VwGH 2000/03/0343

VwGH2000/03/034331.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A H in D, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hansjörg Schiestl und Dr. Karl Janowsky, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 12, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. September 2000, Zl. IIIa2-1795/12, betreffend Jägernotweg nach dem Tiroler Jagdgesetz 1983 (mitbeteiligte Parteien: Dr. L B, Dr. G H, Dr. F P und Mag. K P, alle vertreten durch Greiter Pegger Kofler & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 24), zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Tir 1983 §44 Abs1;
JagdRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2005:2000030343.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde gemäß § 44 Abs 1 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl Nr 68/1993, (TJG 1983) einen näher bezeichneten Jägernotweg, den die mitbeteiligten Parteien als Jagdausübungsberechtigte der Eigenjagd S sowie das für diese Eigenjagd behördlich bestätigte Jagdschutzpersonal (nicht jedoch Jagdgäste) auf die Dauer des Jagdpachtvertrages für diese Eigenjagd (das ist bis 31. März 2009) durch das Genossenschaftsjagdgebiet A-W, in dem der Beschwerdeführer jagdberechtigt ist, zu nehmen haben, um in einen Teil ihres Jagdgebietes zu gelangen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie habe bei der Einräumung eines Jägernotweges als Zwangsrecht von strengen Voraussetzungen auszugehen und die einschlägige Bestimmung des § 44 Abs 1 TJG 1983 auszulegen und dabei auch auf Beispielsfolgen für andere Jagdgebiete in Tirol, die sich ebenfalls in extremen Hochgebirgslagen befänden, zu achten. Eine Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und den mitbeteiligten Partein sowie der Bestand eines öffentlichen Weges sei im Verfahren nie behauptet worden. Von den mitbeteiligten Parteien seien zwei verschiedene Varianten als Jägernotweg begehrt worden, ein Einvernehmen hinsichtlich einer Variante liege nicht vor. Die Jagdbehörde erster Instanz habe hinsichtlich der Länge und Gefährlichkeit beider Varianten ein jagdfachliches Gutachten eingeholt, diese Sachverhaltsermittlung sei von der belangten Behörde ergänzt worden. Die belangte Behörde habe keine Ungereimtheiten des jagdfachlichen Gutachtens erkennen können, insbesondere auch deshalb, da dieses Gutachten in der entscheidungswesentlichen Schlussfolgerung durch ein Lawinensachverständigengutachten gestützt werde. Die von der ersten Instanz durchgeführte Interessenabwägung werde durch das ergänzende Ermittlungsverfahren bestätigt. Der Beschwerdeführer sei diesen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. § 40 TJG 1983 sehe keine zeitliche Einschränkung der Einräumung des Jägernotweges vor, da es dem Jagdausübungsberechtigten möglich sein müsse, das Wild je nach Witterungsmöglichkeit auch im Winter zu beobachten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl Nr 60 (TJG 1983), hat die Bezirksverwaltungsbehörde mangels Zustimmung des anderen Jagdausübungsberechtigten zu bestimmen, welcher Weg (Jägernotweg) durch das fremde Jagdgebiet zu nehmen ist, wenn die Jagdausübungsberechtigten oder das Jagdschutzpersonal das Jagdgebiet oder Teile desselben nicht auf einer öffentlichen Straße oder auf einem Weg im Sinne des § 42 Abs 1 TJG 1983 oder nur auf einem unverhältnismäßig großen Umweg erreichen können.

Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, das Eigenjagdgebiet S wäre über einen anderen Weg ohne Inanspruchnahme fremden Jagdgebietes (nämlich durch das Eigenjagdgebiet S über die S-Alm und einen Fußweg in der Länge von 4,3 km) zu erreichen, was keineswegs einen unverhältnismäßig großen Umweg darstellen würde.

Die belangte Behörde hat sich entscheidungswesentlich auf das im Verfahren erstattete Lawinensachverständigengutachten vom 28. August 2000 gestützt, nach welchem die schwierige Begehbarkeit dieser Wegvariante durch das Eigenjagdgebiet S teilweise lange Verweildauern in lawinengefährdeten Bereichen mit sich bringe und auch bei grundsätzlich geringer bis mäßiger Lawinengefahr bei größeren Zusatzbelastungen auf Grund der Steilheit und Exponiertheit des Geländes mit Selbstauslösungen zu rechnen sei.

Hiezu bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde hätte den bestimmten Jägernotweg nur zeitlich eingeschränkt während "der lawinengefährlichen Zeit" bestimmen dürfen. Mit diesem Vorbringen ist er im Recht:

Die Einräumung eines Jägernotweges durch fremdes Jagdgebiet gemäß § 44 Abs 1 TJG 1983 ist - wie die belangte Behörde selbst ausführt - ein Zwangsrecht, das in die Rechte des fremden Jagdausübungsberechtigten eingreift. Dieses Zwangsrecht darf nach Art und Umfang nicht unverhältnismäßig sein (vgl. idS etwa die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Zwangsrecht nach § 63 lit b WRG 1959; so das hg Erkenntnis vom 27. Mai 2003, Zl 2002/07/0110) und ist daher nur in dem - gemessen an den in § 44 Abs 1 TJG 1983 normierten Voraussetzungen - erforderlichen Ausmaß zu bestimmen. Liegen die Voraussetzungen zur Bestimmung eines Jägernotweges nur in einem bestimmten Zeitraum vor, so ist der Jägernotweg nur beschränkt auf diesen Zeitraum zu bestimmen.

Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt, indem sie den angefochtenen Bescheid auf die Rechtsansicht gestützt hat, § 44 Abs 1 TJG 1983 sehe eine solche zeitliche Einschränkung der Bestimmung eines Jägernotweges nicht vor und aus diesem Grund keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob die Voraussetzungen für die Bestimmung des gegenständlichen Jägernotweges auch außerhalb des Zeitraumes, in dem nach dem festgestellten Sachverhalt Lawinengefahr besteht, gegeben sind.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Die Umrechnung der vom Beschwerdeführer erstatteten Stempelgebühr beruht auf § 3 Abs 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl I Nr 72/2000.

Wien, am 31. März 2005

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