Normen
GewO 1973;
VwGG §28 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs1;
ZTG 1988 §1 Abs1;
ZTG 1988 §3 Abs1;
ZTG 1988 §3 Abs3;
ZTG 1988 Zolltarif Kap48 Anm11;
ZTG 1988 Zolltarif Kap48;
ZTG 1988 Zolltarif Kap49;
ZTG 1988 ZTNr482010;
ZTG 1988 Zolltarif Allgemeine Auslegungsvorschriften Pkt2a;
ZTG 1988 Zolltarif Allgemeine Auslegungsvorschriften Pkt3b;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1995:1990160085.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde stellte auf Antrag der Beschwerdeführerin mit Tarifbescheid vom 19. Februar 1990 gemäß § 3 Abs 1 ZolltarifG fest, daß die als "Erbhofchronik mit Dokumentation der Erbhöfe Oberösterreichs" bezeichnete Ware der nachstehend beschriebenen Art und Beschaffenheit als "Notizbücher, Tagebücher und ähnliche Waren" in die Unternummer 4820 10 des Zolltarifs einzureihen sei. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, bei der zu tarifierenden Ware handle es sich nach dem vorgelegten Muster um ein 408-seitiges, gebundenes, im Einfarbendruck hergestelltes Erzeugnis im Hochformat von rund 28,5 cm x 21 cm. Der rote Veloureinband trage in Goldprägung neben einem Wappen mit der Aufschrift "Erbhof" den (Haupt)Titel "Erbhof Chronik" sowie den (Unter)Titel "mit Dokumentation der Erbhöfe Oberösterreichs". Auf der dritten Seite sei nochmals der gleiche Aufdruck wie auf dem Einband angebracht. Nach dem Abdruck der oberösterreichischen Landeshymne, einem Vorwort des Herausgebers, dem Abdruck des Gesetzes über die Kennzeichnung altererbten bäuerlichen Besitzes in Oberösterreich sowie einer Ehrenurkunde beginne auf der achten Seite die "Erbhof Chronik" (in der Folge: Chronikteil). Der 260-seitige Chronikteil sei in Art von Formularen bedruckt und überwiegend für die Vervollständigung durch die Eintragung persönlicher, geschichtlicher oder sonstiger, den Erbhof oder die Betreiber des Erbhofes betreffenden Daten, vorgesehen. Zwischen den einzelnen Abschnitten des Chronikteiles seien auf manchen Seiten Sprüche, Gedichte und dergleichen abgedruckt. Nach Eintragung aller vorgesehenen Daten ergebe das Erzeugnis eine Chronik über einen bestimmten oberösterreichischen Erbhof. Dem Chronikteil folge die "Dokumentation der Erbhöfe Oberösterreichs" (in der Folge: Erbhofteil). Im 134-seitigen Erbhofteil seien - gegliedert nach Landesvierteln, politischen Bezirken und Gemeinden - alle oberösterreichischen Erbhöfe der Lage nach angeführt. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin sei das Erzeugnis urheberrechtlich geschützt und werde im Buchhandel vertrieben. Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht, das Erzeugnis stelle nach seiner inhaltlichen Gesamtgestaltung ein literarisches Werk dar, das geeignet sei, als Wissens- und Kulturgut auch an spätere Generationen überliefert zu werden, weswegen es als Buch in die Nummer 4901 des Zolltarifs einzureihen sei, könne nicht gefolgt werden. Gemäß § 7 Abs 1 ZollG sei für die Tarifierung einer Ware grundsätzlich deren Menge, Art und Beschaffenheit zur Zeit des Übertrittes über die Zollgrenze maßgebend. Bei den nach § 3 Abs 3 ZolltarifG dem Tarifbescheidverfahren zugrunde zu legenden Warenmustern müsse daher immer davon ausgegangen werden, diese befänden sich in dem nach § 7 Abs 1 ZollG maßgeblichen Zustand. Bei einer im Inland hergestellten Ware müsse analog geschlossen werden, die Muster seien im vorgelegten Zustand zu beurteilen bzw in den Zolltarif einzureihen. Für die Tarifierung dürfe eine Ware somit nicht nach einem durch Gebrauch veränderten Zustand, somit nach dem Ausfüllen des Chronikteiles, beurteilt werden. Nach Anmerkung 11 zum Kapitel 48 des Zolltarifs fielen mit - im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahmen - Papiere, Pappen, Zellstoffwatte und Waren aus diesen Stoffen, welche Aufdrucke oder bildliche Darstellungen aufwiesen, die gegenüber dem Hauptverwendungszweck