Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WaffG 1986 §11 Abs1 Z4 idF 1994/1107;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §30 Abs1;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z4;
WaffG 1996 §57 Abs4;
WaffG 1996 §58 Abs1;
WaffG 1996 §62 Abs1;
WaffGNov 02te 1994 Art2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WaffG 1986 §11 Abs1 Z4 idF 1994/1107;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §30 Abs1;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z4;
WaffG 1996 §57 Abs4;
WaffG 1996 §58 Abs1;
WaffG 1996 §62 Abs1;
WaffGNov 02te 1994 Art2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Vorstellungsbescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 11. Jänner 2002 war über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 98/2001 (WaffG), ein Waffenverbot verhängt worden. Anlässlich einer Amtshandlung am 3. Dezember 1997 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer einen Teil seiner Waffensammlung in der Wohnung seiner Gattin aufbewahrt habe, wodurch unberechtigten Personen der Zugriff möglich gewesen sei. Zudem seien auch "zahlreiche verbotene Waffen" beim Beschwerdeführer sichergestellt worden. Überdies habe der Beschwerdeführer ein, wenn auch funktionsuntüchtiges, Maschinengewehr in der Wohnung seiner Gattin zurückgelassen.
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid wendete der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, es sei nicht einmal konkretisiert worden, welche Waffen wann in welcher Weise widerrechtlich verwahrt worden seien. In der Wohnung seiner Gattin habe sich ein - nur dem Beschwerdeführer zugänglicher - Tresor befunden, in dem er die Munition und die in der Waffenbesitzkarte bzw dem Waffenpass eingetragenen Faustfeuerwaffen aufbewahrt habe. Eine Zugriffsmöglichkeit für andere habe insoweit nicht bestanden. Die "im Treppenabgang drapierten Langwaffen" seien zum Zeitpunkt der Amtshandlung am 3. Dezember 1997 nicht einmal meldepflichtig gewesen (in seiner Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 11. Dezember 1997 hatte der Beschwerdeführer dazu ausgeführt, dass diese Waffen "zwar dekorationsmäßig an den Wänden befestigt waren, jedoch so, dass sie nicht leicht entfernt werden konnten, da sie verschraubt oder teilweise auch mit Ketten gesichert waren").
Das von der erstinstanzlichen Behörde unter "Kriegsmaterial" subsumierte "Maschinengewehr" bestehe lediglich aus der Metallhülle, verfüge über keine Mechanik und über kein Schloss und sei darüber hinaus im Lauf zugerostet. Dieses "Maschinengewehr" sei im Jahr 1993 wie seine gesamte damals noch an der Wand drapierte Waffensammlung von der Polizei, die in seiner Wohnung wegen seiner Gattin eine Hausdurchsuchung durchgeführt habe, besichtigt und genauestens begutachtet worden. Schon damals sei man zur Ansicht gekommen, dass das Metallstück keine Waffe darstelle, sondern ein unbedenkliches Sammlerstück.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe - neben zahlreichen Messern, Stiletts, Säbeln und Dolchen sowie vier genehmigungspflichtigen Faustfeuerwaffen, für die er über die entsprechenden waffenrechtlichen Urkunden verfügt habe - zwei Schlagringe und zwei Stahlruten, also verbotene Waffen im Sinne des § 17 WaffG, besessen, weiters meldepflichtige Schusswaffen im Sinne des § 30 WaffG (Infanteriegewehre bzw Karabiner) und genehmigungspflichtige Schusswaffen im Sinne des § 19 WaffG (vier Perkussionsrevolver und ein Derringer). Bei dem vorgefundenen deutschen Maschinengewehr schließlich handle es sich um Kriegsmaterial im Sinne des § 18 WaffG, ohne dass die fehlende Funktionsfähigkeit daran etwas ändern könne. Im vorliegenden Fall sei entscheidend, "ob der unbefugte Besitz einer beträchtlichen Anzahl von Faustfeuerwaffen, Kriegsmaterial und verbotenen Waffen" eine die Prognose im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG rechtfertigende Tatsache darstelle. Auch wenn der bloße Besitz einer verbotenen Waffe für die Verhängung eines Waffenverbotes nicht ausreiche, sei doch generell bei der Beurteilung der mit dem Besitz und dem Umgang mit Waffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Im vorliegenden Fall müsse die Tatsache, "dass der (Beschwerdeführer) im Besitz eines (wenn auch nicht funktionsfähigen) Maschinengewehrs, einer Unzahl von meldepflichtigen Langwaffen, mehrerer verbotener Waffen (wobei es unerheblich ist, wie der (Beschwerdeführer) in deren Besitz gelangte) sowie fünf weiterer genehmigungspflichtiger Schusswaffen sowie einer übergroßen Anzahl von Blankwaffen war, Besorgnis aus waffenrechtlicher Sicht erregen." Der Beschwerdeführer könne sich nicht darauf