwerdeführerin sei zu 100 % an der SI GmbH (Tochtergesellschaft) beteiligt. Zwischen den Gesellschaften bestehe ein Organschaftsverhältnis sowohl in umsatzsteuerlicher als auch in körperschaftsteuerrechtlicher Sicht, weil neben den Erfordernissen der organisatorischen, finanziellen und wirtschaftlichen Eingliederung zusätzlich ein Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen worden sei. Da von der Tochtergesellschaft Wirtschaftsgüter genutzt würden, die von der Beschwerdeführerin angeschafft worden seien, sei von der Beschwerdeführerin eine Miete an die Tochtergesellschaft verrechnet worden, die mit 20 % Umsatzsteuer versteuert worden sei.
Nach Ansicht der Prüfer stelle die Vermietung von Gegenständen der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft einen nicht steuerbaren Innenumsatz dar. Die steuerbaren Umsätze der Beschwerdeführerin seien daher um die verrechnete Miete zu kürzen.
Die Beschwerdeführerin habe die abziehbare Vorsteuer für das Wirtschaftsjahr 2000 mit S 436.385,--, für das Wirtschaftsjahr 2001 mit S 595.708,47 und für das Wirtschaftsjahr 2002 mit EUR 52.839,-- ausgewiesen. Auf Grund des bestehenden Organschaftsverhältnisses seien die beiden Gesellschaften auch aus umsatzsteuerlicher Sicht als ein Unternehmen anzusehen. Da sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihre Tochtergesellschaft Umsätze tätigten, die nach § 6 Abs. 1 Z. 13 UStG 1994 steuerbefreit seien, sei nach § 12 Abs. 3 Z. 1 UStG 1994 für diese Umsätze der Vorsteuerabzug insoweit ausgeschlossen. Teile man die Vorsteuer nach § 12 Abs. 5 Z. 1 UStG 1994 auf, ergebe sich für das Wirtschaftsjahr 2000 eine Vorsteuerkürzung um S 428.913,37, für das Wirtschaftsjahr 2001 um S 586.656,70 und für das Wirtschaftsjahr 2002 um EUR 49.628,83. Es bestünde auch die Möglichkeit, die Vorsteuern nach Maßgabe des § 12 Abs. 4 UStG 1994 aufzuteilen. Demnach wäre diejenige Vorsteuer zur Gänze abzugsfähig, welche auf die Investitionen und Aufwendungen entfalle, die den umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen zuzuordnen wären. Falls eine Aufteilung der Vorsteuer nach § 12 Abs. 4 UStG 1994 gewünscht werde, wären die direkt den steuerpflichtigen Umsätzen zuzuordnenden Vorsteuerbeträge aus Investitionen bekannt zu geben.
Zur Begründung der Wiederaufnahme des Verfahrens habe der Prüfer Folgendes ausgeführt:
Die Wiederaufnahme des Verfahrens werde auf folgende neue Tatsachen gestützt:
- Umsätze seien als steuerbar erklärt worden, obwohl sie nicht steuerbare Innenumsätze (Organmutter - Organtochter) darstellten;
- Vorsteuern seien von Wirtschaftsgütern geltend gemacht worden, welche unter die Ausschlussregel des § 12 Abs. 3 Z. 1 UStG 1994 fielen;
- das Mietverhältnis zwischen der Organmutter und der Organtochter sei dem Finanzamt jedenfalls in den Jahren 2000 bis 2002 nicht offen gelegt worden.
Für den Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sei erforderlich, dass der Abgabenbehörde der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen sei, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der im nunmehr wiederaufnehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dies ginge aus den Erklärungen jedenfalls nicht hervor, weil man aus der Bezeichnung "Mieterträge 20 %" nicht schließen könne, es handle sich um nicht steuerbare Innenumsätze. Die Wiederaufnahme des Verfahrens sei daher gemäß § 303 BAO zulässig.
