VwGH 88/13/0107

VwGH88/13/010713.9.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde des Dr. FL in W, vertreten durch Dr. Helmut Neudorfer und Dr. Klaus Griensteidl, Rechtsanwälte in Wien I, Eßlinggasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. März 1988, GZ. 6/3‑1183/86, betreffend Vermögenssteuer ab dem 1. Jänner 1977 und ab dem 1. Jänner 1979 bis 1983, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §17 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988130107.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloß 1976 die Ehe mit seiner Gattin IL. Dieselbe war in erster Ehe mit dem 1973 verstorbenen Dipl. Ing. KH verheiratet. Dieser Ehe entsproß der 1970 geborene GH. Testamentarisch vermachte Dipl. Ing. KH seinem Sohn unter anderem „einen Gewinnanteil in der Höhe des Gewinnes .... von 2 % Anteilen an der H KG“. Weiters wurde bestimmt, daß eine Beteiligung an Verlusten nicht stattfinde.

Am 27. April 1976 legte IL, verwitwete H, dem Finanzamt eine Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1976 vor, in welcher auch das Vermögen ihres Sohnes GH, der gemäß § 11 Abs. 2 VStG zu diesem Stichtag mit ihr zusammen zu veranlagen war, ausgewiesen wurde. Der oben angeführte Gewinnanteil des Kindes wurde mit S 100.000,-- ausgewiesen. Im Zuge der Veranlagung wendete das Finanzamt auf diesen Betrag den Kapitalisierungsfaktor gemäß § 16 Abs. 2 Z. 1 Bewertungsgesetz an. Daraus ergab sich ein kapitalisierter Wert von S 1,800.000,--.

Im Jahre 1985 wurde der Beschwerdeführer einer Betriebsprüfung unterzogen. Im Rahmen derselben wurde auch die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1977 und ab dem 1. Jänner 1979 bis 1. Jänner 1983 ermittelt. Ab dem 1. Jänner 1977 waren mit dem Beschwerdeführer sowohl seine Gattin IL als auch GH gemäß § 11 VStG zusammen zu veranlagen. Aus Tz 10 des Betriebsprüfungsberichtes ergibt sich, daß der Prüfer die schon mehrfach erwähnten Gewinnanteile des GH mit „unverändert S 1,800.000,-- je Stichtag“ annahm.

Gegen die auf der Basis der Feststellungen des Betriebsprüfers vom Finanzamt erlassenen Vermögenssteuerbescheide erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, in welcher er - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Relevanz ist - im wesentlichen ausführte:

Die Gewinnanteile des GH stellten keine wiederkehrende Nutzung sondern einen ertragsabhängigen Gewinnanteil dar. Von der Betriebsprüfung sei der Gewinnanteil mit jährlich S 100.000,-- geschätzt und „mit dem Kapitalisierungsfaktor gemäß § 16 Abs. 2 Z. 1 Bewertungsgesetz, nämlich mit dem 18‑fachen, errechnet“ worden. Daraus ergebe sich ein kapitalisierter Wert von S 1,800.000,--. Da im Testament des Dipl. Ing. KH ausdrücklich von einem Gewinnanteil gesprochen werde, hänge die Höhe des Betrages vom Ertrag der H KG ab. Dies bedeute, daß etwa in ertragslosen Jahren kein Gewinnanteil bezahlt werden müsse. Es sei daher nicht richtig, „den Gewinnanteil als Rente oder sonst auf die Lebenszeit einer Person beschränkte Nutzung“ anzusprechen.

