Normen
ABGB §1422;
ABGB §1423;
ABGB §469;
BAO §167 Abs2;
ErbStG §3 Abs1 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2000:1999160233.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit zwei undatierten Schenkungsverträgen, deren Unterschriften am 7. Februar 1997 bzw. 12. Februar 1997 notariell beglaubigt wurden und die dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz (im Folgenden kurz: Finanzamt) am 14. Februar 1997 angezeigt wurden, trafen die Beschwerdeführerin (als Geschenknehmerin) und ihre Tochter CS (als Geschenkgeberin) eine Vereinbarung dahin, dass diverse in den Verträgen näher bezeichneten Liegenschaftsanteile der Geschenkgeberin auf die Geschenknehmerin schenkungsweise übertragen wurden. Als Stichtag für den Übergang von Nutzen und Lasten, Vorteile und Gefahren wurde der 17. Dezember 1996 vereinbart. Eine rechtsfreundliche Mitwirkung an der Vertragserrichtung ist aus den Urkunden nicht ersichtlich.
Über zwei Fragen des Finanzamtes erklärte die Beschwerdeführerin am 14. Februar 1997 einerseits, in den letzten zehn Jahren keine Vorschenkungen seitens der Geschenkgeberin erhalten zu haben und andererseits, dass die Liegenschaften lastenfrei übergeben worden seien.
Daraufhin setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 26. Mai 1997 ausgehend vom Einheitswert der Grundstücke (S 2,343.000,--) Schenkungssteuer fest.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (nunmehr steuerlich vertreten) Berufung und brachte vor, sie habe in einem Zusatzvertrag zum Schenkungsvertrag als Gegenleistung für die Schenkung auf Forderungen in der Höhe von S 2,124.053,80 verzichtet. Dieser (ebenfalls nicht datierte) von der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter unterfertigte Zusatzvertrag hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Präambel
im Zuge des Verlassenschaftsverfahren nach dem verstorbenen HS hat Frau US Frau CS zur Bedienung der an den Verlass gerichteten Unterhaltsansprüche des minderjährigen MS und des minderjährigen AS Geldbeträge in Höhe von S 700.000,00 bzw. von
S 350.000,00 darlehensweise übergeben. Weiters hat Frau US im Juni 1998 Frau CS Geldmittel in Höhe von S 580.000,-- darlehensweise überlassen. Auch hat Frau US die Begräbniskosten im Verlassenschaftsverfahren für CS in Höhe von S 94.053,80 erlegt und ein weiteres Darlehen in Höhe von S 400.000,00 an Frau CS gewährt.
1.
Frau CS erklärt, dass die Schenkungsverträge vom 07.02.1997 unter der Bedingung und dem ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs dahingehend abgeschlossen wurden, dass mit Übergabe der gegenständlichen Liegenschaften die Frau US gegenüber Frau CS zustehenden, in der Präambel beschriebenen Forderungen, als erloschen zu betrachten sind.
2.
Die Schenkungsnehmerin erklärt nunmehr, auf die ihr zustehenden Forderungen mit dem in Pkt. 4 des Schenkungsvertrags genannten Stichtage zu verzichten.
3.
Schenkungsgeberin und Schenkungsnehmerin kommen dahingehend überein, dass sich der gegenüber der Schenkungsgeberin ausgesprochene Forderungsverzicht auf die beiden Schenkungsverträge vom 07.02.1997 im Verhältnis der Einheitswerte der dort angeführten Liegenschaften bezieht."
Das Finanzamt wies die Berufungsvorentscheidung vom 14. Oktober 1997 als unbegründet ab, wobei es die Auffassung vertrat, im Wege des nachträglichen Zusatzvertrages zu den Schenkungsverträgen hätte die bereits entstandene Schenkungssteuerpflicht nicht mehr beseitigt werden können.
Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wobei u.a. Folgendes neues Vorbringen erstattet wurde:
"Die Volksbank G hatte gegenüber den Unternehmen Repro S GmbH, S GmbH, S GmbH & Co KG, R OHG und gegenüber dem Verlass nach HS Forderungen in Höhe von über S 2,7 Mio. Diese Forderung war durch ein Pfandrecht mit dem Betrag von S 3.250.000,00 am gegenständlichen im Schenkungsvertrag vom 07.02.1997 von Frau CS auf Frau US übertragenen Grundstücks besichert.
