VwGH 87/03/0281

VwGH87/03/028117.5.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des FG in S, vertreten durch Dr. Manfred Piso, Rechtsanwalt in Mondsee, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. September 1987, Zl. 9/02-16.475/28-1987, betreffend schiffahrtsrechtliche Konzession (mitbeteiligte Parteien: 1) RE in S; 2) JH in B; 3) JR in S; 4) WR in S; und 5) BS in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BinnSchiffKonzG 1978 §10 Abs6;
BinnSchiffKonzG 1978 §4 Abs1 Z2;
BinnSchiffKonzG 1978 §5 Abs2 Z6;
AVG §56;
BinnSchiffKonzG 1978 §10 Abs6;
BinnSchiffKonzG 1978 §4 Abs1 Z2;
BinnSchiffKonzG 1978 §5 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 1. September 1986 beantragte der Beschwerdeführer die Erweiterung seiner schiffahrtsrechtlichen Konzession für die Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit einem Wasserfahrzeug mit einem Fassungsraum bis zu 8 Personen auf einen Fassungsraum von 40 Personen. Er habe gleichzeitig um den Einsatz eines 40-Personen-Schiffes im Fährverkehr angesucht. Dieses im Fährverkehr eingesetzte Schiff wolle er künftig auch im Gelegenheitsverkehr verwenden.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden im Hinblick auf den Bedarf nach der beantragten Konzessionserweiterung zahlreiche Stellungnahmen abgegeben. Die Gemeinde S, die Marktgemeinde W, die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg, die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung sowie das Landesverkehrsamt in Salzburg hielten diesen Bedarf für gegeben und sprachen sich für die Konzessionserweiterung aus. Demgegenüber meinten die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich und im Anschluß daran die Oberösterreichische Landesregierung, daß der Bedarf durch die im Gelegenheitsverkehr verwendeten Schiffe der ÖBB gedeckt werden könne und es daher keiner Konzessionserweiterung bedürfe. Auch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg stand der Konzessionserweiterung im Hinblick auf die bestehenden Unternehmen der ÖBB und des JR (drittmitbeteiligte Partei) ablehnend gegenüber. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung stand einer Konzessionserweiterung positiv gegenüber, da an dem vorgesehenen Standort kein anderer Unternehmer eine gleichartige Konzession innehabe.

In seiner Äußerung vom 20. November 1986 wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß die nächsten Anlegestellen der Schiffahrtsunternehmer JH bzw. der ÖBB 8 km bzw. 4,5 km entfernt seien. Die Schiffe dieser beiden Unternehmer könnten darüberhinaus an dem von ihm in Aussicht genommenen Standort nicht anlegen, weil deren Schiffe zu groß seien. Er wies ferner darauf hin, daß er die Schiffahrt auch dann noch betreibe, wenn die anderen Unternehmer diese (jahreszeitenbedingt) bereits bzw. noch eingestellt hätten. Er legte zwei positive Stellungnahmen vom Gastronomiebetrieben aus Z bzw. A vor, die ebenfalls im Hinblick auf die längeren Betriebszeiten seines Unternehmens die Konzessionserweiterung begrüßten.

Der Schiffahrtsunternehmer JH (zweitmitbeteiligte Partei) erklärte am 24. November 1986, den Bedarf aus A mit seinen Schiffen jederzeit decken zu können, weshalb er gegen die Konzessionserweiterung sei.

