VwGH 2002/04/0194

VwGH2002/04/01941.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Dr. M in K, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff‑Fürst, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Favoritenstraße 16, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 16. Oktober 2002, Zl. 611.911/013‑BKS/2002, betreffend Verletzung des ORF‑Gesetzes (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk in Wien, vertreten durch Korn, Frauenberger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2
ORF-G 2001 §1 Abs3
ORF-G 2001 §10 Abs7
ORF-G 2001 §37 Abs4
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z3
RFG 1974 §2 Abs1 litc
RFG 1984 §29 Abs4
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2005:2002040194.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe € 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seiner am 27. Mai 2002 beim Bundeskommunikationssenat eingelangten (Popular)Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung, "dass durch die Ausstrahlung der Sendung 'Die Kärntner Partisanen' am 19. 04. 2002, ORF 2, 21:20 Uhr, das ORF‑G, insbesondere in den Bestimmungen der §§ 1 Abs. 3, 4 Abs. 5 und §§ 10 Abs. 2, 5, 6 und 7 des ORF‑G verletzt wurde" sowie die Veröffentlichung der Entscheidung des Bundeskommunikationssenates durch die mitbeteiligte Partei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 16. Oktober 2002 wurde festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei durch die Ausstrahlung dieser Sendung im Rahmen der Reihe "Im Brennpunkt" durch die Verwendung des Titels "Die Kärntner Partisanen" § 4 Abs. 5 Z 3 ORF‑G verletzt hat (erster Satz des Spruches). Im Übrigen wurden die Anträge des Beschwerdeführers (wie auch des Landes Kärnten, das gemäß § 36 Abs. 1 Z 2 lit. a ORF‑G den Antrag gestellt hatte, über die Verletzung des Programmauftrages gemäß § 4 Abs. 1 ORF‑G zu entscheiden) als unbegründet abgewiesen (zweiter Satz des Spruches).

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Textes (Transskript) und Darstellung der Bildfolge dieser Sendung (Schnittliste) aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausgeführt habe, der ORF habe das ORF‑G verletzt, weil die Dokumentation "Die Kärntner Partisanen" völlig einseitig gewesen sei und eine Verfälschung des Kärntner Geschichtsbildes dargestellt habe. Insbesondere sei die Verschleppung von Kärntnern nach Kriegsende in dieser Dokumentation völlig ausgeklammert worden. Die gezeigten Bilddokumente seien abgesehen von wenigen Standfotos nicht aus dem Kärntner Partisanenkrieg. Die Interviewpartner seien einseitig ausgewählt worden, was die Einseitigkeit der Berichterstattung zeige. Die mitbeteiligte Partei sei diesem Vorbringen mit zwei Argumenten entgegengetreten: Einerseits handle es sich um eine "sektorale Themenabhandlung" und gehe es ausschließlich um die Geschichte der Kärntner Partisanen, also die "Geschichte einiger österreichischer Staatsangehöriger der slowenischen Minderheit in Kärnten im 2. Weltkrieg" und deren Schicksal, und andererseits werde diese "explizite" Themenbeschränkung dadurch ausgeglichen, dass die mitbeteiligte Partei dem historischen Schicksal der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung am 26. Mai 1999 eine eigene "Im Brennpunkt"‑Sendung gewidmet habe (mit dem Titel "Gefangen, verschleppt, vertrieben").

Die belangte Behörde beauftragte den Amtssachverständigen Univ. Prof. Dr. R mit der Erstattung eines Gutachtens "aus dem Fach Geschichte". Dieses Gutachten führte in seinem Befund zunächst aus:

" ...

Die Dokumentation baut auf 4 Elementen auf, nämlichhistorischem Filmmaterialneu aufgenommenem filmischem MaterialStatements von ZeitzeugenStatements von Wissenschaftern.

Die Verbindung wird durch einen Kommentar geschaffen, der nicht nur als verbindender Text, sondern als konkrete Aussage zu werten ist.

Den Autoren standen zu den meisten Fragen ausreichend wissenschaftliche Literatur zur Verfügung, die in der Sendung aber nicht zitiert, sondern erst im Zuge der Stellungnahme(n) angeführt wurde. ..."

