VwGH 87/14/0084

VwGH87/14/008410.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Piffl, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat, vom 15. Oktober 1986, Zl. 145‑GA3BK‑ML/85, betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für 1980 bis 1982 der mitbeteiligten I Handelsgesellschaft m.b.H. in W, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21
BAO §22
BAO §23
EStG 1967 §4 Abs4
EStG 1972 §22 Abs1 Z3
EStG 1972 §4 Abs4
EStG 1972 §4 Abs4 implizit
HGB §161
HGB §163
VwGG §28 Abs2
VwGG §41 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987140084.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte I Handelsgesellschaft, Handel mit Industriewaren - im folgenden „I‑GmbH“ genannt - wurde 1972 gegründet. An ihrem Stammkapital waren bis in die Streitjahre hinein Dipl. Ing. F und Ing. K zu je 50 % beteiligt. Die Gesellschafter waren in den Streitjahren auch Geschäftsführer der I‑GmbH.

Die I‑GmbH beteiligte sich 1972 an der I‑HandelsgmbH & Co (KG) ‑ nachstehend als „I‑GmbH & Co KG“ oder nur als „KG“ bezeichnet - als deren alleinige, persönlich haftende Gesellschafterin. Kommanditisten der KG sind mit gleichen Einlagen Dipl. Ing. F und Ing. K. Laut Berufung und Berufungsvorentscheidung ist die I‑GmbH als reine Komplementärgesellschaft tätig, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb entfaltet.

1975 wurde die Technisches Büro Dipl. Ing. F und Ing. K GmbH errichtet, die im folgenden „TB GmbH“ genannt wird. Gesellschafter dieser GmbH sind Dipl. Ing. F, Ing. K (beide auch Geschäftsführer) und daneben deren Ehegattinnen zu je 25 %.

Anläßlich einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung („BP“) stellte der Prüfer fest, daß die Kosten der Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG nicht der I‑GmbH sondern der TB GmbH verrechnet worden wären. Dies widerspreche der gesellschaftsvertraglichen Regelung. Dem Einwand des Steuerberaters, daß die I‑GmbH die TB GmbH mit der Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG beauftragt habe, hätte mangels Vorlage entsprechender Verträge nicht Rechnung getragen werden können. Den einzigen Sinn der den Gesellschaftsverträgen nicht entsprechenden Abwicklung der Geschäftsführung über die TB GmbH erblickte der Betriebsprüfer in der unzulässigen Vermeidung der Zurechnung nach § 7 Z. 6 GewStG 1953 (Geschäftsführerbeteiligung dort nur je 25 %, bei der I‑GmbH aber je 50 %).