Fraglich sei jedoch, inwieweit bei der Ermessensübung der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten sei. Dieser Grundsatz bestehe nicht darin, ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit zu schützen. Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen ließen, wie dies z.B. der Fall sein könne, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert werde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstelle. Dies sei im vorliegenden Verfahren aber nicht der Fall. Aus dem Prüfungsbericht der Jahre 1996 bis 1998 (Tz. 17) gehe hervor, dass der Prüfer zunächst den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig unter den Tatbestand des § 12 Abs. 3 Z. 1 UStG 1994 subsumiert habe, weil er wie folgt schreibe:
"Die Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) ist ausschließlich als Versicherungsmaklerunternehmen tätig und hat durch diese Tätigkeit ausschließlich unecht steuerbefreite Umsätze. Sämtliche Büroräumlichkeiten, EDV-Geräte etc., die von der (Tochtergesellschaft) für diese Geschäftstätigkeiten verwendet werden, sind wie oben angeführt vom Organträger mit Vorsteuerabzug angeschafft worden. Bei der (Beschwerdeführerin) erfolgte jedoch für diese unecht befreiten Umsätze der Organgesellschaft keine Vorsteuerkürzung!"
Dass schlussendlich dennoch eine "Miete" angesetzt worden sei und keine Vorsteuerkürzung vorgenommen worden sei, könnte sich aus einer im Zuge der Schlussbesprechung angestrebten Kompromisslösung erklären, weil sich bei einer steuerpflichtigen Vermietung verteilt auf fünf Jahre der "Vorteil" des Vorsteuerabzuges letztendlich wieder ausgleiche. Keinesfalls könne jedoch aus dem Bericht geschlossen werden, dass der Prüfer dazu aufgefordert hätte, künftig alle Wirtschaftsgüter wiederum weiterzuvermieten, vielmehr habe er genau darauf hingewiesen, dass wegen der unecht steuerbefreiten Umsätze grundsätzlich eine Vorsteuerkürzung vorzunehmen wäre. Auch wenn ein bestimmter Sachverhalt jahrelang zu keiner Beanstandung geführt habe, liege weder ein Verstoß gegen Treu und Glauben noch ein Ermessensmissbrauch vor, wenn diese Sachverhalte erst viel später anlässlich einer Überprüfung zum Anlass einer Wiederaufnahme herangezogen werden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liege daher nicht vor.
Die Wiederaufnahme sei unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung erfolgt. Nach § 20 BAO seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Billigkeit (Bedachtnahme auf die berechtigten Interessen der Partei): Es lägen keine besonderen Umstände vor, die eine Wiederaufnahme als unbillig erscheinen ließen. Weder liege ein Missverhältnis der steuerlichen Gesamtauswirkung gegenüber der steuerlichen Auswirkung, welches sich allein aus den Wiederaufnahmegründen ergebe, vor, noch lägen besondere Umstände vor, welche ein derartiges Gewicht hätten, dass sie geeignet wären, einer Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens im Wege zu stehen.
Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse): Die Gründe der Wiederaufnahme des Verfahrens seien insgesamt als nicht geringfügig anzusehen, sodass die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens im Hinblick auf die gebotene Verwaltungsökonomie nicht unzweckmäßig sei. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessenabwägung sei daher dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.
Das Finanzamt habe - entsprechend diesen Feststellungen - die Verfahren für die Jahre 2000 bis 2002 wieder aufgenommen und geänderte Umsatzsteuerbescheide für diese Jahre erlassen.
Die Beschwerdeführerin habe gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 Berufung eingebracht.
