VwGH 99/03/0405

VwGH99/03/040512.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Stöberl, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der F AG, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien I, Parkring 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 24. August 1999, Zl. 60.657/6-Z8/99, betreffend Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt gemäß § 141 Abs. 3 LFG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58;
AVG §60;
LuftfahrtG 1958 §141 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
AVG §58;
AVG §60;
LuftfahrtG 1958 §141 Abs3;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 24. August 1999 wurde der beschwerdeführenden Partei zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt gemäß § 141 Abs. 3 LFG aufgetragen, eine Neupositionierung und Neumarkierung im GAC-Bereich des Flughafens Wien entsprechend einem näher bezeichneten Plan vorzunehmen und dabei im Einzelnen genannte Auflagen und Bedingungen einzuhalten. Unter anderem wurde unter Auflagenpunkt 3. vorgeschrieben, es müsste bei geschleppten Luftfahrzeugen innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der beschwerdeführenden Partei im GAC-Bereich durch den Schlepperfahrer ein der Kategorie der Luftfahrzeuge im Sinne des Punktes 3.12.6. des Anhanges 14, 1. Teil, zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (AIZ) entsprechender Mindesthindernisabstand gewährleistet werden. Unter Auflagenpunkt 5. wurden eine maximale Spannweite für geschleppte Luftfahrzeuge auf den Rollwegen I und J im GAC-Bereich von 37 m vorgeschrieben, unter Auflagenpunkt 9. die Gewährleistung eines Mindestabstandes zwischen Luftfahrzeugen untereinander und zwischen Luftfahrzeugen und Hindernissen von mindestens 2 m für Luftfahrzeuge, die östlich der Rollgasse 10 abgestellt werden, soweit der der Kategorie der Luftfahrzeuge im Sinne des Punktes

3.12.6. des Anhanges 14, 1. Teil zum AIZ entsprechende Hindernisabstand unterschritten werde, und unter Auflagenpunkt 10. das Verbot der Betankung und des Zufahrens mit Fahrzeugen im Bereich östlich der Rollgasse 10. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen würden den Erfordernissen der Sicherheit der Luftfahrt Rechnung tragen. Zur Bestimmung der erforderlichen Mindesthindernisabstände bei Luftfahrzeugbewegungen seien neben der Spannweite eine in der Praxis auftretende, nicht auszuschließende Abweichung des Luftfahrzeuges vom markierten Weg zu berücksichtigen und weiters die Forderung des Aerodrome Design Manual, Part 2, nach einem bestimmten Sicherheitspuffer (Increment Z, Tabelle 1-4), um Unfälle bei einem unbeabsichtigten Abweichen vom vorgesehenen Weg hinanzuhalten. Mit zunehmender Luftfahrzeuggröße werde die Einschätzung der Hindernisabstände schwieriger und auf Grund der Luftfahrzeugmasse sei im Fall des Auftretens von Störungen auch mit größeren Abweichungen vom vorgesehenen Weg zu rechnen. Daher variiere mit der Größe des Luftfahrzeuges auch die Größe des Sicherheitspuffers. All jene Überlegungen, welche zu den Festlegungen betreffend Hindernisabstände geführt hätten, seien grundsätzlich auch für Luftfahrzeugbewegungen mittels Schlepper zutreffend. Bei Schleppvorgängen sei ebenfalls eine mögliche Abweichung vom vorgesehenen Weg in Betracht zu ziehen. Dem trage der Auflagenpunkt 3. Rechnung. Gleiches gelte im Wesentlichen für Luftfahrzeuge größer als Code-letter C gemäß Anhang 14, erster Teil, zum AIZ, die über die Rollwege I und J im GAC-Bereich geschleppt würden. Selbst wenn man jede Abweichung von der Rollwegmittellinie für geschleppte Luftfahrzeuge größer als Codeletter C außer Acht lasse und nur den Sicherheitspuffer (Increment Z) von 7,5 m für derartige Luftfahrzeuge berücksichtige, so ergebe sich eine (höchst-)zulässige Spannweite von 37 m. Auf Grund der bisherigen praktischen Erfahrungen dürfe der Hindernisabstand im Sinne des Punktes 3.12.6. des Anhanges 14,

1. Teil zum AIZ zwischen Luftfahrzeugen sowie zwischen Luftfahrzeugen und Hindernissen bis auf 2 m unterschritten werden. Weil davon auszugehen sei, dass die beschwerdeführende Partei von dieser Ausnahmeregelung nahezu immer Gebrauch machen werde, sei, um der Beengtheit der Situation Rechnung zu tragen, das Betanken und Fahren mit Fahrzeugen in diesem Bereich zu untersagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 141 Abs. 3 Luftfahrtgesetz (LFG) hat die Aufsichtsbehörde u.a. den Haltern von Zivilflugplätzen die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sind.

