Normen
ABGB §295;
AVG §45 Abs3;
EisbEG 1954;
LStG Krnt 1978 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1978 §36;
LStG Krnt 1978 §38 Abs3;
LStG Krnt 1978 §38 Abs5;
LStG Krnt 1978 §38;
LStG Krnt 1978 §4;
LStG Krnt 1978 §42 Abs1;
LStG Krnt 1978 §42;
LStG Krnt 1978 §6;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ABGB §295;
AVG §45 Abs3;
EisbEG 1954;
LStG Krnt 1978 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1978 §36;
LStG Krnt 1978 §38 Abs3;
LStG Krnt 1978 §38 Abs5;
LStG Krnt 1978 §38;
LStG Krnt 1978 §4;
LStG Krnt 1978 §42 Abs1;
LStG Krnt 1978 §42;
LStG Krnt 1978 §6;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei stellte mit Schriftsatz vom 24. Jänner 1983 den Antrag, zur Durchführung des Ausbaues der L 129, Petzen Straße, im Bauabschnitt "Gonowetz-Petzenkönig" eine Reihe von Grundflächen unter anderem der Beschwerdeführerin zu enteignen. In der Begründung dieses Antrages wird im wesentlichen ausgeführt, um den bestehenden Straßenverlauf grundbücherlich durchführen zu können, sei es notwendig gewesen, eine katastrale Vermessung vorzunehmen, weil die Petzen Straße seit dem Bestehen der amtlichen Katastermappe in dieser unverändert dargestellt sei, jedoch in der Natur eine größere Fahrbahnbreite aufweise.
Mit Kundmachung vom 2. März 1983 wurde unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 und unter Bezugnahme auf den Enteignungsantrag eine Verhandlung für den 23. März 1983 anberaumt.
Bei der mündlichen Verhandlung am 23. März 1983 gab die Beschwerdeführerin folgende Erklärung ab:
"Ich erkläre meine Zustimmung zu den ermittelten Entschädigungsbeträgen, bin jedoch mit dem Umfange und dem Ausmaß der Inanspruchnahme meiner Grundstücke nicht einverstanden."
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurden "gemäß §§ 36 - 38 des Kärntner Straßengesetzes 1978, LGBl. Nr. 33, in Verbindung mit den Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954 (im folgenden: EisbEG), nach Maßgabe des eingereichten, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Grundeinlöseplanes" Grundflächen der Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin unter Vorschreibung von Auflagen "dauernd zugunsten des öffentlichen Gutes des Bundeslandes Kärnten (Landesstraßenverwaltung)" enteignet. Im Spruch des Bescheides wurde auch eine Entschädigung festgesetzt.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe erklärt, mit dem Umfang und dem Ausmaß der Inanspruchnahme ihrer Grundstücke nicht einverstanden zu sein. Der beigezogene straßenbautechnische Sachverständige habe hinsichtlich der Notwendigkeit des Umfanges der Enteignung folgende Stellungnahme abgegeben:
"Im Bereich der Liegenschaft L wurde im Zuge der Vermarkung wie auf der gesamten Strecke nur der Bestand vermarkt. Die Straße weist hier eine Breite von ca. 4 m auf und ist in der Linkskurve im Sinne der Kilometrierung etwas aufgeweitet. Durch die Dammlage in diesem Bereich ergibt sich ein Abstand gemessen vom Bankette-Rand zum Grenzpunkt 1250 von 2,50 m, bis zum Grenzpunkt 1174 ein Abstand von 1,80 m und bis zum Grenzpunkt 1172 ein solcher von 1,40 m. Im Bereich der Eigentumsgrenze Grenzpunkt 1170 ergibt sich ein Abstand von 90 cm zum Bankette-Rand. Der bestehende Holzzaun verläuft durchwegs hinter der neu ausgezeigten Grenze. Die zwischen dem Zaun und der Straße gelegenen Böschungsflächen dienen der Schneedeponie.
Die Vermarkung des übernommenen Bestandes erfolgte im Sinne des Landesstraßengesetzes 1978, LGBl. Nr. 33, in der Novelle LGBl. Nr. 25/1981, wonach auch Böschungen Bestandteile der öffentlichen Straße sind."
Wie es in der Begründung weiters heißt, seien gemäß § 4 des Landesstraßengesetzes 1978 Fahrbahnen, Gehsteige, Radfahrstreifen, Haltestellenbuchten, Straßenbankette, Straßengräben und andere Straßenentwässerungsanlagen, DAMM- UND EINSCHNITTSBÖSCHUNGEN der Straßen, Brücken und andere Straßenbauwerke, Bestandteile der öffentlichen Straßen. Aus dem Gutachten des straßenbautechnischen Sachverständigen ergebe sich, daß der Umfang der gegenständlichen Grenzvermarkung eindeutig im Einklang mit der Begriffsbestimmung der Bestandteile von öffentlichen Straßen stehe. Die gegenständliche Enteignung sei daher im beantragten Umfange gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1986, B 327/83-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in ihrem Recht verletzt, nicht enteignet zu werden bzw. anstelle des Entzuges des Eigentumsrechtes, in diesem durch Einräumung eines dinglichen Rechtes bloß beschränkt zu werden. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 1 des Kärntner Straßengesetzes 1978, LGBl. Nr. 33, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 44/1988 (im folgenden: KrntStrG), sind Fahrbahnen, Gehsteige, Radfahrstreifen, Haltestellenbuchten, Straßenbankette, Straßengräben und andere Straßenentwässerungsanlagen, Damm- und Einschnittsböschungen der Straßen, Brücken und andere Straßenbauwerke Bestandteile der öffentlichen Straße.
Nach § 6 KrntStrG sind unter Herstellung von Straßen im Sinne dieses Gesetzes der Neubau einschließlich der Übernahme in der Natur bereits bestehender Straßen, an denen kein Gemeingebrauch besteht, in die Erhaltungspflicht, Ausbau, Umbau, die Umlegung und sonstige Verbesserungen öffentlicher Straßen, unter Straßenerhaltung die Instandhaltung, Pflege (technisch wirtschaftliche Betreuung), die Wahrnehmung und Vertretung des Straßeninteresses zu verstehen.
Nach § 36 Abs. 1 lit. a KrntStrG kann für die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen (§ 4) das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung dinglicher Rechte an solchen, im Wege der Enteignung von der Straßenverwaltung in Anspruch genommen werden.
Nach § 38 KrntStrG ist die Enteignung für Landesstraßen bei der Landesregierung zu beantragen, wobei dem Antrag die zur Beurteilung der Angelegenheiten erforderlichen Pläne und sonstigen Behelfe, insbesondere ein Verzeichnis der Grundstücke mit den Namen und Wohnorten der zu enteignenden Personen, den Ausmaßen der in Anspruch genommenen Grundflächen, schließlich die Grundbuchsauszüge anzuschließen sind. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung u.a. bei Landesstraßen die Landesregierung unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954. Nach § 38 Abs. 3 KrntStrG hat das Enteignungserkenntnis eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten.
Eine Berufung gegen die im Verwaltungswege zuerkannte Entschädigung ist nach § 38 Abs. 5 zweiter Satz KrntStrG unzulässig; doch kann jeder der beiden Teile, wenn er sich durch diese Entscheidung benachteiligt erachtet, binnen einem Jahre nach dem Eintritt der Rechtskraft des Enteignungserkenntnisses die Feststellung des Betrages der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle tritt mit der Anrufung des Gerichtes der Bescheid hinsichtlich der Entschädigung außer Kraft.
Nach § 42 Abs. 1 KrntStrG sind die Eigentümer der an eine öffentliche Straße angrenzenden Grundstücke verpflichtet, u.a. das Abräumen des Schnees von der Fahrbahn auf ihren Grund ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß mangels eines gesonderten Bewilligungsverfahrens - unter Beiziehung der Anrainer - die Enteigneten ihre Einwendungen gegen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Straßenführung im Enteignungsverfahren geltend machen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1980, Slg. N.F. Nr. 10.176/A).
In diesem Zusammenhang folgt der Verwaltungsgerichtshof weiters der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. Nr. 8981/1980 dargelegten Rechtsauffassung, wonach die innere Rechtfertigung des in der Enteignung liegenden Eingriffes in das grundsätzlich als unverletzlich geschützte Eigentum darin liegt, daß die Erfüllung bestimmter, dem allgemeinen Besten - dem öffentlichen Interesse, dem öffentlichen Wohl - dienender und als solche gesetzlich festgelegter Aufgaben nur unter der Voraussetzung möglich ist, daß eine Sache dem Eigentümer entzogen und auf die öffentliche Hand übertragen wird. Das Institut der Enteignung führt zwangsläufig zu einer Vermögensverschiebung, diese ist jedoch nicht der Zweck der Enteignung; die Enteignung hat von ihrer Anlage her nicht die Beschaffung von Vermögenswerten durch die öffentliche Hand zum Gegenstand.
Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst unter dem Blickwinkel der mangelnden Notwendigkeit gegen die Enteignung (überhaupt). Sie bringt dazu vor, aus dem Gutachten, das in die Begründung des angefochtenen Bescheides übernommen worden sei, ergebe sich, daß die zwischen dem Zaun und der Straße gelegenen Böschungsflächen der Schneedeponie dienten. Andere Überlegungen für die Notwendigkeit der Enteignung im angezogenen Ausmaß bis zum Böschungsfuß seien im angefochtenen Bescheid nicht angeführt worden. Dieser Zweck der Schneedeponie sei jedoch bereits durch die Bestimmung des § 42 Abs. 1 KrntStrG erfüllt.
Die Beschwerdeführerin ist schon damit im Recht, daß allein auf den Umstand, die hier in Frage stehenden Böschungsflächen dienten der Schneeablagerung, im Hinblick auf die Duldungspflicht des § 42 Abs. 1 KrntStrG unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung einer öffentlichen Straße die Notwendigkeit der Enteigung nicht gegründet werden kann.
Die Beschwerdeführerin ist aber auch insoweit, als sie das flächenmäßige Ausmaß der in Anspruch genommenen Grundflächen bekämpft, im Ergebnis schon aus folgenden Überlegungen im Recht:
Die belangte Behörde beschränkte sich nach der Begründung im angefochtenen Bescheid - und zwar hinsichtlich des (flächenmäßigen) Ausmaßes - im wesentlichen auf die Feststellung, daß die in Anspruch genommene Fläche mit den Grenzlinien der tatsächlich in der Natur bereits bestehenden Straßenböschung der öffentlichen Straße übereinstimme. Darauf kommt es nach dem Gesetz aber nicht an (der Fall "der Übernahme in der Natur bereits bestehender Straßen, an denen kein Gemeingebrauch besteht, in die Erhaltungspflicht," liegt von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbestritten nicht vor). Entscheidungswesentlich ist allein, ob das Straßenbauvorhaben FÜR die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straße notwendig und zweckmäßig (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 10.176/A) ist; nicht aber, wie - losgelöst von diesen Gesichtspunkten - das Straßenbauvorhaben (bereits) tatsächlich ausgeführt wurde.
Abgesehen davon, daß dem Gesetz kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden kann, würde die von der belangten Behörde vertretene Auffassung dazu führen, daß dem Enteigneten mit dem bloßen Hinweis auf das bereits tatsächlich durchgeführte Straßenbauvorhaben die Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen hinsichtlich der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Straßenbauvorhabens bzw. dessen Umfanges abgeschnitten würde.
In der Richtung aber, ob FÜR die Errichtung und Erhaltung der in Frage stehenden öffentlichen Straße das Straßenbauvorhaben - insbesondere aus dem Blickwinkel des flächenmäßigen Ausmaßes der durch die Enteignung in Anspruch genommenen Grundflächen - notwendig und zweckmäßig ist, hat die belangte Behörde, ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht, es unterlassen, die im Sinne obiger Ausführungen wesentlichen Feststellungen zu treffen. Der angefochtene Bescheid war schon aus den oben angeführten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß weiters auf das Beschwerdevorbringen, soweit es sich gegen den Ausspruch über die Enteignung richtet, einzugehen war.
Soweit sich freilich die Beschwerdeführerin dagegen wendet, daß eine Entschädigung für den auf den enteigneten Grundflächen bestehenden Bewuchs hätte festgesetzt werden müssen, so genügt der Hinweis auf § 295 ABGB und darauf, daß erst mit der Absonderung vom Grund derartige Bodenbestandteile selbständige Sachen werden bzw. bis dahin derartige unselbständige Bestandteile sachenrechtlich notwendig das Schicksal der Hauptsache teilen. Von einem (selbständigen) Ausspruch über die Enteignung des in Frage stehenden Bewuchses und derart vom Fehlen eines Entschädigungsausspruches kann somit gar keine Rede sein. Das Beschwerdevorbringen richtet sich vielmehr in Wahrheit gegen die Höhe der festgesetzten Entschädigung für die enteigneten Grundflächen. Der Kärntner Landesgesetzgeber hat aber, wie in allen modernen Enteignungsgesetzen üblich, hinsichtlich der Entschädigung eine sukzessive Zuständigkeit zwischen Verwaltungsbehörden und Gerichten angeordnet. In derartigen Fällen, in denen der Bescheid hinsichtlich der Entschädigung außer Kraft tritt, sind weder Rechtsmittel noch Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zulässig. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es daher auch verwehrt, auf ein derartiges Vorbringen einzugehen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
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