Den der BP entsprechenden Abgabenbescheiden hielt die mitbeteiligte I‑GmbH im Rechtsmittelverfahren im wesentlichen entgegen, mit der Errichtung der TB GmbH hätte für die Beteiligten ein zweites wirtschaftliches Bein geschaffen werden sollen. Infolge des sich unerwartet rasch vergrößernden Volumens der I‑GmbH & Co KG hätten die beiden Geschäftsführer jedoch keine Zeit mehr gefunden, sich dem zweiten Vorhaben zu widmen, da sie durch ihre Tätigkeit für die I‑GmbH & Co KG zeitlich vollkommen ausgelastet gewesen seien. Anläßlich der Errichtung der TB GmbH wären jedoch Dipl. Ing. F und Ing. K ein Dienstverhältnis mit dieser Gesellschaft eingegangen. Nachdem die wirtschaftliche Tätigkeit der TB GmbH nicht ausgeführt worden sei, sondern deren Geschäftsführer ausschließlich für die I‑GmbH & Co KG tätig geworden seien, wären seit Beginn diese Kosten an die I‑GmbH & Co KG verrechnet worden. Der Ansicht der BP, daß Dipl. Ing. F und Ing. K nur durch die I‑GmbH entlohnt werden könnten, müsse widersprochen werden. Es könne nämlich keinem Steuerpflichtigen, der bei mehreren Gesellschaften beteiligt sei, verwehrt werden, selbst zu entscheiden, in welcher Gesellschaft er ein Dienstverhältnis eingehe oder nicht, bzw. könne umgekehrt keiner juristischen Person verwehrt werden, ein Dienstverhältnis abzuschließen oder nicht. Es sei auch durchaus üblich, daß, sofern eine Person bei mehreren Gesellschaften als Geschäftsführer eingetragen bzw. tätig sei, diese nur von einer der Gesellschaften für ihre Gesamttätigkeit zu entlohnen. Daß dabei jene Gesellschaft gewählt werde, bei der steuerrechtlich eine optimale Steuerbelastung erreicht werde, sei selbstverständlich und verstoße gegen keinerlei Bestimmungen der Abgabengesetze. Der Feststellung des Finanzamtes, daß dem Einwand des steuerlichen Vertreters, die TB GmbH sei mit der Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG beauftragt worden, nicht gefolgt werden könne, weil diesbezüglich keine Verträge vorgelegt hätten werden können, sei entgegenzuhalten, daß schriftliche Verträge grundsätzlich nicht erforderlich seien, soweit die gesetzten wirtschaftlichen Maßnahmen nach außen hin entsprechend in Erscheinung treten würden. Nachdem die Entlohnung von Geschäftsführern eine nur das Innenverhältnis betreffende Maßnahme sei, desgleichen die Geschäftsführung (im Gegensatz zur Vertretung), würden derartige Fragen nie im Außenverhältnis (Geschäftspartnern gegenüber) bekannt. Der Finanzverwaltung sei diese Tatsache jedoch spätestens seit März 1979 (anläßlich einer Lohnsteuerprüfung) bekannt geworden, somit nach außen hin dokumentiert.

Weiters brachte die mitbeteiligte I‑GmbH im Rechtsmittelverfahren vor, die Geschäftsführung, d.h. die Tätigkeit im Innenverhältnis, könne in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur von den Personen Dipl. Ing. F und Ing. K ausgeübt werden, was auch der Fall sei; von einer vertragswidrigen Abwicklung könne daher keine Rede sein.

Die Finanzverwaltung beziehe sich vermutlich - wie die Mitbeteiligte im Rechtsmittelverfahren weiters vorbrachte - auf die Bestimmungen der §§ 21 und 22 BAO. Im Beschwerdefall werde die Finanzverwaltung aber ein behauptetes Rechtsverhältnis (hier Dienstverhältnis zur TB GmbH) solange als bestehend ansehen müssen, als sie nicht nachweisen könne, daß in diesem Rechtsverhältnis ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes zu erblicken sei, oder daß die Erscheinungsform des Rechtsgeschäftes seinem Inhalt nicht entspreche. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise dürfe jedenfalls keineswegs dazu führen, die Tatbestandsmäßigkeit einer Besteuerung zu ändern und diese statt nach dem tatsächlichen nach einem fingierten Geschehen vorzunehmen. Der Abgabepflichtige wiederum sei in der Wahl seiner Mittel, die der Gestaltung seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse dienen sollen, grundsätzlich nicht beschränkt.

Auch § 22 BAO stelle keine Vorschrift dar, welche die Steuerpflichtigen in irgendeiner Weise in ihrer wirtschaftlichen Disposition und in ihrer wirtschaftlichen beliebigen Zielsetzung beeinträchtigen würde. Grundsätzlich sei daher der Abgabepflichtige nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts so einzusetzen, daß er die geringste Steuerbelastung erziele. Dies gelte auch dann, wenn er bestimmte rechtliche Wege ausschließlich zum Zwecke der Steuerersparnis einschlage. Könnten beachtliche, außersteuerliche Gründe für eine - wenn auch ungewöhnliche - Gestaltung angeführt werden, so sei ein Mißbrauch im Sinne des § 22 BAO jedenfalls auszuschließen.

