VwGH 94/11/0153

VwGH94/11/015316.5.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. W in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs vom 13. Oktober 1993, Zl. Ds 7/93, betreffend Disziplinarvergehen nach dem Tierärztegesetz, zu Recht erkannt:

Normen

Richtlinien Tierärztekammer Bekanntmachungen 1989 idF 1990/006;
Richtlinien Tierärztekammer Textierung 1989 idF 1990/006;
TierärzteG 1975 §17 Abs1;
TierärzteG 1975 §17 Abs2;
TierärzteG 1975 §17;
TierärzteG 1975 §53 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1997:1994110153.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeskammer der Tierärzte Österreichs hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer Disziplinarverhandlung schuldig erkannt, er habe

1. anläßlich der am 15. Mai 1991 erfolgten Anmeldung von Dr. L als Mitarbeiterin in seiner Praxis in L eine Einschaltung im Format 90 x 150 mm in der BVZ, Bezirksjournal vom 3. Juli 1991, veranlaßt, die in Form, Größe und Aufmachung werbenden Charakter hatte; der Name der Mitarbeiterin sei in Kleinschrift, der Name des Beschwerdeführers und die Bezeichnung "Tierklinik L" seien jedoch in Groß- und Fettdruck wiedergegeben worden; weiters sei eine Straßenkarte wiedergegeben und in Großschrift darauf hingewiesen worden, daß die Praxis weiterhin ausschließlich von L aus betrieben werde;

2. insbesondere bei einem am 18. Juli 1993 ausgestellten Rezept Rezeptvordrucke mit den Zusatzbezeichnungen "Röntgen, Labor, EKG, physikal. Therapie, Chirurgie" verwendet.

Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen das Werbeverbot des § 17 Tierärztegesetz (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 476/1995 - im folgenden TierÄG) und gegen die von der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs erlassenen Richtlinien, und zwar zu 1. bezüglich Eröffnung, Schließung oder Unterbrechung einer tierärztlichen Praxis, und zu 2. über die Textierung von Brief- und Rezeptköpfen, verstoßen, sich damit eines des tierärztlichen Berufsstandes unwürdigen Verhaltens schuldig gemacht und dadurch ein Disziplinarvergehen nach § 53 Abs. 1 TierÄG begangen. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb gemäß § 59 Abs. 1 TierÄG eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt. Weiters wurden ihm Verfahrenskosten in Höhe von S 8.640,54 vorgeschrieben.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend, er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 TierÄG (in der besagten Fassung) war dem Tierarzt im Zusammenhang mit der Ausübung seines tierärztlichen Berufes jede Art der Werbung für die eigene Berufsausübung verboten. Nach der beispielsweisen Aufzählung des Abs. 2 galt dieses Verbot unter anderem insbesondere für die Anbringung zweck- oder standeswidriger Praxisschilder und die Verwendung von zweck- oder standeswidrigen Briefköpfen (Z. 2).

Aufgrund des § 17 TierÄG erließ die Bundeskammer der Tierärzte Österreichs unter anderem "Richtlinien über die Textierung von Brief- und Rezeptköpfen, Stampiglien und Visitenkarten sowie der Einschaltung in Telefonbüchern, Branchenverzeichnissen etc." sowie "Richtlinien über Bekanntmachungen betreffend Eröffnung, Schließung oder Unterbrechung einer Tierärztlichen Praxis, einer Ordination oder eines Privaten Tierspitales, Berufssitz-, Dienstort- oder Wohnsitzverlegung, Urlaub, Krankheit, Änderung von Ordinationszeiten und Telefonnummern" (Beschlüsse vom 29. April 1989 und vom 5. Mai 1990, kundgemacht in der Österreichischen Tierärztezeitung, Ausgaben Juni 1989 und Juni 1990).

Nach den erstgenannten Richtlinien darf bei Brief- und Rezeptköpfen dieselbe Textierung verwendet werden wie bei der Kennzeichnung einer Tierärztlichen Praxis oder Ordination.

Angeführt werden dürfen danach: Vor- und Zuname, akademische Grade, Berufstitel, Amtstitel, Telefonnummer plus Adresse. (Nach den zuvor in Geltung gestandenen Richtlinien waren außerdem folgende Zusätze erlaubt: "Röntgen, EKG, Physikalische Therapie". Nach den Übergangsbestimmungen durften derartige Textierungen nur noch bis längstens 31. Dezember 1990 weitergeführt werden.)

