VwGH 88/04/0002

VwGH88/04/000214.6.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der Dr. P & Co. Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Gerhard Hickl, Rechtsanwalt in Wien I, Getreidemarkt 18, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. Mai 1987, Zl. 309.049/4‑III/5/87, betreffend Verweigerung einer Konzession, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §13 Abs7
GewO 1973 §25 Abs1 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988040002.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution au ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 26. Mai 1987 verweigerte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 2 im Zusammenhalt mit den §§ 25 Abs. 1 Z. 1 und 9 Abs. 1 GewO 1973 die Konzession für das Gewerbe der Ausgleichsvermittlung (§ 271 leg. cit.) mit dem Standort Wien I, und gab weiters gemäß § 39 Abs. 5 leg. cit. dem Ansuchen um Genehmigung der Bestellung des Mag. iur. KF zum Geschäftsführer bei Ausübung dieses Gewerbes keine Folge. Zur Begründung führte der Bundesminister in wesentlichen aus, laut dem die Beschwerdeführerin betreffenden Registerakt des Handelsgerichtes Wien sei alleinige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin ML in W. Diese habe am 28. Februar 1985 Mag. HD schriftlich die unwiderrufliche Vollmacht erteilt, sie als Gesellschafter in allen Generalversammlungen der Beschwerdeführerin zu vertreten und für sie das Stimmrecht auszuüben. Ferner habe sie Mag. HD mit der notariell beglaubigten Vollmacht ermächtigt, ihre Stammeinlage ganz oder zum Teil an andere Personen zu übertragen und den Abtretungsvertrag für sie zu fertigen und alle Bestimmungen eines solchen Abtretungsvertrages festzusetzen, wobei sie ausdrücklich erklärt habe, es sei ihm auch gestattet, mit sich selbst abzuschließen. Nach der Aktenlage sei über Mag. HD mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Februar 1983, Zl. 32 Nc 55/82, wegen der Übertretung der Winkelschreiberei gemäß § 1 lit. a und b der Justizministerialverordnung vom 8. Juni 1857, RGBl. Nr. 114, eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,‑ ‑ verhängt worden. Mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. Juli 1983, Zl. 14 R 146/83, sei einem von Mag. HD gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs nicht Folge gegeben worden. Die Bestrafung wegen Winkelschreiberei sei deshalb erfolgt, weil Mag. D nach dem 21. Juni 1982 für den Verein „XY“ in den (zivilgerichtlichen) Verfahren Jv 4744‑17a/82 des Bezirksgerichtes Purkersdorf, C 152/82 des Bezirksgerichtes Purkersdorf, E 10/80 des Bezirksgerichtes Hainburg und 25 Cg 211/82 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien Eingaben verfaßt habe, nämlich eine „Dienstaufsichtsbeschwerde“ namens H und GR, welche Vorstandsmitglieder des genannten Vereines seien; Vertagungsantrag und Ablehnung aller Richter des Bezirksgerichtes Purkersdorf, Berufung und Antrag auf Verfahrenshilfe sowie Rekurs gegen die Abweisung letzteren Antrages, ebenfalls für H und GR, Antrag auf Ablehnung aller Richter des Bezirksgerichtes Hainburg namens des Vereinsmitgliedes AO, sowie eine Klagebeantwortung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien namens HR, verbunden mit einer Ablehnung des erkennenden Richters in einem Rechtsstreit wegen Zahlung von S 54.193,86 s.A. Es sei somit über Mag. HD, dem allein schon auf Grund der ihm von der alleinigen Gesellschafterin der Konzessionswerberin ML am 28. Februar 1985 erteilten unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht zweifellos ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zustehe, wegen Winkelschreiberei bzw. Übertretungen, die geeignet seien, die die Ausübung des von der Beschwerdeführerin beantragten Gewerbes der Ausgleichsvermittlung mitbestimmenden öffentlichen Interessen unmittelbar zu berühren, eine relativ empfindliche Geldstrafe rechtskräftig verhängt worden. Das sich in den dieser Bestrafung zugrunde liegenden Handlungen manifestierende Verhalten des Mag. HD und das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild ließen mit Rücksicht darauf, daß für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes in Ansehung der damit verbundenen Gefahr der Winkelschreiberei eine besondere Vertrauenswürdigkeit erforderlich sei, die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen, es werde bei der Ausübung des Gewerbes der Ausgleichsvermittlung durch die Beschwerdeführerin gegen die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten verstoßen werden. Das Bundesministerium erachte daher die Zuverlässigkeit des Mag. HD für die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes nicht als gegeben. Es liege somit die im § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 normierte Voraussetzung der erforderlichen Zuverlässigkeit einer nach § 13 Abs. 7 GewO 1973 zu qualifizierenden Person nicht vor, weshalb die beantragte Konzession habe verweigert werden müssen. Da die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes gemäß § 39 Abs. 5 GewO 1973 das Vorhandensein der diesbezüglichen Gewerbeberechtigung zur Voraussetzung habe, sei mangels Konzessionserteilung gleichzeitig auch die Genehmigung der Bestellung des Mag. HD zum Geschäftsführer zu verweigern gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1987, Zl. B 790/87‑3, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist zur Zulässigkeit der Beschwerde darauf hinzuweisen, daß zwar nach dem Inhalt der den Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten der angefochtene Bescheid an die Beschwerdeführerin „z. Hd. RA Dr. P, Stellvertreter Dr. R“ zu einem Zeitpunkt zugestellt wurde, als das Vertretungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Rechtsanwalt Dr. P bereits erloschen war. Aus der von der Beschwerdeführerin, welcher dieser Sachverhalt mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1988 bekanntgegeben worden war, hiezu mit Schriftsatz vom 4. Mai 1988 abgegebenen Äußerung ergibt sich jedoch, daß ihr der angefochtene Bescheid jedenfalls vor Erhebung der vorliegenden Beschwerde tatsächlich zugekommen ist. Damit ist zufolge § 7 Zustellgesetz der in Rede stehende Zustellmangel geheilt und der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin gegenüber erlassen worden.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, „daß ihr zu Unrecht die Konzession für das Gewerbe der Ausgleichsvermittlung gemäß § 271 GewO 1973 im Standort 1010 Wien, verweigert wurde“. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin unter anderem vor, die Frage, ob eine natürliche Person einen maßgebenden Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person habe, könne nicht dadurch gelöst werden, daß einfach auf Grund einer vorliegenden Vollmacht gesagt werde, der Machthaber müsse einen maßgeblichen Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin haben, denn letztlich könnten mannigfache Gründe dafür bestehen, warum jemand eine Vollmacht habe und warum diese unwiderruflich sei. Schließlich sei das wirtschaftliche Leben zu vielschichtig, um einzig und allein aus der Tatsache einer Vollmacht jene zwingende Konsequenz zu ziehen, es bestehe ein maßgebender Einfluß des Machthabers auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Gemäß § 25 Abs. 1 GewO 1973 ist eine Bewilligung (Konzession) für ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) zu erteilen, wenn

1. bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und

2. die hinsichtlich der Ausübung des betreffenden konzessionierten Gewerbes allenfalls vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Konzession zu verweigern, wenn eine der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 7 GewO 1973 sind die Bestimmungen der (die Gewerbeausschlußgründe regelnden) Abs. 1 bis 6 auf eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes sinngemäß anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 6 auf eine natürliche Person zutreffen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht.

Ob einer Person ein abgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Der von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vertretenen Rechtsansicht, allein aus der dem Mag. HD von der alleinigen Gesellschafterin der Beschwerdeführerin erteilten unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht ergebe sich ein solcher maßgeblicher Einfluß des Mag. D auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Denn der einer Vollmacht, das ist der über einen Bevollmächtigungsvertrag ausgestellten Urkunde (§ 1005 ABGB), zugrunde liegende Vertrag kann zufolge § 1007 ABGB, je nach Vertragsinhalt, eine unumschränkte oder eine beschränkte Ermächtigung zum Handeln im Namen des Machtgebers umfassen. Im ersten Fall wird der Machthaber berechtigt, das Geschäft nach seinem besten Wissen und Gewissen zu leiten, im letzteren aber werden ihm die Grenzen, wieweit und die Art, wie er dasselbe betreiben soll, vorgeschrieben. Um beurteilen zu können, ob im Einzelfall dem Machthaber des alleinigen Gesellschafters einer juristischen Person ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte dieser juristischen Person zusteht, ist daher die Kenntnis des Inhaltes des zwischen ihnen geschlossenen Bevollmächtigungsvertrages hinsichtlich der dem Machthaber bei Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnis gesetzten Grenzen, also insbesondere inwieweit der Machthaber hiebei an Weisungen des Machtgebers gebunden ist, unerläßlich. Die bloße Kenntnis der allein das Verhältnis gegenüber Dritten bestimmenden, über das Bevollmächtigungsverhältnis ausgestellten Vollmacht reicht hingegen entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde zur Beurteilung dieser Frage nicht aus.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanziers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 14. Juni 1988

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