Wie aus dem beigelegten Schreiben der Rechtsanwaltssozietät Eisenberger-Herzog-Nierhaus-Forcher & Partner hervorgeht, hat Frau US die Forderungen der Volksbank G eingelöst. Pkt. 3 dieses Schreibens macht ersichtlich, dass mit dem Zustandekommen dieser Vereinbarung sämtliche Sicherungsmittel insbesondere das oben besagte Pfandrecht an Frau US übertragen worden sind. Diese Hypothek in Höhe von S 3,250.000,00 diente daher Frau US einerseits der Besicherung ihrer an die Volksbank gezahlten Beträge, andererseits auch jener Beträge, die sie im Zuge der Verlassabhandlung des Verlasses nach HS ihrer Tochter überlassen hat (Detail siehe Zusatz zum Schenkungsvertrag, Seite 1).
Die gegenständliche Liegenschaft war daher, anders als von Frau US im Ersuchen um Ergänzung vom 14.02.1997 angegeben, selbstverständlich belastet, nämlich mit dem Pfandrecht der US.
Mit der Aussage ‚lastenfrei' kann Frau US wohl nur Lasten gegenüber außenstehenden Gläubigern gemeint haben. Solche gab es zum 16.12.1996 tatsächlich nicht mehr.
Natürlich hat Frau CS bereits damals die Schenkung nur unter der Bedingung gemacht, dass damit ihre Schulden gegenüber ihrer Mutter erloschen sind. Da Frau CS selbst über kein Einkommen verfügt und sie nach Insolvenz bzw. Schließung der von ihr ererbten Unternehmungen völlig mittellos ist, würde jede andere Interpretation sowohl den Denkgesetzen als auch jeder wirtschaftlichen Vernunft entbehren. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kann nicht angenommen werden, dass Frau CS ihrer Mutter Frau US ein Grundstück schenkt, ohne dass zumindest ein Teil ihrer Schulden gegenüber US zumindest in Höhe der Hypothek von S 3.250.000,00 dadurch erlöschen."
Deshalb kann der wirtschaftliche Gehalt dieser ‚Schenkung' nur der sein, dass durch die Übergabe des Grundstücks von Frau CS an Frau US Verbindlichkeiten von CS gegenüber US in Höhe der Hypothek erlöschen.
Dieses Vorbringen wird durch das angeschlossene Schreiben der Rechtsanwälte der Volksbank G vom 17. April 1996 bestätigt.
Aus der Kopie einer Niederschrift vom 22. November 1996 aus dem Verlassenschaftsverfahren 17 A 28/93 des BG für ZRS Graz ergibt sich, dass CS nach dem Tod ihres Vaters HS dessen überschuldeten Nachlass zur Gänze mit allen Verbindlichkeiten übernahm.
Die Beschwerdeführerin richtete am 4. März 1999 an das Finanzamt folgendes Schreiben:
"Sehr geehrte Frau Dr. K!
Auf Grund obigen Aktes und Ihrer schon lang anstehenden Entscheidung, die mich in beträchtliche finanzielle Schwierigkeiten bringt und brachte, ersuche ich Sie ehestens um einen Termin zur Vorsprache meines Beraters, Herrn JG.
Weiters teile ich Ihnen nachträglich Folgendes mit:
Zu der Unterschrift auf Ihrem Vordruck, ob die Liegenschaft lastenfrei sei oder nicht, kam es deswegen, weil jener Herr der die Unterschrift von mir verlangte, als ich die Unterlagen abgab, mich fragte ob die Liegenschaft lastenfrei sei, ich dies natürlich in der Annahme gegenüber Dritten verstand und ja sagte. Worauf der Herr mir ein Formular gab, welches ich unterschreiben sollte. Ich achtete in weiterer Folge nicht mehr auf den Inhalt des Vordruckes und unterschrieb den Vordruck, nachdem er sagte, dann müsse ich eben dies unterschreiben. Da spielte sich so nebenbei ab.