Die Schätzung und Festsetzung des Gewinnanteiles mit jährlich S 100.000,-- entspreche überdies nicht den tatsächlichen Gewinnanteilen, die dem Kind zukämen. So habe der Gewinnanteil 1981 S 49.086,--, 1982 S 36.468,-- und 1983 S 25.398,-- betragen. Demnach sei jener Gewinnanteil, der von der Betriebsprüfung als wiederkehrende Nutzung angenommen worden sei, dem Grunde und der Höhe nach unrichtig festgestellt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung teilweise Folge. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allein noch strittigen Frage des „Gewinnanteiles GH“ vertrat sie allerdings die Auffassung, daß die diesbezüglich von der ersten Instanz geübte Vorgangsweise richtig sei. Ausdrücklich wies sie in diesem Zusammenhang darauf hin, daß den strittigen Jahreswert von S 100.000,-- „nicht das Finanzamt von sich aus festgesetzt, sondern der steuerlich vertretene Beschwerdeführer selbst, im Zusammenhang mit der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1976 ... erklärt“ habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz ergibt sich - worauf auch in der Gegenschrift der belangten Behörde richtig hingewiesen wird -, daß nunmehr der Beschwerdeführer in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung die Ansicht vertritt, der Jahreswert des strittigen „Gewinnanteiles GH“ sei gemäß § 17 Abs. 3 Bewertungsgesetz zu ermitteln. Hinsichtlich der Anwendung des Kapitalisierungsfaktors gemäß § 16 Abs. 2 Z. 1 Bewertungsgesetz auf diesen Jahreswert durch die Behörde erhob der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren keinen konkreten Einwand. Strittig ist daher vorliegendenfalls allein die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die Höhe des gemäß § 17 Abs. 3 Bewertungsgesetz zu ermittelnden Jahreswertes des fraglichen Gewinnanteiles zu allen strittigen Stichtagen gleichmäßig mit einem Betrag von jeweils S 100.000,-- festgesetzt hat oder nicht.

Gemäß § 17 Abs. 3 Bewertungsgesetz ist bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiß sind oder schwanken als Jahreswert der Betrag zugrundezulegen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird.

Zweck dieser Vorschrift ist es, einen Durchschnittswert zu finden, der als Grundlage einer Vervielfachung im Sinne des § 16 Bewertungsgesetz zu dienen vermag.

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1965, Zl. 2368/64) sind für die Ermittlung dieses Durchschnittswertes grundsätzlich die tatsächlichen Umstände heranzuziehen, die im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend waren. Es bestehen allerdings auch keine Bedenken dagegen (siehe nochmals das oben zitierte hg. Erkenntnis), daß die Abgabenbehörde bei der Ermittlung der Durchschnittswerte auf tatsächliche Umstände zurückgreift, die sich nach Eintreten der Steuerschuld ereigneten; denn durch die Bewertung nach § 17 Abs. 3 Bewertungsgesetz, die ja jedenfalls erst nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld erfolgen kann, sollen soweit als möglich die in Zukunft tatsächlich erzielten Beträge erfaßt werden. Es erscheint daher rechtlich unbedenklich, wenn bei der Bewertung nach § 17 Abs. 3 leg. cit. die dem Abgabepflichtigen nach dem Bewertungsstichtag zugekommenen Nutzungen oder Leistungen Berücksichtigung finden.

Wesentlich für ein ordnungsgemäßes Verfahren ist jedoch, daß die Behörde die Grundlagen ihrer Wertberechnung - wie immer sie sie im Einzelfall durchgeführt hat - in einer jeden Zweifel ausschließenden, logisch nachvollziehbaren Weise hinsichtlich der einzelnen Stichtage darstellt.

An einer derartigen Vorgangsweise der belangten Behörde mangelt es jedoch im Streitfall. Hat sie sich doch trotz des Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren darauf beschränkt, zu allen in Rede stehenden Stichtagen von einem 1976 erklärten Jahresdurchschnittswert auszugehen, dessen Richtigkeit nicht überprüfbar ist, weil seine Ermittlung völlig im Dunklen liegt. Allen Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Höhe dieses Wertes hat die belangte Behörde, ohne sich selbst mit der Errechnung desselben auseinanderzusetzen, im wesentlichen nur entgegengehalten, daß dieser Wert ja - allerdings nicht vom Beschwerdeführer sondern von seiner nunmehrigen Gattin - in der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1976 bekanntgegeben worden sei. Mit der Frage, ob im Streitfall als Jahreswert im Sinne des § 17 Abs. 3 Bewertungsgesetz jeweils ein Betrag zugrundegelegt wurde, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich tatsächlich erzielt werden wird oder nicht, beschäftigte sich weder die belangte Behörde noch - soweit aus dem Akteninhalt ersichtlich ist - das Finanzamt auch nur ansatzweise.

Da nach dem Dargestellten der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet erscheint, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 13. September 1989

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