VwGH 87/03/0196

VwGH87/03/019619.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. Juli 1987, Zl. IIb2-V-5700/3-1987, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §43 Abs1 litb Z1
StVO 1960 §44 Abs1
StVO 1960 §52 lita Z10a
VStG §1 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987030196.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 5. November 1986 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. März 1986 um 16.49 Uhr in Flirsch a.A., S 16 (Arlbergschnellstraße) als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws im Bereich des Flirscher-Tunnels (Ostportal) bei Strkm 7,8 in Fahrtrichtung Landeck fahrend, laut Messung mit einem geeichten stationären Verkehrsradargerät, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 38 km/h überschritten. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 52 Z. 10a StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.500,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Schuldvorwurf auf ein Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 33 km/h eingeschränkt und für diese Übertretung nach § 52 Z. 10a StVO gemäß S 99 Abs. 3 lit. a StVO die Geldstrafe auf S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 2 Tage) herabgesetzt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß S 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 StVO 1960 bedarf es zur Erlassung einer Geschwindigkeitsbeschränkung einer Verordnung der Behörde. Die Bestrafung des Beschwerdeführers wäre daher nur zulässig gewesen, wenn der am Tatort durch die Aufstellung von Vorschriftszeichen gemäß S 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 vorgenommenen Kundmachung (§ 44 Abs. 1 leg. cit.) einer Geschwindigkeitsbeschränkung eine den entsprechenden normativen Gehalt aufweisende Verordnung zugrunde gelegen wäre.

Die von der belangten Behörde vorgelegte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 3. Juli 1979 weist folgenden Wortlaut auf:

„Die Bezirkshauptmannschaft Landeck erläßt gemäß §§ 43, 44 und 94b StVO nachstehende

VERORDNUNG

Für die Arlberg Schnellstraße S 16 wird im Bereich der geplanten Elan‑Tankstelle im Gemeindegebiet von Flirsch eine gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 - 60 km/h in Richtung von Westen nach Osten verfügt.

Die Verkehrszeichen sind mit Beginn der Bauarbeiten für die Errichtung der Tankstelle anzubringen.“

Die von der belangten Behörde weiters vorgelegte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 1. August 1979 weist folgenden Wortlaut auf:

„Die ho. Verordnung, Zl. ...... vom 3. Juli 1979, wird dahingehend ergänzt, als die gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 - 60 km/h in beiden Richtungen verfügt wird.“

Die Bezirkshauptmannschaft Landeck ließ in diesen Verordnungen offen, auf welcher Strecke, beginnend und endend mit bestimmten Punkten (siehe hiezu das sich aus § 51 Abs. 1 i.V.m. § 52 lit. a Z. 10a und Z. 10b StVO ergebende Erfordernis der Festlegung dieser Punkte), die Verkehrsteilnehmer die vorgesehenen Höchstgeschwindigkeiten einzuhalten hätten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in diesen Verordnungen daher nicht den für die Festlegung einer Geschwindigkeitsbeschränkung erforderlichen normativen Gehalt zu erkennen.

Da sohin nicht davon ausgegangen werden kann, daß der am Tatort vorhanden gewesenen Kundmachung einer Geschwindigkeitsbeschränkung ein entsprechender Verordnungsakt der Behörde zugrunde lag, erweist sich die Bestrafung des Beschwerdeführers als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 19. Oktober 1988

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