Obwohl die mitbeteiligte I‑GmbH die Auffassung vertrete, daß die Begründung der Dienstverhältnisse des Dipl. Ing. F und des Ing. K zur TB GmbH ohnehin keine ungewöhnliche Maßnahme darstelle - es bleibe immerhin jedermann überlassen, zu einer ihm genehmen Gesellschaft ein Dienstverhältnis zu begründen, außerdem werde durch diese Gestaltung der übliche Effekt einer GmbH & Co KG erreicht - seien sehr wohl noch andere gewichtige Gründe vorgelegen, diese Gestaltungsform zu wählen. Der wesentlichste Grund bestehe in der Sozialversicherungspflicht. Nach den einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (ASVG) könnten Dipl. Ing. F und Ing. K weder zur I‑GmbH noch zur I‑GmbH & Co KG auf Grund der Beteiligungsverhältnisse ein sozialversicherungsmäßiges Dienstverhältnis begründen, wohl jedoch zur TB GmbH. Aus der I‑GmbH aber hätten die Ehegattinnen der Geschäftsführer (Dipl. Ing. F und Ing. K) herausgehalten werden sollen.

Die Gewerbesteuerbescheide würden sich auch noch aus einem anderen Grund als rechtswidrig erweisen. Nach § 7 Z. 6 GewStG 1953 würden zum Gewinn aus Gewerbebetrieb die folgenden, im Gesetz erschöpfend aufgezählten Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt worden seien. In den von der mitbeteiligten I‑GmbH eingereichten Steuererklärungen und Jahresabschlüssen für die Jahre 1980 bis 1982 seien keine Löhne und Gehälter abgesetzt worden. Auch aus dem Betriebsprüfungsbericht betreffend die mitbeteiligte I‑GmbH und auch nicht aus dem Betriebsprüfungsbericht betreffend die I‑GmbH & Co KG sei ersichtlich, daß im Rahmen der I‑GmbH Löhne und Gehälter an wesentlich Beteiligte als Betriebsausgaben abgesetzt worden seien. Nach § 7 Z. 6 GewStG 1953 könne dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nichts hinzugerechnet werden, was bei der Ermittlung des Gewinnes nicht abgesetzt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 im wesentlichen Folge. Die mitbeteiligte I‑GmbH hätte für den an sich ungebräuchlichen Weg, die Geschäftsführung bzw. die Geschäftsführerentlohnung nicht über die handelsrechtlich allein vertretungsbefugte I‑GmbH als Komplementärgesellschafterin abzuwickeln bzw. zu verrechnen, zumindest einen beachtlichen Grund für sich ins Treffen führen können, der den beschriebenen Weg auch ohne das Ziel der Steuerersparnis verständlich erscheinen lasse, nämlich den, den geschäftsführenden Gesellschaftern Dipl. Ing. F und Ing. K auf Grund deren Dienstverhältnisse bei der TB GmbH bzw. der Nichtbegründung von Dienstverhältnissen bei der I‑GmbH eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung verschaffen zu können. Eine Pflichtversicherung nach dem ASVG wäre auf Grund der Höhe der Beteiligung des Dipl. Ing. F und des Ing. K bei der mitbeteiligten I‑GmbH für die streitgegenständlichen Zeiträume und auch bei der I‑GmbH & Co KG nicht möglich gewesen. Eine Pflichtversicherung nach den Bestimmungen des GSVG hätte auf Grund einer allfälligen Beschäftigung bei der I‑GmbH oder bei der I‑GmbH & Co KG ebenfalls nicht „eingegangen“ werden können, weil diese Gesellschaften, was erforderlich gewesen wäre, nicht selbst Mitglieder der Kammer der gewerblichen Wirtschaft seien. Eine Hinzurechnung der Geschäftsführergehälter zum Gewinn aus Gewerbebetrieb der mitbeteiligten I‑GmbH habe somit nicht zu erfolgen. Die Körperschaftsteuerbescheide seien aus Gründen der Auflösung der Gewerbesteuerrückstellungen abzuändern gewesen.