Zusammenfassend führt das Gutachten aus:

"Bei voller Anerkennung des Bemühens, den Partisanenkrieg in Kärnten mit dem Schicksal der slowenischen Volksgruppe im Zeitraum von rund 100 Jahren in Verbindung zu bringen, wird dennoch anzumerken sein, dass nicht gleichmäßig gewichtet wurde und eine Reihe von Themen nicht behandelt worden ist. Nicht zuletzt hatte diese Gewichtung zur Folge, dass Betroffenheit lediglich auf die Weise deutlich gemacht wird, dass die slowenische Volksgruppe Leidtragende war.

Dabei wird keine Erwähnung getan, dass sich ein Teil der Partisanenaktivitäten auch gegen die slowenische Volksgruppe gerichtet hat, dass ferner der Partisanenkrieg in Kärnten großteils von Nicht‑Slowenen geführt worden ist, dass der Vorstoß jugoslawischer Truppen und Partisanenverbände im Mai 1945 sehr wohl folgenschwer gewesen ist und unter der Kärntner Bevölkerung Opfer gefordert hat. Auf Kärntner Boden wurden bei den letzten, bereits in die Nachkriegszeit fallenden Kampfhandlungen aber auch sehr viele Nicht‑Kärntner zu Opfern. Eventuell wäre auch differenziert darzustellen gewesen, dass es zwar in einem Teil der wissenschaftlichen Literatur (z.B. Rath, Partisanenbewegung, S. 116) als irrelevant bezeichnet wird, ob im Verlauf des Kriegs Opfer für Österreich oder Slowenien bzw. Slowenisch‑Kärnten erbracht wurden; das wesentliche Moment des Kampfes der Partisanen wäre die Niederringung des Nationalsozialismus gewesen, als ein 'Schritt zur Befreiung Österreichs und Wiederherstellung der demokratischen Verhältnisse'; dass aber auch andere Meinungen artikuliert wurden und anzuerkennen gewesen wäre, dass sozialrevolutionäre und nationalpolitische Ziele ein mindestens ebenso bedenkenswerter Beweggrund für Partisanentum waren (Rausch, Partisanenkampf, S. 83). Daraus abzuleiten wäre auch differenzierter zu fragen gewesen, inwieweit mit dem Kampf der Partisanen in Kärnten einem in der Moskauer Deklaration genannten Ziel der Wiedererrichtung Österreichs in den Grenzen vor 1938 entsprochen wurde.

Auch wenn gerade die Professoren O und S bemüht waren, zu differenzieren und zu erklären, konnten sie doch nicht jene zusätzlichen Erwägungen und Erinnerungen einbringen, wie sie von den Interviewpartnern, die durchwegs eine partisanenfreundliche Haltung einnahmen, gebracht und regelrecht verkörpert wurden.

Jede Dokumentation kämpft sicherlich mit vielen Problemen, mit den verfügbaren Bildmaterialien, ausreichend kompetenten wie interessanten Interviewpartnern, die auch die notwendige Artikulationsfähigkeit besitzen sollen, der verfügbaren Zeit und nicht zuletzt den einsetzbaren finanziellen Mitteln. Alle diese Faktoren werden auch für die Dokumentation über die Kärntner Partisanen zu berücksichtigen sein, doch wäre eine andere Gewichtung sehr wohl denkbar und bei der Behandlung des im Haupt- wie im Untertitel genannten Themenblocks möglich gewesen."

Hiezu führte die belangte Behörde begründend aus, das Sachverständigengutachten zeige nachvollziehbar "gewisse historische Fehler, Unschärfen und Mängel" auf, weiters weise es auf "teils deutliche subjektive Wertungen" hin.

