Normen
AVG §71 Abs1 lita;
VStG §5 Abs1;
VwGG §46 Abs1 impl;
ZustG §13 Abs4;
ZustG §4;
AVG §71 Abs1 lita;
VStG §5 Abs1;
VwGG §46 Abs1 impl;
ZustG §13 Abs4;
ZustG §4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Währing, vom 14. April 1988 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 schuldig erkannt. Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 20. April 1988 zugestellt.
Mit dem am 20. Mai 1988 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen das genannte Straferkenntnis und erhob gleichzeitig Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde (mit Spruchteil I) im Instanzenzug der Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen und (mit Spruchteil II) die Berufung als verspätet zurückgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde richtet sich - obwohl der Beschwerdeantrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht näher bestimmt gefaßt ist - lediglich gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages. Weder in der Darstellung des Sachverhaltes noch in den Beschwerdegründen wird auf den Spruchteil II Bezug genommen; laut Beschwerdepunkt erachtet sich der Beschwerdeführer nur in seinem Recht auf Bewilligung der Wiedereinsetzung für verletzt.
Der Beschwerdeführer hatte den Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, daß er das Straferkenntnis vom 14. April 1988, das ihm am 20. April 1988 "unrichtigerweise an die Privatadresse" zugestellt worden sei, einer Kanzleiangestellten im Zuge der "Einbindung" dieses Poststückes "in den normalen Postenlauf mit dem Auftrag, die Berufungsfrist in den Kanzleikalender einzutragen und den Akt vorzulegen, übergeben habe. Diese habe auf Grund eines Versehens eine Frist von vier Wochen eingetragen. Sie habe den Akt nicht mehr vorgelegt und so habe der Beschwerdeführer weder die Frist überprüfen noch eine Berufung fristgerecht einbringen können. Die Ursache dafür sei möglicherweise das Zusammentreffen mehrerer Telefonate, die von der Angestellten entgegengenommen worden seien, gewesen. Am letzten Tag der unrichtig eingetragenen Frist sei der Akt vorgelegt und die unrichtig eingetragene Frist festgestellt worden. Die betreffende Angestellte sei seit fast vier Jahren in der Kanzlei beschäftigt und auch mit der Führung des Kalenders betraut. Ihr sei ein derartiger oder ähnlicher Fehler noch niemals unterlaufen, sodaß davon auszugehen sein werde, daß es sich um einen minderen Grad des Versehens handle.
Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den derart begründeten Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen hat. Zunächst ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß im Verwaltungs(straf)verfahren auch ein minderer Grad des Versehens, mithin leichte Fahrlässigkeit die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausschließt. § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 (i.V.m. § 24 VStG 1950) macht hiefür zur Voraussetzung, daß die Partei glaubhaft macht, daß sie "ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten".
Der Beschwerdeführer muß sich aber zumindest leichte Fahrlässigkeit vorwerfen lassen, wenn er - als Beschuldigter in eigener Sache - übersehen hat, daß ihm seine Angestellte entgegen seinen Intentionen "den Akt" nicht vor Ablauf der tatsächlichen Berufungsfrist wieder vorgelegt hat. Sollte er, wie er in seiner Berufung und auch in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck bringt, mit seinem Auftrag an seine Angestellte beabsichtigt haben, daß ihm der Akt nach Terminvormerkung sofort wieder vorzulegen sei, sodaß er die Richtigkeit der Fristeintragung hätte überprüfen können, so hätte ihm die Unterlassung dieser Vorlage auffallen müssen. Daß er auf Grund besonderer Umstände gehindert gewesen wäre, die Angelegenheit kurzfristig im Gedächtnis zu behalten, hat er nicht behauptet. Sollte er hingegen damit gemeint haben, "der Akt" sei ihm erst vor Ablauf der vorgemerkten Frist wieder vorzulegen, so fehlte es an jeglicher Kontrolle gegenüber der angewiesenen Angestellten. Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, daß den Beschwerdeführer zumindest leichte Fahrlässigkeit an der Versäumung der Berufungsfrist trifft, und seinen Wiedereinsetzungsantrag abweisen.
Abgesehen davon, daß dies für die Erledigung des Wiedereinsetzungsantrages ohne Bedeutung ist, trifft es im übrigen nicht zu, daß das Straferkenntnis "unrichtigerweise" an der Privatadresse des Beschwerdeführers zugestellt wurde. Gemäß § 4 des Zustellgesetzes ist Abgabestelle u.a. die Wohnung des Empfängers. Lediglich für zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen findet sich davon insofern eine Ausnahme, als ihnen gemäß § 13 Abs. 4 des Zustellgesetzes in ihrer Kanzlei zuzustellen ist. Dies gilt jedoch nur für Fälle, in denen diese Personen Empfänger der zuzustellenden Sendung in ihrer Eigenschaft als Vertreter einer anderen Person sind (vgl. Walter-Mayer, Zustellrecht, Anm. 5, lit. e zu § 4, S. 32).
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 22. Februar 1989
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