Normen
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Jänner 2000 wurde auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 75 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass er in Liberia gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Der Beschwerdeführer habe den Feststellungsantrag zunächst damit begründet, dass er Staatsangehöriger von Liberia wäre, in seinem Heimatland eine international geächteter Bürgerkrieg geführt würde, er bei einer Rückkehr in diesen Staat mit Verfolgung und Zwangsrekrutierung rechnen müsste und er auch Gefahr liefe, umgebracht zu werden. In der Berufung werde auf die derzeitige (allgemeine) politische Situation in Liberia hingewiesen.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass ein Glaubhaftmachen stichhaltiger Gründe für die im § 75 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme das Feststehen der Identität des Beschwerdeführers voraussetze. Dieser habe jedoch weder seine Identität durch Vorlage entsprechender Dokumente noch, dass er tatsächlich liberianischer Staatsangehöriger wäre, glaubhaft dartun können. Der Beschwerdeführer, der am 13. Jänner 1997 einen Asylantrag gestellt habe, habe anlässlich seiner Befragung durch die Asylbehörde am 15. Jänner 1997 weder eine Tageszeitung noch die Namen von Bergen seines (angeblichen) Heimatlandes angeben können. Hingegen habe er auf der - falschen - Feststellung beharrt, dass er in "Kru" gewohnt hätte und "Kru" auch gleichzeitig ein Bundesstaat Liberias wäre. Über Vorhalt der Behörde, dass die von ihm genannten Volksgruppen (Gbega, Fuyu, Maryland, Caneanta und Guru) nicht existent wären, habe er angegeben, "dass es so ist, wie (er) es sage". Über weiteren Vorhalt, eine Hafenstadt namens "Basa", von der er sein Heimatland behauptetermaßen verlassen hätte, wäre nicht existent, habe er geantwortet: "Basa ist die größte Hafenstadt Liberias und liegt dem Meer am nächsten." Hinsichtlich seiner Fluchtroute habe der Beschwerdeführer deponiert, von seinem Heimatdorf "Kru" mit dem Taxi etwa zwei Stunden lang nach "Basa" gefahren zu sein. Abgesehen davon, dass die Hafenstadt nicht existiere, habe er am 22. April 1997 vor der erstinstanzlichen Behörde angegeben, dass seine Volksgruppe "Kru" in der Nähe in der Stadt "Harper", welche am Meer läge, lebte. Auch er hätte dort gelebt.
Die Flagge von Liberia habe er ebenfalls nicht richtig beschreiben können. Diese bestünde - so der Beschwerdeführer - aus einem roten Stern (rechts oben) sowie fünf weißen und sechs roten Streifen, die auch über den Stern verliefen, und aus zwei Farben, nämlich rot und weiß. Tatsächlich weise die Flagge Liberias elf waagrechte Streifen (rot-weiß) und einen weißen Stern auf, der sich am linken oberen Eck auf blauem Untergrund befinde.
In Anbetracht der teilweise unrichtigen bzw. ungenauen Angaben des Beschwerdeführers habe ihm hinsichtlich seiner Identität und Herkunft sowie auch in Bezug auf sein gesamtes Vorbringen die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden müssen. Doch selbst wenn man davon ausgehe, dass er liberianischer Staatsangehöriger sei, müsste die behauptete Bedrohungssituation aktuell sein und konkret die Person des Fremden betreffen, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei. Der Beschwerdeführer habe vor der Asylbehörde lediglich vorgebracht, Liberia wegen des Bürgerkriegs verlassen zu haben. Er hätte der "United Peoples Front" (UPF) angehört, und es wären "die anderen gegen uns". Er selbst hätte dieser Gruppe seit Längerem angehört, Genaueres habe er jedoch nicht angeben können. Der Anführer der Gruppe hieße Samuel Doe, der im Jahr 1990 getötet worden wäre. Während des Bürgerkriegs hätte sich der Beschwerdeführer in seinem Heimatdorf aufgehalten. Wenn das Dorf von Gegnern angegriffen worden wäre, hätten sie (offensichtlich gemeint: die Dorfbewohner) sich verteidigt. Mit den liberianischen Behörden hätte er nie Probleme gehabt. Er hätte nur Angst vor dem Krieg.