Mit vorliegender Beschwerde macht der beschwerdeführende Präsident eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des (auch über die Wiederaufnahme der Verfahren absprechenden) angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Festsetzung der Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1982 geltend. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei die geschäftsführende Gesellschafterin der I‑GmbH & Co KG und deren nach Handelsrecht allein vertretungsbefugte Komplementärgesellschafterin die I‑GmbH. Laut Gesellschaftsvertrag und Handelsregisterauszug stehe ebenso fest, daß Dipl. Ing. F und Ing. K die Geschäftsführer der mitbeteiligten I‑GmbH und an dieser zu je 50 % (also wesentlich) beteiligt seien. Die Genannten übten auch nach außen hin die Geschäftstätigkeit namens der I‑GmbH für die I‑GmbH & Co KG aus. Die I‑GmbH & Co KG habe die Geschäftsführervergütung in den Streitjahren jedoch nicht an die vertretungsbefugte mitbeteiligte I‑GmbH geleistet und hätten die Geschäftsführer ihre Entlohnung nicht von der I‑GmbH erhalten. Die Verrechnung der Geschäftsführergehälter sei über den Umweg der TB GmbH erfolgt, an der Dipl. Ing. F und Ing. K nur zu je 25 % beteiligt seien; dies mit der Begründung, daß die Genannten auch dort Dienstnehmer bzw. Geschäftsführer seien. Die TB GmbH habe ihren eigenen handelsrechtlich festgelegten Geschäftszweck infolge Nichtaufnahme ihres Geschäftsbetriebes niemals ausgeübt, sondern habe in den Streitjahren lediglich als Verrechnungsstelle für die Geschäftsführergehälter des Dipl. Ing. F und Ing. K gedient. Durch die bisherige Vorgangsweise, daß nämlich eine Firma, welche selbst den Geschäftsbetrieb niemals aufgenommen habe, ein Geschäftsführergehalt an ihre handelsrechtlich eingetragenen Geschäftsführer für eine Tätigkeit ausbezahle (Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG), die laut handelsrechtlichen sowie schriftlichen gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen einer anderen Firma, nämlich der I‑GmbH obliege, deren handelsrechtlich bestellte Geschäftsführer wiederum Dipl. Ing. F und Ing. K seien, werde der Mißbrauchstatbestand des § 22 BAO erfüllt. Der eingeschlagene ungewöhnliche Weg bewirke eine Umgehung des § 7 Z. 6 GewStG 1953.

Der Argumentation der mitbeteiligten I‑GmbH, daß die Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG nicht über die vertretungsbefugte I‑GmbH, sondern über die TB GmbH abgewickelt worden sei, weil die Ehegattinnen aus der I‑GmbH herausgehalten werden sollten und die gewählte Vorgangsweise auch ihren Grund darin habe, daß Dipl. Ing. F und Ing. K auf Grund ihrer Beteiligung bei der I‑GmbH nicht gesetzlich sozialversichert gewesen wären, hielt der beschwerdeführende Präsident entgegen, daß eine Beteiligung der Ehegattinnen im gleichen Ausmaß wie an der TB GmbH nach Lage des Falles auch an der I‑GmbH ohne besonderes Risiko möglich gewesen sei, zumal eine derartige Beteiligung der Ehegattinnen im Ausmaß von je 25 % unmittelbar nach Beendigung der Betriebsprüfung im Jahre 1984 erfolgt wäre. Wäre dies schon früher geschehen, wäre auf Grund einer nur 25 %igen Beteiligung an der I‑GmbH, abgesehen von der gegebenen Pflichtversicherung nach dem ASVG, rechtmäßig eine Hinzurechnung von Geschäftsführergehältern zum Gewinn aus Gewerbebetrieb der I‑GmbH vermieden worden. Aber selbst bei einer Beteiligung von je 50 % hätte für Dipl. Ing. F und Ing. K auf Grund ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafter der mitbeteiligten I‑GmbH eine Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 GSVG bestanden, wenn nur die I‑GmbH selbst Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft geworden wäre. Die I‑GmbH, die unter anderem zu ihrem Geschäftsgegenstand den Handel mit Industriebedarf zähle, hätte sich nur um einen Gewerbeschein bemühen müssen, um Kammermitglied zu werden. Offenbar sei nunmehr auch die mitbeteiligte I-GmbH keineswegs mehr davon überzeugt, daß die Verrechnung der Geschäftsführergehälter im Umweg über die TB GmbH keine Umgehungshandlung darstelle, vereinnahme sie ja nunmehr ab 1984 als vertretungsbefugte Komplementärgesellschafterin der I‑GmbH & Co KG die von dieser Gesellschaft geleisteten Geschäftsführervergütungen selbst und gebe die entsprechenden Geschäftsführerbezüge an ihre handelsrechtlich vertretungsbefugten Gesellschafter-Geschäftsführer Dipl. Ing. F und Ing. K weiter.