nicht nebensächlich seien, in das Kapitel 49. Diese Anmerkung könne nur auf den Erbhofteil zutreffen, nicht jedoch auf den Chronikteil, der in Art von Formularen bedruckt sei. Die vorhandenen Drucke im Chronikteil dienten nämlich lediglich zur richtigen Vervollständigung der Formulare durch den Erwerber des Erzeugnisses und seien somit als unwesentliche (nebensächliche) Aufdrucke anzusehen. Der Chronikteil falle daher nicht in das Kapitel 49 des Zolltarifs. Vielmehr sei dieser Teil des Erzeugnisses entsprechend der einzutragenden Daten mit Notiz- oder Tagebüchern vergleichbar, in die gleichfalls in formularmäßigen Vordrucken Ereignisse verschiedener Art einzutragen seien. Der Chronikteil sei daher in die Unternummer 4820 10 des Zolltarifs einzureihen. Der Erbhofteil falle hingegen unter die Nummer 4901 des Zolltarifs. Das Erzeugnis sei somit aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen zusammengesetzt. Derartige Erzeugnisse seien nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des Zolltarifs (in der Folge: AV), wenn ihre Einreihung - wie im vorliegenden Fall - nicht nach AV 3 a erfolgen könne, nach AV 3 b so einzureihen, als würden sie zur Gänze aus jener Komponente (Stoff, Bestandteil oder Ware) bestehen, die ihr Wesen bestimme, sofern diese Feststellung getroffen werden könne. Eine das Wesen des Erzeugnisses bestimmende Komponente sei im Wert, im Gewicht sowie in der Bedeutung des Chronikteiles zu erblicken. Der Chronikteil umfasse nämlich rund 65 % des Erzeugnisses, weswegen auf Grund der einheitlichen Ausstattung bereits von einem wertmäßigen Überwiegen dieses Teiles auszugehen sei. Der Chronikteil überwiege auch gewichtsmäßig. Schließlich sei der Chronikteil für den Kauf und die Verwendung des Erzeugnisses wesentlich, weil dieser Teil zur Eintragung spezifischer Daten des Erbhofes oder der Betreiber des Erbhofes diene und somit den Ausschlag gebe, das Erzeugnis zu erwerben. Der Erbhofteil gebe dem Verwender des Erzeugnisses lediglich Hinweise, wo weitere Erbhöfe in Oberösterreich zu finden seien. Dies sei aber für die Verwendung des Erzeugnisses von untergeordneter Bedeutung. Der Chronikteil des Erzeugnisses sei daher im Sinn der AV 3 b als jene Komponente zu erachten, die wert- und gewichtsmäßig sowie hinsichtlich der Verwendung überwiege und somit wesensbestimmend sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Einreihung der "Erbhofchronik mit Dokumentation der Erbhöfe Oberösterreichs" in die Nr 4901 des Zolltarifs verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die belangte Behörde erstatteten weitere Schriftsätze.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie die belangte Behörde unter Hinweis auf die bereits erwähnten einschlägigen Bestimmungen des ZolltarifG sowie des ZollG zu Recht ausgeführt hat, ist eine im Inland hergestellte Ware nach dem Zustand des vorgelegten Musters zu tarifieren. Die weitwendigen Beschwerdeausführungen, wonach für eine Tarifierung jener Zustand maßgeblich sei, den das Erzeugnis nach seiner Vollendung haben sollte, gehen daher ins Leere. Der Chronikteil ist - wie von der belangten Behörde im Einklang mit dem von ihr vorgelegten Warenmuster richtigerweise ausgeführt - in Art von Formularen bedruckt und bedarf, um als Chronik im Sinn des Sprachgebrauches angesehen werden zu können, noch der Eintragung persönlicher oder sachlicher geschichtsbezogener Daten. Erst nach der zukünftigen Eintragung dieser Daten kann von einem Geschichtswerk (Chronik im Sinn des Sprachgebrauches, vgl Brockhaus Enzyklopädie, 17. Auflage, 4. Band, 47) und somit einem Buch die Rede sein. Der Chronikteil weist daher in dem für die Tarifierung maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht die wesentlichen Merkmale der vollständigen oder fertigen Ware auf, weswegen für dessen Einreihung auch nicht die AV 2 a herangezogen werden kann.
