VwGH 91/07/0113

VwGH91/07/011310.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla, Dr. Kratschmer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde 1. des J, 2. der M, 3. des W, 4. des R, 5. der H, 6. der E, 7. der K und 8. der Wa, alle in MM, alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Juni 1991, Zl. 710.835/04-OAS/91, betreffend einen Devolutionsantrag, zu Recht erkannt:

Normen

AgrVG §1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
FlVfGG §1;
FlVfLG NÖ 1975 §1;
AgrVG §1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
FlVfGG §1;
FlVfLG NÖ 1975 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (AB) erließ im Zusammenlegungsverfahren MM den Zusammenlegungsplan durch Auflage zur allgemeinen Einsicht in der Zeit vom 12. bis 26. Juni 1990. Gegen diesen Bescheid haben unter anderem die Beschwerdeführer eine am 9. Juli 1990 zur Post gegebene und am 10. Juli 1990 bei der AB eingelangte gemeinsame Berufung erhoben.

Mit am 13. März 1991 bei der belangten Behörde eingelangter Eingabe vom 11. März 1991 stellten die Beschwerdeführer gemäß § 73 AVG den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Juni 1991 wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 1 AgrVG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG als unbegründet ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, den Verwaltungsakten sei zwar kein Verschulden der Beschwerdeführer zu entnehmen, doch sei auch kein Verschulden der Behörden an der Verzögerung zu ersehen. Jede Grundstückszusammenlegung stelle - wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in mehreren Entscheidungen ausgeführt habe - ein sehr komplexes Verfahren dar. Dem Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (LAS) - bei diesem ist die Berufung der Beschwerdeführer anhängig - sei zuzustimmen, wenn er davon ausgehe, daß die Bearbeitung der insgesamt 43 in einem gewissen Zusammenhang zueinander stehenden, gegen den Zusammenlegungsplan MM eingebrachten Berufungen umfangreiche Erhebungen und Verhandlungen zur Voraussetzung habe. Die AB habe bereits bis zur Vorlage der Berufung an den LAS am 5. November 1990 eine Reihe von teilweise erfolgreichen Schlichtungsverhandlungen durchgeführt. Es sei einsichtig, daß in der Folge wegen der winterlichen Witterung Erhebungen nicht möglich gewesen seien. Demgemäß könne dem LAS ein ausschließliches Verschulden an der nicht fristgerechten Berufungsentscheidung nicht angelastet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die von ihnen eingebrachte Berufung auf die belangte Behörde verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem zufolge § 1 AgrVG 1950 auch im Agrarverfahren anzuwendenden § 73 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen (Abs. 1).

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen geht, wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wird, auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Den Verwaltungsakten kann nicht entnommen werden, daß die Verzögerung der Entscheidung im Beschwerdefall auf ein Verschulden der Beschwerdeführer zurückzuführen wäre. Auch ist den Beschwerdeführern beizupflichten, wenn sie die Auffassung vertreten, daß allein der Umstand, daß es sich bei einem Zusammenlegungsverfahren um eine komplexe Materie handelt, nicht ausreichen kann, vom Vorliegen eines unüberwindlichen, einer im Sinne der zitierten Gesetzesstelle fristgerechten Entscheidung über eine in einem derartigen Verfahren erhobene Berufung entgegenstehenden Hindernisses auszugehen. Das der Beschwerde zugrunde liegende Verwaltungsverfahren ist allerdings dadurch gekennzeichnet, daß gegen den in diesem Verfahren erlassenen Zusammenlegungsplan 43 Berufungen erhoben wurden. Bei einer derart großen Zahl von Berufungen und bei dem von der belangten Behörde zu Recht aufgezeigten Zusammenhang der Berufungen gegen den Zusammenlegungsplan untereinander - bei Abänderung einer Abfindung müssen als deren Folge Änderungen bei anderen Abfindungen in Betracht gezogen werden - kann aber die Aufwendigkeit und Langwierigkeit des durchzuführenden ergänzenden Ermittlungsverfahrens nicht außer Betracht bleiben. Dazu kommt noch, daß, wie die belangte Behörde unwidersprochen dargelegt hat, einerseits Schlichtungsverhandlungen durchgeführt wurden und andererseits die Durchführung des ergänzenden Ermittlungsverfahrens im Beschwerdefall durch die winterliche Witterung behindert war. Ist aber die Verzögerung im Sinne des dritten Satzes von § 73 Abs. 2 AVG auf die Erforderlichkeit eines über die Dauer der in Abs. 1 dieses Paragraphen festgelegten Entscheidungsfrist hinausgehenden Ermittlungsverfahrens zurückzuführen, so kann von einem ausschließlichen Verschulden der Behörde an der Verzögerung nicht gesprochen werden (vgl. u.a. die

hg. Erkenntnisse vom 3. Februar 1977, Zl. 1146/76, und vom 12. Dezember 1989, Zl. 89/04/0104).

Im Beschwerdefall ergibt sich sohin, daß die Verzögerung nicht auf ein ausschließliches Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Demgemäß hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht zu Recht abgewiesen.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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