VwGH 87/13/0231

VwGH87/13/023125.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Zach, über die Beschwerde der X-Genossenschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Rudolf Fuchs, Rechtsanwalt in Wien XIX, Grinzinger Allee 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. September 1987, Zl. GA 5-2116/1/87, betreffend Dienstgeberbeitrag gemäß § 41 FLAG für die Jahre 1980 bis 1984, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §47;
FamLAG 1967 §41;
EStG 1972 §47;
FamLAG 1967 §41;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Anschluß an eine die Jahre 1980 bis 1984 betreffende Lohnsteuerprüfung forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin bescheidmäßig u.a. einen Betrag von S 11.407,-- als Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach. Nach der vom Finanzamt übernommenen Auffassung des Prüfers sei bei insgesamt sieben Bauten, bei denen "die Mietwohnungen gegenüber den Eigentumswohnungen überwiegen", die Beschwerdeführerin als Dienstgeber des Hauswartes zu betrachten. Daher sei der im § 41 FLAG vorgesehene Freibetrag von S 10.000,-- hinsichtlich dieser Dienstnehmer nicht anzuwenden.

Einziger Streitpunkt vor dem Verwaltungsgerichtshof ist, ob hinsichtlich der in den genannten sieben Häusern beschäftigten Hauswarte der Freibetrag des § 41 Abs. 4 letzter Satz FLAG bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage abgezogen werden durfte. Dies wiederum hängt davon ab, ob die Beschwerdeführerin Dienstgeber der Hausbesorger jener Häuser war, in denen die "Mietwohnungen gegenüber den Eigentumswohnungen überwogen", hinsichtlich welcher also noch nicht mit der Mehrheit der Liegenschaftsanteile Wohnungseigentum verbunden war, oder ob als Dienstgeber dieser Hauswarte die jeweiligen Miteigentumsgemeinschaften anzusehen waren.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde, im wesentlichen damit, daß dann, wenn an einer Liegenschaft von verschiedenen Personen Wohnungseigentum begründet werde, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Arbeitgeber des Hausbesorgers anzusehen sei, weil nur sie durch einen Mehrheitsbeschluß einen Hausbesorger einstellen oder entlassen könnten. Falls hingegen eine juristische oder natürliche Person die Mehrheit der Liegenschaftsanteile auf sich vereinige, könne sie allein einen Hausbesorger bestellen oder entlassen. Da die Beschwerdeführerin die Mehrheit der Eigentumsanteile besitze und den Dienstvertrag mit dem jeweiligen Hausbesorger abschließe, sei sie als Dienstgeber des Hausbesorgers anzusehen. Der Umstand, daß ein Minderheitseigentümer allenfalls als " Mitdienstgeber" anzusehen sei, könne nicht dazu führen, daß die ausgezahlte Lohnsumme etwa anteilsmäßig bei der Ermittlung der für den Dienstgeberbeitrag in Betracht kommenden Beitragsgrundlage anzurechnen sei. Es handle sich bei den Dienstverträgen um einheitliche Rechtsverhältnisse, die auch nach bürgerlichem Recht in der Regel als unteilbar anzusehen seien. Die Aufspaltung eines mit einer Personenmehrheit begründeten Dienstverhältnisses könne für den Bereich des Familienlastenausgleichsgesetzes nicht in Betracht gezogen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 41 FLAG 1967 haben die Dienstgeber einen Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne im Sinne des § 25 EStG 1972 zu leisten, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gewährt worden sind. Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 ist als Dienstnehmer der Arbeitnehmer im Sinne des § 47 EStG 1972 anzusehen. Nach dieser Vorschrift ist auch zu beurteilen, ob ein Dienstverhältnis vorliegt. Gemäß § 41 Abs. 4 letzter Satz FLAG 1967 verringert sich die monatliche Beitragsgrundlage um S 10.000,--, wenn sie S 15.000,-- nicht übersteigt.