Die Mitbeteiligte erstattete zur Beschwerde eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. In der Gegenschrift hält die Mitbeteiligte der Auffassung des beschwerdeführenden Präsidenten, es liege ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts vor, im wesentlichen ihre schon im Verwaltungsverfahren dagegen vorgebrachten Einwände entgegen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I.1. § 22 Abs. 1 BAO bestimmt, daß durch den Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden kann; liegt ein Mißbrauch vor, sind - nach Abs. 2 der Gesetzesstelle - die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Demnach ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts so einzusetzen, daß er die geringste Steuerbelastung erzielt. Als Mißbrauch anzusehen ist hingegen eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; es ist dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabenersparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0032, Slg. Nr. 6031/F, und vom 13. Mai 1986, Zl. 85/14/0169).

2. Die Entlohnung der Geschäftsführer über die TB GmbH hatte (auch) das erklärte Ziel, Gewerbesteuer zu ersparen. Am Stammkapital dieser Gesellschaft waren die Geschäftsführer nur zu je 25 % beteiligt, sodaß die Zurechnung nach § 7 Z. 6 GewStG 1953, welche eine Beteiligung von mehr als einem Viertel voraussetzt, entfiele. Bei einer Entlohnung über die I‑GmbH käme es hingegen im Hinblick auf die je 50 %ige Beteiligung der Geschäftsführer am Stammkapital zur Hinzurechnung nach § 7 Z. 6 GewStG 1953. Abgesehen davon ermöglichte es die Beteiligung zu nur je 25 % bei der TB GmbH, die Entlohnung der Geschäftsführer als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (mit steuerlich begünstigten Bezugsteilen wie insbesondere den 13. und 14. Monatsgehalt) zu behandeln, während die je 50 %ige Beteiligung bei der I‑GmbH eine solche Behandlung verbieten würde (siehe das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 9. Dezember 1980, Zl. 1666 ff/79, Slg. Nr. 5535/F, sowie § 22 Abs. 1 Z. 2 und § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 in der ab 1982 geltenden Fassung).

3. Die Beteiligten haben die für sie steuerlich günstigste Lösung auf einem ungewöhnlichen Weg angestrebt; werden doch die Geschäftsführer einer GmbH, der als Komplementär die Geschäftsführung einer GmbH & Co KG obliegt, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr von dieser GmbH und nicht von einer anderen GmbH entlohnt, der die Geschäftsführung der KG nicht obliegt.