Die Frage der Auswahl und Gewichtung der Berichterstattung über konkrete historische Ereignisse unterliege grundsätzlich dem durch Art. 10 Abs. 1 EMRK geschützten journalistischen Gestaltungsspielraum. Die mitbeteiligte Partei sei gemäß § 4 Abs. 5 Z 3 ORF‑G dazu aufgerufen, ihren Programmauftrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ORF‑G durch Sachanalysen zu erfüllen. Wie sie derartige Sachanalysen journalistisch gestalte, stehe ihr in den rundfunkverfassungsrechtlichen und rundfunkgesetzlichen Grenzen, insbesondere im Rahmen des Objektivitätsgebots, frei. Wie jede historische Darstellung könne auch eine historische Sachanalyse nur einen bestimmten "Ausschnitt der geschichtlichen Wirklichkeit" erfassen. Dem Objektivitätsgebot sei Genüge getan, wenn die historischen Geschehnisse soweit dargestellt würden, als es Gegenstand und Zielsetzung der Sendung erforderten. Keinesfalls verlange das Objektivitätsgebot, in einer Analyse bestimmter historischer Zusammenhänge immer auch eine umfassende Darstellung aller im jeweiligen Zeitraum damit in Verbindung stehender Geschehnisse vorzunehmen. Die sich aus dem Objektivitätsgebot ergebende Grenze sei jedenfalls dort erreicht, wo die Unterlassung der Erwähnung bestimmter historisch außer Streit stehender und im Hinblick auf die allgemeine historische Entwicklung besonders bedeutsamer Ereignisse deren Leugnung bedeuten und insoweit eine eigenständige journalistische Aussage vermitteln würde. Von einem Journalisten könne nicht verlangt werden, dass er sämtliche Lehrmeinungen zu einem historischen Geschehen studiere und wie ein Wissenschafter gegeneinander abwäge. Vielmehr genüge der Journalist seiner Verpflichtung zur Objektivität schon dann, wenn er sich anhand seriöser, in breiteren Kreisen der Fachwelt anerkannter einschlägiger Literatur informiere, sich durch entsprechend ausgewiesene Fachleute beraten lasse und nicht wider besseres Wissen handle.

Wende man diese Grundsätze auf die gegenständliche Sendung an, so sei davon auszugehen, dass sie für den durchschnittlichen Zuschauer "wahrscheinlich kaum auffallende Unzulänglichkeiten" aufweise. Die trotz "engagiertem Bemühen" der mitbeteiligten Partei unterlaufenen Fehler rechtfertigten daher die Beurteilung derselben als "völlig einseitig" und unobjektiv nicht.

Allerdings habe die mitbeteiligte Partei die Sendung unter dem Titel "Die Kärntner Partisanen" angekündigt und ausgestrahlt. Dieser Titel suggeriere einen "signifikant anderen" Sendungsinhalt, als ihn die beanstandete Sendung tatsächlich aufweise. So greife der Titel einerseits nicht so weit wie der Beitrag, in welchem bis in den 1. Weltkrieg und bis zum jüngst geschehenen Ortstafelstreit "ausgeholt" werde, während die Kärntner Partisanen tatsächlich nur eine Erscheinung des 2. Weltkriegs seien. Andererseits enthalte die Sendung keinen Hinweis, dass beim Begriff "Partisanen" zwischen Wehrdienstverweigerern slowenischer, später auch deutscher und österreichischer Herkunft, nicht kommunistischen und kommunistischen Gruppen verschiedenster Nationalität unterschieden werde. Kärntner Partisanen seien daher keineswegs mit "einigen österreichischen Staatsangehörigen der slowenischen Minderheit in Kärnten während des 2. Weltkrieges" gleichzusetzen. Die verfehlte Betitelung der Dokumentation werde bei Bedachtnahme auf den von den Autoren verwendeten Arbeitstitel, nämlich "Geschichte der Ausgrenzung der Kärntner Slowenen" deutlich, ein Thema, das nicht ident sei mit dem der Kärntner Partisanen.

Da es bei der Beurteilung eines journalistischen Beitrags nicht auf einzelne Aspekte, sondern auf den Gesamtzusammenhang des Beitrags ankomme, schlage die insoweit irreführende Betitelung der Sendung nicht auf deren Gesamtbeurteilung als dem Objektivitätsgebot widersprechend durch. Da es sich bei dem Titel eines Fernsehbeitrages aber um ein wesentliches Element des Beitrages handle, dem insbesondere im Hinblick auf Programmankündigungen eine besondere Bedeutung zukomme, habe die Wahl und Formulierung des Titels eines Beitrags im Lichte des Objektivitätsgebots des § 4 Abs. 5 ORF‑G eigenständige Bedeutung. Das Verhältnis von Titel und Inhalt einer Sendung sei somit einer eigenständigen Beurteilung am Maßstab des rundfunkrechtlichen Objektivitätsgebots zugänglich.

Der mitbeteiligten Partei habe bei der Gestaltung der beanstandeten Sendung klar sein müssen, dass es sich um einen politisch sensiblen Sendungsinhalt handle. Dies ziehe eine sorgfältige Formulierung des Sendungstitels nach sich, insbesondere um zu vermeiden, dass Erwartungshaltungen geweckt würden, die von der Sendung als solche "nicht eingelöst" werden wollten.