Nach den zweitgenannten Richtlinien ("über Bekanntmachungen") dürfen Bekanntmachungen in den im Praxisbereich gelesenen Druckschriften innerhalb von 30 Tagen insgesamt höchstens zweimal bekanntgegeben und an der Gemeindetafel des Berufssitzes durch 30 Tage hindurch angeschlagen werden. Aufmachung und Text derartiger Anzeigen dürfen jedoch nicht den Charakter einer Werbung haben.

Nach § 53 Abs. 1 TierÄG begehen Kammermitglieder, die sich eines des tierärztlichen Standes unwürdigen Verhaltens schuldig machen oder ihre Pflichten als Mitglieder der Kammer verletzen, ein Disziplinarvergehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28. Februar 1994, Slg. Nr. 13675, § 17 Abs. 1 TierÄG als verfassungswidrig aufgehoben. Gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG wurde ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 28. Februar 1995 in Kaft trete.

Daraus folgt, daß im vorliegenden Beschwerdefall, der kein Anlaßfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG ist, § 17 Abs. 1 TierÄG in der Fassung vor der Aufhebung anzuwenden und als gesetzliche Grundlage der in Durchführung des § 17 TierÄG ergangenen Verordnungsbestimmungen (der genannten Richtlinien) anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0008, S. 13). Bei dieser Rechtslage geht die Anregung des Beschwerdeführers, "die betreffenden Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen", ins Leere. Die Behauptung, die "Richtlinien" seien durch ein nicht gehörig besetztes Organ beschlossen und auch nicht gehörig kundgemacht worden, entbehrt jeglicher Substantiierung und vermag schon deshalb beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken in der angesprochenen Richtung zu erwecken.

Der Verfassungsgerichtshof hat im besagten Erkenntnis Slg. Nr. 13675 ausgeführt, daß § 17 Abs. 1 TierÄG dem Tierarzt "jede Art der Werbung" untersage und damit auch für die Kunden nützliche und sachliche Informationen unterbinde; eine verfassungskonforme Auslegung sei bei diesem Wortlaut ausgeschlossen. An dieser hier maßgebenden Rechtslage geht das Beschwerdevorbringen vorbei, es sei aufgrund der Entwicklung des Standesrechtes und allgemeiner Rechtsentwicklung bei allen freien Berufen das frühere absolute Werbeverbot gefallen.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ausführt, aus der beispielsweisen Aufzählung des § 17 Abs. 2 TierÄG ergebe sich, daß die Generalklausel des Abs. 1 im Sinne eines Verbotes (nur) "zweck- und standeswidriger" Ankündigungen auszulegen sei, ist er damit zwar an sich im Recht. Allerdings läßt er hiebei offensichtlich die erwähnten Richtlinien außer acht, die als Durchführungsverordnungen zu § 17 TierÄG (vgl. zum Verordnungscharakter derartiger Richtlinien die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1992, Slg. Nr. 13128, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1995, Zl. 94/19/1110) im gegebenen Zusammenhang die Grenzen des standesgemäßen Verhaltens verbindlich festlegen, und zwar auf der Grundlage eines absoluten Werbeverbotes für den Tierarzt. Eine zur Werbung geeignete Ankündigung, Bekanntmachung usw., die sich nicht an die durch diese Richtlinien gezogenen Grenzen hält, ist damit eo ipso standeswidrig und mithin verbotene Werbung im Sinne des § 17 TierÄG, mag sie auch für die Kunden nützliche und sachliche Informationen enthalten.

Das bedeutet in Ansehung des gegenständlichen, am 18. Juli 1993 - somit nach dem Ende der mit 31. Dezember 1990 bemessenen Übergangsfrist - ausgestellten Rezeptes mit den Zusatzbezeichnungen "Röntgen, Labor, EKG, physikal. Therapie, Chirurgie", daß diese Zusatzbezeichnungen als standeswidrig anzusehen sind und damit eine verbotene Werbung gemäß § 17 TierÄG darstellen. Damit ist dem Beschwerdevorbringen, es handle sich hiebei nicht um eine reklamehafte Hervorhebung, sondern um "rein objektive Hinweise, die auch der Wahrheit entsprechen, die reinen Informationscharakter haben", der Boden entzogen.

