VwGH 88/15/0032

VwGH88/15/003216.10.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde der X-Bank in W, vertreten durch Dr. Peter Avancini, Rechtsanwalt in Wien IX, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. Dezember 1987, Zl. GA 11 - 1230/1/87, betreffend Gebühren für ein Rechtsgeschäft, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1053;
BewG 1955;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33;
GmbHG §67;
GmbHG §76;
GmbHG §78;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:

Eine Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Mainz (BRD) - in der Folge: Abtretende - war Gesellschafterin einer Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien. Der Geschäftsanteil der Abtretenden entsprach einer - zur Hälfte bar eingezahlt gewesenen - Stammeinlage im Nennbetrag von S 49 Mio.

Mit "Abtretungsanbot" vom 3. Oktober 1984, worüber von einem öffentlichen Notar in Wien ein Notariatsakt aufgenommen wurde, bot die Abtretende der Beschwerdeführerin (eine Kreditunternehmung mit Sitz in Wien) S 40 Mio ihres Geschäftsanteiles zur Übernahme an. Nach Punkt II. zweiter Satz dieses Anbotes entspreche der Kaufpreis dem Nominalwert, wobei im Hinblick auf die geleistete Einzahlung ein Preis von S 20 Mio gezahlt werde und die Beschwerdeführerin gleichzeitig die Verpflichtung en entsprechend den Bedingungen des Gesellschaftsvertrages und des GesmbHG zur Einzahlung der noch nicht geleisteten Einlage von S 20 Mio übernehme.

Nach Punkt IV. der "Annahmeerklärung" vom 4. Oktober 1984, worüber derselbe Notar einen Notariatsakt aufnahm, nahm die Beschwerdeführerin das angeführte Anbot durch ihren Bevollmächtigten vollinhaltlich an. In der schriftlichen Vollmacht vom 3. und 4. Oktober 1984 wurde der Bevollmächtigte ermächtigt, für die Beschwerdeführerin das notarielle Anbot vom 3. Oktober 1984 anzunehmen, "womit diese uns einen Anteil im Nominale von S 40 Mio ....., zum Kaufpreis von S 20 Mio ... anbiete".

Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist nur die Frage strittig, ob (im Sinn des angefochtenen Bescheides) der Wert des Entgeltes für die in Rede stehende Abtretung gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 S 40 Mio oder (wie die Beschwerdeführerin, die in der Beschwerde ausdrücklich auf das Zustandekommen des Vertrages durch die erfolgte Zustellung der Annahmeerklärung an die Abtretende hinweist, vermeint) nur S 20 Mio beträgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auch im vorliegenden Fall kann es bei der Beurteilung der Frage, was als Wert des Entgeltes im Sinn der zitierten TP für den in Rede stehenden Geschäftsanteil zu leisten war, nicht, wie die Beschwerdeführerin vermeint, darauf ankommen, ob und in welchem Ausmaß der Abtretenden die vereinbarte Gegenleistung zukommt. Als Wert des Entgeltes eines Kaufvertrages, wie er auch hier der Abtretung dieses Geschäftsanteiles zu Grunde gelegt wurde, sind alle jene Leistungen zu verstehen, die die Käuferin zu erbringen hat - gleichgültig an wen auch immer -, damit sie den Geschäftsanteil erhält (siehe das den Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannte und hier gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1987, Zl. 86/15/0117, ÖStZB 10/1988, S. 266, oder Anw 5/1988, S. 282).

Angesichts vorstehender, speziell § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 betreffende, Ausführungen bedarf es keiner Auseinandersetzung mit zu anderen TP des zitierten Paragraphen ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes, zumal es sich bei den nach den einzelnen Tatbeständen dieses Paragraphen vorgesehenen Gebühren nicht um eine einzige einheitliche Abgabe, sondern um jeweils verschiedene Abgaben entsprechend den einzelnen Tatbeständen handelt (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1980, Zl. 2909/79, Slg. Nr. 5504/F).