berufen, waffenrechtliche Ordnungsvorschriften nicht gekannt zu haben. Er sei nämlich seit langen Jahren Besitzer eines Waffenpasses und einer Waffenbesitzkarte, weshalb von ihm die Kenntnis der einschlägigen Regelungen erwartet werden müsse. Unrichtig sei zudem das Argument des Beschwerdeführers, am 3. Dezember 1997 seien die von ihm besessenen Langwaffen nicht einmal meldepflichtig gewesen: Vielmehr seien das Waffengesetz 1996 und die damit geregelten Bestimmungen über die Meldepflicht von Langwaffen am 1. Juli 1997 in Kraft getreten. Die zum Freispruch des Beschwerdeführers im gegen ihn wegen § 50 Abs 1 Z 2 und 4 WaffG geführten Strafverfahren führende Ansicht des Gerichtes, der unrechtmäßige Waffenbesitz sei deshalb nicht weiter verfolgenswert, weil er auf einer Fehleinschätzung der Rechtmäßigkeit des Waffenbesitzes beruht habe, könne nicht geteilt werden: Es bedürfe nämlich keiner einschlägigen waffenrechtlichen Vorkenntnisse, um an der waffenrechtlichen Rechtmäßigkeit des Besitzes eines Maschinengewehres und einer derart großen Anzahl von sonstigen Schusswaffen erhebliche Zweifel aufkommen zu lassen. Der Beschwerdeführer erwecke vielmehr den Eindruck, einer "kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft zum Sammeln und Besitzen von Waffen" zu unterliegen, die es ihn in Kauf nehmen lasse, sich über waffenrechtliche Verbote schlichtweg hinwegzusetzen. Alle "Rechtfertigungs- und Entschuldigungsversuche" des Beschwerdeführers erschienen geradezu weltfremd, seine "Relativierungsversuche unbelegt". Auch seine "nicht näher ausgeführte Behauptung", die Waffensammlung sei "gleichsam polizeibekannt", habe an der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nichts ändern können. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, der Beschwerdeführer könne durch missbräuchliche Verwendung seiner Waffensammlung das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl 2005/03/0011, mwN).
Auch wenn also für die Verhängung eines Waffenverbotes nicht Voraussetzung ist, dass eine missbräuchliche Verwendung von Waffen schon erfolgte, ist dafür doch erforderlich, dass von der Behörde festzustellende konkrete Umstände eine qualifizierte Gefährdung durch missbräuchliche Verwendung einer Waffe befürchten lassen. Missbräuchliche Verwendung ist ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch von Waffen und kann auch auf der Außerachtlassung der im Umgang mit Waffen gebotenen Sorgfalt beruhen (vgl die bei Hauer/Keplinger, Waffengesetz 1996, S 71 zitierte hg Judikatur).
Zur Frage, inwieweit der unbefugte Besitz von Waffen und Kriegsmaterial ein Waffenverbot rechtfertigen kann, kann zunächst auf das Erkenntnis vom 27. Februar 2003, Zl 2001/20/0213, verwiesen werden. Die bloße Tatsache eines allenfalls auch vorsätzlichen Verstoßes gegen Waffenrecht rechtfertigt danach nicht losgelöst von der Art des Verstoßes und den Umständen des Einzelfalles die Verhängung eines Waffenverbotes.
Die belangte Behörde hat sich zur Rechtfertigung des Waffenverbotes im Wesentlichen auf den großen Umfang der Waffensammlung des Beschwerdeführers gestützt, die nicht nur melde- und genehmigungspflichtige Schusswaffen, sondern auch verbotene Waffen und Kriegsmaterial umfasst habe. Diese Anzahl erwecke den "Eindruck einer kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft zum Sammeln und Besitzen von Waffen", die es den Beschwerdeführer in Kauf nehmen lasse, sich über waffenrechtliche Verbote schlichtweg hinwegzusetzen. Dabei sei es unerheblich, wie der Beschwerdeführer in den Besitz dieser Waffen gelangt sei.
Diese Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen: Insoweit die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit der Wendung, er setze sich "über waffenrechtliche Vorschriften schlichtweg hinweg", ein vorsätzliches Verhalten hinsichtlich des unerlaubten Besitzes von Waffen vorwirft, übergeht sie das - entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht bloß "nicht näher ausgeführte" - Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe annehmen können, der Besitz der Langwaffen und des "Maschinengewehres" sei zulässig. Der Beschwerdeführer hat sich dazu darauf berufen, anlässlich einer im Jahr 1993 in seiner Wohnung erfolgten Hausdurchsuchung sei von den einschreitenden Polizeibeamten seine Waffensammlung "begutachtet" und als "unbedenklich" angesehen worden. Er hat damit Argumente vorgebracht, die den Besitz erklären bzw darlegen sollen, dass ihn am allenfalls rechtswidrigen Besitz wenn überhaupt nur geringes Verschulden treffe, was bei der Verhängung eines Waffenverbotes auch von Relevanz wäre (vgl das hg Erkenntnis vom 24. April 2003, Zl 2000/20/0048, mwN).
