Normen
Bauherstellungen anzeigepflichtige Wr 1930 Abs1 Z1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §61 Abs1;
BauRallg;
Bauherstellungen anzeigepflichtige Wr 1930 Abs1 Z1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §61 Abs1;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, insoweit damit den Beschwerdeführern aufgetragen worden ist, gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien das ohne Baubewilligung auf der Liegenschaft EZ 562, KG Neuwaldegg, (Wien XVII, Promenadeweg 2), der Liegenschaft EZ 562, KG Neuwaldegg, errichtete Kleinhaus im Ausmaß von ca. 10 m x 5,20 m zu entfernen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer haben mit Kaufvertrag vom 22. Dezember 1995 u.a. die Liegenschaft Nr. 562, KG Neuwaldegg, bestehend aus den Grundstücken Nr. 254/1 und Nr. 254/2, erworben. Auf dem Grundstück Nr. 254/1 war zu diesem Zeitpunkt ein Einfamilienhaus (Promenadeweg 2) errichtet.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/17, vom 26. Februar 1997 wurde den Beschwerdeführern als den Eigentümern der vorgenannten Liegenschaft im Grunde des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien folgender Auftrag erteilt:
"1) Das ohne Baubewilligung errichtete Kleinhaus im Ausmaß von ca. 10 x 5,20 m ist zu entfernen.
2) Der ohne Baubewilligung errichtete nordseitige Zubau im Ausmaß von 1,80 x 2,80 m ist zu entfernen.
3) Die ohne Baubewilligung errichtete Terrasse im Ausmaß von 3,70 x 5,20 m ist zu entfernen.
..."
In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, bei der am 26. Februar 1997 abgehaltenen "Orts-Verhandlung" sei festgestellt worden, daß "ohne Baubewilligung ein teilweise unterkellertes Kleinhaus, mit teilweise ausgebautem Dachgeschoß im Ausmaß von 10 x 5,20 m" errichtet worden sei. Nordseitig sei "ein ebenerdiger Zubau im Ausmaß von ca. 1,80 x 2,80 m ohne Baubewilligung zugebaut" worden und ostseitig sei "ohne Baubewilligung eine Terrasse im Ausmaß von ca. 3,70 m x 5,20 m errichtet" worden.
In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, Nachforschungen hätten ergeben, daß bereits am 9. März 1935 die Vornahme der Errichtung des umstrittenen Baues dem Stadtbauamt für den 17. Bezirk angezeigt worden und am 18. April 1935 der Bezirkshauptmannschaft für den 17. Bezirk/Stadtbauamtabteilung zur Kenntnis gebracht worden sei, daß das Ansuchen samt den Plänen vom 9. März 1935 betreffend das Bauvorhaben eines Blockhauses samt Zubehör dahingehend eine Änderung erfahre, daß anstatt des im Ansuchen geführten Bauherrn nunmehr dessen Gattin als Antragstellerin auftrete. Die Behörde, die nunmehr einen Abbruchbescheid erlassen habe, habe von der Errichtung des gegenständlichen Gebäudes bereits seit 9. März 1935 gewußt. Das gegenständliche Gebäude sei in allen Plandokumenten, Mappenblättern etc. als Bestand eingetragen und festgehalten. Die Tatsache, daß die Errichtung tatsächlich bereits vor mehr als 60 Jahren erfolgt sei, könne durch zahlreiche - in der Berufung namhaft gemachte - Zeugen belegt werden. Tatsächlich sei das gegenständliche Gebäude bereits 1935 an der aktenkundigen Stelle errichtet worden. Die MA 37 sei, wie sich aus dem Plan zur Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom 16. April 1993 ergebe, ständig in Kenntnis der Tatsache gewesen, daß das gegenständliche Gebäude dort errichtet worden sei, sie habe auch bezüglich der Umbauarbeiten mehrere Ermittlungsverfahren