Normen
AVG §58 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG §24;
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs3;
VwGG §36 Abs1;
AVG §58 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG §24;
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs3;
VwGG §36 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 991,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin gründete 1996 ein Unternehmen, dessen Gegenstand sie mit "Herstellung kunstgewerblicher Zier- und Gebrauchsgegenstände bezeichnete". Sie ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 und erklärte für das Jahr 1996 einen Verlust von 509.339,22 S. Mit ihrer am 3. Juli 1998 beim Finanzamt eingelangten Einkommensteuererklärung für 1997 erklärte sie einen Verlust von 24.498,55 S, den sie in den Beilagen aufschlüsselte. Aus "gewöhnlicher Geschäftstätigkeit" habe sie 1997 einen Gewinn von 10.569,74 S erzielt, eine "Bilanz wegen Geschäftsauflösung zum 31.12.1997" weise Forderungen von 478.622,89 S und Verbindlichkeiten von 4.351,96 S aus, woraus die Beschwerdeführerin einen "Bilanzgewinn" von 474.270,93 S errechnete. Von der Summe dieser beiden Gewinne (484.840,67 S) zog sie einen "Verlustausgleich 1996" von 509.339,22 S ab und gelangte so zu dem für 1997 erklärten Verlust von 24.498,55 S. Den Abgabenerklärungen legte die Beschwerdeführerin auch eine von ihr am 28. Dezember 1997 ausgestellte Rechnung für im Einzelnen bezeichnete Handelswaren mit einem Nettobetrag bei, welcher dem in der "Bilanz wegen Geschäftsauflösung zum 31.12.1997" unter Forderungen ausgewiesenen Betrag von 478.622,89 S entsprach.
Auf Vorhalt des Finanzamtes vom 24. Februar 1999 sandte die Beschwerdeführerin den ausgefüllten "Fragebogen anlässlich der Aufgabe einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit" zurück, gab als Datum der Aufgabe des Betriebes den 31. Dezember 1997 an, kreuzte das Feld "Aufgabe des ganzen Betriebes" an und strich die Felder "Der Betrieb wurde verkauft - Höhe des Verkaufspreises" und "Der Betrieb wurde verpachtet - Höhe des jährlichen Pachtschillings" sowie "Name und Anschrift des Erwerbers/Nachfolgers/Pächters".
Das Finanzamt übernahm die erklärten Beträge des "Gewinnes aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit" und des "Bilanzgewinnes", zog jedoch den erklärten Verlust aus 1996 nicht ab und setzte mit Bescheid vom 27. Mai 1999 die Einkommensteuer 1997 dementsprechend fest.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin. Da bei der 1997 erfolgten Betriebsveräußerung wesentliche Betriebsgrundlagen verkauft worden seien, beantrage sie gemäß § 117 Abs. 7 Z 2 EStG, den Veräußerungsgewinn 1997 insofern auf das Jahr 1998 zu verschieben, als der Verlustvortrag von 1996 in Höhe von 376.220 S "dagegengerechnet" werden könne. Weiters beantragte sie die Gewährung des Freibetrages nach § 24 Abs. 4 EStG in Höhe von 100.000 S wegen Betriebsveräußerung. Gleichzeitig legte sie eine neuerliche Einkommensteuererklärung für 1997 bei, worin sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 484.840,67 S erklärte, wovon ein Freibetrag für Veräußerungsgewinn von 100.000 S auszuscheiden sei. Von dem verbleibenden Veräußerungs/Aufgabegewinn von 384.840,67 S beantragte sie hinsichtlich eines Betrages von 374.270,93 S die Verschiebung auf 1998. Schließlich legte sie der Berufung neuerlich eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, welche einen Gewinn von 10.569,74 S aufwies, sowie eine "Bilanz wegen Betriebsveräußerung per 31.12.1997" bei, welche Forderungen von 478.622,89 S und Verbindlichkeiten von 4.351,96 S aufwies, woraus abzüglich eines Freibetrags von 100.000 S ein von ihr als Veräußerungsgewinn bezeichneter Betrag von 374.270,93 S resultierte.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Jänner 2000 übernahm das Finanzamt die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie die zur Verschiebung auf 1998 erklärten Beträge und setzte die Einkommensteuer 1997 dementsprechend fest.
