VwGH 86/14/0121

VwGH86/14/01217.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel sowie die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde der K GmbH in L, vertreten durch Dr. Theodor Schütz, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weingartshofstraße 10, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 10. Juni 1986, Zl. 6/112/3- Bk/Kr-1983, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1977 bis 1979 sowie vom 12. Juni 1986, Zl. 55/1-3/Kr-1983, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum vom 1. April 1976 bis 31. Dezember 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
EStG 1972 §93;
HGB §110 Abs1;
HGB §161 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1986140121.X00

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von 9.646 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheiden vertritt die belangte Behörde bei unbestrittenem Sachverhalt die Ansicht, die von der Beschwerdeführerin an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer im strittigen Zeitraum bezahlten Gehälter stellten zu einem Teil verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Die Beschwerdeführerin, die nicht als Unternehmer sondern nur als Komplementär einer KG tätig gewesen sei, die ihrerseits der Beschwerdeführerin die mit der Geschäftsführung verbundenen Aufwendungen (Gehälter der Geschäftsführer samt Nebenkosten; im folgenden nur mehr Gehälter) vertragsgemäß ersetzt habe, habe von den ihr für die Geschäftsführung als Vorausgewinne bezahlten Beträgen keine entsprechenden Gewinnanteile einbehalten, sondern diese zur Gänze für die Geschäftsführung verwendet. Die Verwendung dieser Beträge zur Bezahlung der Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer sei nur aus dem Umstand erklärbar, daß jene gleichzeitig auch Kommanditisten der KG seien. Hätte die Beschwerdeführerin der KG nicht in einem Naheverhältnis zu ihr bzw zur KG stehende Personen als Geschäftsführer zur Verfügung gestellt, so hätte die Beschwerdeführerin ähnlich einem Personalleasingunternehmen von den erhaltenen Vergütungen einen Anteil für die Abgeltung ihrer Leistung (Gestellung von Arbeitskräften) für sich behalten. Im "Nichtlukrieren" dieser Vergütungen, deren Höhe geschätzt worden sei, seien verdeckte Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter-Geschäftsführer zu erblicken.

Bemerkt sei, daß die belangte Behörde weder die Höhe der Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer noch den Anteil der Beschwerdeführerin von 5 % an den verbleibenden Gewinnen der KG als unangemessen angesehen hat.

In der vorliegenden Beschwerde wird sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Berufungsentscheidungen als auch deren Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die Hinzurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen und der daraus resultierenden Vorschreibungen von Körperschaft-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer in ihren Rechten verletzt, wobei sie im wesentlichen ausführt, die vertraglich von ihr für die KG zu erbringenden Leistungen bestünden nicht nur - wie die belangte Behörde annehme - in der kaufmännischen und administrativen Führung der Geschäfte derselben, sondern sie sei verpflichtet, ihre Arbeitskraft der KG zu widmen. Als juristische Person könne sie nur durch ihre Organe, somit durch ihre Geschäftsführer tätig werden. Diese hätten vereinbarungs-gemäß ihre gesamte Arbeitskraft der KG gewidmet, was von der belangten Behörde nicht bestritten werde. Es gehe daher nicht an, von den ihr vertraglich für die Geschäftsführung geleisteten Beträgen fiktive Gewinnkomponenten aus dem Titel Personalgestellung als verdeckte Gewinnausschüttungen zum Ansatz zu bringen. Die ihr zugebilligten Vorausgewinne seien ausschließlich in Erfüllung der aus dem Gesellschaftsverhältnis resultierenden vertraglichen Verpflichtungen gewährt worden. Überdies habe die belangte Behörde erst in der mündlichen Verhandlung die Ansicht vertreten, ein Teil der Vorausgewinne sei als Abgeltung für die Gestellung von Arbeitskräften geleistet worden. Es sei ihr daher nicht möglich gewesen, hiezu Stellung zu nehmen, weswegen der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden sei. Schließlich habe die belangte Behörde keineswegs begründet, wie sie die Höhe der fiktiven Gewinne aus dem Titel Personalgestellung geschätzt habe.