durchgeführt. Schon mit Bescheid vom 26. Februar 1974 habe diese Behörde den baupolizeilichen Auftrag erteilt, den an der Nordseite der bestehenden Sommerhütte gemauerten Abort binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen. Mit Bescheid vom 18. September 1974 wiederum habe diese Behörde den baupolizeilichen Auftrag erteilt, eine auf der gegenständlichen Liegenschaft errichtete Holzhütte, sowie die an der Liegenschaftsgrenze zum Promandeweg errichtete fundierte Einfriedung binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen. Die Tatsache der Errichtung des Haupthauses sei von der Behörde nie beanstandet worden. Um der von den Behörden allenfalls geforderten Mitwirkungspflicht nachzukommen, sei "zum Verbleib der Baubewilligung" hinzuweisen, daß diese Baubewilligung offensichtlich "im Zuge der Kriegswirren in Verstoß geraten" sei, das gesamte Siedlungsgebiet (Kleingartensiedlung) ursprünglich aus einer Aktenzahl bestanden habe und es daher sehr wahrscheinlich sei, daß sich die auf diesen Altbestand bezughabende Baubewilligung in einem anderen Akt befinde, unter Umständen in jenem Akt, der über die ursprüngliche gemeinsame Einlagezahl bei der Baubehörde angelegt worden sei, weil die Baubewilligung lange vor der Parzellierung erteilt worden sein müsse. Das gegenständliche Bauvorhaben sei im übrigen zum damaligen Zeitpunkt nicht bewilligungspflichtig, sondern nur anzeigepflichtig gewesen. Die Behörde erster Instanz habe es unterlassen zu ermitteln, ob für das gegenständliche Gebäude zum Zeitpunkt der Anzeige am 9. März 1935 nach der damaligen Rechtslage überhaupt die Erteilung einer Baubewilligung nötig gewesen sei. Daß die bescheiderlassende Behörde in ihrem Akt nunmehr nach mehr als 60 Jahren vermeine, keine Baubewilligung aufzufinden, rechtfertige sohin keinesfalls den Schluß, daß eine solche niemals ergangen sei bzw. daß es überhaupt jemals notwendig gewesen sei, eine derartige Baubewilligung zu erwirken.
Über Aufforderung der Berufungsbehörde gab die MA 37/17 in der Folge eine Stellungnahme nachstehenden Inhalts ab:
"Aufgrund der Aufschließung der 'Siedlung Waldandacht' durch den öffentlichen Straßenkanal wurden die Anschlußverpflichtungen und der Konsens der gegenständlichen Liegenschaft überprüft.
Da ha. keine Baubewilligung, sondern nur ein Ansuchen um Errichtung eines Blockhauses aus dem Jahre 1935 im Reg. Akt aufliegt, wurde ein Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 eingeleitet.
Das Bestehen der Sommerhütte ist erstmals im Auftrag Zl. MA 37/17-Waldandacht/4473 vom 26. Februar 1974 aktenkundig.
Das Ermittlungsverfahren wurde nach ha. Ansicht dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 entsprechend durchgeführt.
Für die Erfüllung des Auftrages wurde eine Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides vorgeschrieben, wobei auf die Möglichkeit einer nachträglichen Baubewilligung hingewiesen wurde. Von einem sofortigen Abbruch lt. Berufungseingabe war keine Rede. Die Niederschrift wurde am Ende der Verhandlung verlesen.
Daß Konsense oder Aktenteile im Laufe der Zeit abhanden gekommen sind, kann von ha. nicht nachvollzogen werden. Der Registraturakt besteht aus den für die frühere EZ 128 der Kat.-Gem. Neuwaldegg und den für die derzeitige EZ 562 der Kat.-Gem. Neuwaldegg zugehörigen Aktenteilen.
Der gesamte ha. aufliegende Registraturakt wird dem Berufungsakt angeschlossen."