4. Für diesen ungewöhnlichen Weg konnte jedoch ein stichhältiger, außersteuerlicher Grund ins Treffen geführt werden, nämlich der angestrebte sozialversicherungsrechtliche Schutz der Geschäftsführer (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/14/0107). Dieser hätte über die I‑GmbH (Geschäftsführerbeteiligung 50 : 50) nur mit zusätzlichen Belastungen herbeigeführt werden können. Unterliegen doch die zu 50 % am Stammkapital einer GmbH beteiligten Geschäftsführer grundsätzlich mangels persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG. Die Pflichtversicherung nach dem GSVG aber hätte nur Platz greifen können, wenn die I‑GmbH Mitglied der Kammern der gewerblichen Wirtschaft gewesen wäre (§ 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG). Die Mitgliedschaft wieder war davon abhängig, ob die I‑GmbH zum selbständigen Betrieb der (hier allein in Rede stehenden) Handelsunternehmung berechtigt war (siehe § 3 Abs. 2 und weiters auch § 29 Abs. 5 bis 7, § 31 Abs. 1, § 31a Abs. 1, § 35, § 37, § 57a Abs. 4 und § 57b Abs. 1 des Handelskammergesetzes). Diese Berechtigung - in Form der Gewerbeberechtigung im Sinne der Gewerbeordnung - kommt aber bei Personengesellschaften des Handelsrechtes der Personengesellschaft als solcher zu (vgl. § 9 der Gewerbeordnung). Die Komplementär-GmbH bedarf hingegen, wenn sie (nur) die Geschäfte der KG führt, keiner Gewerbeberechtigung (siehe Arnold in Rill, Gewerberecht, Seite 139 FN 60, sowie Arnold in Kastner-Stoll, Die GmbH & Co KG2, Seite 677).

Ob die I‑GmbH sich um eine Gewerbeberechtigung bemühen hätte können, ist entgegen der Auffassung des beschwerdeführenden Präsidenten ohne Belang, da die Gewerbeberechtigung über die durch sie ausgelöste Kammermitgliedschaft all jene Kosten verursacht hätte, die mit einer solchen Mitgliedschaft verbunden sind (siehe §S 57 ff Handelskammergesetz sowie nochmals Arnold in Kastner-Stoll, a.a.O). Es kann keinen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts bedeuten, wenn bei der Erreichung eines außersteuerlichen Zieles - wie der Sozialversicherung der Geschäftsführer - nicht der aufwendigere, sondern der kostengünstigere Weg beschritten wird. Dieser kostengünstigere Weg war die Pflichtversicherung der Geschäftsführer nach dem ASVG im Rahmen der TB GmbH, die im Hinblick auf die bloß je 25 %ige Beteiligung am Stammkapital nach § 4 Abs. 2 ASVG möglich war, ohne zwecks Begründung einer gesetzlichen Sozialversicherung weitere Kosten hervorzurufen.

5. Die Behauptungen des beschwerdeführenden Präsidenten, daß die Beteiligungsverhältnisse auch anders gestaltet hätten werden können (Aufnahme der Ehegattinnen der Gesellschaftergeschäftsführer mit je 25 % auch in die I‑GmbH), und daß die Entlohnung der Gesellschaftergeschäftsführer ab 1984 über die I‑GmbH verrechnet worden wäre, gehen an der zu lösenden Rechtsfrage vorbei. Denn es geht nicht um die Beurteilung möglicher anderer Sachverhaltsgestaltungen, sondern darum, ob der Sachverhalt, so wie er in den Streitjahren gestaltet wurde, einen Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 22 BAO verwirklichte. Der stichhältige außersteuerliche Grund der Sozialversicherung der Gesellschafter-Geschäftsführer schließt dies aus.

II.1. Der beschwerdeführende Präsident bekämpft den (auch über die Wiederaufnahme der Verfahren absprechenden) angefochtenen Bescheid bezüglich der Festsetzung der Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1982. Diese Anfechtungserklärung (siehe § 28 Abs. 2 VwGG) begrenzt einerseits die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, und zwar insoweit, als der Gerichtshof nicht berechtigt ist, die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die durch die Anfechtungserklärung erfaßten Bereiche hinaus auszudehnen. Andererseits ist der Verwaltungsgerichtshof aber verpflichtet, über die Rechtmäßigkeit des Bescheides im vollen Umfang der Anfechtungserklärung zu befinden (siehe § 41 Abs. 1 VwGG und Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, Seite 128).