Insoweit die mitbeteiligte Partei auf einen "Ausgleich" durch eine "Im Brennpunkt"‑Sendung über das Schicksal der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung vom 26. Mai 1999 hinweise, könne bei einem zeitlichen Abstand von fast 3 Jahren von zeitlicher Angemessenheit nicht die Rede sein. Auf Grund des langen zeitlichen Abstands sei eine Zusammengehörigkeit der beiden Sendungen im Sinne einer gemeinsamen Ankündigung für den Durchschnittszuschauer nicht erkennbar gewesen. Daher könne auch die von der mitbeteiligten Partei zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes [VfGH], B 1267/98, zur Ausgewogenheit einer Sendereihe nicht herangezogen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte ‑ ebenso wie die mitbeteiligte Partei ‑ die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft ausdrücklich nur den zweiten Satz im Spruch des angefochtenen Bescheides ("Im Übrigen werden die Anträge als unbegründet abgewiesen") und erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch diesen Spruchteil im Recht gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. b iVm § 37 Abs. 1 ORF-G auf Feststellung der Verletzung des ORF‑G (1.) sowie im Recht auf eine dem § 37 Abs. 4 ORF‑G entsprechende Entscheidung über die Veröffentlichung (2.) verletzt:

Zu 1. führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, durch die Sendung seien ‑ wie das Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen zeige ‑ weder der Programmauftrag nach § 4 ORF‑G noch die Programmgrundsätze nach § 10 ORF‑G eingehalten worden. Insbesondere sei gegen den Grundsatz der Objektivität sowie die Verpflichtung zur Unparteilichkeit der Berichterstattung und zur Berücksichtigung der Meinungsvielfalt verstoßen worden.

Eine Ausgewogenheit durch andere Sendungen zu diesem Thema sei - jedenfalls beim Durchschnittsseher ‑ nicht erzielt worden. So sei in der gegenständlichen Sendung kein Hinweis erfolgt, dass das Thema in anderen Sendungen erörtert werden würde. Der Durchschnittsseher habe die Sendung daher als "abschließende Einheit" auffassen müssen.

Die Sendung sei das Ergebnis der Verletzung journalistischer Sorgfaltspflicht. Schon durch eine journalistisch sorgfältige Auswahl der in der Sendung auftretenden Persönlichkeiten hätte eine Objektivitätsverletzung vermieden werden können. Die Unterlassung der Miteinbeziehung anderer Gesprächspartner, die damit insgesamt zu einer objektiven Beleuchtung für den Durchschnittsseher gesorgt hätten, sei ein Verstoß gegen das ORF‑G und habe den Grundsatz der ausgewogenen Meinungsvielfalt verletzt.

Zu 2. führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, im angefochtenen Bescheid sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Veröffentlichung der Entscheidung gemäß § 37 Abs. 4 ORF‑G abgewiesen, dies jedoch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Veröffentlichungspflicht durch den ORF bestehe ein Ermessen des Bundeskommunikationssenates. Derartige Ermessensbescheide seien zu begründen, ein bloßer Hinweis auf das freie Ermessen genüge nicht. Da Ermessen im Sinne des Gesetzes auszuüben sei, sei die Nichtveröffentlichung zu Unrecht ausgesprochen worden, da es bei der Sendung der mitbeteiligten Partei zu einer "eklatanten Verletzung" des ORF‑G gekommen sei, welche nicht nur durch das Sachverständigengutachten, sondern auch durch die "große Zahl an aufgebrachten Rundfunkteilnehmern … indiziert" sei.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) lauten wie folgt:

 

"Stiftung 'Österreichischer Rundfunk'

§ 1. ...

(3) Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst, Bedacht zu nehmen und die Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten.

...

 

Programmauftrag

§ 4. ...

(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen weiters für

1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;

2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;

3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität zu sorgen.

(6) Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.

...

Programmgrundsätze

Allgemeine Grundsätze und Jugendschutz

§ 10. ...

(7) Kommentare, Analysen und Moderationen haben sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen.

...

Rechtsaufsicht

§ 35. (1) Die Aufsicht des Bundes über den Österreichischen Rundfunk beschränkt sich auf eine Aufsicht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof. Die Rechtsaufsicht obliegt dem Bundeskommunikationssenat, der über behauptete Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu entscheiden hat. ...

...