Die Beschwerdeführer gaben hiezu unter Hinweis auf ihr bisheriges Vorbringen eine Stellungnahme ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Februar 1998 wurde "gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) ... Punkt 2 des
angefochtenen Bescheides aufgehoben und der Bescheid im übrigen bestätigt". In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, daß für den im Punkt 2) des erstinstanzlichen Bescheides umschriebenen nordseitigen Zubau bereits mit Bescheid vom 26. Februar 1974 ein rechtskräftiger Abtragungsauftrag ergangen sei. Ein neuerlicher Abtragungsauftrag hinsichtlich dieses Objektes hätte daher nicht erfolgen dürfen. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen stehe fest, daß eine Baubewilligung nicht erteilt worden sei. Die jahrzehntelange Nichtbeanstandung des Bauwerkes durch die Baupolizei könne jedenfalls keinen Rechtsanspruch auf Belassung des gesetzwidrigen Zustandes begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht, daß gegen sie nicht entgegen der bestehenden Vorschriften ein Beseitigungsauftrag erlassen wird, verletzt". Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Ein Altbestand könne nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich haben und könne diese Praesumtio lediglich durch den strengen Gegenbeweis, den die Behörde zu erbringen habe, widerlegt werden. Dies umso mehr, wenn sich aus dem vorliegenden Bauakt ergebe, daß es ein rechtzeitiges und den damaligen gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Bauansuchen gebe. Wenn hinsichtlich eines seit Jahrzehnten bestehenden Gebäudes Unterlagen über eine seinerzeitige Baubewilligung nicht mehr auffindbar seien, andererseits jedoch feststehe, daß baubehördliche Beanstandungen aus dem Grunde, weil ein Konsens fehle, niemals stattgefunden hätten, dann spräche die Vermutung dafür, daß das Gebäude in seiner derzeitigen Gestalt aufgrund einer nach der im Zeitpunkt der Erbauung in Geltung gestandenen Vorschrift erteilten Baubewilligung errichtet worden sei, es sei denn, daß konkrete Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorlägen. Im vorliegenden Fall sei die Vermutung hinsichtlich des bestehenden Konsenses dadurch genährt worden, daß sich die MA 37 zwar mit der Errichtung eines gemauerten Zubaues auseinandergesetzt und hinsichtlich dieses Zubaues die Baueinstellung verfügt habe. Die Tatsache der Errichtung des "Haupthauses" sei von der Baubehörde jedoch nie beanstandet worden. Der angefochtene Bescheid sei jedoch auch aus einem anderen Grunde rechtswidrig. Gemäß der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 6. April 1930, LGBl. 43, über bloß anzeigepflichtige Bauherstellungen sei das gegenständliche, aus Holz gefertigte Kleinhaus gar nicht bewilligungspflichtig gewesen, vielmehr habe es sich nach der damaligen Rechtslage nur um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben gehandelt. Dieser Verpflichtung seien die Bauwerber nachweislich nachgekommen. Das verwaltungsbehördliche Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil die Behörden entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Ermittlungsverfahren nicht besonders sorgfältig durchgeführt, insbesonders Nachforschungen in Archiven, nicht durchgeführt hätten. Die beantragten Zeugeneinvernahmen seien von den Behörden nicht veranlaßt worden. Die Bescheidbegründung der belangten Behörde sei mangelhaft; sie beschränke sich auf einen nicht einmal sechszeiligen Absatz. Die belangte Behörde hätte auf alle vorgebrachten Tatsachen und Rechtsausführungen eingehen müssen; ein Verweis auf die Aktenlage sei jedenfalls ungenügend, ebenso wie der Hinweis auf die vorliegenden Unterlagen, wobei vollständig dunkel bleibe, worauf sich die belangte Behörde eigentlich beziehe. Bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte sich ergeben, daß von den Baubehörden entweder eine Baubewilligung erteilt worden sei oder daß diese jedenfalls zu vermuten sei. Die Beschwerdeführer hätten bereits in ihrer Berufung ausdrücklich auf den auf dem Bauansuchen angebrachten Erledigungsvermerk (links oben) vom 18. April 1935 hingewiesen. Die belangte Behörde gehe auf diesen Erledigungsvermerk nicht ein. Dabei wäre es von entscheidender Bedeutung, was dieser Erledigungsvermerk bestätigen soll. Diesbezüglich hätten jedoch Nachforschungen zur damaligen Behördenpraxis jedenfalls angestellt werden müssen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Der "Hauseinlage der gegenständlichen Liegenschaft" könne keine Baubewilligung entnommen werden. Es liege lediglich ein Bauansuchen vom 9. März 1935, Zl. 677/35, auf, das keinen Erledigungsvermerk, sondern bloß einen Eingangsstempel aufweise. Es bestehe nach Mitteilung der MA 37/17 keinerlei Anlaß, die Unvollständigkeit des Archives aus diesem Zeitraum anzunehmen. Auch die Beschwerdeführer hätten keinen diesbezüglichen objektivierbaren Umstand aufgezeigt. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß die Annahme eines vermuteten Konsenses verfehlt sei, zumal allein dadurch, daß bisher kein behördliches Einschreiten wegen Konsenslosigkeit erfolgt sei, ein solcher nicht begründet werde (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1994, Zl. 92/05/0065). Nach der von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Verordnung der Wiener Landesregierung vom 6. Mai 1930 über bloß anzeigepflichtige Bauherstellungen habe lediglich für die Herstellung von hölzernen Lufthäuschen im Höchstausmaß von 5 m2 eine Anzeige nach § 61 der Wiener Bauordnung genügt. Die Bewilligungspflicht eines Gebäudes im Ausmaß von 52 m2 sei aber auch nach der derzeitigen Rechtslage gegeben. Ein Anlaß zu weiteren Ermittlungen habe nicht bestanden. Es würde die Erhebungspflicht der Behörde überspannen, einen praktisch unmöglichen Negativbeweis - über das Nichtvorliegen der Baubewilligung - zu erbringen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/05/0072).
Den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß zu Zl. 677/35 am 12. März 1935 bei der Bezirkshauptmannschaft Hernals Baudienst ein Antrag des damaligen "Mitbesitzers" des beschwerdegegenständlichen Grundstückes vom 9. März 1935 eingelangt ist, in welchem der Behörde "zur Kenntnis" gebracht wird, "daß laut beiliegendem Plan, vorliegendes Bauvorhaben im l.J. (April bis Mai) zur Ausführung gelangen soll" und "um amtswegige Behandlung" ersucht wird. Diesem Ansuchen, welches eine detaillierte Baubeschreibung enthält, liegt ein Plan bei und enthält abschließend den Antrag "Ich ersuche um Genehmigung und Beschau bzw. nach Fertigstellung um den Benützungskonsens" und den Hinweis, daß als Beilagen "2 Pläne" angeschlossen sind. Im Plan ist das als "Wochenendhaus" bezeichnete Bauvorhaben mit den Maßen 9,80 m x 5,20 m und einer Senkgrube von 1,60 m x 2,10 m wiedergegeben. Mit Schreiben vom 18. April 1935 brachte der Antragsteller der Bezirkshauptmannschaft Hernals zur Kenntnis, daß seine Gattin als Bauherrin "des zu errichtenden Superädifikates in die vollen Rechte und Pflichten eintritt". Dieses Schreiben enthält auf der ersten Seite links oben einen Vermerk in Rotstift "1 S. Bd. St." mit roter Umrandung.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 10. Dezember 1973 wurde den damaligen Eigentümern der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft untersagt, die "begonnenen baulichen Herstellungen, nämlich der Errichtung eines gemauerten Zubaues im Ausmaß von 1,80 m x 2,70 m fortzuführen". Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 26. Februar 1974 wurde den Eigentümern der gegenständlichen Liegenschaft der Auftrag erteilt, den "an der Nordseite der bestehenden Sommerhütte" errichteten gemauerten Abortzubau zu entfernen. In einer behördenintern verfaßten Mitteilung an das Magistratische Bezirksamt für den 17. Bezirk vom 3. Juli 1974 wurde festgehalten, daß die auf der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft durchgeführte Bautätigkeit lediglich als "Instandsetzung der auf gegenständlicher Liegenschaft seit ca. 40 Jahren bestehenden Sommerhütte" zu bewerten sei, die Liegenschaft im "Grünland-Kleingartengebiet" liege und die durchgeführten Arbeiten "keine genehmigungspflichtigen Herstellungen" seien und daher kein Strafantrag gestellt werde. Mit Bescheid vom 18. September 1974 wurde den Eigentümern der gegenständlichen Liegenschaft von der zuständigen Behörde der Auftrag gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien erteilt, "die nächst der hinteren Grundgrenze vom Promenadeweg aus gesehen ohne Baubewilligung errichtete Holzhütte im Ausmaß von 2,60 m x 3 m" sowie "die an der Liegenschaftsgrenze zum Promandeweg ohne Baubewilligung errichtete fundierte Einfriedung" zu entfernen.