Die beschwerdeführende Partei wendet sich - wie bereits in ihrer im Zuge des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme - gegen die (oben wiedergegebenen) Auflagenpunkte 3., 5., 9. und 10. Sie bestreitet die Erforderlichkeit dieser Regelungen für die Sicherheit der Luftfahrt u.a. mit der Begründung, der Sicherheitspuffer (Increment Z.) von 7,5 m beziehe sich nach dem von der belangten Behörde herangezogenen Aerodrome Design Manual auf den Selbstfahrverkehr von Flugzeugen mit eigener Motorkraft, nicht aber auf eine Fortbewegung durch Schleppfahrzeuge. Die Sicherheitserfordernisse des Selbstrollverkehrs würden auf den Schleppverkehr jedoch nicht in gleicher Weise zutreffen. Die aus Punkt 3.12.6. des Anhanges 14, 1. Teil zum AIZ übernommenen Sicherheitsabstände seien ebenfalls für einen anderen als den vorliegenden Fall empfohlen worden. Die erwähnte Empfehlung beziehe sich nämlich auf Sicherheitsabstände betreffend die Parkpositionen der Flugzeuge beim Einparken nach der Landung, wenn die Passagiere das Flugzeug verlassen, sie habe aber keinen Bezug zu Rangiermanövern auf jenen Abstellflächen, auf welche die Flugzeuge von ihrer Landeparkposition zur Garagierung und sodann zur Wartung gebracht würden. Auch die Normierung eines Mindestabstandes von 2 m in Auflagenpunkt 9. sei durch nichts gerechtfertigt; die Flugzeuge würden in ihrer Parkposition gegen Bewegung und jedes Verschieben gesichert. Im Bedarfsfalle würden die Flügel durch Drahtseile fixiert. Dadurch werde problemlos eine enge Garagierung der Flugzeuge möglich. Schließlich sei auch das im Auflagenpunkt 10. normierte Zufahrverbot im Bereich des "Hangar ohne Dach" aus näher dargelegten Gründen nicht erforderlich.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach ständiger hg. Judikatur ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglicher Weise aufzuzeigen, von welchen konkreten Sachverhaltsannahmen sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist, und worauf sich die getroffenen Sachverhaltsannahmen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern auch den (angerufenen) Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1044 f, referierte hg. Judikatur).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Er unterlässt es nämlich, jene Sachverhaltsannahmen nachvollziehbar darzulegen, denen zufolge die im Aerodrome Design Manual, Part 2 festgelegten Hindernisabstände "grundsätzlich auch für Luftfahrzeugbewegungen mittels Schlepper" zutreffend seien. Vielmehr begnügt sich der angefochtene Bescheid in diesem Punkt mit der nicht näher (etwa durch das Gutachten eines Amtssachverständigen) belegten Behauptung, hier sei "ebenfalls eine mögliche Abweichung vom vorgesehenen Weg" in Betracht zu ziehen. Darlegungen, denen das Ausmaß möglicherweise zu erwartender Abweichungen bei geschleppten Luftfahrzeugen nachvollziehbar zu entnehmen wäre und darauf aufbauend Schlussfolgerungen betreffend die erforderliche Größe eines Sicherheitspuffers, enthält der angefochtene Bescheid jedoch nicht. Solcherart können allerdings auch die zu einer maximalen Spannweite geschleppter Luftfahrzeuge auf den Rollwegen I und J von 37 m führenden Erwägungen des angefochtenen Bescheides nicht nachvollzogen werden.

Was Auflagenpunkt 9. betrifft, wird die Vorschreibung des jedenfalls einzuhaltenden Hindernisabstandes mit dem Hinweis auf "bisherige praktische Erfahrungen" begründet. Im Lichte der obigen Ausführungen über den Umfang der Begründungspflicht von Bescheiden erweist sich dieser Hinweis freilich als ebenso wenig hinreichend wie die Begründung des Tank- und Zufahrverbotes in Auflagenpunkt 10., dadurch werde der "Beengtheit der Situation" Rechnung getragen.

Diese Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides lassen eine Beurteilung, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, die in Rede stehenden Vorschreibungen seien zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt im Sinne des § 141 Abs. 3 LFG erforderlich, nicht zu. Soweit die belangte Behörde jedoch in ihrer Gegenschrift Gründe für die Notwendigkeit der in Rede stehenden Vorschreibungen vorbringt, ist sie auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen, wonach die Begründung des Bescheides durch die Gegenschrift im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht nachgeholt werden kann (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1999), 1064 f, referierte Judikatur).

Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. September 2001

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