Beschwerden und Anträge

§ 36. (1) Der Bundeskommunikationssenat entscheidet gemäß § 35 Abs. 1 - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes

1. auf Grund von Beschwerden

...

b) eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 300 weiteren solchen Rundfunkteilnehmern unterstützt wird; ...

(2) Die Unterstützung einer Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 1 lit. b ist durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Personen, die die Beschwerde unterstützen, festgestellt werden kann.

...

Entscheidung

§ 37. (1) Die Entscheidung des Bundeskommunikationssenates besteht in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist.

...

(4) Der Bundeskommunikationssenat kann auf Veröffentlichung seiner Entscheidung erkennen und dem Österreichischen Rundfunk oder einer Tochtergesellschaft auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm diese Veröffentlichung zu erfolgen hat."

 

1. Zur Frage der Verletzung des Objektivitätsgebotes

Die Beschwerde wendet sich in diesem Punkt nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, der Titel der vorliegenden Sendung habe das in § 4 Abs. 5 und § 10 Abs. 7 ORF‑G normierte Objektivitätsgebot verletzt, da er einen „signifikant anderen“ Sendungsinhalt suggeriert habe, als die beanstandete Sendung aufgewiesen habe. Die Beschwerde bringt vielmehr vor, die vorliegende Sendung in ihrer Gesamtheit habe durch ihre Unausgewogenheit, die sich schon in der Auswahl der in der Sendung auftretenden Persönlichkeiten zeige, das Objektivitätsgebot verletzt und stützt sich auf die fachlich-historische Bewertung der Sendung durch den Amtsachverständigen Univ. Prof. Dr. R.

§ 4 Abs. 5 Z 3 und § 10 Abs. 7 ORF‑G verpflichten die mitbeteiligte Partei bei der Gestaltung von Sachanalysen zur Wahrung des Grundsatzes der Objektivität.

Mit dem Begriff „Sachanalyse“ bzw. "Analyse" ‑ das Gesetz verwendet in § 4 Abs. 5 Z 3 bzw. § 10 Abs. 7 ORF‑G unterschiedliche Begriffe, ohne dass diesen eine unterschiedlicher Begriffsinhalt zukommt - bezeichnet das Gesetz den so genannten "analytischen Kommentar" im Gegensatz zum "Meinungskommentar" (vgl. hiezu die Materialien zu § 4 Abs. 5 Z 3 und § 10 ORF-G in RV 634 BlgNR XXI. GP sowie die Materialien zur gleich lautenden Vorgängerregelung des § 2 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks [RFG], BGBl. Nr. 397/1974, in RV 933 BlgNR XIII.GP , 14f). Die Aufgabe einer derartigen Analyse ist es, Ursachen, Zusammenhänge, Dimensionen und Wirkungen eines Ereignisses verständlich zu machen und zu erklären (vgl. Besenböck, Analyse in Radio und Fernsehen, in: Pürer [Hrsg.], Praktischer Journalismus in Zeitung, Radio und Fernsehen3 [1990], 195). Ausgangspunkt der Analyse ist somit ihr Thema, die "Sache", die erklärt werden soll (auch Analyseziel; vgl. hiezu Besenböck, aaO, 198). Die Analyse hat beruhend auf nachvollziehbaren Tatsachen (§ 10 Abs. 7 ORF-G), also nach gründlicher Recherche (Twaroch/Buchner, Rundfunkrecht in Österreich5 [2000], S. 318), zu erfolgen.

Die Sachlichkeit einer Analyse bemisst sich nach dem vorgegebenen Thema – dieses legt fest, was "Sache" ist – und der Nachvollziehbarkeit der in der Analyse erfolgten Beurteilung (vgl. idS zum Kommentar gemäß § 4 Abs. 5 Z 3 ORF-G das hg. Erkenntnis vom 10. November 2004, Zl. 2002/04/0053). Bei dieser Beurteilung muss im Sinne der gebotenen Gesamtbetrachtung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 2002, VfSlg. 16.468) stets der Gesamtzusammenhang in Betracht gezogen werden, der das Thema der Sachanalyse bestimmt. Dieser Gesamtkontext und der für den Durchschnittsbetrachter daraus zu gewinnende Eindruck gibt der Beurteilung, ob die Gestaltung einer Sendung dem Objektivitätsgebot entsprochen hat, die Grundlage (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 10. November 2004).

