VwGH 2005/15/0073

VwGH2005/15/007317.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der O GmbH & Co KEG in G, vertreten durch Egger-Rinnerhofer-Spitzer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 8010 Graz, Neufeldweg 93, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 18. April 2005, GZ. RV/0166- G/04, betreffend Körperschaftsteuer 2000 und 2001, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §119;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2 lita;
EStG 1988 §6 Z2;
BAO §115 Abs1;
BAO §119;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2 lita;
EStG 1988 §6 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.0. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist die Rechtsnachfolgerin der OA-HandelsgmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin), die einen Bedachungsfachhandel betrieb; sie ermittelte den Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 28. (29.) Februar.

1.1. Im November 1998 (Wirtschaftsjahr 1998/1999) gründete die Beschwerdeführerin in Slowenien eine Tochtergesellschaft. Die Anschaffungskosten der Beteiligung betrugen S 157.500,--. Im Wirtschaftsjahr 1999/2000 wurde zum Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung der Beteiligung in der Höhe von S 157.499,-- geltend gemacht und auf Grund der Siebentel-Regelung des § 12 Abs. 3 Z. 2 KStG 1988 eine außerbilanzmäßige Hinzurechnung vorgenommen.

1.2. Die Beschwerdeführerin stellte der Tochtergesellschaft in Slowenien für die Beratungsleistungen im Zeitraum März bis Dezember 1999 mit Rechnung vom 31. Dezember 1999 einen Betrag von S 1,166.783,-- in Rechnung. Diese Forderung wurde zum Bilanzstichtag 29. Februar 2000 zu 50 % und zum Bilanzstichtag 28. Februar 2001 zu weiteren 50 % wertberichtigt.

Mit Rechnung vom 29. Februar 2000 forderte die Beschwerdeführerin von der Tochtergesellschaft (über getragene Kosten bis 28. Februar 1999 und Gehalt samt SV-Beitrag Hr. V) den Betrag von S 376.046,98. Diese Forderung wurde zum Bilanzstichtag 29. Februar 2000 zur Gänze wertberichtigt.

1.3. Die Beschwerdeführerin gewährte ihrer Tochtergesellschaft mehrere Darlehen und zwar mit Vertrag vom 1. Juni 1999 S 3,500.000,--, vom 6. April 2000 S 1,500.000,--, vom 30. Juni 2000 S 500.000,-- und vom 31. Dezember 2000 S 1,700.000,-- . Auf diese Darlehensforderungen nahm die Beschwerdeführerin zum Bilanzstichtag 28. Februar 2001 eine Wertberichtigung von 20 % vor.

II.

Im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Buch- und Betriebsprüfung bei der Beschwerdeführerin wurde in der mit "Anteile an verbundenen Unternehmen" übertitelten Tz. 20 ausgeführt, Anlaufverluste der ausländischen Unternehmung rechtfertigten keine Abschreibung. Die geltend gemachte Teilwertabschreibung werde außerbilanzmäßig hinzugerechnet.

Zur Wertberichtigung der Forderungen der Beschwerdeführerin gegen die Tochtergesellschaft wurde ausgeführt, eine Wertberichtigung der Forderung sei ungerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige wegen seines Interesses an der Weiterführung des Betriebes seines Schuldners keine Schritte zur zwangsweisen Einbringung seiner Forderung durchführe. Die Beschwerdeführerin habe keine nachweisbaren Schritte zur Einbringung der aushaftenden Forderungen gesetzt. Die Wertberichtigungen der Rechnungen vom 31. Dezember 1999 und 29. Februar 2000 seien daher nicht anzuerkennen (Tz. 21).

Zu den Darlehen der Beschwerdeführerin an ihre Tochtergesellschaft heißt es in diesem Bericht, Darlehen oder sonstige Beiträge seien als Kapitalzufuhr auf eine Beteiligung zu aktivieren. Die mit den gewährten Darlehen im Zusammenhang stehenden Forderungen würden daher auf die Beteiligung umgebucht. Eine Teilwertabschreibung sei auf Grund der in Tz. 20 getätigten Ausführungen nicht zulässig.

III.

Die Beschwerdeführerin führte in der Berufung gegen die den Feststellungen und rechtlichen Ansichten der Betriebsprüfung folgenden erstinstanzlichen Bescheide Folgendes aus:

1. Die Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung der Beteiligung an der Tochtergesellschaft in Slowenien sei ungerechtfertigt. Die ausländische Tochtergesellschaft sei unter folgenden Rahmenbedingungen gegründet worden:

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

1. Teilwertabschreibung der Beteiligung:

Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens sind beim Betriebsvermögensvergleich gemäß § 6 Z. 2 lit. a EStG 1988 mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden.

Der Teilwert ist nach § 6 Z. 1 leg. cit. der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Beim Teilwert im Sinne des § 6 Z. 1 und 2 EStG 1988 handelt es sich um einen objektiven Wert, bei dem subjektive Umstände unmaßgeblich sind. Persönliche Verhältnisse sind bei Ermittlung eines Teilwertes nicht zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2004, 2000/14/0174).

Im Rahmen dieses einkommensteuerlichen Wahlrechtes sind bei der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend. Gemäß § 204 Abs. 2 HGB (jetzt UGB) sind Gegenstände des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung auf den niedrigeren Wert abzuschreiben, der ihnen am Abschlussstichtag unter Bedachtnahme auf die Nutzungsmöglichkeiten im Unternehmen beizulegen ist. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gilt nach der Rechtsprechung die Vermutung, dass die Anschaffungskosten dem Teilwert entsprechen, weil von einem Unternehmer angenommen werden kann, dass er - Fehlmaßnahmen ausgenommen - grundsätzlich nicht mehr für ein Wirtschaftsgut aufwendet, als dieses für seinen Betrieb tatsächlich wert ist. Die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert ist deshalb grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige dartun kann, dass und in welcher Höhe zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag wesentliche Umstände eingetreten sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten in nicht unerheblichem Umfang unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegen oder dass sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen hat. Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag ist, desto stärker wird die Vermutung der Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten und desto größer sind die an den Nachweis einer Teilwertminderung zu stellenden Anforderungen.

