VwGH 2003/16/0108

VwGH2003/16/01084.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Kail und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft "W" in Wien, vertreten durch Gabler Gibel & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Juni 2003, Jv 2425-33a/03, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1045;
ABGB §841;
GGG 1984 §26 Abs1;
GrEStG 1955 §10;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1987 §2 Abs3;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs2 Z1;
GrEStG 1987 §4;
GrEStG 1987 §5;
ABGB §1045;
ABGB §841;
GGG 1984 §26 Abs1;
GrEStG 1955 §10;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1987 §2 Abs3;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs2 Z1;
GrEStG 1987 §4;
GrEStG 1987 §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Bau- und Siedlungsgenossenschaft, die S. GmbH und die W. GmbH waren zu je einem Drittel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1939, Grundbuch A. Mit einem Realteilungsvertrag vom 7. Oktober 2002 vereinbarten die Miteigentümer so eine Realteilung vorzunehmen, dass jeder Miteigentümer ein Grundstück in das Alleineigentum erhielt. Die S GmbH erhielt danach das Grundstück 1003/8 im Ausmaß von 8055 m2, die W GmbH das Grundstück 1003/11 im Ausmaß von 9651 m2 und die Beschwerdeführerin das Grundstück 1003/12 im Ausmaß von 9294 m2.

In den Akten erliegt eine vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien ausgestellte Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 6. Dezember 2002, wonach der wertmäßige Anteil der drei Vertragspartner je EUR 205.637,20 betrug. Nach dieser Bemessungsgrundlage wurden zunächst die Eintragungsgebühren entrichtet.

Mit einem Schreiben des genannten Finanzamtes vom 25. Februar 2003 wurde "im Sinne des § 29 GJGebGes" mitgeteilt, dass sich die Bemessungsgrundlage geändert habe, und zwar betrage der wertmäßige Anteil nunmehr je EUR 1,233.823,24.

Gegen eine daraufhin ergangene Zahlungsaufforderung, mit der zur Entrichtung des nach der bekanntgegebenen Erhöhung der Bemessungsgrundlage berechneten Differenzbetrages an Eintragungsgebühren aufgefordert wurde, erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen. Da keine Gegenleistung vorliege, sei die Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr mit Null anzusetzen gewesen.

Mit Zahlungsauftrag vom 19. März 2003 wurde der Beschwerdeführerin die (restliche) Eintragungsgebühr samt einer Einhebungsgebühr vorgeschrieben.

Im Berichtigungsantrag gegen diesen Zahlungsauftrag wurde ausgeführt, durch die Realteilung erfolge keine wertmäßige Verschiebung. Es werde lediglich der ideelle Anteil in einen "tatsächlichen" Anteil umgewandelt. Weiters wurde die Auffassung vertreten, für die Eintragungsgebühr sei nicht der gemeine Wert, sondern der Einheitswert maßgebend. Der Einheitswert der gesamten Liegenschaft betrage EUR 397.300,--, der Anteil jedes der drei Teilgenossen betrage EUR 132.433,33.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berichtigungsantrag abgewiesen. Die belangte Behörde bezog sich auf die Mitteilung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 25. Februar 2003 über die Änderung der Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 26 Abs 1 GGG ist der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende Wert bei der Eintragung des Eigentumsrechtes mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer zu Grunde zu legen wäre; hiebei sind Steuerbegünstigungen nicht zu berücksichtigen.

Wird ein Grundstück, das mehreren Miteigentümern gehört, von diesen der Fläche nach geteilt, so wird die Grunderwerbsteuer gemäß § 3 Abs 2 GrEStG 1987 nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstückes, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, mit dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen offenkundig und zutreffend davon aus, dass diese Begünstigung iS des § 26 Abs 1 GGG auf die Erhebung der Eintragungsgebühren nicht anzuwenden ist.

Bei einer Realteilung iSd § 841 ABGB erhält jeder Teilhaber an Stelle seines Anteils am Recht einen Teil der bisherigen gemeinschaftlichen Sache zu alleinigem Recht. Der Teilungsvertrag ist rechtlich dem Tauschvertrag iSd § 1045 ABGB gleichzusetzen. Die Realteilung einer Liegenschaft kann - aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht und damit auch unter dem Gesichtspunkt der Erhebung der Eintragungsgebühren - als wechselseitiger Tausch von ideellen Miteigentumsanteilen angesehen werden (vgl z.B. das hg Erkenntnis vom 19. September 2001, Zlen 2001/16/0402, 0403). In diesem Zusammenhang ist auch auf § 2 Abs 3 letzter Satz GrEStG 1987 zu verweisen, wonach die Teile eines Grundstücks als ein Grundstück behandelt werden, wenn sich ein Rechtsvorgang auf einen oder mehrere Teile eines Grundstückes bezieht.

