VwGH 88/04/0011

VwGH88/04/001117.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des HS in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, Postplatz 115, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. November 1987, Zl. 309.988/5-111-3/87, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: A OHG in U, vertreten durch Dr. Peter Dittrich, Rechtsanwalt in Murau), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §6 Abs1;
GewO 1973 §381 Abs3;
GewO 1973 §74;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.390,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. November 1987 wurde die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. August 1986, Zl. 5/02- 1664/6-1986, erhobene Berufung im Grunde des § 381 Abs. 3 GewO 1973 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 9. Jänner 1986, Zl. 2-08/Ai-228/a-8/1986, sei auf Ansuchen der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung einer Kunstschneeanlage im Bereich der 1. Sektion der A-Lifte in S, gemäß § 77 GewO 1973 nach Maßgabe der Planunterlagen und Beschreibung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers sei mit dem vorbezeichneten Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. August 1986 keine Folge gegeben worden. Gegen diesen Bescheid habe der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Berufung "an den Herrn Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie" erhoben und den Antrag gestellt, dieser möge "der Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben und in der Sache dahingehend erkennen, daß der Antrag der Firma A OHG auf gewerbebehördliche Genehmigung einer Kunstschneeanlage abgewiesen werde". Gemäß § 381 Abs. 3 GewO 1973 sei mit der Vollziehung der Gewerbeordnung, sofern Abs. 4 bis 8 nicht anderes bestimmten, der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie - nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten -, in Angelegenheiten des Betriebes von Schleppliften hinsichtlich der in Betracht kommenden Bestimmungen jedoch der Bundesminister für Verkehr - nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr - betraut. Wie sich aus den Akten des Administrativverfahrens und den Einreichunterlagen unzweifelhaft ergebe, werde die gegenständliche Beschneiungsanlage im Bereich der 1. Sektion der A-Lifte in S, und somit im Bereich des "T-Liftes", des Schlußhanges und der Talstation eingesetzt. Im Hinblick auf den Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage stelle sich die Errichtung einer Kunstschneeanlage als genehmigungspflichtige Änderung (Erweiterung) der bestehenden Schleppliftanlage dar. Da jedoch in Angelegenheit des Betriebes von Schleppliften hinsichtlich der in Betracht kommenden Bestimmungen der Gewerbeordnung der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr betraut sei, sei die Berufung des Beschwerdeführers an den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie - nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten - mangels Zuständigkeit zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem "gesetzlich gewährleisteten Recht" auf Erledigung eines Rechtsmittels durch die im § 381 Abs. 3 GewO 1973 als zuständig bezeichnete Behörde verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, er habe die Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. August 1986 im Herbst 1987 bei der belangten Behörde urgiert. Mit Schreiben, bei ihm eingelangt am 28. Juli 1987, sei ihm mitgeteilt worden, daß auch das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, an das seine Berufung gemäß § 6 AVG 1950 weitergeleitet worden sei, die Ansicht vertrete, für das vorliegende Verfahren nicht zuständig zu sein. Bevor noch von ihm eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof habe eingebracht werden können, habe nunmehr die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid erklärt, unzuständig zu sein und habe die Berufung im Grund des § 381 Abs. 3 GewO 1973 zurückgewiesen. Eine Zuständigkeit "in Angelegenheit des Betriebes von Schleppliften" sei im vorliegenden Fall zweifelsfrei nicht gegeben. Die Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr - nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr - erstrecke sich zweifelsfrei nur auf den Betrieb von Schleppliften selbst, nicht jedoch auf weitere Betriebsanlagen, die von Schiliftgesellschaften zur Herstellung von Kunstschnee und zur Beschneiung von Schiabfahrten errichtet würden. Dabei gebe er zu bedenken, daß die Beschneiungsanlage nicht in einem Zug mit der Schleppliftanlage errichtet worden sei, sondern nach Herstellung der Schleppliftanlage und nach mehrjährigem Betrieb derselben. Die Beschneiungsanlage könne darüber hinaus unabhängig vom Betrieb der Schleppliftanlage betrieben werden und stelle eine von der Schleppliftanlage räumlich und technisch völlig unabhängige gewerbliche Betriebsanlage dar. Allein der Umstand, daß die Beschneiungsanlage "im Bereich der 1. Sektion der A-Lifte in S" errichtet werde, begründe noch keinen Kompetenztatbestand, der eine Zuständigkeit des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr begründen würde. Selbst bei Richtigkeit der Argumentation der belangten Behörde hätte dieser Umstand nicht zu einer Zurückweisung seiner Berufung und somit zu einer für ihn äußerst unbefriedigenden Formalentscheidung führen dürfen. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, gemäß § 6 AVG 1950 sein Rechtsmittel der zuständigen Behörde weiterzuleiten oder gemäß § 69 Abs. 1 B-VG eine Entscheidung im negativen Kompetenzkonflikt zwischen zwei Bundesministern herbeizuführen. Er habe durch seine Einwendungen im gewerbebehördlichen Verfahren klar zum Ausdruck gebracht und es werde diese Ansicht auch durch vorliegende Gutachten bestätigt, daß durch den Betrieb der Kunstschneeanlage die Vegetation auf seinen Grundstücken beeinträchtigt werde. Erfahrungen mit bestehenden Kunstschneeanlagen hätten gezeigt, daß im Frühjahr auf derartigen Grundstücken häufig eine bis zu einem Meter starke Kunstschneeschicht liege, während auf benachbarten Grundstücken bereits die Vegetationsphase begonnen habe. Dieser Umstand führe zu einer Verdichtung des Bodens und in weiterer Folge zur Vermehrung minderwertiger Pflanzen und zum Ausbleiben wertvoller Futtergräser. Es wäre nun an der Behörde gelegen, dahingehend zu entscheiden, ob dieser Umstand bloß eine Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 darstelle, oder ob durch die Errichtung und durch den Betrieb der Beschneiungsanlage in seine sonstigen dinglichen Rechte eingegriffen werde. Die Klärung dieser Frage wäre auch im Hinblick auf den Umstand, daß zahlreiche Schiliftunternehmungen die Errichtung von Beschneiungsanlagen planten, von größter Wichtigkeit.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 381 Abs. 3 GewO 1973 ist mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes, sofern Abs. 4 bis 8 nicht anderes bestimmen, der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie - nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten -, in Angelegenheiten des Betriebes von Schleppliften hinsichtlich der in Betracht kommenden Bestimmungen jedoch der Bundesminister für Verkehr - nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr -, betraut.

