VwGH 86/14/0008

VwGH86/14/000817.1.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Reichel und die Hofräte Dr Schubert, Dr Hnatek, Dr Pokorny und Dr Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag Wimmer, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch C, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 21. November 1985, Zl 314‑3/85, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung des vom Finanzamt Weiz am 23. Mai 1985 erlassenen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1983, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1
EStG 1972 §4 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1986140008.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 2.760,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb bis zum 31. Dezember 1983 ein gewerbliches Einzelunternehmen. Zwischen ihm und seiner Ehegattin bestand ein von der Abgabenbehörde anerkanntes Dienstverhältnis. Mit Wirkung per 31. Dezember 1983 kündigte der Beschwerdeführer allen in seinem Unternehmen tätigen Arbeitnehmern und zahlte - ua auch seiner Ehegattin - die gesetzlich zustehenden Abfertigungen aus, wobei die dementsprechenden Beträge zum Teil durch Auflösung der bestehenden Abfertigungsrücklage verrechnet, zum Teil als Betriebsausgabe geltend gemacht wurden.

Mit Schenkungsvertrag vom 29. Dezember 1983 übertrug der Beschwerdeführer seiner Ehegattin das ihm gehörende Einzelunternehmen samt allen Aktiven und Passiven mit Wirkung ab 1. Jänner 1984. Die Ehegattin des Beschwerdeführers nahm die Schenkung an und führte das Einzelunternehmen fort.

Im Zuge einer auch das Streitjahr umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde die Vorgangsweise des Beschwerdeführers hinsichtlich der Bezahlung der Abfertigung an seine Ehegattin im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Schenkung des Unternehmens nicht beanstandet.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheid gemäß § 299 Abs 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, wobei sie zur Begründung unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung ausführte, es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß an einen Arbeitnehmer, der einen Betrieb übernehme, eine Abfertigung bezahlt werde. Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen könnten nur insoweit steuerliche Anerkennung finden, als sie auch unter Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Die an die Ehegattin des Beschwerdeführers geleistete Abfertigung könne daher steuerlich nicht anerkannt werden. Dies habe zur Folge, daß die anteilige Abfertigungsrücklage gewinnerhöhend aufzulösen und der darüber hinausgehende Abfertigungsbetrag nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen sei. Da das Finanzamt dieser Rechtslage nicht Rechnung getragen habe, sei der (im wiederaufgenommenen Verfahren erlassene) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1983 aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Der Beschwerdeführer behauptet, den von der belangten Behörde zitierten hg Erkenntnissen läge insofern ein anderer Sachverhalt zu Grunde, als er seiner Ehegattin nur die gesetzlich zustehende Abfertigung bezahlt habe. Seine Ehegattin hätte ebenso wie die übrigen Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf Bezahlung der Abfertigung gehabt, weswegen in der Leistung derselben keine durch das Verwandtschaftsverhältnis begründete Besserstellung erblickt werden könne. Die Schenkung des Unternehmens an seine Ehegattin stehe mit der bezahlten Abfertigung in keinem Zusammenhang, zumal diese in ihrer Stellung als Arbeitnehmer nicht zum Verzicht auf die ihr zustehende Abfertigung gezwungen hätte werden können. Schließlich lasse auch der Umstand, daß seiner Ehegattin die Führung des Betriebes von der Gewerbebehörde unter Erteilung einer Nachsicht nur bis zum 31. Dezember 1986 gewährt worden sei, die steuerliche Anerkennung der Abfertigung gerechtfertigt erscheinen. Es sei beabsichtigt, daß sein Schwiegersohn nach Ablegung der Konzessionsprüfung den Betrieb mit Wirkung ab 1. Jänner 1987 übernehme.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl im Sinne des § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG in letzter Zeit das hg Erkenntnis vom 24. Juni 1986, Zl 86/14/0080, und die darin - zum Teil auch von der belangten Behörde - zitierte Vorjudikatur), erscheint es ausgeschlossen, daß ein Arbeitgeber einem mit ihm nicht verwandten Arbeitnehmer seinen Betrieb unentgeltlich überläßt und dann auch noch eine Abfertigung bezahlt. Im Lichte des für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gebotenen Fremdvergleiches kann die Bezahlung der Abfertigung - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers - auch nicht von der mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in unmittelbarem ursächlichem und zeitlichem Zusammenhang stehenden Schenkung des Unternehmens losgelöst gesehen werden. Daran vermag auch der Umstand, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers als Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf Bezahlung der Abfertigung gehabt hätte, nichts zu ändern, weil in Ansehung der unentgeltlichen Betriebsübergabe eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses unter Verzicht auf die Abfertigung üblich gewesen wäre. Schließlich ist auch der Hinweis, die Übergabe des Betriebes an die Ehegattin des Beschwerdeführers sei nur als Zwischenlösung gedacht gewesen, nicht geeignet, die steuerliche Anerkennung der strittigen Abfertigung als gerechtfertigt erscheinen zu lassen, weil dieser eine Einkunftsquelle zumindest für drei Jahre unentgeltlich überlassen wurde, aus der vom Beschwerdeführer - wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich - in den Jahren 1981 bis 1983 Gewinne von rund 2,7 Mio S erwirtschaftet wurden.

Somit erweist sich der vom Finanzamt Weiz am 23. Mai 1985 erlassene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1983 als rechtswidrig, weswegen die Aufhebung desselben zu Recht erfolgt ist; hiebei hat die belangte Behörde das ihr bei Ausübung des Aufsichtsrechtes im Sinne des § 299 BAO zustehende Ermessen, wenn auch kursorisch, so doch ausreichend begründet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl Nr 243.

Hinsichtlich des nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisses wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl Nr 45/1965, erinnert.

Wien, am 17. Jänner 1989

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