Aus diesem Missverständnis ergab sich diese Unterschrift, denn ich verstand meine Tochter nicht als eben dritte Person, weil ich leider Laie in solchen Dingen bin.
Leider hatte ich zu dieser Zeit schon dermaßen finanzielle Schwierigkeiten, eben aus dem Grunde, dass ich meiner Tochter Geld borgte, dass ich mir keinen Steuerberater mehr leisten konnte und deshalb selbst zu Ihrem Amt ging. Sehr geehrte Frau Dr. K ich ersuche Sie diesen Umstand bei Ihrer Entscheidung miteinzubeziehen und zu verstehen, dass es sich tatsächlich um ein großes Missverständnis handelte.
Über diesen Sachverhalt bin ich jederzeit bereit eine eidesstattliche Erklärung abzugeben.
Ich ersuche Sie hiermit um einen Termin am Donnerstagvormittag dieser Woche, da er sich zu diesem Zeitpunkt gerade in Graz befindet.
Ich erlaube mir, Sie diesbezüglich noch telefonisch zu kontaktieren."
Im Akt findet sich weiter ein Aktenvermerk vom 18. März 1999 (unterfertigt von Dr. K) mit auszugsweise folgendem Inhalt:
"1. Rücksprache mit B/B TS, dem seinerzeitigen Bearbeiter des ggst. Aktes: Herr S erklärt auf Befragen, sich noch gut an die vorsprechende Berufungswerberin, US erinnern zu können. Sie sei mit den beiden Schenkungsverträgen zu ihm gekommen und wollte eine Sofortbemessung haben. Er habe sie die Abgabenerklärungen Gre 1 ausfüllen lassen, sie um Vorschenkungen und Lastenübernahme befragt und die Vorhalte ausfüllen lassen.
Sie hatte ihn gefragt, wie hoch die Steuer sein werde und er hatte geantwortet, er müsse das erst errechnen, aber jedenfalls um die S 500.000,--.
Sie sei darauf ganz entsetzt gewesen, hätte gesagt, sie hätte nicht so viel Geld mit, hätte auch etwas nicht ganz Verständliches, ungefähr aber von "etwas anders einfallen lassen" gemurmelt, und sei wieder gegangen.
..."
Am 11. Mai 1999 wurde mit dem dazu von der Beschwerdeführerin bevollmächtigten JG eine Niederschrift folgenden Inhalts aufgenommen:
"Es wird der Sachverhalt nochmals durchbesprochen. Auf die Frage, warum zwei Schenkungsverträge errichtet worden sind, gibt der Vertreter bekannt, dass sich dies seiner Kenntnis entziehe. Auf die Frage, warum der Forderungsverzicht nicht von Anfang an in die Verträge aufgenommen wurde, teilt er mit, dass Frau S eben unwissend und schlecht beraten gewesen sei.
Die Schenkungsverträge wurden meines Wissens von Frau S selbst geschrieben bzw. von einem Muster abgeschrieben. Wer den Zusatzvertrag verfasst hat, kann ich nicht sagen. Es wird das Berufungsbegehren wiederholt u. dargestellt, dass bereits vor Abschluss der Schenkungsverträge Frau S für CS Zahlungen geleistet hat bzw. an die Volksbank bereits vorher S 2 Mio zur Abgeltung der Hypothek geleistet hat."
Am 12. Mai 1999 schließlich langte beim Finanzamt eine eidesstättige Erklärung der Beschwerdeführerin vom 11. Mai 1999 ein, die folgenden Inhalt hat:
"In meiner damaligen Situation standen mir nicht die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung einen Steuerberater oder Notar für die Erstellung des Schenkungsvertrages zu beauftragen, und so kam es dazu, dass dieser Vertrag nach einer allgemeinen Vorlage, selbst erstellt wurde. Ich ließ die Tatsache völlig außer Acht, dass ich bereits 2 Millionen ATS als Abschlagszahlung für diese Liegenschaft geleistet hatte und dazu noch Kredite aufgenommen und mich verschuldet hatte.
Mir ist mein Unvermögen und meine Unwissenheit erst dann bewusst geworden, als sich die Vorschreibung der Schenkungssteuer, in diesem gewaltigen Ausmaß, erhielt.