Damit sei der Beschwerdeführer jedoch dem Erfordernis, das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, nicht nachgekommen, zumal sein Vorbringen zu unsubstanziiert sei, um von einer konkreten, seine Person betreffenden Gefahren- oder Bedrohungssituation ausgehen zu können. Auch der Berufungshinweis auf die derzeitige allgemeine politische Lage in Liberia reiche zur Glaubhaftmachung einer Verfolgung des Beschwerdeführers nicht aus, könne er doch weder Vorfälle noch konkrete Umstände vorbringen, die die im Antrag geäußerte Befürchtung als wahrscheinlich erkennen ließen. Im Übrigen habe sich die politische Lage in Liberia seit Verlassen dieses Landes durch den Beschwerdeführer insofern geändert, als der nunmehrige Präsident Charles Taylor in den auch von der EU als frei und fair bezeichneten Wahlen vom 19. Juli 1997 als überwältigender Wahlsieger hervorgegangen sei, sodass von einer Bürgerkriegssituation (nicht) mehr gesprochen werden könne. Auch wenn Liberia keinen demokratischen Rechtsstaat westeuropäischer Prägung darstelle und es nach wie vor zu Menschenrechtsverletzungen komme, gehe aus den vom Bundesasylamt zur Verfügung gestellten Unterlagen hervor, dass ein Risiko für Personen, die seinerzeit in einer der "NPFL" (National Patriotic Front Liberias) Taylors feindlich gesinnten Bürgerkriegsgruppierung gekämpft oder sich der Zwangsrekrutierung durch die Truppen Taylors entzogen hätten, nicht a priori anzunehmen wäre. Vielmehr bestünde nur ein Risiko für eine Person, die eine gewisse Funktion innegehabt hätte, also einen gewissen Grad an Bedeutung erlangt hätte, nicht jedoch für den "einfachen Mann von der Straße". Die betroffenen Personen müssten sohin selbst wissen, ob sie Handlungen gesetzt hätten, für die mit Repressionen zu rechnen wäre.
In diesem Zusammenhang bringe der Beschwerdeführer jedoch nichts Konkretes vor. Im Asylverfahren habe er lediglich ausgeführt, dass er nicht wüsste, was ihm im Fall einer Rückkehr nach Liberia passieren würde. Er lege auch nicht dar, was ihn zur Annahme kommen lasse, er würde "möglicherweise erschossen werden". Auch ist die von ihm genannte Organisation "United Peoples Front" (UPF) nicht bekannt. Es habe lediglich eine Partei namens "United Peoples Party" (UPP) gegeben, die allerdings in Opposition zu Samuel Doe gestanden sei.
Die belangte Behörde sei daher zur Überzeugung gelangt, dass eine im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG relevante Bedrohung des Beschwerdeführers nicht gegeben sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch im Verfahren nach § 75 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Fremden in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind. (Vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0023, mwN.)
2. Die belangte Behörde hat dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Person und seiner Verfolgung bzw. Bedrohung in Liberia (u.a.) mit der Begründung die Glaubwürdigkeit versagt, dass er weder durch Vorlage entsprechender Dokumente seine Identität und Herkunft noch den von ihm behaupteten Umstand, dass er liberianischer Staatsangehöriger wäre, dargetan habe und bei seinen Vernehmungen vor der Asylbehörde und der erstinstanzlichen Behörde unrichtige bzw. ungenaue Angaben gemacht habe. So habe er weder eine Tageszeitung noch die Namen von Bergen seines (angeblichen) Heimatlandes nennen können und auf der - falschen - Aussage beharrt, dass "Kru", wo er gewohnt hätte, auch ein Bundesstaat von Liberia wäre. Ferner habe er angegeben, dass er nach "Basa", der größten Hafenstadt dieses Landes, gefahren wäre, obwohl eine Hafenstadt dieses Namens nicht existiere.
Die Beschwerde geht auf diese Überlegungen im Einzelnen nicht ein und bestreitet insbesondere auch nicht die Ausführungen der belangten Behörde, dass die Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Vernehmungen in dem im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Umfang unrichtig seien. Vor diesem Hintergrund vermag der Gerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Würdigung der Angaben des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde nicht als unschlüssig zu erkennen.
3. Da sich die Angaben des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft erwiesen haben und darüber hinaus die Glaubhaftmachung des Bestehens einer aktuellen Bedrohungssituation im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG jedenfalls das Feststehen der Identität des Antragstellers voraussetzt (vgl. das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, wegen der insoweit nicht geänderten Rechtslage auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 95/18/1094, mwN), begegnet die Ansicht der belangten Behörde, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Liberia im Sinn dieser Gesetzesbestimmung bedroht sei, keinem Einwand.
4. Die Beschwerde war daher, weil bereits ihr Inhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. Juni 2000
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