In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass die Meldepflicht für Schusswaffen der Kategorie C (§ 30 Abs 1 WaffG) erst mit Inkrafttreten des Waffengesetzes 1996, also am 1. Juli 1997 (§ 62 Abs 1 WaffG), eingeführt wurde, also bei Erwerb der Schusswaffen durch den Beschwerdeführer - seinem Vorbringen nach schon vor 1993 - noch nicht bestanden hat. Daraus folgt zunächst, dass der seinerzeitige Erwerb der Langwaffen durch den Beschwerdeführer - ohne Erstattung einer Meldung im Sinne des § 30 Abs 1 WaffG - nicht rechtswidrig war. Da die Meldepflicht den Erwerber derartiger Schusswaffen trifft und "binnen vier Wochen" nach dem Erwerb zu erfüllen ist, bietet § 30 Abs 1 WaffG keine Grundlage für eine Meldepflicht des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner vor 1993 erworbenen, nunmehr meldepflichtigen Langwaffen. Vielmehr ist hier die Übergangsregelung des § 58 Abs 1 WaffG anzuwenden, wonach Menschen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Waffengesetzes 1996 bereits im Besitz von meldepflichtigen Waffen sind, bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine diese Waffen betreffende Meldung im Sinne des § 30 WaffG zu erstatten haben. Daraus folgt, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Beschwerdeführer am 3. Dezember 1997 (noch) nicht gegen die Meldepflicht verstoßen hatte, weil die Einjahresfrist ab Inkrafttreten des Waffengesetzes 1996 noch nicht verstrichen war.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sind im Rahmen der nach § 12 Abs 1 WaffG zu erstellenden Prognose aber die näheren Umstände des Erwerbes nicht völlig unerheblich, was im Beschwerdefall nicht nur hinsichtlich der (nunmehr meldepflichtigen) Langwaffen, sondern auch hinsichtlich der verbotenen Waffen (zwei Schlagringe und zwei Stahlruten) zum Tragen kommt: Diese (im Tresor verwahrten Waffen) hat der Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach im Erbwege erworben.
Was das von der belangten Behörde als Kriegsmaterial eingestufte "Maschinengewehr" anlangt, ist auf die Ausführungen des Sachverständigen Oberrat I W zu verweisen, der festgestellt hat, dass der Verschluss und der Kolben dieser Waffe nicht mehr vorhanden sind, sie sich in einem sehr stark korrodierten Zustand befindet, nicht mehr funktionsfähig ist, mit einem technisch vertretbaren Aufwand auch nicht mehr in funktionsfähigen Zustand zu bringen ist und ihr Zustand "die durch das BMI vorgeschriebenen Demilitarisierungsmaßnahmen ersetzen" würde. Auch wenn regelmäßig der unbefugte Besitz von Kriegsmaterial, das ausschließlich dem Kampfeinsatz dienen soll und sich durch besondere Gefährlichkeit auszeichnet, waffenrechtlich in höherem Ausmaß ins Gewicht fällt als der unbefugte Besitz anderer Waffen, können diese Überlegungen angesichts des dargestellten Zustandes des "Maschinengewehres" eine negative Prognose im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG nicht begründen.
Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der Beschwerdeführer im gerichtlichen Strafverfahren freigesprochen wurde und - der Aktenlage nach - im Zeitraum bis zur Sicherstellung der erwähnten Waffen kein waffenrechtlich relevantes Fehlverhalten gesetzt hat. So hat er Adressänderungen jeweils bekannt gegeben und die erst seit der 2. Waffengesetznovelle 1994, BGBl Nr 1107/1994, als verbotene Waffe zu qualifizierende "Pumpgun" mit seinem Antrag auf Erweiterung der Waffenbesitzkarte vom 29. Juni 1995 legitimiert (Art II der 2. Waffengesetznovelle 1994 iVm § 57 Abs 4 WaffG).
Damit fehlt eine Begründung für die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer unterliege einer "kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft zum Sammeln und Besitzen von Waffen" (was hinsichtlich der nach § 12 Abs 1 WaffG zu erstellenden Prognose bedeutsam wäre; vgl das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2005/03/0070).
Der festgestellte Sachverhalt bildet daher keine ausreichende Grundlage für die Verhängung eines Waffenverbotes, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 28. Februar 2006
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