Erst dann gab ich diese Angelegenheit in die Hände meines Steuerberaters. Offensichtlich konnte ich auch ihm dies nicht richtig darstellen, wie ich heute sehe.
Auch erst heute erkenne ich, meine persönliche Vorsprache bei einem Ihrer Mitarbeiter als Fehler (eben aus Kostengründen), da ich damals unter Mithilfe eben dieses Herren und nach meinem Wissensstand die Gebührenerklärung ausgefüllt habe.
Hier wurde mir eben die Frage gestellt, ob die Liegenschaft lastenfrei sei, ich dies in der Annahme gegenüber Dritten bestätigte und deshalb ‚Übergabe' formulierte, weil ich die Frage offensichtlich missverstanden habe.
Ich meinte lastenfrei gegenüber außenstehenden Dritten, meiner Tochter gegenüber bestand meinerseits keine Schuld (deshalb Übergabe), jedoch sehr wohl ihrerseits.
Ich ersuche daher von der tatsächlichen Reihenfolge der Rechtsgeschäfte auszugehen und Ihre Gebührenberechnung dahingehend abzuändern."
Die belangte Behörde wies daraufhin die Berufung als unbegründet ab, wobei sie das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der vorgenommenen Beweiswürdigung als "widersprüchlich und ungereimt" wertete und dies damit begründete, es sei unglaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin als Geschäftsfrau einen Forderungsverzicht nicht in den Schenkungsvertrag aufgenommen hätte bzw. es spreche gegen die Beschwerdeführerin, dass sie diesen Forderungsverzicht nicht schon bei der Befragung durch das Finanzamt offengelegt habe. Zu Lasten der Beschwerdeführerin wertete die belangte Behörde auch den Umstand, dass ungewöhnlicherweise und umständlich zwei Schenkungsverträge und ein Zusatzvertrag abgeschlossen worden seien, und dass der Zusatzvertrag zunächst nicht bekannt gegeben worden sei.
Wörtlich führt der angefochtene Bescheid dazu noch Folgendes aus:
"Auch das weitere Vorbringen im Berufungsverfahren, nämlich die Berufungswerberin habe in Form der - zum Vertragszeitpunkt bereits forderungsentkleideten, aber noch nicht gelöschten - Hypothek der Volksbank G, Lasten übernommen, ist nicht geeignet, als nachträgliches Vorbringen der Berufung zum Erfolg zu verhelfen, zudem nach der Aktenlage diese ehemaligen Schulden überwiegend Betriebsschulden von Firmen waren, die also von vornherein zunächst diesen Firmen als ‚zivilrechtliche Schuldner', und nicht dem Liegenschaftseigentümer zuzurechnen waren.
Im Widerspruch zu diesem Begehren steht wiederum die Aussage der Berufungswerberin, sie habe bei der Befragung durch das Finanzamt unter ‚Lasten' nur Lasten gegenüber Außenstehenden verstanden und nicht eigene Lasten.
Auch die nachträglichen wiederholenden Ausführungen des weiteren Vertreters der Berufungswerberin und ihre eigene eidesstattliche Erklärung sind nicht geeignet, den Berufungsausführungen zu mehr Glaubwürdigkeit zu verhelfen.
Die obigen Ausführungen gelten sinngemäß auch für diese nachträgliche Vorbringen.
Es entspricht allgemein der Lebenserfahrung, dass früher getätigten Aussagen in der Regel ein höherer Wahrheitsgehalt zukommt, als späteren, abweichenden Aussagen.
Jedenfalls obliegt es den Parteien des Verfahrens, hinsichtlich ihrer Verhältnisse für eine eindeutige Rechtsgestaltung zu sorgen.
Verträge sind gemäß § 914 ABGB so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, also sie, wie sie ein unbeteiligter Erklärungsempfänger verstehen musste.
Dazu kommt, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen nach ständiger Judikatur und Verwaltungspraxis allgemein und auch in Bezug auf die zeitliche Nähe des Abschlusses der Vereinbarungen zum Geschehen besonders strengen Anerkennungsvoraussetzungen unterliegen. So wird in ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte von Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen als Voraussetzung für ihre Anerkennung vor allem verlangt, dass sie nach Außen eindeutig zum Ausdruck kommen und dass sie einen klaren, eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben.