Der Ansicht der Beschwerdeführerin, das Erzeugnis sei auf die Erstellung eines Gesamtwerkes ausgerichtet, wird zugestimmt. Es handelt sich somit - was beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verkannt haben - um kein aus verschiedenen Bestandteilen bestehendes Erzeugnis (vgl das hg Erkenntnis betreffend ein Milchschokoladeei mit Kinderüberraschung vom 21. November 1979, 1316/79, Slg Nr 5430/F). Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 12. Februar 1986, 85/16/0116, Slg Nr 6075/F, ausgeführt hat, ist bei Erzeugnissen, die nicht aus verschiedenen Bestandteilen bestehen, die nur zweitrangig geltende AV 3 b nicht anwendbar. Es ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde mit einer unrichtigen Begründung zu einem rechtlich richtigen Ergebnis gelangt ist.
Über die objektive Beschaffenheit des zur tarifierenden Erzeugnisses besteht kein Streit. Der Rechtsstreit geht ausschließlich um die Frage, ob das Erzeugnis in das Kapitel 48 oder in das Kapitel 49 des Zolltarifs einzureihen ist. Diese beiden konkurrierenden Kapitel werden voneinander durch die Anmerkung 11 zum Kapitel 48 abgegrenzt. Danach fallen mit - im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahmen - Papiere, Pappen, Zellstoffwatte und Waren aus diesen Stoffen, welche Aufdrucke oder bildliche Darstellungen aufweisen, die gegenüber dem Hauptverwendungszweck nicht nebensächlich sind, in das Kapitel 49.
Allen im Kapitel 49 des Zolltarifs aufgezählten Waren (des Buchhandels und des graphischen Gewerbes) ist gemeinsam, daß ihr Zweck durch den Druck, den sie tragen, bestimmt ist und sie damit zum Lesen dienen sollen. Ihre Merkmale bestehen in gedruckten (teilweise auch handgeschriebenen) Buchstaben, Bildern und Zeichnungen.
Wie die belangte Behörde zu Recht festgestellt hat, liegt der Hauptverwendungszweck des Chronikteiles in der zukünftigen Eintragung von Daten und nicht im Lesen. Nun wäre es aber im Sinn der obigen Ausführungen Aufgabe der belangten Behörde gewesen, den Hauptverwendungszweck des gesamten Erzeugnisses (und nicht bloß des Chronikteiles) festzustellen. Dies hat sie rechtswidrigerweise unterlassen. Daraus ist aber für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Wie sich aus dem vorgelegten Muster ergibt, besteht der Hauptverwendungszweck des gesamten Erzeugnisses in der Eintragung von Daten. Sowohl die Aufdrucke im Chronikteil als auch die bloße Dokumentation der Erbhöfe Oberösterreichs im Erbhofteil dienen ihrem Hauptverwendungszweck nach nicht zum Lesen. Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, ist der Chronikteil für den Kauf und die Verwendung des Erzeugnisses wesentlich, weil dieser Teil zur Eintragung spezifischer Daten des Erbhofes oder der Betreiber des Erbhofes dient und somit den Ausschlag gibt, das Erzeugnis zu erwerben. Der Erbhofteil hingegen gibt dem Verwender des Erzeugnisses lediglich Hinweise, wo weitere Erbhöfe in Oberösterreich zu finden sind, was aber für die Verwendung des Erzeugnisses von untergeordneter Bedeutung ist. Es ist daher gegenüber der eigentlichen Zweckbestimmung "nebensächlich" im Sinn der Anmerkung zum Kapitel 48 des Zolltarifs, als liniertes Papier dem Schreiben (Beschreiben) zu dienen.
