VwGH 2000/14/0144

VwGH2000/14/014424.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des DM in K, vertreten durch

Dr. Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in 9010 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 2. Juli 1999, Zl. RV 635/1-7/98, und vom 16. September 1999, Zl. RV 749/1-7/99, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1998, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs5;
VwGG §41 Abs1;
B-VG Art140 Abs5;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeschriften und den angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ist Folgendes zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer beantragte im Zuge der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1997 die Berücksichtigung der Unterhaltslasten für seine drei Kinder in Höhe von 557.805 S (berechnet in Höhe von 45 % seiner Bruttobezüge abzüglich Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer) sowie der tatsächlichen Aufwendungen für die Berufsausbildung von zwei Kindern außerhalb des Wohnortes in Höhe von 120.300 S als außergewöhnliche Belastung. Für das Jahr 1998 beantragte er die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen im Ausmaß von 395.714 S sowie von Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung in Höhe von 108.000 S ebenfalls als außergewöhnliche Belastung.

Sein Begehren begründete der Beschwerdeführer unter anderem mit einem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1997, G 168/96, G 285/96. Darin habe der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass zumindest die Hälfte der Einkommensteile, welche zur Bestreitung des Unterhalts der Kinder erforderlich sei, im Effekt steuerfrei bleiben müsse. Die vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 140 Abs. 5 B-VG bestimmte Frist für das Außerkrafttreten jener Bestimmungen des EStG 1988, die einer Berücksichtigung der Unterhaltslasten als außergewöhnliche Belastung entgegenstünden, sei ihrerseits verfassungswidrig; es liege darin insbesondere ein Verstoß gegen Art. 13 EMRK.

Das Finanzamt versagte den geltend gemachten Unterhaltslasten die steuerliche Anerkennung mit der Begründung, dass das bezughabende Materiengesetz, nämlich das EStG 1988 in der in den Streitjahren geltenden Fassung, die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen unter dem Titel der außergewöhnlichen Belastung nicht vorsehe. Die beantragten Aufwendungen im Zusammenhang mit der auswärtigen Berufsausbildung der beiden Kinder wurden lediglich mit dem Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 berücksichtigt.

Die dagegen erhobene, wiederum mit verfassungsrechtlichen Bedenken begründete, Berufung wies die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden ab. Begründend führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Wortfolge "und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen" in § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 sowie die Z. 1 des § 34 Abs. 7 EStG 1988, jeweils in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1993 (BGBl. Nr. 818/1993), seien mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1997, G 168/96, G 285/96, als verfassungswidrig aufgehoben worden. Gleichzeitig habe der Verfassungsgerichtshof bestimmt, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1998 in Kraft trete. Nach Art. 140 Abs. 7 B-VG seien, wenn der Verfassungsgerichtshof in einem aufhebenden Erkenntnis eine Frist setze, die Bestimmungen auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Der gegenständliche Fall stelle keinen Anlassfall für das angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes dar. Der Beschwerdeführer erkläre selbst, dass sich die Berufung ausschließlich gegen die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und nicht gegen eine denkunmögliche, willkürliche oder sonst unrichtige Gesetzesauslegung richte. Was die Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1998 anlange, habe der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, dass die als Unterhaltsleistungen geltend gemachten Aufwendungen dieser Bestimmung entsprechen würden. Die Kosten der auswärtigen Berufsausbildung von Kindern könnten gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht in ihrer tatsächlichen Höhe, sondern nur mit dem dort genannten Pauschbetrag berücksichtigt werden.

Die Ansicht des Beschwerdeführers, dass die weitere Anwendung von zum Teil als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist in Widerspruch zur Verfassungslage stehe, da damit gegen verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechte sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen werde, entziehe sich der Beurteilung durch die Abgabenbehörde, da diese gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG ihr Verwaltungshandeln nur auf Grund der geltenden Gesetze vollziehen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide gerichtete Beschwerde - nach ihrer Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In seiner Beschwerdeergänzung vom 17. September 2000 an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten auf Einhaltung eines gesetzmäßigen Verfahrens, auf richtige Anwendung des Art 140 Abs. 5 B-VG (Fristsetzung) und auf Nichtanwendung der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1997, G 168/96, G 285/96 aufgehobenen Wortfolge in § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 und der Bestimmungen des § 33 Abs. 4 Z. 3 und § 34 Abs. 7 Z. 1 EStG 1988 (die allesamt die steuerliche Abzugsfähigkeit der tatsächlichen Unterhaltsleistungen ausschließen) verletzt.

Dazu trägt der Beschwerdeführer vor, dass der Bestimmung des Art. 140 Abs. 5 B-VG, welche die Möglichkeit einer Fristsetzung für das Außerkrafttreten verfassungswidriger Bestimmungen vorsehe, durch Art. 13 EMRK derogiert werde. Bei festgestellten Verstößen gegen die EMRK sei - abgesehen von solchen geringer Tragweite - eine Fristsetzung nicht gerechtfertigt. Werde dennoch eine Frist gesetzt, sei sie unwirksam.

Mit diesem Beschwerdevorbringen wird kein der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegendes Recht

(§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) bezeichnet. Die Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes liegt darin, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sichern, nicht aber darin, eine vom Beschwerdeführer kritisierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes - die auch die Fristsetzung gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG umfasst - einer Kontrolle zu unterziehen (vgl. das hg Erkenntnis vom 15. Jänner 1997, 94/13/0185).

Der Beschwerdeführer, der hinsichtlich der Jahre 1993 bis 1996 so genannter Anlassfall für die Aufhebung der oben angeführten Bestimmungen des EStG 1988 (Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, G 168/96, G 285/96) war, bringt weiters vor, in der (damaligen) mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof habe ein Vertreter der belangten Behörde folgende Aussage getätigt:

"Verschiebt man nur das Existenzminimum zum Kind hin, dann wäre beim Unterhaltspflichtigen auch nur das Existenzminimum abzuziehen; in dem Augenblick aber, wo man einen über dem Existenzminimum liegenden Betrag zum Kind verschiebt, müsste dieser Betrag beim Kind einer Besteuerungsmaßnahme unterworfen werden, wenn das System nicht in die Brüche gehen soll."

Mit dieser Aussage sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der die Behörde auch für die (streitgegenständlichen) Folgejahre binde.

Dieses Vorbringen lässt zum einen die normative, die Verwaltungsbehörden bindende Wirkung einer Fristsetzung durch den Verfassungsgerichtshof außer Acht. Zum anderen liegt ein Anwendungsfall des Grundsatzes von Treu und Glauben schon deshalb nicht vor, weil in der wiedergegebenen Aussage vor dem Verfassungsgerichtshof eine dem Beschwerdeführer erteilte Auskunft darüber, wie in seinem Fall Unterhaltslasten zu berücksichtigen seien, nicht zu erkennen ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2000

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