Siehe dazu die VwGH Erk. vom 8.9.1992, Zl. 97/14/0186, vom 27.9.1995, Zl. 90/13/0054 und vom 25.11.1997, Zl. 96/14/0024 und weiters die Ausführungen im Kommentar Fellner zu § 3 ErbStG TZ 17 und die Ausführungen im Kommentar Stoll zur BAO § 4 S. 71.
So wie die Umstände des vorliegenden Verfahrens sich darstellen, lassen sie nach den allgemeinen Lebenserfahrungen - besonders, wenn man die immerhin beachtlichen Auswirkungen in der Vermögenssphäre beider Vertragspartnerinnen bedenkt, und weiters berücksichtigt, dass die Berufungswerberin eine Geschäftsfrau war, - nur den eindeutigen Schluss zu, dass jedenfalls zunächst eine unentgeltliche Liegenschaftsübergabe beabsichtigt war und stattgefunden hat und dass der Zusatzvertrag zu den Schenkungsverträgen mit den dargestellten Gegenleistungen erst nachträglich vereinbart und verfasst wurde.
..."
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass durch die nachträgliche Vereinbarung von Gegenleistungen die vorher entstandene Schenkungssteuerpflicht nicht wieder aufgehoben werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Schenkungssteuerfreiheit verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde wendet sich in erster Linie gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung und macht unvollständige Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes geltend.
Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabenrechtlichen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Gemäß § 280 BAO besteht im Berufungsverfahren kein Neuerungsverbot.
Nach ständiger hg. Judikatur ist auch die von der Abgabenbehörde vorgenommene Beweiswürdigung insoweit der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unterworfen, als es sich um die Beurteilung der Frage handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie den Denkgesetzen bzw. dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut bzw. den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen (vgl. dazu die zahlreiche bei Ritz, BAO-Kommentar2 Rz 10 zu § 167 BAO referierte hg. Rechtsprechung).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich die Verfahrensrüge der Beschwerde als berechtigt. Es ist nämlich Folgendes zu beachten:
Die Beschwerdeführerin hat sich im Wege ihres Berufungsvorbringens, des Vorbringens im Vorlageantrag vom 14. November 1997, ihres Schreibens vom 4. März 1999, des Vorbringens ihres Vertreters JG in der Niederschrift vom 11. Mai 1999 und der eidesstättigen Erklärung vom 11. Mai 1999 in keinerlei Widersprüche verwickelt. Sie hat vielmehr durch dieses (eingangs im Detail wiedergegebene) Vorbringen (wie das im Wege von sukzessiven Informationen, die rechtlich uninformierte Klienten ihren Vertretern erteilen, immer wieder vorkommt) einerseits hintereinander und einander ergänzend zwei Gegenleistungen behauptet (zuerst in der Berufung einen Forderungsverzicht in Höhe von S 2,124.053,80 und dann im Vorlageantrag eine Forderungseinlösung samt Hypothekenübernahme betreffend eine grundbücherliche Last von S 3,250.000,--) und andererseits eine einleuchtende und vernünftige Erklärung dafür abgegeben, warum sie am 14. Februar 1997 die Frage des Finanzamtes nach Lasten der Grundstücke mit den Worten "lastenfreie Übergabe" beantwortet hat, nämlich ihre Unerfahrenheit in rechtlichen Dingen. Es entspricht nämlich durchaus den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass eine rechtlich nicht gebildete Person, die Bankschulden ihrer Tochter auf eine Art und Weise begleicht, die juristisch gemäß §§ 1422, 1423 ABGB zur Forderungseinlösung im Wege einer sog. cessio legis samt Hypothekenerwerb führt (vgl. dazu z.B. Reischauer in Rummel ABGB II2 Rz 12 zu § 1422 ABGB), die rechtliche Bedeutung einer derartigen Transaktion nicht erfasst und daher, wenn sie danach auch die betreffenden Liegenschaften übernimmt, von einem unbelasteten Erwerb ausgeht, wiewohl sie in Wahrheit durch den Liegenschaftserwerb und bis zum Forderungsverzicht eine forderungsbekleidete Eigentümerhypothek und ab dem Forderungsverzicht eine forderungsentkleidete Eigentümerhypothek erworben hat.