Der Prüfer habe zur Berufung eine Stellungnahme abgegeben. Darin habe er ausgeführt, es wäre voreilig, alleine aus der Bezeichnung "Mieterträge 20 %" in den Erklärungen zu schließen, dass es sich dabei ausschließlich um Vermietungen an die Organtochter gehandelt habe. Ohne weitere Sachverhaltsermittlungen (Vorhalt, Ergänzungsersuchen) sei es daher nicht möglich gewesen, zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung zu gelangen. Die (unrichtige) rechtliche Würdigung der Betriebsprüfung in den Vorjahren entfalte für die Folgejahre keinerlei Bindungswirkung und lasse für sich allein auch nicht den Schluss zu, dass auch in Hinkunft alle weiteren, in den Folgejahren angeschafften Wirtschaftsgüter für Vermietungszwecke an die Organtochter eingesetzt werden würden. Sie hätten genauso gut für die weiteren Geschäftszwecke der Beschwerdeführerin verwendet werden können.
In der Umsatzsteuersonderprüfung vom 2. August 2001 für den Zeitraum März 2001 bis Mai 2001 seien keine Feststellungen getroffen worden. Daraus lasse sich nicht ableiten, dass damit der der Feststellung zu Grunde liegende Sachverhalt offen gelegt worden sei. Außerdem seien die verrechneten Mieten nicht monatlich (laufend) eingebucht worden, sondern erst im Zuge der Bilanzerstellung bei den Um- und Nachbuchungen. Eine verrechnete Miete an die Organtochter sei daher im Zeitpunkt der Umsatzsteuersonderprüfung gar nicht ersichtlich gewesen.
Die Umsatzsteuersonderprüfung vom 19. August 2003 für den Zeitraum März 2003 bis Juni 2003 betreffe das Wirtschaftsjahr 2004, welches bislang noch gar nicht veranlagt worden sei. Hier sei zwar auf die Feststellungen der Betriebsprüfung, jedoch auch auf eine vorzunehmende Vorsteuerkürzung verwiesen worden.
In der Gegenäußerung zur Stellungnahme des Betriebsprüfers habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, aus dem Betriebsprüfungsbericht vom 6. September 1999 gehe hervor, dass jedenfalls in den Jahren 2000 und 2001 zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochtergesellschaft Mieten erklärt werden, weil die Jahresmieten mit der von der Betriebsprüfung festgesetzten Summe für den Zeitraum der Investitionen bis 1998 fünf Jahre lang zu erklären seien. Das Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Organtochter sei dem Finanzamt daher jedenfalls offen gelegt worden. In der laufenden Buchhaltung werde seit dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 auf dem Konto 8405 eine monatliche Miete eingebucht, im Zuge der Bilanzerstellung komme es zu Um- und Nachbuchungen, weil für laufende Investitionen analog den "BP-Feststellungen" vorgegangen worden sei.
Für die Umsatzsteuersonderprüfung des Zeitraumes März 2001 bis Mai 2001 sei daher jederzeit ersichtlich gewesen, dass Mieten zwischen den beiden Gesellschaften verrechnet worden seien, weil auf dem Konto 8405 ausschließlich diese Mieten verbucht worden seien und aus den Buchhaltungsauswertungen eindeutig hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin an die Tochtergesellschaft Mieten verrechne. Andere Mieten seien auf diesem Konto nicht verbucht worden.
Gleiches gelte für die Umsatzsteuersonderprüfung vom 19. August 2003. Hier sei aus dem Konto 8405 ebenfalls klar ersichtlich gewesen, dass ausschließlich Mieten zwischen den beiden Gesellschaften verbucht worden seien. Hier sei die Beschwerdeführerin explizit aufgefordert worden, eine entsprechende Miete für ein neues Büro (d.h. für Neuinvestitionen) zu verrechnen, d.h. es sei der Abgabenbehörde die Vorgangsweise nicht nur offen gelegt, sondern der Abgabepflichtige sei extra nochmals dazu aufgefordert worden, entsprechend den "BP-Feststellungen" vorzugehen. Dass diese Umsatzsteuersonderprüfung das Wirtschaftsjahr 2004 betreffe, tue nichts zur Sache. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Abgabenbehörde jedenfalls am 19. August 2003 bekannt gewesen sei, dass Mieten weiter verrechnet worden seien und dass die Beschwerdeführerin zur weiteren analogen Vorgehensweise aufgefordert worden sei. Das Wirtschaftsjahr 2002 sei am 2. Februar 2004 veranlagt worden, sodass jedenfalls durch die beiden Umsatzsteuersonderprüfungen für die Jahre bis 2003 der Abgabenbehörde die Vorgangsweise bekannt und offen gelegt worden sei.