Im Grundbuch der Liegenschaft EZ 562, KG Neuwaldegg, ist das Grundstück Nr. 254/1 mit der Nutzung "Baufläche (begrünt)" und der Grundstücksadresse "Promenadeweg (Neuwaldegg) 2" eingetragen (Abfragedatum 2. April 1997).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien ist ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, zu beseitigen.
Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde zu Punkt 1) des erstinstanzlichen Bescheides deshalb ein Beseitigungsauftrag gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien erlassen, weil für das auf der Liegenschaft EZ 562, KG Neuwaldegg, Promenadeweg 2, im Ausmaß von ca. 10 m x 5,20 m errichtete Kleinhaus keine Baubewilligung vorliege. Wann dieses Haus tatsächlich errichtet worden ist, wurde von den Baubehörden nicht festgestellt.
Ein Auftrag nach § 129 Abs. 10 leg. cit. darf nur hinsichtlich solcher Bauten erlassen werden, deren Bewilligungspflicht sowohl nach der Rechtslage zur Zeit der Errichtung als auch nach der Rechtslage zur Zeit der Erlassung des Auftrages gegeben ist. (Die nunmehr mit der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 geschaffene Möglichkeit der Bauanzeige gemäß § 62 Bauordnung für Wien sowie die Neuregelung über bewilligungsfreie Bauvorhaben nach § 62a leg. cit. kommen für ein Gebäude der hier zu beurteilenden Art nicht in Betracht.) Die belangte Behörde ging ohne Rechtsirrtum davon aus, daß das vom Bauauftrag erfaßte Kleinhaus nicht als bauliche Anlage geringer Art im Sinne des § 61 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in der Fassung vor der Novelle 1976 zu qualifizieren ist (siehe auch Abs. 1 Z. 1 der Verordnung der Landesregierung vom 6. Mai 1930 über bloß anzeigepflichtige Bauherstellungen, LGBl. Nr. 43). Für das hier zu beurteilende Haus war daher die baubehördliche Bewilligungspflicht sowohl nach der Rechtslage zur Zeit seiner - hier angenommen etwa im Jahre 1935 erfolgten -Errichtung als auch nach der Rechtslage zur Zeit der Erlassung des Auftrages gegeben.
Grundsätzlich ist mit der belangten Behörde davon auszugehen, daß die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages auch dann zulässig ist, wenn das Gebäude jahrelang unbeanstandet existierte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. April 1988, Zl. 87/05/0199, BauSlg. Nr. 1099). Der Verwaltungsgerichtshof hat aber - wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen - in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich eines seit Jahrzehnten bestehenden Gebäudes, bei welchem Unterlagen über eine seinerzeitige Baugenehmigung nicht auffindbar sind, von dem aber andererseits feststeht, daß von der Baubehörde Beanstandungen wegen eines fehlenden Konsenses niemals stattgefunden haben, die Rechtsansicht vertreten, es spreche in diesem Fall die Vermutung dafür, daß das Gebäude in seiner derzeitigen Gestaltung aufgrund einer nach den im Zeitpunkt der Erbauung in Geltung gestandenen Vorschriften erteilten Baubewilligung errichtet worden ist, es sei denn, daß Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen. Im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens eines vermuteten Konsenses für ein jahrzehntelang unbeanstandet gebliebenes Gebäude ist ein besonders sorgfältiges Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0026, u.v.a.).