Wer eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen will, hat die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, wobei Nachweis oder Glaubhaftmachung auch jener Sachverhalte erforderlich sind, auf Grund derer die Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung gerade für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen sein soll. Der Teilwert einer Beteiligung ist in der Regel durch die Unternehmensbewertung nach wissenschaftlich anerkannten Methoden zu ermitteln. Eine Verpflichtung der Abgabenbehörde zur amtswegigen Ermittlung eines niedrigeren Teilwertes eines Wirtschaftsgutes ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. November 2001, 99/13/0254, vom 9. September 2004, 2001/15/0073, vom 10. August 2005, 2002/13/0037, vom 6. Juli 2006, 2006/15/0186, und vom 25. Juni 2007, 2002/14/0085, und 2005/14/0121).

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin ihrer Tochtergesellschaft zwei Monate vor dem Ende des Wirtschaftsjahres 2001 erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt hat. Sie hat weiters angenommen, dass sich - wie bereits in den durch den Vorlageantrag nicht bestrittenen Feststellungen der Berufungsvorentscheidung - die Verluste der Tochtergesellschaft verringert und die Umsätze erhöht hätten. Daraus hat sie gefolgert, dass die Beschwerdeführerin keine Absicht zur Schließung des Unternehmens der Tochtergesellschaft gehabt hat. Da die Beschwerdeführerin der sie treffenden Obliegenheit zur Darlegung einer dauernden Wertminderung des Wirtschaftsgutes etwa durch eine Unternehmensbewertung nach wissenschaftlich anerkannten Methoden (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 28. November 2001, 99/13/0254 und vom 6. Juli 2006, 2006/15/0186) nicht nachgekommen ist, war die belangte Behörde - ungeachtet der von der Beschwerdeführerin aufgestellten Behauptungen zum Vorliegen einer Fehlinvestition - zur Vornahme weiterer Ermittlungen nicht verpflichtet.

Dass die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Teilwertabschreibung ihrer Beteiligung nicht anerkannt hat, ist somit nicht für rechtswidrig zu erkennen.

2. Forderungen auf Grund von Darlehen gegen die Tochtergesellschaft.

Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern finden nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Es ist zu prüfen, ob die Zuwendung nach ihrem inneren Gehalt ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis hat. Im letzteren Fall ist die Leistung - ungeachtet einer allfälligen Bezeichnung z. B. als Darlehen - als verdeckte Einlage anzusehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1999, 97/13/0068, vom 21. Oktober 2004, 2000/13/0179, und vom 14. Dezember 2006, 2006/14/0025).

Für die belangte Behörde stellte sich die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin dargestellte Rechtsbeziehung zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft auch unter Fremden gleicherweise zu Stande gekommen und abgewickelt worden wäre. Maßgebliches Kriterium für die Fremdüblichkeit ist die im allgemeinen Wirtschaftsleben geübte Praxis. Dabei handelt es sich zunächst um eine Tatfrage, die auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in freier Beweiswürdigung zu lösen ist.

Die belangte Behörde hat ausgeführt, dass es einem fremdüblichen Darlehen nicht entspreche, einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft ohne Besicherung Kredit in Höhe des 20-fachen des Stammkapitals einzuräumen. Diese Auffassung der belangten Behörde begegnet keinen Bedenken. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei dem völligen Fehlen von Kreditsicherheiten kein fremder Darlehensgeber zu den strittigen Geldhingaben bereit gewesen wäre (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, 2006/14/0025). Dazu kommt die geringe Ausstattung ihrer Tochtergesellschaft mit Eigenkapital und deren von der Beschwerdeführerin gezeichnete wirtschaftliche Lage (negatives Eigenkapital, keine laufenden Gewinne, negativer cashflow). Vor diesem Hintergrund war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Mittelzufuhr ausgegangen ist.

3. Forderungen auf Grund der Rechnungen vom 31. Dezember 1999 und vom 29. Februar 2000 gegen die Tochtergesellschaft.

Die belangte Behörde ist von einer Fremdunüblichkeit der diesen Rechnungen zu Grunde liegenden Leistungsbeziehungen der Beschwerdeführerin zu ihrer Tochtergesellschaft ausgegangen, weil bei einer fremdüblichen Leistungsbeziehung der Gläubiger kurze Zeit nach Verrechnung der Leistung nicht mit dem teilweise Notleidendwerden seiner Forderung rechne.

In diesem Zusammenhang wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde - nach der Aktenlage - zu Recht vor, sie erstmals in der Bescheidbegründung und ohne Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens mit der fehlenden Fremdüblichkeit der Leistungsbeziehungen konfrontiert zu haben. Abgesehen davon sind die diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde aber auch nicht mit der Lebenserfahrung in Einklang zu bringen. Dass einer der Vertragspartner nach Vertragsabschluss in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommt, ist ein auch unter Fremden nicht selten festzustellender Umstand. Um auf die mangelnde Fremdüblichkeit der behaupteten Leistungsbeziehungen schließen zu können, bedürfte es vielmehr entsprechender Feststellungen über den Inhalt und die konkrete Abwicklung der mit der Tochtergesellschaft getroffenen Vereinbarungen. Solche hat die belangte Behörde nicht getroffen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist daher in diesem Punkt sowohl ergänzungsbedürftig geblieben als auch durch unschlüssige Folgerungen gekennzeichnet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. April 2008

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