Es sei nicht richtig, dass die Beschwerdeführerin von der Betriebsprüfung der Jahre 1996 bis 1998 nicht zu dieser Vorgangsweise aufgefordert worden sei. Aus den vom Prüfer angeführten Satz aus dem Betriebsprüfungsbericht (bei der (Beschwerdeführerin) erfolgte jedoch bisher für diese unecht steuerbefreiten Umsätze der Organgesellschaft keine Vorsteuerkürzung) könne keinesfalls geschlossen werden, dass für Folgezeiträume nicht analog vorgegangen werden solle. Es werde vielmehr der nachfolgende Satz (es erfolgt daher im Zuge der BP ein Ansatz einer Miete für die Nutzung dieser Büroräumlichkeiten bzw. EDV-Geräte) unterschlagen. Dass der Ansatz einer Miete, wie vom jetzigen Prüfer vermutet, nur eine Kompromisslösung gewesen wäre, sei nirgends auch nur ansatzweise dokumentiert.
Für die Beschwerdeführerin, aber auch für die Abgabenbehörde sei auf Grund der Umsatzsteuersonderprüfung vom 19. August 2003 die analoge Weiterführung der "BP-Feststellungen" eindeutig. Hätte es sich um eine Kompromisslösung nur für die drei geprüften Jahre gehandelt, so hätte zumindest im Nachschauzeitraum die Vorgehensweise nicht analog weitergeführt werden dürfen und es hätte zu einer Vorsteuerkürzung aus Neuinvestitionen kommen müssen.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln sei nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen, dass es darauf ankomme, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen sei, dass es schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das Neuhervorkommen von Tatsachen beziehe sich auf den Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres, der sich auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen ergebe.
Die Beschwerdeführerin übersehe, dass wegen der periodenbezogenen Beurteilung der Wiederaufnahmevoraussetzungen die Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 sowie die Umsatzsteuersonderprüfung 03/03 bis 06/03, die das Wirtschaftsjahr 2004 betreffe, nicht von Relevanz seien. Wenn im Rahmen von Prüfungshandlungen früherer oder späterer Jahre bekannt werde, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochtergesellschaft Mieten erklärt worden seien, sei dies nach Ansicht der belangten Behörde nicht maßgebend. Im vorliegenden Fall sei die Frage des Neuhervorkommens erheblicher Tatsachenelemente allein in der Gegenüberstellung mit den Inhalten der Abgabenerklärungen für die Jahre 2000 bis 2002 und ihren Beilagen sowie der Niederschrift über das Ergebnis der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum 03/01-05/01 vom 2. August 2001 zu prüfen.
Aus den Inhalten der Abgabenerklärungen und ihren Beilagen sei nicht ersichtlich, dass es sich bei den angeführten Mietumsätzen des Kontos 8405 um Mieteinnahmen von der Organtochter handle.
In der Niederschrift über das Ergebnis der Umsatzsteuersonderprüfung vom 2. August 2001 sei festgehalten worden, dass sich für den Zeitraum von 03/01 bis 05/01 keine Feststellungen ergeben, die zu einer Änderung der bisher erklärten Bemessungsgrundlage führten.
Wenn die Beschwerdeführerin ausführe, dass für den Prüfer aus den vorgelegten Kontoblättern und der Buchhaltung die Verrechnung der Mieten zwischen den beiden Gesellschaften ersichtlich gewesen sei, sei dem zu entgegnen, dass der Umstand, dass ein Prüfer aus den ihm vorgelegten Unterlagen einen Umstand hätte erkennen können, einer Wiederaufnahme nicht entgegenstehe.