Nun hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall das Vorliegen einer Baubewilligung bezüglich des erwähnten Kleinhauses deshalb verneint, weil "aufgrund der vorliegenden Unterlagen" feststehe, daß eine Baubewilligung nicht erteilt worden sei. Die belangte Behörde hat sich jedoch mit den im vorgelegten Verwaltungsakt einliegenden Urkunden in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt und das zur Frage des Vorliegens einer Baubewilligung in der Berufung erstattete Tatsachenvorbringen und die hiezu angebotenen Beweismittel nicht in einer dem § 45 Abs. 2 AVG entsprechenden Weise gewürdigt. Aus der Tatsache allein, daß im vorgelegten Verwaltungsakt kein Baubewilligungsbescheid einliegt, kann nicht der Schluß gezogen werden, es liege eine solche Bewilligung nicht vor. Bei Beurteilung der Frage, ob eine Baubewilligung vorliegt, hätte die belangte Behörde im Beschwerdefall vielmehr auch den Umstand mitberücksichtigen müssen, daß dem Ansuchen vom 9. März 1935 "um amtswegige Behandlung" des Bauvorhabens offensichtlich zwei Pläne beigelegt worden sind, im vorgelegten Verwaltungsakt jedoch nur ein - nicht genehmigter - Plan einliegt. Der Verbleib des zweiten Planes ist ungeklärt geblieben. Dieser Umstand läßt Zweifel an der Vollständigkeit des Verwaltungsaktes aufkommen. Ausgehend von der auch schon im Jahre 1935 bestandenen Rechtslage, nach welcher die Behörden gemäß § 73 Abs. 2 AVG (BGBl. Nr. 274/1925) verpflichtet waren, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden (vgl. hiezu insbesondere auch das im Art. 132 B-VG festgelegte Institut der Säumnisbeschwerde), kann nicht von vornherein angenommen werden, daß eine Behörde - insoweit gesetzwidrig - über ein Baubewilligungsansuchen nicht entschieden hätte. Aus dem oben wiedergegebenen aktenkundigen Sachverhalt läßt sich vielmehr entnehmen, daß baubehördliche Beanstandungen aus dem Grund, weil ein Konsens bezüglich des beschwerdegegenständlichen "Kleinhauses" fehlt, niemals stattgefunden haben, vielmehr die Behörde nur die Zubauten einem Auftragsverfahren unterzogen hat. Selbst Instandsetzungsarbeiten an diesem Kleinhaus bildeten keinen Anlaß, um baupolizeiliche Maßnahmen zu treffen. Die von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zitierten hg. Erkenntnisse vom 31. Mai 1994, Zl. 92/05/0065, und vom 25. September 1990, Zl. 90/05/0072, vermögen die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsauffassung schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil sich die belangte Behörde sachverhaltsbezogen mit den aktenkundigen Beweisergebnissen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt und dargelegt hat, warum sie trotz dieser Beweislage davon ausgeht, daß keine Baubewilligung für das hier zu beurteilende Kleinhaus vorliegt. Weiters fehlen im angefochtenen Bescheid Ausführungen darüber, warum sie von der beantragten Einvernahme der in der Berufung der Beschwerdeführer angeführten Zeugen zu den dort vorgetragenen Beweisthemen Abstand genommen hat. Insoweit belastete daher die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser bezüglich des Kleinhauses (Punkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Daß bezüglich der Terrasse (Punkt 3 des erstinstanzlichen Bescheides) eine Baubewilligung oder die Kenntnisnahme einer Bauanzeige erwirkt worden wäre, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bezüglich dieses Auftrages wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Warum die Beschwerdeführer bezüglich des Punktes 2 des erstinstanzlichen Bescheides (nordseitiger Zubau) aufhebenden Spruchteiles im angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt worden sein sollen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar und wird in der Beschwerde auch nicht ausgeführt. Insoweit war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 1. September 1998
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