Nicht gefolgt werden kann der Beschwerde auch darin, daß die beanstandete Einschaltung in der BVZ im Rahmen des § 17 TierÄG im Zusammenhang mit den Richtlinien in der gewählten Form durchaus zulässig sei. Der Beschwerdeführer läßt hiebei offensichtlich außer acht, daß nach den besagten Richtlinien Aufmachung und Text derartiger Anzeigen nicht den Charakter einer Werbung haben dürfen. Gerade das trifft hier aber zu. Im angefochtenen Bescheid wird dazu unter Hinweis auf die (eingangs umschriebene) Form, Größe und Aufmachung dieser Einschaltung mit Recht hervorgehoben, daß damit über die erlaubte Information hinaus in besonders auffälliger und plakativer Weise auf die Tierklinik L des Beschwerdeführers hingewiesen werde. Das gegenständliche Inserat entspricht durchaus dem Bild einer Werbeeinschaltung, wie sie im Geschäftsleben für Unternehmen üblich ist. Sie hebt sich durch ihr Erscheinungsbild ganz auffallend von allen übrigen Inseraten auf der betreffenden Seite des Bezirksjournales (mit Ausnahme jenes für die BVZ) ab, die ausnahmslos rein informativen Charakter tragen und dementsprechend auch nur ein unauffälliges Schriftbild aufweisen.

Verfehlt ist die Ansicht des Beschwerdeführers, es handle sich bei der gegenständlichen Einschaltung, weil sie dazu diene, die Mitarbeit der Frau Dr. L bekanntzugeben, "um deren Einschaltung". Der besagte Zweck der Einschaltung vermag nichts daran zu ändern, daß sie - unbestrittenermaßen - vom Beschwerdeführer veranlaßt wurde. Wie er bei seiner Vernehmung in der Disziplinarverhandlung vom 13. Oktober 1993 ausdrücklich deponierte, legte er selbst Größe und Gestaltung der Anzeige (die in erster Linie für ihren Charakter als "Werbung" bestimmend sind) fest. Bei dem im Gegensatz dazu stehenden nunmehrigen Beschwerdevorbringen, das Inserat sei "über ihren Wunsch eben in dieser Form erfolgt", handelt es sich somit um eine unbeachtliche, im Widerspruch zum Akteninhalt stehende Neuerung. Angesichts dessen stellt das vom Beschwerdeführer gerügte Unterbleiben der Vernehmung der genannten Tierärztin durch die belangte Behörde zum besagten Thema keinen Verfahrensmangel dar.

Die Beschwerde erweist sich in Ansehung des Schuldspruches als unbegründet.

Anderes gilt für den Strafausspruch. Die belangte Behörde hielt die Verhängung einer UNBEDINGTEN Geldstrafe für schuldangemessen und erforderlich, wobei sie die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd, das Zusammentreffen mehrerer Fakten hingegen als erschwerend wertete. Nach § 59 Abs. 4 TierÄG können von den in Abs. 1 Z. 1 bis 3 aufgezählten Disziplinarstrafen (schriftlicher Verweis, Geldstrafe, Berufsverbot) jene nach den Z. 2 und 3 bedingt unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von einem bis zu drei Jahren verhängt werden, wenn der Beschuldigte bisher keine andere Disziplinarstrafe als einen schriftlichen Verweis erhalten hat oder eine Disziplinarstrafe bereits getilgt ist. Wenn somit das Gesetz die Möglichkeit der Verhängung einer bedingten Disziplinarstrafe selbst bei Vorliegen einer Disziplinarstrafe, nämlich eines schriftlichen Verweises, (und ohne die Voraussetzung des Überwiegens von Milderungsgründen) vorsieht, erscheint angesichts der disziplinären Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ungeachtet des von der belangten Behörde angenommenen Erschwerungsgrundes jedenfalls die Verhängung einer UNBEDINGTEN Geldstrafe als verfehlt. Der angefochtene Bescheid ist insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

Die Aufhebung des Strafausspruches zieht nicht die Aufhebung auch des Kostenausspruches nach sich, weil das Ausmaß der zu ersetzenden Verfahrenskosten - anders als nach dem VStG - nicht von der Höhe der verhängten Strafe abhängt.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer (diese ist in dem in der genannten Verordnung festgesetzten Pauschalbetrag bereits enthalten) und überhöht verzeichnete Stempelgebühren für Beilagen (als Beilage war hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung lediglich eine Kopie des angefochtenen Bescheides erforderlich).

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