Die Beschwerdeführerin wies mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2000 darauf hin, dass das Finanzamt mit der Berufungsvorentscheidung entgegen ihrem Antrag auf Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages diesen nicht berücksichtigt habe. Sie ersuchte "diesen Irrtum unbürokratisch zu korrigieren". Um dem allfälligen Verfall von Fristen vorzubeugen, beantragte sie die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge. Sie berücksichtigte den beantragten Alleinerzieherabsetzbetrag und die Verschiebung eines erklärten Veräußerungs- und Aufgabegewinnes in Höhe von 376.220 S. Sie ging jedoch von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 484.841 S aus und gewährte den Freibetrag für Veräußerungsgewinne nach § 24 Abs. 4 EStG nicht. Im Zuge der Veräußerung des Betriebes habe die Beschwerdeführerin einen Veräußerungsgewinn in der Höhe von 0 S ermittelt. Dies habe sich daraus ergeben, dass die veräußerten Gegenstände laut Aktenlage zu Buchwerten verkauft worden seien. Für den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung sei der Wert des Betriebsvermögens mit den steuerlichen Buchwerten festzustellen und durch Gegenüberstellung mit dem um die Veräußerungskosten verminderten Veräußerungserlös der Veräußerungsgewinn oder - verlust zu ermitteln. Dieser danach von der Beschwerdeführerin ermittelte Veräußerungsgewinn ergebe laut Aktenlage 0 S, was nicht strittig sei. Die Beschwerdeführerin habe ihr Unternehmen zum 31. Dezember 1997 veräußert; sie habe für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1997 durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ihren laufenden Gewinn zu ermitteln gehabt. Zum 31. Dezember 1997 sei der Übergang auf einen Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG durchgeführt und von der Beschwerdeführerin ein Übergangsgewinn in Höhe von 474.271 S ermittelt worden, was nicht strittig sei. Anlaufverluste in Höhe von 376.220 S konnten im Jahr der Entstehung des Verlustes (1996) nicht berücksichtigt werden; ein Verlustabzug in dieser Höhe sei nach der Verfassungsbestimmung des § 117 Abs. 7 EStG für 1997 nicht zulässig. In diesem Ausmaß sei der erklärte Übergangsgewinn gemäß § 117 Abs. 7 Z 2 EStG antragsgemäß auf 1998 zu verschieben. Der Freibetrag nach § 24 Abs. 4 leg. cit. könne für den Übergangsgewinn nicht gewährt werden, der Veräußerungsgewinn betrage 0 S.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die bei der Veräußerung oder der Aufgabe des Betriebes erzielt werden. Nach § 24 Abs. 2 leg. cit. ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln.
Der Veräußerungsgewinn ist gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 BGBl. Nr. 201 nur insoweit steuerpflichtig, als er - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - bei der Veräußerung (Aufgabe) des gesamten Betriebes 100.000 S übersteigt.
Die Beschwerdeführerin ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988. Um zu einem Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 leg. cit. zu gelangen, hatte sie demnach zunächst die Gewinnermittlungsart zu wechseln und beim Wechsel der Gewinnermittlung auf Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 einen Übergangsgewinn oder Übergangsverlust zu ermitteln. Dem solcherart festgestellten Betriebsvermögen war sodann das Betriebsvermögen nach Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes gegenüberzustellen und dabei ein Veräußerungsgewinn oder -verlust zu ermitteln.
Die belangte Behörde stellte dazu lediglich fest, die Beschwerdeführerin habe die veräußerten Gegenstände "laut Aktenlage" zu Buchwerten verkauft. In der Gegenschrift weist sie auf einen Aktenvermerk vom 21. April 1999 hin, welchen das Finanzamt auf dem Formblatt "Veranlagungsentwurf eines Ü-Falles im Jahr 1997" unter dem Punkt 3 (Kalkulation) anbrachte, wonach die Beschwerdeführerin laut persönlicher Vorsprache vom 9. April 1999 das Warenlager zu Buchwerten verkauft habe. Mit der Gegenschrift kann die belangte Behörde die fehlende gemäß § 288 Abs. 1 lit. d BAO erforderliche und den Anforderungen der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200) genügende Begründung aber nicht nachholen.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1997 hatte die Beschwerdeführerin zunächst einen durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelten "Gewinn aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit" und einen "Bilanzgewinn" erklärt und eine Bilanz vorgelegt, die Forderungen und Verbindlichkeiten enthielt, wobei die Forderungen dem Nettorechnungsbetrag des von ihr verkauften Warenbestandes entsprachen. Diesen Unterlagen und Angaben allein ließ sich nicht entnehmen, ob es sich bei dem von ihr erklärten "Bilanzgewinn" um einen Übergangsgewinn oder um einen Veräußerungsgewinn oder um die Summe aus beiden handelte. In der Berufung sprach die Beschwerdeführerin jedoch ausdrücklich davon, die Verschiebung ihres Veräußerungsgewinnes auf 1998 zu beantragen und den Freibetrag nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 wegen Betriebsveräußerung in Anspruch nehmen zu wollen. Das Finanzamt ging mit der Berufungsvorentscheidung, womit sie insoweit die von der Beschwerdeführerin behaupteten Beträge übernahm und den Freibetrag gewährte, offenkundig davon aus, dass es sich bei dem von der Beschwerdeführerin erklärten "Bilanzgewinn" um einen Veräußerungsgewinn handelte.