In der Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, vertritt die belangte Behörde über die in den angefochtenen Bescheiden dargelegten Ausführungen hinaus die Ansicht, mit den der Beschwerdeführerin gewährten 5 % an den Gewinnen der KG nach Abzug der für die Geschäftsführung gewährten Vorausgewinne werde die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Geschäftsführer und mit ihrem gesamten Vermögen haftender Gesellschafter nicht entsprechend honoriert. Dazu komme noch, daß der Beschwerdeführerin für die Zurverfügungstellung des qualifizierten Personals keinerlei Gewinnanteile verblieben. Daraus ergebe sich, daß die gewählte Gewinnverteilung nur aus dem Umstand erklärbar sei, daß eine GmbH & Co KG im engeren Sinn als Unternehmer tätig sei. Würde keine GmbH & Co KG im engeren Sinn vorliegen, würde die Beschwerdeführerin einen angemessenen Gewinnanteil für die von ihr für die KG ausgeübte Tätigkeit verlangen, andernfalls sich nicht als Komplementär beteiligen. Auch diese Überlegungen rechtfertigten den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften könne in dem Umstand, daß der Beschwerdeführerin erst in der mündlichen Verhandlung am 16. April 1986 eine - gegenüber dem bisherigen Verwaltungsverfahren - andere Rechtsansicht bekannt gegeben worden sei, nicht erblickt werden, weil Rechtsansichten nicht vorzuhalten seien. Es wäre der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung freigestanden, zur Höhe der in Aussicht genommenen verdeckten Gewinnausschüttungen Stellung zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8 Abs 1 KStG normiert, daß sich das, was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, nach den Vorschriften des Einkommensteuer- und des Körperschaftsteuergesetzes bestimmt. Hiebei sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen. Verdeckte Gewinnausschüttungen unterliegen nach dem VI. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes der Kapitalertragsteuer.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung sind verdeckte Gewinnausschüttungen alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegene Zuwendungen (Vorteilsgewährungen) einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben (vgl Putschögl-Bauer-Mayr, Die Körperschaftsteuer, Kommentar, Tz 43 zu § 8).

Die belangte Behörde meint, in der gänzlichen Verwendung der der Beschwerdeführerin für die Gehälter ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer seien verdeckte Gewinnausschüttungen zu erblicken. Dieser Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Wie sich aus § 161 Abs 2 iVm § 110 Abs 1 HGB ergibt, ist die KG dem Gesellschafter, der in Gesellschaftsangelegenheiten Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf ebenso wie für Verluste, die dieser durch seine Geschäftsführung erleidet, zum Ersatz verpflichtet. Die Beschwerdeführerin ist als Komplementär zur Führung der Geschäfte der KG verpflichtet. Hiefür ist ihr voller Kostenersatz zu gewähren. Dieser volle Kostenersatz erfolgt üblicherweise - wie auch im vorliegenden Fall - im Weg der Gewinnverteilung durch Gewährung von Vorausgewinnen in Höhe der Kosten der Geschäftsführung. Eine darüber hinausgehende Entlohnung für die Führung der Geschäfte der KG ist keineswegs erforderlich, weil die Beschwerdeführerin ihre Leistungen im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses vertragsgemäß zu erbringen hat (vgl aaO, Tz 74, GmbH & Co KG, zu § 8). Den Gesellschaftern einer KG steht es grundsätzlich frei, Vereinbarungen über die Verteilung des jeweiligen Jahresergebnisses zu treffen. In derartigen Vereinbarungen kann allerdings bei einer GmbH & Co KG im engeren Sinn insofern eine verdeckte Gewinnausschüttung erblickt werden, als einerseits die frei verfügbaren Gewinnanteile der GmbH derartig niedrig sind, daß in diesen keine angemessene Abgeltung für die Haftung erblickt werden kann, anderseits die Gehälter der Geschäftsführer der GmbH überhöht sind, sodaß der GmbH zu Lasten der verfügbaren Gewinnanteile zu hohe Vorausgewinne gewährt werden. Derartige Feststellungen sind jedoch bereits im Zug der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG zu treffen. Nun hat aber die Abgabenbehörde im Verfahren betreffend die Gewinnverteilung der KG weder die der Beschwerdeführerin gewährten frei verfügbaren Gewinnanteile als zu niedrig noch generell die Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer als überhöht angesehen. Die belangte Behörde stellt auch nicht in Abrede, daß die Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich für die KG tätig waren und dieser ihre gesamte Arbeitskraft gewidmet haben. Es geht daher nicht an, einen Teil der von der Beschwerdeführerin an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlten Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen mit der Begründung anzusehen, bei Vornahme eines Fremdvergleiches hätte eine nicht als Komplementär tätige GmbH für die Zurverfügungstellung der Geschäftsführer für sich auch Gewinne lukriert und daher nicht die gesamten Vorausgewinne zur Bezahlung der Gehälter der Geschäftsführer verwendet. Der in der Gegenschrift unternommene Versuch, im Hinblick auf die als unangemessen anzusehende Verteilung der Gewinne der KG mittels eines Fremdvergleiches doch noch zu verdeckten Gewinnausschüttungen zu gelangen, ist aus den bereits dargestellten Gründen zum Scheitern verurteilt.

Da die belangte Behörde mit ihrer gegenteiligen Ansicht die Rechtslage verkannt hat, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 7. Feber 1989

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