Abgesehen von der erstmals in der Beschwerde und daher entgegen dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbot aufgestellten Behauptung, eine Einforderung des nicht eingezahlten Teiles von S 20 Mio der Stammeinlage und somit rückständige Leistungen seien im Übertragungszeitpunkt nicht vorgelegen, kommt es entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung auf folgendes an:

Gegenüber der Gesellschaft m.b.H. ist der Erwerber eines Geschäftsanteiles zwingend zur Erbringung der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Leistungen verpflichtet. Dies gilt auch für im Zeitpunkt des Anteilserwerbes "rückständige" (fällige) Leistungen, für die der Erwerber nach seiner Anmeldung zur Gesellschaft solidarisch mit dem Rechtsvorgänger haftet (§ 78 Abs. 2 GesmbHG).

(Für fällige (= "rückständige") Leistungen haftet der Rechtsvorgänger auch nach der Anteilsübertragung primär und solidarisch auf die Dauer von fünf Jahren. Hinsichtlich erst nach Anteilsübertragung fällig werdender Leistungen besteht die subsidiäre Haftung gemäß § 67 GesmbHG. Der Erwerber haftet für die Erbringung der Leistungen zeitlich unbeschränkt; gegenüber dem Rechtsvorgänger verjähren die Ansprüche nach fünf Jahren (siehe z. B. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, Wien 1983, S. 630 f).

Selbst wenn man im vorliegenden Fall von der nach Auffassung der Beschwerdeführerin für sie günstigeren, bloß subsidiären Haftung der Abtretenden für die noch nicht geleistete Hälfte der Stammeinlage ausginge, vermöchte dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Kaufpreis nach dem im Sinn des § 17 Abs. 1 und 2 GebG 1957 maßgebenden deutlichen Inhalt (des zitierten Punktes II. zweiter Satz) der Urkunde dem Nominalwert des Geschäftsanteiles von S 40 Mio entsprach, der durch Einzahlung von S 20 Mio und Übernahme der Verpflichtung zur Einzahlung der noch nicht geleisteten Einlage von S 20 Mio zu entrichten war.

Die in der zitierten Vollmacht zum Ausdruck gebrachte - nach vorstehenden Ausführungen unrichtige - Rechtsansicht "zum Kaufpreis von S 20 Mio" bewirkte keine Abänderung des deutlichen Inhaltes der Urkunde.

Wenn die Beschwerdeführerin, die im Abgabenverfahren im Zusammenhang mit der Bewertung des Entgeltes nichts vorbrachte, erstmals in der Beschwerde behauptet, der gemeine Wert einer Zahlungsverpflichtung, die mit einem gleich hohen Vermögenszuwachs des Verpflichteten verbunden sei, könne im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nur mit Null angesetzt werden, so ist darauf folgendes zu erwidern:

Die Beschwerdeführerin übersieht vor allem auch hier den maßgebenden deutlichen Inhalt der Urkunde. Danach erwarb sie aber keineswegs den Geschäftsanteil mit einem Nominalwert von S 40 Mio allein gegen Zahlung von S 20 Mio, sondern mußte für diesen Erwerb auch noch die Abtretende zumindest von ihrer subsidiären Haftung gemäß § 67 GesmbHG durch Übernahme der Verpflichtung zur Einzahlung der noch nicht geleisteten zweiten Hälfte der Einlage von S 20 Mio befreien.

Im übrigen gelten gemäß § 26 GebG 1957 für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit der Maßgabe, daß bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und ...

Dem Sinn des Bewertungsgesetzes entsprechend muß der Steuergegenstand in Geld "umgerechnet", also bewertet werden, wenn er nicht selbst in Geld besteht (siehe z.B. Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, Band II2, Wien 1989, S. 1 Mitte). Daher sind gemäß § 14 Abs. 1 BewG Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind (im vorliegenden Fall ist nicht der Anteil an der Gesellschaft m.b.H., sondern der Wert des Entgeltes zu bewerten), und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

Mit der für ihren Standpunkt ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gegenleistung im Sinn des § 11 GrEStG 1955 vermag die Beschwerdeführerin ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil schon gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen war.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 16. Oktober 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte