VwGH 89/07/0048

VwGH89/07/00484.7.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde der Zusammenlegungsgemeinschaft F, vertreten durch den Obmann GB in F, dieser vertreten durch Dr. Josef SAILER, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, Burgenlandstraße 4, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. Jänner 1989, Zl. VI/3-AO-254/12, betreffend Kosten der Errichtung der gemeinsamen Anlagen im Zusammenlegungsverfahren F (mitbeteiligte Partei: JS in A), zu Recht erkannt:

Normen

FlVfLG NÖ 1975 §115 Abs3;
FlVfLG NÖ 1975 §115 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 10. Jänner 1989 wurde der Berufung des Mitbeteiligten (MB) gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde vom 20. September 1988 teilweise Folge gegeben und dieser Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 sowie § 115 Abs. 3 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. Nr. 6650-3 (FLG), dahin abgeändert, daß der MB von den Kosten der Errichtung der gemeinsamen Anlagen im Zusammenlegungsverfahren F zu Lasten aller übrigen Parteien befreit wurde.

Dabei ging die belangte Behörde von folgendem (unbestrittenen) Sachverhalt aus:

Für den (einzigen) alten Besitzkomplex des MB im Ausmaß von 1,4977 ha wurde ihm das ungefähr an der gleichen Stelle liegende Abfindungsgrundstück 1863 im Ausmaß von 1,4019 ha zugewiesen. Die südliche Längsgrenze gegen den Wald blieb gemäß dem Altbestand unverändert, während die westliche Stirnseite zwar begradigt wurde, aber nach wie vor an die bestockte Böschungsoberkante eines Steinbruches angrenzt. Die östliche Kopfbreite stößt nun an einen öffentlichen Weg an. Nur die nördliche Längsgrenze wurde derart verschwenkt, daß sich dadurch die Keilform des Ackers gleichsam umgedreht hat und die östliche Seite nun breiter ist als die westliche (was vorher genau umgekehrt war). Auf Grund eben dieser Verschwenkung und der Begradigung der westlichen Stirnseite ergab sich ein Flächenverlust von 470 m2 bei einer durchschnittlichen Bonitätsverbesserung; weitere 488 m2 Grundverlust stellten den Beitrag des Beschwerdeführers für gemeinsame Anlagen dar. Die Grenze gegen den Wald wurde nach dem letzten ruhigen Besitzstand vermarkt.

Im Falle des MB habe weder eine Flächenreduktion (gemeint offenbar: Verringerung der Besitzkomplexe) noch eine Formverbesserung stattgefunden. Nach dem glaubwürdigen Vorbringen des MB habe schon vor der Zusammenlegung eine ausreichende Zufahrt, wenn auch nicht auf einem öffentlichen Weg, bestanden. Der neugeschaffene, als öffentliche Verkehrsfläche ausgeschiedene Weg werde nicht ausgebaut, bewirke also kaum eine Verbesserung der Zufahrtsverhältnisse; hiefür stelle der Flächenbeitrag des MB für die gemeinsamen Anlagen ein ausreichendes Äquivalent dar. Es erschiene demnach für den MB als offensichtliche und unbillige Härte im Sinne des § 115 Abs. 3 FLG, zöge man ihn zur Bezahlung von Errichtungskosten für die gemeinsamen Anlagen heran.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Zusammenlegungsgemeinschaft erachtet sich in ihren Rechten auf gesetzmäßige Anwendung der Kostenbefreiungsbestimmung des § 115 Abs. 3 FLG und auf Entscheidung erst nach Durchführung eines von Mängeln freien Verfahrens verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der MB hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 114 Abs. 1 FLG haben die Parteien unbeschadet der Bestimmungen des § 8 AgrVG 1950 bestimmte, im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens auflaufende Kosten zu tragen. Gemäß § 115 Abs. 1 FLG sind die gemäß § 114 anfallenden Kosten, wenn nichts anderes vereinbart wurde, nach dem Verhältnis der Werte der Grundabfindungen auf die Parteien umzulegen. Die Beiträge sind nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfes in Teilbeträgen einzuheben, die, solange der Aufteilungsschlüssel noch nicht feststeht, nach einem vorläufigen Schlüssel vorzuschreiben und als Abschlagszahlungen zu verrechnen sind. Soweit es zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten für einzelne Parteien erforderlich ist, hat die Behörde gemäß § 115 Abs. 3 FLG diese Parteien zu Lasten aller übrigen oder einzelner anderer Parteien, die aus dem Verfahren unverhältnismäßig größere Vorteile ziehen, von den Kosten ganz oder teilweise zu befreien.