Mit dem Hinweis, das Erzeugnis sei aufwendig gestaltet und stelle daher ein höherwertiges Gesamtwerk dar, das keineswegs mit Papier als Hilfsmittel für Notizen, mit kurzen täglichen Aufzeichnungen und mit sonstigen Erinnerungen für das tägliche Leben verglichen werden könne, zeigt die Beschwerdeführerin ebenso wie mit ihren Ausführungen zur Gewerbeordnung betreffend den Buchhandel nicht auf, daß der Hauptverwendungszweck des gesamten Erzeugnisses im Lesen liegt. Auch Tagebücher, die in die Unternummer 4820 10 des Zolltarifs einzureihen sind, können aufwendig gestaltet sein. Auf Bestimmungen der Gewerbeordnung kommt es bei der Tarifierung einer Ware nicht an.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Überschrift zu Kapitel 49 des Zolltarifs stelle eine sehr gute Abgrenzung zwischen dem Kapitel 48 und dem Kapitel 49 dar, wird bemerkt, daß nach AV 1 die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Unterkapitel für die Einreihung von Waren in den Zolltarif nur Hinweise darstellen; maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Nummern und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln.
Abgesehen davon, daß die Behauptung der Beschwerdeführerin, Papier als bearbeiteter Informationsträger sei stets unter Kapitel 49 des Zolltarifs einzureihen, unzutreffend ist, hat das unausgefüllte Erzeugnis hinsichtlich des Chronikteiles überhaupt keinen, hinsichtlich des Erbhofteiles nur einen geringen Informationswert.
Die von der Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihrer Ansicht herangezogenen "ideellen Werte" des Chronikteiles liegen vor dessen Ausfüllung nicht vor und sind überdies irrelevant, weil Waren grundsätzlich nach ihrer objektiven Beschaffenheit zu tarifieren sind (vgl das hg Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, 87/16/0118, Slg Nr 6273/F, mwA).
Was die Ausführungen der Beschwerdeführerin bezüglich anderer möglicher Sachverhalte betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß nicht irgendein fiktiver Sachverhalt, sondern nur der dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegende maßgeblich ist.
Mit dem Hinweis, ein Zollamt habe gleichartige Waren unter der Nummer 4901 des Zolltarifs zum freien Verkehr abgefertigt, zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ebenso nicht auf, wie mit einem solchen auf Erlässe ausländischer Zollbehörden.
Wenn die Beschwerdeführerin meint, die belangte Behörde hätte ihr die angestellten Überlegungen vorhalten müssen, verkennt sie das Wesen des Parteiengehörs. Dieses erstreckt sich nur auf sachverhaltsbezogene Umstände, nicht jedoch auf Rechtsansichten (vgl das hg Erkenntnis vom 11. August 1993, 91/13/0201, mwA). Die belangte Behörde war daher keineswegs verpflichtet, die aus dem vorgelegten Warenmuster gezogenen rechtlichen Schlüsse der Beschwerdeführerin vorzuhalten. Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt somit nicht vor.
Da die belangte Behörde zu einem im Spruch richtigen Ergebnis gelangt ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht mit Aufhebung des - unrichtig begründeten - Bescheides vorgehen, weil er mit keiner Rechtswidrigkeit im Sinn des § 42 Abs 2 VwGG belastet ist. Denn eine Beschwerde ist auch dann als unbegründet abzuweisen, wenn die belangte Behörde mit einer unrichtigen Begründung zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangt ist (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, 92/15/0019, mwA).
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet
und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl Nr 416/1994.
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