Dem entgegnete der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 19. Jänner 1987, die Schiffe des JH seien weder zwischen B und S unterwegs, noch bestehe für sie eine Anlegemöglichkeit in A.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. September 1987 lehnte die Salzburger Landesregierung das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Konzession gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 des Binnenschiffahrts-Konzessionsgesetzes, BGBl. Nr. 533/1978, (Beförderung von Fahrgästen im Gelegenheitsverkehr) zur Erweiterung der bestehenden Konzession hinsichtlich des Fassungsraumes des Bootes von 8 auf 40 Personen gemäß § 5 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. ab. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen mit dem Hinweis auf die negativen Stellungnahmen der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich und der Arbeiterkammern für Oberösterreich und Salzburg sowie der zweitmitbeteiligten Partei. Gemäß § 5 Abs. 2 Z. 6 des Binnenschiffahrts-Konzessionsgesetzes dürfe eine Konzession nur erteilt werden, wenn ein Bedarf nach entsprechenden Verkehrsmitteln in dem betreffenden Gebiet gegeben sei und dieser Bedarf von den bestehenden Schiffahrtsunternehmen, denen für dasselbe Gebiet eine gleichartige Konzession erteilt worden sei, nicht gedeckt werden könne. Im gegenständlichen Verfahren habe der Schiffahrtsunternehmer H, welcher die Konzession zur Ausübung der Schiffahrt im Gelegenheitsverkehr mit dem Standort B mit 2 Booten mit einem Fassungsraum bis zu 8 bzw. 22 Personen besitze, erklärt, daß er jederzeit bereit wäre, einen in A anfallenden Bedarf abzudecken. Ebenso brächten die ÖBB am Wolfgangsee drei Großraumschiffe im Gelegenheitsverkehr zum Einsatz. Darüberhinaus verfüge auch das Schiffahrtsunternehmen JR, Schiffahrts- und Bootbauges.m.b.H., S, über die Gelegenheitsverkehrskonzession für insgesamt 8 Schiffe (2 Boote bis 8 Personen, 4 Boote bis 80 Personen und 2 Boote bis 150 Personen), mit dem Standort S. Diese Konzession werde nicht in vollem Umfange ausgeübt, woraus sich das Fehlen eines entsprechenden Bedarfes ableiten lasse. Das durchgeführte Verfahren lasse keinen Schluß auf einen tatsächlich vorhandenen, aber nicht gedeckten Bedarf nach entsprechenden Verkehrsmitteln im Gelegenheitsverkehr am Wolfgangsee erkennen, welcher die beantragte Konzessionserweiterung rechtfertigen könnte. Auch die vom Konzessionswerber vorgebrachten Gründe reichten nicht aus, den Bedarf für ein Boot mit einem Fassungsraum bis 40 Personen anzuerkennen.

Eine Ausfertigung dieses Bescheides wurde vor seiner Erlassung der Oberösterreichischen Landesregierung mit der Bitte um einvernehmliche Mitunterzeichnung im Sinne des § 10 Abs. 6 Binnenschiffahrts-Konzessionsgesetz übermittelt. Die Oberösterreichische Landesregierung erteilte mit Schreiben vom 18. September 1987 ihre Zustimmung zu diesem Bescheid und unterfertigte das übermittelte Bescheidkonzept.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die drittmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Meinung vertrat, sie könne sich eine Erweiterung der Konzession des Beschwerdeführers in etwas geringerem Ausmaß vorstellen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 Z. 6 Binnenschifffahrts-Konzessionsgesetz darf eine Konzession zur gewerbsmäßigen Ausübung der Schiffahrt nur erteilt werden, wenn - sofern die Schiffahrt auf anderen Gewässern als Wasserstraßen ausgeübt werden soll - ein Bedarf nach entsprechenden Verkehrsmitteln in dem betreffenden Gebiet gegeben ist und dieser Bedarf von bestehenden Schiffahrtsunternehmen, denen für dasselbe Gebiet eine gleichartige Konzession erteilt wurde, nicht binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens einem Jahr gedeckt werden kann.

Letzteres, nämlich die Nichtdeckung des Bedarfes durch bestehende Unternehmen innerhalb einer bestimmten Frist, findet - wie der Verwaltunsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 6. November 1979, Zl. 1215/79 ausgesprochen hat - dann keine Anwendung, wenn es sich nicht um ein Ansuchen um eine neue (zusätzliche) Konzession, sondern - wie im Beschwerdefall - lediglich um die Erweiterung einer bereits erteilten Konzession handelt. Somit hatte die Behörde insofern nur zu prüfen, ob ein Bedarf für die Erweiterung der Konzession gegeben ist.

Ein solcher Bedarf findet seinen Ausdruck in einem objektiv gegebenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. April 1984, Zlen. 83/03/0283, 0284), weshalb sich die Ermittlungen und behördlichen Feststellungen auf jenen konkreten Sachverhalt zu beziehen haben, der erkennen läßt, welcher - gegenwärtigen oder zu erwartenden - Nachfrage welches Angebot gegenübersteht (vgl. auch diesfall das bereits zitierte Erkenntnis vom 11. April 1984, sowie das Erkenntnis vom 19. Dezember 1984, Zlen. 84/03/0324, 0325).