Der beschwerdeführende Präsident vermochte nun zwar keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf Grund des von der belangten Behörde in Abrede gestellten Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts darzutun. Die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Feststellungen der belangten Behörde lassen jedoch aus einem anderen Grund die vom beschwerdeführenden Präsidenten behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen:

2. An allen drei ins Auge zu fassenden Gesellschaften - der I‑GmbH & Co KG, der I‑GmbH und der TB GmbH - waren die Gesellschaftergeschäftsführer Dipl. Ing. F und Ing. K - bei der TB GmbH zusammen mit nahen Angehörigen (den Ehegattinnen) - beteiligt. Bei einer derartigen gesellschaftlichen Verflechtung treten Interessengegensätze zwischen den einzelnen Gesellschaften in den Hintergrund. Diese Verflechtung von Interessen der an den für die steuerliche Beurteilung maßgeblichen Vorgängen Beteiligten hat für das Steuerrecht zur Folge, daß die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen zur Anwendung zu kommen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1985, Zl. 85/14/0091, Slg. Nr. 6039/F, und die dort zitierten Belegstellen).

Diese Rechtsprechung über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist Ausfluß der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (siehe insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1975, Zl. 985/75, Slg. Nr. 4911/F, und vom 18. Mai 1977, Zlen. 346, 453/77, Slg. Nr. 5139/F), wie sie übrigens schon im Verwaltungsverfahren (im besonderen in der Berufung der hier mitbeteiligten I‑GmbH gegen die der BP folgenden Abgabenfestsetzungen) zur Diskussion stand. Nach dieser Rechtsprechung setzt die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen und damit auch zwischen interessensmäßig verflochtenen Beteiligten voraus, daß sie a) nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen, b) einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und c) auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

3. Nach § 4 des Gesellschaftsvertrages der I‑GmbH & Co KG ist die I‑GmbH persönlich haftender Gesellschafter der KG. Gemäß § 8 dieses Gesellschaftsvertrages ist zur Geschäftsführung und Vertretung der KG allein die persönlich haftende Gesellschafterin - also die I‑GmbH - befugt. Sie - also die I-GmbH - nimmt diese Aufgabe durch ihre bestellten Geschäftsführer wahr.

Bei dieser durch den Gesellschaftsvertrag der I‑GmbH & Co KG durchaus sachgerecht geregelten Geschäftsführung der KG wären die Geschäftsführerbezüge unter Fremden nur bei der mit der Geschäftsführung der KG betrauten I‑GmbH zum Ansatz gebracht worden. Nur die persönliche Verflechtung zwischen den drei Gesellschaften bietet eine Erklärung dafür, daß die Kosten für eine der I‑GmbH obliegende Aufgabe nicht mit dieser, sondern mit der TB GmbH verrechnet wurden, und dies noch dazu, ohne daß eine eindeutige, nach außen in Erscheinung getretene Vereinbarung nachgewiesen werden konnte, nach der entgegen dem KG‑Gesellschaftsvertrag der TB GmbH die Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG oblegen wäre. An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Geschäftsführungsbefugnis nicht einem Dritten übertragen werden kann und daß, wenn die tatsächliche Geschäftsführung übertragen werden soll, klare Abreden getroffen werden müssen, worin die Tätigkeit, die übertragen wird, nun zu bestehen hat und wie sie zu honorieren ist (vgl. auch Kastner, Grundriß des Gesellschaftsrechts4, Seite 73).

In Anbetracht der wiedergegebenen Regelungen des KG‑Gesellschaftsvertrages stellen die Geschäftsführerbezüge, die durch die der I‑GmbH obliegende Geschäftsführung der I‑GmbH & Co KG veranlaßt sind, nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt (von der KG dieser zu vergütende) Aufwendungen der I‑GmbH dar, die (ebenso wie ihre Vergütungen) bei dieser und nicht bei der TB GmbH in Ansatz zu bringen sind; nur diese Betrachtung wird dem gegebenen wirtschaftlichen Sachverhalt gerecht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1980, Zlen. 1345, 1372/79, Slg. Nr. 5485/F). Als Gehälter, die bei der I‑GmbH an wesentlich (mit je 50 %) Beteiligte gewährt worden sind, unterliegen sie der Zurechnung gemäß § 7 Z. 6 GewStG, sodaß der beschwerdeführende Präsident mit diesem auch von ihm vertretenen Standpunkt im Ergebnis im Recht ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am 10. Mai 1988

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