Das – vom Beschwerdeführer gegen die Sachlichkeit der vorliegenden Sendung ins Treffen geführte – fachlich-historische Gutachten kommt bei der vorliegenden Sachanalyse zum Schluss, "dass nicht gleichmäßig gewichtet wurde und eine Reihe von Themen nicht behandelt worden ist", was zur Folge habe, "dass Betroffenheit lediglich auf die Weise deutlich gemacht wird, dass die slowenische Volksgruppe Leidtragende war".

Nach dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei im Verfahren vor der belangten Behörde war es jedoch gerade Thema der vorliegenden Sachanalyse, das Schicksal der Kärntner Partisanen, die heute österreichische Staatsbürger sind, im Zusammenhang mit der historischen Genese der Kärntner Slowenen seit dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie sowie deren Schicksal nach dem zweiten Weltkrieg darzustellen. Dass der für diese Sachanalyse gewählte Titel "Die Kärntner Partisanen" dieses Thema nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht hat, sondern einen anderen Sendungsinhalt erwarten ließ, wurde von der belangten Behörde als Verletzung des Objektivitätsgebotes festgestellt.

Das Thema der vorliegenden Sachanalyse, das Schicksal der Kärntner Partisanen aus Sicht der slowenischen Minderheit darzustellen, kommt allerdings sowohl in den Interviews, den ausgewählten Interviewpersonen als auch im Begleitkommentar für den Durchschnittsbetrachter deutlich zum Ausdruck und wird auch durch den Arbeitstitel "Die Kärntner Partisanen. Geschichte der Ausgrenzung der Kärntner Slowenen" belegt.

Dass bei Behandlung dieses Themas gegen die Programmgrundsätze des ORF‑G verstoßen worden wäre, zeigt die Beschwerde konkret nicht auf. Soweit sie aber rügt, die mitbeteiligte Partei habe durch die Gestaltung der vorliegenden Sendung den Grundsatz der ausgewogenen Meinungsvielfalt verletzt, ist ihr zu entgegnen, dass dieser Grundsatz nicht bedeutet, dass eine Analyse stets alle in dieser Frage in Betracht kommenden Meinungen darzustellen hat. Vielmehr kann aus dem Objektivitätsgebot allenfalls das Erfordernis einer die Vielfalt der Meinung zum Ausdruck bringenden Programmgestaltung folgen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 10. November 2004), die allfällige Nichtbeachtung dieses Erfordernisses kann aber jedenfalls nicht auf die einzelne Sendung durchschlagen und eine Verletzung des Objektivitätsgebotes durch diese Sendung bewirken.

Was die vorliegende Sendung anbelangt, ist vielmehr ‑ ausgehend vom Thema, das Schicksal der Kärntner Partisanen aus Sicht der slowenischen Minderheit darzustellen, welches den Maßstab für die Sachlichkeitsprüfung bildet ‑ in der Analyse eine Unsachlichkeit der Darstellung, die zu einer Verletzung des Objektivitätsgebotes führen würde, nicht zu erkennen.

Somit hält die Rechtsansicht der belangten Behörde, die vorliegende Sendung habe in ihrer Gesamtheit das Objektivitätsgebot nicht verletzt, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Inwieweit das Schicksal der Kärntner Partisanen aus anderer Sicht als jener der slowenischen Minderheit unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der ausgewogenen Meinungsvielfalt einer Berücksichtigung in der Programmgestaltung bedarf, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

 

2. Zur Frage der Veröffentlichung der Entscheidung

§ 37 Abs. 4 ORF‑G räumt der belangten Behörde in der Frage der Veröffentlichung ihrer Entscheidungen Ermessen ein. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 29 Abs. 4 Rundfunkgesetz entwickelten Gesichtspunkte zu beachten (vgl. hiezu näher das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zlen. 2003/04/0045, 0060, mit Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1990, VfSlg. 12.497).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers beschränkt sich darauf, unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung zur Begründung von Ermessensentscheidungen die im Hinblick auf die Entscheidung nach § 37 Abs. 4 ORF‑G fehlende Begründung im angefochtenen Bescheid zu rügen. Der Beschwerdeführer zeigt aber konkrete Gründe, die eine auf Veröffentlichung zu lautende Ermessensentscheidung nahe gelegt hätten, nicht auf; der Verweis des Beschwerdeführers auf die große Zahl der die (Popular)Beschwerde unterstützenden Rundfunkteilnehmer lässt für sich alleine nicht erkennen, dass eine Veröffentlichung der Entscheidung geboten gewesen wäre.

 

3. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 1. März 2005

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