VwGH 95/19/1047

VwGH95/19/104726.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. August 1995, Zl. 102.382/5-III/11/94, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages i.A.

Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §33 Abs3;
AVG §73 Abs2;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1996:1995191047.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 29. Oktober 1992 bei der Bundespolizeidirektion Wien die Erteilung eines Sichtvermerkes für die mehrmalige Wiedereinreise nach Österreich. Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme vom 2. Dezember 1992 gab der Vater des Beschwerdeführers an, er halte sich aufgrund eines Sichtvermerkes vom 2. Mai 1990 mit Gültigkeitsdauer bis 25. März 1993 im Bundesgebiet auf. Mit einem - im zweiten Rechtsgang ergangenen - Bescheid vom 30. Juni 1993, dem Beschwerdeführer zugestellt am 1. Juli 1993, wies die Bundespolizeidirektion diesen Antrag ab. Aufgrund einer vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0557, den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. Juni 1993 infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf, weil sich aus den Umständen des Falles ergab, daß der Beschwerdeführer einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich zu begründen beabsichtigte, weshalb gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes (FrG) ein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt werden durfte und die sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung über den nunmehr als solchen gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) zu wertenden Antrag mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes auf die in § 6 Abs. 4 AufG genannte Behörde übergegangen ist. Nach den - mit der Aktenlage übereinstimmenden - Beschwerdebehauptungen erfolgte die Zustellung dieses Erkenntnisses am 28. Februar 1994. In Entsprechung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes übermittelte die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag zur Entscheidung an den Landeshauptmann von Wien, wo er am 5. Juli 1994 einlangte.

Mit seinem vom 14. September 1994 datierten, am 15. September 1994 zur Post gegebenen und nach der Aktenlage am 16. September 1994 bei der belangten Behörde eingelangten Devolutionsantrag macht der Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag auf den Bundesminister für Inneres geltend.

Mit Bescheid vom 11. August 1995 wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers "vom 16.09.1994" zurück. Aus dem Grunde des - von der belangten Behörde in der Fassung vor der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, angewendeten - § 9 Abs. 3 AufG sei die Erteilung weiterer Bewilligungen ausgeschlossen, sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht ist. Die Entscheidung über den - hier vorliegenden - anhängigen Antrag gemäß § 3 AufG sei auf das folgende Jahr zu verschieben. Im Zeitpunkt des Einlangens des Antrages des Beschwerdeführers (bei der erstinstanzlichen Behörde) sei eine Entscheidung infolge Ausschöpfung der Quote für Bewilligungen für das Jahr 1994 nicht möglich gewesen. Die Entscheidungspflicht der erstinstanzlichen Behörde sei erst mit der Festlegung einer Quote für das Folgejahr 1995 eingetreten. Bezogen auf das Antragsdatum seien die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Überganges der Entscheidungspflicht nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn der Beschwerdeführer betont, er habe den Devolutionsantrag am 14. September 1994 verfaßt und am 15. September 1994 zur Post gegeben, weshalb dieser nicht "vom 16.09.1994" stamme, ist festzuhalten, daß im Hinblick auf das nach der Aktenlage am 16. September 1994 erfolgte Einlangen des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde die oben wiedergegebene Formulierung im Spruch des angefochtenen Bescheides hinreichend deutlich klarstellt, daß die Zurückweisung eben dieses, mit 14. September 1994 datierten, am 15. September 1994 zur Post gegebenen und am 16. September 1994 bei der belangten Behörde eingelangten Devolutionsantrages erfolgte.

Die Zulässigkeit eines Devolutionsantrages ist ausschließlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Einbringung zu beurteilen (vgl. den hg. Beschluß vom 13. Oktober 1980, Zl. 2397/80, Slg. Nr. 10.263/A). Dabei steht die Postaufgabe der Übergabe an die Behörde gleich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1987, Zl. 85/04/0165). Die belangte Behörde hatte daher auf die am 15. September 1994 bestehende Sach- und Rechtslage abzustellen.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen. Absatz 2 der zitierten Gesetzesbestimmung ordnet an, daß die Zuständigkeit zur Entscheidung über Antrag einer Partei, der der Bescheid nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wurde, auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht.

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er die Auffassung vertritt, über seinen Antrag sei bislang kein Bescheid in der Sache erlassen worden. Vielmehr hat die Bundespolizeidirektion Wien zuletzt mit ihrem Bescheid vom 30. Juni 1993 eine Sachentscheidung getroffen, welche jedoch vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde. In einem solchen Fall beginnt die neuerliche Entscheidungsfrist mit dem Einlangen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Behörde zu laufen (vgl. die bei Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6 (1995), Rz 637, wiedergegebene Judikatur).

Selbst wenn man die Auffassung vertritt, daß eine Verzögerung der Weiterleitung des Antrages des Beschwerdeführers im Sinne des § 7 Abs. 7 FrG von der Bundespolizeidirektion Wien an den nunmehr zuständigen Landeshauptmann von Wien im Hinblick auf die seinerzeitige Antragstellung bei der zuständigen Behörde nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen darf, begann die Frist des § 73 Abs. 1 AVG erst mit der nach den - mit der Aktenlage übereinstimmenden - Beschwerdebehauptungen am 28. Februar 1994 erfolgten Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an die dort belangte Bundespolizeidirektion Wien.

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, wonach die für die Erteilung von Bewilligungen für das Jahr 1994 festgesetzte Quote spätestens am 5. Juli 1994 (dem Tag des Einlangens des Antrages bei der erstinstanzlichen Behörde) erschöpft war, nicht entgegen.

Gemäß § 9 Abs. 3 AufG in der aufgrund des Vorgesagten hier anzuwendenden Fassung vor der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, durfte die erstinstanzliche Behörde jedenfalls ab 5. Juli 1994 keine weiteren Bewilligungen erteilen. Sie hatte die Entscheidung über anhängige Anträge gemäß § 3 auf das folgende Jahr zu verschieben. Im Hinblick auf die Angaben seines Vaters in der niederschriftlichen Vernehmung vom 2. Dezember 1992 und auf den aus dessen vorgelegten Reisedokument hervorgehenden Umstand, daß dieser seit 2. Mai 1990 zum Aufenthalt im Inland berechtigt war, ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, daß ein Antrag des Beschwerdeführers "gemäß § 3 AufG" vorlag. Sie durfte daher aufgrund der positiven Anordnung des § 9 Abs. 3 a.F. AufG keine Bewilligung erteilen, den Antrag aus diesem Grunde auch nicht abweisen und hatte die Entscheidung über den Antrag auf das folgende Jahr zu verschieben. Die so modifizierte Frist des § 73 Abs. 1 AVG ist daher auch am 15. September 1994 noch nicht abgelaufen, sodaß der verfrühte Devolutionsantrag des Beschwerdeführers von der belangten Behörde zu Recht zurückgewiesen wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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