Die Beschwerdeführerin meint, für den MB komme dadurch ein Vorteil zustande, daß an die Stelle der bis dahin bestandenen Zufahrtsmöglichkeit zu seinem Besitzkomplex nunmehr ein öffentlicher Weg trete, wodurch sich die rechtliche Stellung des Beschwerdeführers hinsichtlich dieser Erschließung verbessern würde. Wenn aber für den MB ein Vorteil zustande komme, dann sei es rechtlich verfehlt, auf der Grundlage des § 115 Abs. 3 FLG eine Kostenbefreiung zu verfügen. Dazu beruft sich die Beschwerdeführerin u.a. auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 1987, Zl. 86/07/0189.

In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, unbillige Härten im Sinne des § 115 Abs. 3 FLG müßten mit einem aus dem Verfahren für andere Parteien erfließenden Vorteil im Zusammenhang stehen. Aus dem dem damaligen Beschwerdefall zugrunde gelegenen Sachverhalt habe sich jedoch nicht ergeben, daß dem damaligen Beschwerdeführer durch das Zusammenlegungsverfahren unverhältnismäßige Nachteile zugefügt worden seien.

Im vorliegenden Fall hat demgegenüber die belangte Behörde festgestellt, mit Rücksicht darauf, daß das Zusammenlegungsverfahren F für den MB weder eine Reduktion der Besitzkomplexe bringen konnte noch eine Verbesserung der Grundstücksform tatsächlich gebracht hat, sei im Flächenbeitrag des MB für gemeinsame Anlagen ein "ausreichendes Äquivalent" für eine allenfalls anzunehmende (geringfügige) Verbesserung der Zufahrtsverhältnisse zu erblicken; eine darüber hinausgehende Heranziehung des MB zur Bezahlung von Errichtungskosten für gemeinsame Anlagen erschiene hingegen als eine offensichtliche und unbillige Härte.

Bei dieser Sachlage vermag der Verwaltungsgerichtshof die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung ihrer Rechte durch den angefochtenen Bescheid nicht zu erkennen. Bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über den Befreiungsantrag des MB war nämlich mit Rücksicht auf die diesem zugedachte Abfindung erkennbar, daß ihm durch das Zusammenlegungsverfahren - und zwar im Verhältnis zu den anderen Verfahrensparteien - offensichtliche und unbillige Härten drohten. Durch die Zuweisung einer Abfindung für seinen einzigen, unbestritten erschlossenen Altkomplex im Wege eines wie dieser ungünstig geformten Grundstückes in derselben Lage war für den MB -

im Gegensatz zu den anderen Verfahrensparteien - kein Vorteil aus der Zusammenlegung zu erwarten. Dies aber stellt, im Zusammenhang mit der der vom MB für gemeinsame Anlagen abverlangten Grundabtretung, den von der Beschwerdeführerin nicht erkannten, für den MB unverhältnismäßigen Nachteil dar, welcher seine Beteiligung an den Errichtungskosten für gemeinsame Anlagen als offensichtliche und unbillige Härte erscheinen läßt und daher seine Kostenbefreiung gemäß § 115 Abs. 3 FLG rechtfertigte (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1982, Zl. 81/07/0222).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989. Wien, am 4. Juli 1989

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