Die belangte Behörde stützte ihre Feststellungen hinsichtlich des Bedarfes allein auf die eingelangten negativen Stellungnahmen. Diese Stellungnahmen boten jedoch - im Lichte der oben zitierten Judikatur - keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens eines entsprechenden Bedarfes, enthalten sie doch lediglich die Behauptung des Nichtvorliegens eines Bedarfes bzw. die Absichtserklärung, einen allenfalls vorhandenen Bedarf decken zu können. Dazu kommt noch, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen läßt, weshalb die Behörde ausschließlich die negativen Stellungnahmen zur Grundlage ihrer Feststellungen machte. Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, daß es in diesem Zusammenhang "konkreter ziffernmäßiger Angaben" bedurft hätte, um einen Bedarf ausschließen zu können, wie z.B. über die Beförderungsfrequenz der konkurrierenden Schiffahrtsunternehmen, abgestellt auf den Gelegenheitsverkehr, sowie auch des Fährbetriebes des Beschwerdeführers und seines im Rahmen seiner bisherigen Konzession ausgeübten Gelegenheitsverkehrs, über die Entwicklung der Nächtigungszahlen in den letzten Jahren in all jenen Gemeinden, die zum Einzugsbereich des Schifffahrtsunternehmens zählen, insbesondere in den Gemeindeteilen A und Z, sowie ob bzw. wieviele potentielle Fahrgäste in Ermangelung eines entsprechenden Angebots an Schiffen im Gelegenheitsverkehr von Schiffahrts(Rund-)fahrten Abstand genommen haben (vgl. auch hiezu das bereits zitierte Erkenntnis vom 6. November 1979, Zl. 1215/79). Vor allem dem letzten Aspekt hätte die Behörde angesichts der beiden im Akt befindlichen Stellungnahmen der Gastronomiebetriebe besonderes Augenmerk zuwenden müssen, wird doch darin ein Bedarf an solchen vom Beschwerdeführer angestrebten Leistungen insbesondere auch für einen Zeitraum bestätigt, zu dem die konkurrierenden Unternehmen die Schiffahrt auf Grund der Jahreszeit gar nicht betreiben. Mit dem bloßen Hinweis auf nicht ausgeschöpfte Kapazitäten anderer Schiffahrtsunternehmen konnte das Nichtvorliegen eines Bedarfes auch deshalb nicht gestützt werden, weil die Standorte dieser Unternehmen von dem vom Beschwerdeführer beabsichtigten Standort mehrere Kilometer entfernt sind und ungeachtet eines diesbezüglichen Einwandes des Beschwerdeführers nicht geprüft wurde, ob die Schiffe dieser Unternehmen am Standort des Beschwerdeführers anlegen können bzw. dürfen.

Da der Sachverhalt somit in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf bzw. Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Hingegen kommt der Rüge des Beschwerdeführers, es sei der Bestimmung des § 10 Abs. 6 Binnenschiffahrts-Konzessionsgesetz nicht entsprochen worden, keine Berechtigung zu. Dieser Bestimmung zufolge hat die Landesregierung, wenn sich der Verkehr eines Schiffahrtsunternehmens, für dessen Angelegenheiten sie gemäß Abs. 1 zuständig ist, über den Bereich mehrerer Länder erstreckt oder sich dem Ansuchen nach über derartige Bereiche erstrecken soll, im Einvernehmen mit den anderen Landesregierungen vorzugehen. Da sich der vom Beschwerdeführer beabsichtigte Schiffsverkehr antragsgemäß auf den gesamten Wolfgangsee erstrecken sollte, war die Entscheidung der Salzburger Landesregierung im Einvernehmen mit der Oberösterreichischen Landesregierung zu treffen. Hiebei genügt aber die faktische Herstellung des Einvernehmens, welche nach der Aktenlage eindeutig erfolgt ist.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderliche Beschwerdeausfertigungen.

Wien, am 17. Mai 1989

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