Die belangte Behörde hat daher der Beschwerdeführerin zu Unrecht angelastet, sie habe sich "widersprüchlich und ungereimt" geäußert.
Ausgehend von dem von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren, wenn auch sukzessiv, erstatteten Vorbringen hätte die belangte Behörde auf Grund der sie treffenden Ermittlungspflicht vielmehr die Vorgänge aufklären müssen, die zur Erklärung der Beschwerdeführerin vom 14. Februar 1997 geführt haben. Wie sich dazu aus dem AV vom 18. März 1999 (der der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten wurde) ergibt, lässt sich nämlich die dort behauptete Äußerung, die Beschwerdeführerin habe angekündigt, "sich etwas anderes einfallen zu lassen", durchaus auch so verstehen, dass die Beschwerdeführerin damit nur die Schwierigkeiten meinte, im Moment nicht so viel Geld mitzuhaben, wie zur Begleichung der Abgabenschuld erforderlich gewesen wäre. Keineswegs ist daraus schon abzuleiten, die Beschwerdeführerin habe sich in der Folge ein mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmendes Vorbringen "einfallen lassen".
Weiters ist es mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht vereinbar, allein deshalb, weil die Beschwerdeführerin "Geschäftsfrau" ist (was der angefochtene Bescheid wiederholt hervorhebt), ihr Vorbringen für unglaubwürdig zu erachten. Es ist vielmehr an der Tagesordnung, dass auch Geschäftsleute in rechtlichen Dingen vollkommen uninformiert sind und dann, wenn sie sich aus Sparsamkeit nicht rechtsfreundlicher Beratung oder Vertretung bedienen, sondern selbst unter Verwendung von Mustern Vertragstexte formulieren, umständliche und ungewöhnliche Vereinbarungen treffen.
Schließlich spricht auch der Text der Zusatzvereinbarung nicht von vornherein gegen die Glaubwürdigkeit des Standpunkts der Beschwerdeführerin, weil er keine nachträgliche Vereinbarung darstellt, sondern in seinem Punkt 1 die Aussage trifft, dass schon die beiden Schenkungsverträge vom 7. Februar 1997 unter der Bedingung des Forderungsverzichts geschlossen wurden, was rechtlich die Vereinbarung einer entsprechenden Gegenleistung schon in den Schenkungsverträgen bedeutet (sofern dann die Bedingung realisiert wurde).
Angesichts dieser Umstände hätte die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht jedenfalls auch die Geschenkgeberin (die Tochter der Beschwerdeführerin) zur Frage vernehmen müssen, warum die Vertragsparteien den umständlichen Weg zweier Schenkungsverträge und einer Zusatzvereinbarung gewählt haben. Es wären auch beide Vertragsparteien näher zur Präambel der Zusatzvereinbarung zu befragen gewesen, wobei auch zu klären gewesen wäre, woher die Beschwerdeführerin das Geld hatte. Das Unterbleiben insbesondere der Vernehmung der Geschenkgeberin dieser Erhebung wird daher von der Beschwerde zu Recht als relevanter Verfahrensmangel gerügt.
Aus allen diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass das rechtliche Argument der belangten Behörde, es liege hier ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen vor, dem Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht schaden kann, weil einerseits die Vertragsinhalte zwar umständlich, aber doch klar sind und weil andererseits eine Vereinbarung wie die vorliegende auch jedem Fremdvergleich standhält. Jemand der (wie die Beschwerdeführerin) bereit ist, Forderungen um einen Betrag von S 2 Mio einzulösen und dann auf diese Forderungen gegenüber dem Schuldner zu verzichten, wird dies auch unabhängig von einem Angehörigkeitsverhältnis tun, wenn er dafür Liegenschaften mit einem Einheitswert von S 2,3 Mio bekommt, die (nach dem Forderungsverzicht) nur mehr mit einer forderungsentkleideten Eigentümerhypothek belastet sind.
Mit Rücksicht darauf, dass im vorliegenden Fall nur Fragen der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung zu behandeln waren, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 17. Februar 2000
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