Die belangte Behörde gelange daher zur Ansicht, dass aus den Inhalten der Abgabenerklärungen für 2000 bis 2002 und ihren Beilagen sowie aus der Niederschrift über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 2. August 2001 nicht hervorgehe, dass Umsätze zwischen Organmutter und Organtochter erklärt worden seien. Es schienen auch keine unecht befreiten Umsätze auf. Weiters sei in keiner Weise ersichtlich gewesen, wie und in welchem Ausmaß die Vorsteuern den steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zugeordnet worden seien.
Ein vollständiges Bild über den relevanten Sachverhalt habe sich die abgabenfestsetzende Stelle unzweifelhaft erst nach der durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2002 mit der Kenntnisnahme des Prüfungsberichtes verschaffen können. Im Übrigen komme es nicht auf eine vollständige Sachverhaltskenntnis des Prüfers an, sondern sei es entscheidend, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente periodenbezogen bekannt gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin führe gegen die Ermessenübung ins Treffen, dass alleine schon durch die Vorgangsweise der Betriebsprüfung für die Vorjahre ein Verstoß gegen Treu und Glauben gegeben sei.
Die Überprüfung der vom Finanzamt vorgenommenen Ermessensübung führe zu folgendem Ergebnis:
Nach Lehre und Rechtsprechung bestehe der Zweck des § 303 BAO darin, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel sei ein insgesamt richtiges Ergebnis. Daher sei bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben.
Unter diesem Gesichtspunkt, aber auch in Anbetracht der Tatsache, dass die steuerlichen Auswirkungen der amtswegigen Wiederaufnahme im vorliegenden Fall nicht bloß geringfügig seien (der gemäß § 212a BAO ausgesetzte Abgabenbetrag betrage EUR 150.485,49), sei die Ermessensentscheidung des Finanzamtes, die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren für die Jahre 2000 bis 2002 zu verfügen und damit dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit Vorrang vor dem der Billigkeit einzuräumen, nicht zu beanstanden. Denn aus einer offensichtlichen unrichtigen Vorgangsweise der Abgabenbehörde (die im gegenständlichen Fall durch die steuerpflichtige Behandlung der Innenumsätze im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 zweifelsfrei vorgelegen sei) könne der Abgabepflichtige auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keine Rechte ableiten. Die Abgabenbehörde sei nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, von einer gesetzwidrigen Verwaltungsübung, einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung oder einer unrichtigen Tatsachenwürdigung abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkannt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht - wie bereits im Verwaltungsverfahren - geltend, die Verrechnung umsatzsteuerpflichtiger Mieten für die ihrer Tochtergesellschaft überlassenen Gegenstände ginge auf die im Laufe des Jahres 1999 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung zurück. Im Rahmen dieser die Jahre 1996 bis 1998 betreffenden Betriebsprüfung habe der Prüfer den Standpunkt eingenommen, dass für die Überlassung der Wirtschaftsgüter von der Beschwerdeführerin an die Tochtergesellschaft eine kalkulatorische Miete im Wege der Schätzung gemäß § 184 BAO anzusetzen sei. Ausgehend von einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren seien die Mieten mit einem Betrag von rund S 18.000,-- pro Monat zuzüglich Umsatzsteuer angesetzt worden. Diese letztlich aus den Prüfungsfeststellungen resultierende Vorgangsweise sei für die Folgejahre beibehalten und auch im Falle von Neuinvestitionen analog zu den Betriebsprüfungsfeststellungen Mieten weiterverrechnet worden.
Im Anschluss an die Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1996 bis 1998 habe am 13. August 1999 eine Nachschau gemäß § 144 BAO stattgefunden. Gegenstand dieser Prüfungshandlungen sei wiederum die Verrechnung von Mieten zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochtergesellschaft gewesen.