Die Beschwerdeführerin rügt im Ergebnis zu Recht, dass die belangte Behörde, ohne ihr dies vorzuhalten, von dem von der vorangehenden behördlichen Annahme abweichenden Sachverhalt ausging, bei dem erklärten "Bilanzgewinn" handle es sich um den Übergangsgewinn.
Mit der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Annahme, die Beschwerdeführerin habe einen Übergangsgewinn in Höhe von 474.271 S ermittelt, was nicht strittig sei, entfernt sich die belangte Behörde vom Akteninhalt. Waren die Angaben in den Beilagen zur Einkommensteuererklärung 1997 noch unklar, so ist in der Folge ein Widerspruch zwischen der im Aktenvermerk vom 21. April 1999 festgehaltenen Annahme eines Verkaufs des Warenlagers zu Buchwerten und den ausdrücklichen Erklärungen in der am 10. Juni 1999 beim Finanzamt eingelangten Berufung und den dieser beigelegten Unterlagen über einen Veräußerungsgewinn offenkundig. Der behördlichen Feststellung, die Beschwerdeführerin habe das Warenlager zu Buchwerten verkauft und daher einen Übergangsgewinn in der erklärten Höhe, jedoch keinen Veräußerungsgewinn erzielt, widersprechen ausdrückliche Angaben der Beschwerdeführerin in der Berufung samt Beilagen, sie habe einen Veräußerungsgewinn in der erklärten Höhe erzielt. Dies hätte die belangte Behörde in Befolgung der ihr durch § 115 Abs. 1 BAO auferlegten Ermittlungspflicht veranlassen müssen, diesen Widerspruch der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehöres, dessen Verletzung die Beschwerdeführerin zu Recht rügt, vorzuhalten und aufzuklären.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, tatsächlich habe das Warenlager laut Inventurliste einen Buchwert von rund 142.000 S gehabt, weshalb sich der erklärte Gesamtgewinn 1997 neben dem Gewinn aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit in Höhe von rund 10.000 S aus einem Übergangsgewinn in Höhe von rund 142.000 S sowie aus einem Veräußerungsgewinn in Höhe von rund 337.000 S zusammensetze, wovon der Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG in Höhe von 100.000 S abzuziehen gewesen wäre. Damit wird die Relevanz des Verfahrensmangels aufgezeigt.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Frist von sechs Wochen zur Erhebung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid (§ 26 Abs. 1 VwGG) begann gemäß § 26 Abs. 3 VwGG mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Vertreters der Beschwerdeführerin als Verfahrenshelfer an diesen am 1. Dezember 2000 und endete sohin mit Ablauf des 12. Jänner 2001. Mit gesondertem Schriftsatz vom 14. April 2001 ersuchte die Beschwerdeführerin, ihr "Gelegenheit für eine mündliche Verhandlung zu geben". Gemäß § 39 Abs. 1 Z 1 VwGG ist über die Beschwerde nach Abschluss des Vorverfahrens eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof jedoch u.a. nur dann durchzuführen, wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde die Durchführung der Verhandlung beantragt hat.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das über den Ersatz des Schriftsatzaufwandes hinausgehende Mehrbegehren betrifft "Pauschalgebühren"; auf Grund der mit hg. Beschluss vom 8. November 2000, VH 2000/13/0018-8, gewährten einstweiligen Befreiung von der Entrichtung der Stempelgebühren und der Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG fielen keine Pauschalgebühren an.
Wien, am 21. Jänner 2004
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