Unter "Angelegenheiten des Betriebes von Schleppliften" sind mangels einer anders lautenden (einschränkenden) gesetzlichen Differenzierung - abgesehen von der in den § 179 ff GewO 1973 geregelten Konzessionspflicht der Beförderung von Personen durch Schlepplifte - u.a. auch die mit der Betriebsanlagengenehmigung für einen derartigen Schlepplift im Zusammenhang stehenden Agenden im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 zu verstehen (so ist der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. April 1980, Zl. 3071/78, inhaltlich in Ansehung der dort belangten Behörde - Bundesminister für Verkehr - von dieser Annahme ausgegangen; vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 1983, Zl. 82/04/0137).

Unter Bedachtnahme auf diese Rechtslage und weiters darauf, daß als gewerbliche Betriebsanlage die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen ist, welche dem Zwecke des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind, und daß eine Betriebsanlage, soweit der lokale Zusammenhang aller dieser Einrichtungen gegeben ist, gewerberechtlich ein einheitliches Objekt darstellt (vgl. hiezu entsprechend Verwaltungsgerichtshof Budw. 7694/A/1910; ferner das hg. Erkenntnis vom 15. März 1979, Zl. 2932/78), kann daher unter Zugrundelegung der Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit in der Annahme der belangten Behörde erkannt werden, daß es sich bei der in Rede stehenden Anlage zufolge Zusammenhanges mit der bestehenden Schleppliftanlage um eine "Angelegenheit des Betriebes von Schleppliften" im Sinne des § 381 Abs. 3 GewO 1973 handle, die somit von ihrer Zuständigkeit ausgeschlossen sei.

Sofern aber in der Beschwerde vorgebracht wird, die Beschneiungsanlage sei nicht in einem Zug mit der Schleppliftanlage errichtet worden, sondern nach Errichtung der Schleppliftanlage und nach deren mehrjährigem Betrieb sowie, daß die Beschneiungsanlage darüber hinaus unabhängig vom Betrieb der Schleppliftanlage betrieben werden könne und eine von der Schleppliftanlage räumlich und technisch völlig unabhängige gewerbliche Betriebsanlage darstelle, so ist dem zu entgegnen, daß einer zeitlichen Differenz der Errichtung von Anlageteilen eines Betriebes keine rechtliche Relevanz in Ansehung der Frage der Einheitlichkeit einer Betriebsanlage zukommt und daß das weitere nicht entsprechend substantiierte Vorbringen nicht geeignet ist, entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid eine geeignete Behauptungsgrundlage dafür zu bilden, daß die in Rede stehende Anlage derart örtlich bzw. sachlich von der Betriebsanlage "Schlepplift" getrennt sei, daß etwa von einer Einheit dieser Anlagen und somit von der Annahme einer Gesamtanlage nicht mehr gesprochen werden könne.

Was schließlich das hilfsweise unter Berufung auf § 6 AVG 1950 gerügte Vorgehen der belangten Behörde anlangt, so ist dem zu entgegnen, daß § 6 Abs. 1 zweiter Halbsatz AVG 1950 zwar die Behörde verpflichtet, bei ihr einlangende Anbringen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen. Diese Bestimmung normiert jedoch kein Verbot der bescheidmäßigen Zurückweisung eines Antrages, wenn von der Möglichkeit der Weiterleitung oder Weiterverweisung durch die seitens der antragstellenden Partei ausdrücklich in Anspruch genommene - unzuständige - Behörde, wie dies im Beschwerdefall in Ansehung der belangten Behörde auch nach dem Beschwerdevorbringen zutrifft, kein Gebrauch gemacht werden kann (vgl. hiezu Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, I. Band, S. 111 f). Im gegebenen Zusammenhang ist, abgesehen von der Frage des Rechtsanspruches auf Weiterleitung einer Eingabe im Sinne des § 6 Abs. 1 AVG 1950 (vgl. hiezu die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 12. November 1986, Zl. 86/03/0194), hiezu auszuführen, daß im Verwaltungsverfahren auch nach dem Beschwerdevorbringen seitens der belangten Behörde eine Mitteilung erfolgte, wonach das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, an das die Berufung ursprünglich gemäß § 6 AVG 1950 weitergeleitet worden war, die Ansicht vertrete, für das vorliegende Verfahren nicht zuständig zu sein und daß der Beschwerde kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, daß der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer nach Erhalt dieser Mitteilung etwa in diesem Zusammenhang ein weiteres Vorbringen erstattet hätte.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu ihrer Abweisung zu führen hatte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 17. Mai 1988

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