Die Abgabenbehörde habe sich schriftlich im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum März 2001 bis Mai 2001 (Niederschrift vom 2. August 2001) erneut mit dem relevanten Sachverhalt auseinander gesetzt. Die Prüfungshandlungen hätten ohne Mehrergebnis geendet. Im Rahmen der Einsicht in die Bücher der Beschwerdeführerin, in die Umsatzsteuervoranmeldungen und die Umsatzsteuerjahreserklärungen habe die Prüferin im Prüfungszeitraum erhebliche Vorsteuerbeträge festgestellt, die sie aber zu keiner Prüfungsfeststellung veranlassten. Es sei für die Prüferin im Rahmen der Bucheinsicht ersichtlich gewesen, dass Mieten zwischen den beiden Gesellschaften verrechnet werden. Der Abgabenbehörde seien daher im Zeitpunkt August 2001 die für den vorliegenden Sachverhalt relevanten Tatsachen nicht nur auf Grund der von ihr in den Vorjahren vorgenommenen Betriebsprüfungen, sondern auch durch die eigenen Prüfungshandlungen im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung bekannt geworden.
Gleiches gelte schließlich für die Nachschau gemäß § 144 BAO, die mit der Niederschrift am 19. August 2003 geendet habe. Auch hier werde ausgeführt, dass für den Zeitraum 03/2003 bis 06/2003 keine Abweichungen von den Erklärungsdaten vorlägen. Der Abgabenbehörde sei damit jedenfalls auch zum Zeitpunkt des 19. August 2003 bekannt gewesen, dass bereits über einen längeren Zeitraum Mieten von der Beschwerdeführerin an die Tochtergesellschaft weiterverrechnet worden seien.
Für die Frage der Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 anlässlich der Betriebsprüfung des Jahres 2005 stelle sich die Frage, ob angesichts der durch umfangreiche Prüfungshandlungen dokumentierten Sachverhaltskenntnis der Behörde tatsächlich Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen seien.
Das Vorliegen eines Organschaftsverhältnisses sei der Abgabenbehörde auf Grund des seit 14. Februar 1997 vorliegenden Ergebnisabführungsvertrages bekannt gewesen. Die Tatsache der Weiterverrechnung von Mieten zuzüglich Umsatzsteuer zwischen der Beschwerdeführerin und der Tochtergesellschaft sei der Behörde auf Grund der dargelegten umfassenden Prüfungshandlungen bekannt gewesen und sei mehrfach nicht beanstandet worden. Das Vorliegen umfangreicher unecht steuerbefreiter Umsätze der Beschwerdeführerin und ihrer Tochtergesellschaft gehe wiederum unstrittig aus den eingereichten Umsatzsteuererklärungen hervor. Es könne also keinesfalls davon die Rede sein, dass in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen seien.
Die Wiederaufnahme der Verfahren würde auch zu einer Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben führen. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin sei auf Grund einer Anordnung der Betriebsprüfung gewählt worden, das Finanzamt selbst habe die kalkulatorische Miete im Wege der Schätzung festgelegt und sei diese Vorgangsweise von den nachfolgenden Betriebsprüfungen bestätigt worden.
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und b und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 9. Juli 1997, 96/13/0185, vom 22. März 2000, 99/13/0253, vom 29. Mai 2001, 97/14/0036, vom 18. September 2003, 99/15/0120, und vom 29. September 2004, 2001/13/0135) ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das "Neuhervorkommen" von Tatsachen und Beweismitteln" im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat die belangte Behörde zutreffend die Frage des Neuhervorkommens erheblicher Tatsachenelemente in der Gegenüberstellung der Ergebnisse der die Streitjahre betreffenden Außenprüfung mit den Inhalten der Abgabenerklärungen für die Streitjahre und ihren Beilagen sowie der Niederschrift über das Ergebnis der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum März 2001 bis Mai 2001 geprüft. Der Auffassung der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass aus den Inhalten der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen nicht ersichtlich ist, dass es sich bei den in Rede stehenden Mietumsätzen um Mieteinnahmen der Beschwerdeführerin von ihrer Organtochter handelt. Gegenteiliges wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Weiters konnte die belangte Behörde gedeckt durch den Akteninhalt feststellen, dass sich aus der Niederschrift über das Ergebnis der Umsatzsteuersonderprüfung vom 2. August 2001 keine Feststellungen ergeben. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, welche Umstände der Prüfer bei dieser Umsatzsteuersonderprüfung auf Grund der vorgelegten und eingesehenen Unterlagen hätte erkennen können, ist vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage unerheblich. Entscheidend ist, dass in der Niederschrift über das Ergebnis dieser Umsatzsteuersonderprüfung keine Abweichungen von den Erklärungsdaten angeführt wurden. Der Umstand, dass diese Prüfung ohne Mehrergebnis geblieben ist, bedeutet überdies nicht, dass der Prüfer von allen Sachverhaltselementen Kenntnis erlangt hat.