Im Hinblick auf die in § 41 Abs. 2 FLAG 1967 enthaltene Verweisung auf § 47 EStG ist auch für den Bereich des Beitrages im Sinne des § 41 FLAG 1967 nach dem EStG 1972 zu beurteilen, wer Arbeitgeber ist. Nach § 47 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes derjenige, der Arbeitslohn im Sinne des § 25 dieses Gesetzes auszahlt. Gemäß § 47 Abs. 3 leg. cit. liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Geht man von diesem Arbeitgeberbegriff aus, dann kommt dem Umstand wesentliche Bedeutung zu, wer den Arbeitslohn auszahlt, wobei unter Auszahlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bloß die manipulative Tätigkeit zu verstehen ist, sondern die Tragung des Lohnaufwandes entscheidet (siehe hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1979, Zl. 2573/77, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Gemäß § 2 des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, sind Hausbesorger Personen, die die Reinhaltung, Wartung und Beaufsichtigung eines Hauses im Auftrag des Hauseigentümers gegen Entgelt zu verrichten haben. Den in den §§ 3 und 4 des Hausbesorgergesetzes umschriebenen Pflichten des Hausbesorgers steht die im § 7 leg. cit genannte Pflicht des Hauseigentümers gegenüber, an den Hausbesorger ein angemessenes Entgelt zu leisten. Das Hausbesorgergesetz geht somit nur von einem Dienstverhältnis zwischen Hauseigentümer und Hausbesorger aus, weshalb grundsätzlich im Hauseigentümer der Arbeitgeber im Sinne des § 47 Abs. 1 EStG 1972 zu sehen ist (siehe hg. Erkenntnisse vom 8. Juni 1979, Zl. 2573/77, und vom 9. Dezember 1981, Zl. 13/0827/78; vgl. ferner das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 20. Februar 1979, Arb. 9773 = RdA 1981, 39 mit zustimmender Besprechung von Welser-Czermak).

Arbeitgeber im Sinne des § 47 EStG 1972 kann jede physische oder juristische Person sein, aber auch jedes andere Gebilde des Wirtschaftslebens, wie die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht oder noch weit losere Personenzusammenschlüsse (siehe Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, III C, § 47 Tz 2 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung; ferner hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1958, Zl. 1941/55, und vom 21. Oktober 1959, Amtliche Sammlung Nr. 2094/F). Daraus folgt, daß im Falle einer Mehrheit von Eigentümern die aus allen Miteigentümern bestehende Miteigentumsgemeinschaft gemäß § 47 EStG 1972 als Dienstgeber des Hausbesorgers anzusehen ist, nicht aber etwa der Mehrheitseigentümer allein oder nur jene Miteigentümer, die mit der Bestellung des Hausbesorgers einverstanden waren. Der belangten Behörde ist daher insoweit vollauf beizupflichten, als sie meint, eine Aufspaltung der mit einer Personenmehrheit begründeten Dienstverhältnisse komme für den Bereich des FLAG 1967 nicht in Betracht.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und in der Gegenschrift vertretene Auffassung, die Beschwerdeführerin sei deshalb als Dienstgeber der Hauswarte anzusehen, weil sie als Mehrheitseigentümerin über die Einstellung bzw. Kündigung eines Hausbesorgers bestimmen könne, ist deshalb verfehlt, weil dabei die Frage der Verwaltung der Liegenschaft mit den den Eigentümern zuzurechnenden Rechten und Pflichten vermengt wird. Gemäß § 833 ABGB kommt die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern gemeinsam zu, doch entscheidet in Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes betreffen, die Mehrheit der Stimmen, berechnet nach dem Verhältnis der Anteile. Ist die Notwendigkeit, einen Verwalter zu bestellen, nicht strittig, so entscheidet über die Auswahl der Person des Verwalters die Mehrheit (siehe MietSlG. Nr. 33.083 und 34.105). Der Mehrheitseigentümer kann sich auch selbst zum Verwalter bestellen. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß die Beschwerdeführerin die fraglichen Liegenschaften verwaltet. Im Rahmen der ordentlichen Verwaltung konnte sie Hausbesorger bestellen sowie überhaupt alle Rechtshandlungen vornehmen, die das Hausbesorgerdienstverhältnis betreffen, ausgenommen die Auflassung des Hausbesorgerpostens (siehe MietSlg. Nr. 24.049 und 32.493; MietSlg. XXXII/7). Die Bestellung der Hausbesorger durch die Beschwerdeführerin als Verwalter der Liegenschaften begründete somit ein Dienstverhältnis mit sämtlichen Miteigentümern, weil der Verwalter in diesem Bereich direkter Stellvertreter der Eigentümer ist (siehe EvBl. 1979/133, Arb 10.308). Die Stellung der Beschwerdeführerin als Mehrheitseigentümer hatte somit nur zur Folge, daß sie im Rahmen der ordentlichen Verwaltung Hausbesorger mit Wirkung für alle Miteigentümer bestellen konnte, nicht aber, daß sie allein als Dienstgeber der für die verschiedenen Häuser bestellten Hauswarte anzusehen ist. Dienstgeber der Hauswarte ist vielmehr im Sinne der obigen Ausführungen zum Dienstgeberbegriff der §§ 41 FLAG 1967 und 47 EStG 1972 jeweils die Miteigentumsgemeinschaft des betreffenden Hauses.

Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 25. Mai 1988

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