Nach § 4 Abs 1 GrEStG 1987 ist die Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Sie ist gemäß Abs 2 Z 1 dieser Gesetzesstelle vom Wert des Grundstücks zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Nach Abs 3 des § 4 GrEStG 1987 ist die Steuer bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, sowohl vom Wert der Leistung des einen als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteils zu berechnen.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, bei der vorliegenden Realteilung sei für die Berechnung der Eintragungsgebühr vom Einheitswert der in Rede stehenden Liegenschaft auszugehen gewesen. Soweit sie dabei auf die beiden hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1963, Zl 562/61, und vom 26. Oktober 1965, Zl 2111/64, verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Dezember 1965, Zl 501/64, Slg. Nr. 3379/F, zu den Vorgängerbestimmungen der §§ 10 und 11 GrEStG 1955 ausgesprochen hat, dass beim Grundstückstausch die Grunderwerbsteuer nicht vom Wert des Grundstücks, also vom Einheitswert, sondern vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist. Die "Tauschleistung des anderen Vertragsteiles" ist das vom Erwerber des eingetauschten Grundstücks hingegebene Grundstück, das als Gegenleistung mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, beim Tausch von Miteigentumsanteilen sei eine Gegenleistung nicht zu ermitteln. Insbesondere gebe es für solche Anteile keinen "Marktwert", weil der Kreis möglicher Erwerber auf die Miteigentümer "(und allfällige Spekulanten)" beschränkt sei. Eine allfällige Preisbildung hänge idR von speziellen Faktoren ab, ohne dass schematisch der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft auf die Miteigentümer nach deren Anteilen aufgeteilt werden könnte.

Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin, dass bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Gegenleistung nicht ausreichen, um den Wert der Gegenleistung durch den Wert des Grundstücks zu ersetzen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl 89/16/0101). Im Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, Zlen 95/16/0187, 0188, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn die jeweiligen Tauschleistungen eindeutig bezeichnet sind und daher kein Zweifel bestehen kann, dass der Wert der hingegebenen Liegenschaftsanteile ermittelt werden kann, die Voraussetzungen für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer nach dem Wert des Grundstücks nicht vorliegen.

Die Beschwerdeführerin selbst geht davon aus, dass es für Miteigentumsanteile einen Markt gibt. Dass der Wert des Miteigentumsanteils für sich allein betrachtet allenfalls geringer sein kann als der entsprechende Teil des Wertes der gesamten Liegenschaft, bewirkt nicht, dass der Wert des Miteigentumsanteils nicht ermittelt werden kann. Die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Z 1 GrEStG für die Ermittlung nach dem Wert des Grundstücks liegen somit nicht vor.

Schließlich wird von der Beschwerdeführerin ausgeführt, im angefochtenen Bescheid sei als Bemessungsgrundlage der gesamte Wert ihrer Liegenschaftsanteile herangezogen worden. Als Gegenleistung sei jedoch nur der Wert der hingegebenen Liegenschaftsanteile anzusetzen, somit zwei Drittel des Miteigentumsanteils.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Finanzamt in der Unbedenklichkeitsbescheinigung den Wert anzugeben hat, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer zu Grunde zu legen wäre. Sowohl in der vorliegenden Unbedenklichkeitsbescheinigung als auch in dem Schreiben des zuständigen Finanzamtes, in dem der zunächst bekanntgegebene Wert berichtigt worden ist, ist dieser Wert als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr bezeichnet. Dafür, dass das Finanzamt gegenüber dem Kostenbeamten nicht die Gegenleistung, also im Sinne der angeführten Rechtsprechung den Wert der hingegebenen Miteigentumsanteile, sondern wie die Beschwerdeführerin meint, ein Drittel des Verkehrswertes der Liegenschaft angegeben hat, besteht nach den vorgelegten Akten kein Anhaltspunkt. Es steht zwar dem Zahlungspflichtigen frei, gegenüber dem Kostenbeamten oder auch noch im Berichtigungsverfahren Einwendungen gegen die Richtigkeit der vom Finanzamt mitgeteilten Bemessungsgrundlage zu erheben (vgl z.B. das hg Erkenntnis vom 20. August 1996, Zl 96/16/0104, wobei zur Vermeidung von Missverständnissen darauf zu verweisen ist, dass im Beschwerdefall kein Bescheid über Grunderwerbsteuer erlassen wurde und damit auch keine Bindungswirkung eingetreten ist, vgl zur Bindung an Abgabenbescheide z.B. das hg Erkenntnis vom 22. Mai 2003, Zl 2003/16/0020). Die erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Einwendungen gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage sind aber im Hinblick auf das Neuerungsverbot unbeachtlich.

Die Beschwerde erweist sich damit zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kosten des Verfahrens waren gemäß §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003 im beantragten Ausmaß zuzusprechen. Wien, am 4. Dezember 2003

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