Unstrittig ist, dass der Betriebsprüfungsbericht vom 6. September 1999 die Wirtschaftsjahre 1996 bis 1998 und die Umsatzsteuersonderprüfung März 2003 bis Juni 2003 das Wirtschaftsjahr 2004 betrifft. Wenn die belangte Behörde die Inhalte dieser Prüfberichte für die Frage der Wiederaufnahme der Verfahren der Streitjahre als nicht relevant angesehen hat, ist dies vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage nicht für rechtswidrig zu erachten.
Bei der amtswegigen Wiederaufnahme ist zwischen der Rechtsfrage, ob der Tatbestand einer Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens erfüllt ist, und der Frage der Durchführung der Wiederaufnahme, die im Ermessen der Behörde liegt, zu unterscheiden. Erst dann, wenn die Rechtsfrage dahingehend geklärt ist, dass ein Wiederaufnahmegrund tatsächlich gegeben ist, hat die Abgabenbehörde in Ausübung ihres Ermessens zu entscheiden, ob die Wiederaufnahme zu verfügen ist.
Die belangte Behörde hat nach dem Gesagten die Rechtsfrage, ob der Tatbestand einer Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens gegeben ist, zutreffend beantwortet. Das Beschwerdevorbringen zeigt mit dem Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben keine Rechtswidrigkeit der Ermessensübung der belangten Behörde auf:
Im Allgemeinen könnte die bei einer abgabenbehördlichen Prüfung für Vorjahre vorgenommene verfehlte Beurteilung, die sich zu Gunsten des Abgabepflichtigen ausgewirkt hat, bei diesem die Hoffnung wecken, die Abgabenbehörde werde diese Beurteilung auch in den Folgejahren beibehalten, sie schafft aber kein schutzwürdiges Vertrauen, die Behörde werde diese Beurteilung, auch wenn sie sich als unrichtig herausgestellt habe, auch für die Folgezeiträume beibehalten.
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass dem Prüfungsbericht der Jahre 1996 bis 1998 lediglich zu entnehmen ist, dass für die in der Vergangenheit von der Beschwerdeführerin angeschafften und ihrer Tochtergesellschaft zur Verfügung gestellten Wirtschaftsgüter, wofür die Beschwerdeführerin zu Unrecht die Vorsteuer geltend machte, eine "Miete" anzusetzen sei. Dass auch mit allen künftig anzuschaffenden Gütern so zu verfahren sei, ergibt sich daraus aber nicht. Die belangte Behörde hat dazu zutreffend ausgeführt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben die Behörde nicht hindert, von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung später abzugehen. Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nämlich nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung in der Vergangenheit. Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen ließen, wie dies z.B. der Fall sein könne, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert werde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstelle. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen Abgabenbehörde zu berücksichtigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2007, 2005/15/0052).
Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, dass sie vom Finanzamt die Rechtsauskunft erhalten hat oder dass sie vom Finanzamt aufgefordert wurde, für unecht befreite Umsätze die Vorsteuer geltend zu machen und von steuerpflichtigen Innenumsätzen auszugehen.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. Juni 2009
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