Normen
BAO §135 Abs1
BAO §135 Abs1 implizit
GetränkesteuerG Wr 1971 §1 Abs1
LAO Wr 1962 §104 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1983170136.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9. 520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 29. Juli 1980 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin auf Grund des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 in der Fassung LGBl. Nr. 12 und 32/1973 (im folgenden: Wr GetrStG 1971) für die Zeit vom 1. September 1974 bis 31. Jänner 1975 Getränkesteuer im Betrage von S 180.023,-- und für die Zeit vom 1. April 1976 bis 30. September 1978 Getränkesteuer im Betrage von S 415.514,-- vor. Gleichzeitig wurde gemäß § 104 Abs. 1 WAO ein Verspätungszuschlag von S 59.554,-- wegen unterlassener Einbringung der Getränkesteuererklärung und gemäß §§ 164 und 166 WAO ein Säumniszuschlag von S 11.911,-- wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Getränkesteuer auferlegt.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Vorschreibung der Getränkesteuer für den Zeitraum vom 1. September 1974 bis 31. Jänner 1975 sowie gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlages und des Säumniszuschlages Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 21. Mai 1982 wurde diese Berufung einer Erledigung zugeführt.
Dieser Berufungsbescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1983, Zl. 82/17/0074, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
1.3. Mit Bescheid vom 16. Juni 1983 entschied die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien neuerlich über die Berufung und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß die Getränkesteuer für den Zeitraum vom 1. September 1974 bis 31. Jänner 1975 mit S 163.548,--, der Verspätungszuschlag mit S 41.551,-- und der Säumniszuschlag mit S 11.583,-- festgesetzt werde.
Zur Getränkesteuerbemessung für den Zeitraum vom 1. September 1974 bis 31. Jänner 1975 heißt es in der Begründung, daß die dreijährige Verjährungsfrist gelte. Es sei allerdings zu einer Unterbrechung des Laufes der Verjährungsfrist gekommen. Als eine derartige Unterbrechungshandlung sei die Aufforderung (der Vorhalt) der Magistratsabteilung 4, Referat 7, vom 26. März 1976 zu werten. Dieses Schreiben enthalte nach Darlegung der maßgeblichen Rechtslage die Aufforderung, die nach dem 31. August 1974 angefallene Getränkesteuer abzurechnen und zu entrichten. Die Bemessungsverjährung habe mit 1. Jänner 1977 neu zu laufen begonnen. Eine neuerliche Unterbrechungshandlung sei in der Ansage zur Prüfung (Hinweis auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 25. Juni 1979) erfolgt.
Unbestritten sei, daß die Beschwerdeführerin keine Aufzeichnungen vorgelegt habe, sodaß gemäß § 145 Abs. 3 WAO die Schätzungsberechtigung der Behörde gegeben sei. Gegen die in der Berufungsvorentscheidung vom 26. November 1980 vorgenommene Art der Schätzung sei kein Einwand erhoben worden und die belangte Behörde erachte die auf diese Weise ermittelte Getränkesteuer von S 163.548,-- als zutreffend.
Hinsichtlich der Behebung der Vorschreibung des Verspätungszuschlages für den Zeitraum September 1974 bis Jänner 1975 durch die bereits angeführte Berufungsvorentscheidung sei von der eingetretenen Teilrechtskraft auszugehen. Für den restlichen Zeitraum treffe die Beschwerdeführerin ein Verschulden an der Verspätung. Auf Grund früherer Bemessungsverfahren habe sie die Rechtsauffassung der Abgabenbehörde gekannt. Zudem sei sie in früheren Bemessungsverfahren wiederholt von der Abgabenbehörde über die Getränkesteuerpflicht informiert worden und habe auch nach der Zustellung des sie betreffenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1978, Zlen. 2731/77, 963/78, die Ende November 1978 erfolgt sei, die Abrechnungen nicht einmal nachträglich gelegt. Es habe vielmehr der Initiative der Abgabenbehörde (siehe das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 25. Juni 1979) bedurft, damit zumindest eine Offenlegung des Umfanges der Steuerpflicht erfolgt sei. Vor dem zitierten Schreiben sei, wie aus diesem eindeutig zu ersehen sei, an der Abfassung der Aufstellung für die Ermittlung der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage nicht zu arbeiten begonnen worden. Die Verspätung sei daher somit zumindest fahrlässig herbeigeführt worden. In Anbetracht der langen Dauer der Verspätung und des Umstandes, daß die Getränkesteuer amtlich habe bemessen werden müssen, erscheine die Auferlegung eines Verspätungszuschlages mit dem im Gesetz vorgesehenen Höchstsatz von 10 % gerechtfertigt.
Die Vorschreibung des Säumniszuschlages entspreche den §§ 164 und 166 WAO. Der Säumniszuschlag sei allerdings unter Bedachtnahme auf die erfolgte Herabsetzung der Getränkesteuer (S 163.548,-- anstelle von S 180.023,--) neu festzusetzen gewesen.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
1.5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1.1. § 156 Abs. 1 WAO lautet:
„Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 51) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.“
2.1.2. Strittig ist, ob in dem Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 26. März 1976 eine verjährungsunterbrechende Amtshandlung erblickt werden kann.
Dem genannten Schreiben war eine Eingabe des Vertreters der Beschwerdeführerin vom 1. März 1976 vorangegangen, welche folgenden Wortlaut hatte:
„Sehr geehrte Herren!
Unter Hinweis auf meine zu MA 4/7‑C 1/75 ausgewiesene Vollmacht teile ich namens der K Gesellschaft m.b.H. mit:
Meine Mandantschaft hat auch nach dem 31. August 1974 von K aus entgeltliche Getränkelieferungen an gewerbliche Abnehmer mit Niederlassung in Wien, die nicht Wiederverkäufer sind, durchgeführt. Da Erfüllungsort K war, ist hiefür eine Getränkesteuerpflicht in Wien nicht entstanden.
Meine Mandantschaft ist auf Wunsch zur vollständigen Offenlegung aller Getränkelieferungen mit örtlicher Beziehung zu Wien bereit, lehnt jedoch nach wie vor eine Offenlegung von Getränkelieferungen ohne örtliche Beziehung zu Wien ab.
Es wird beantragt, festzustellen, ob für die durch die K Gesellschaft m.b.H. von K aus durchgeführten entgeltlichen Getränkelieferungen an gewerbliche Abnehmer mit Niederlassung in Wien, die nicht Wiederverkäufer sind, in der Zeit vom 1. September 1974 bis zur Entscheidung über diesen Antrag eine Getränkesteuerpflicht nach dem Getränkesteuergesetz für Wien 1971 nicht entstanden ist.“
In Beantwortung dieser Eingabe erging nachstehendes Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 26. März 1976:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
In Beantwortung Ihrer Eingabe vom 1. März 1976, in der Sie mitteilen, daß die ‚K Gesellschaft mbH.‘ auch nach dem 31. August 1974 von K aus entgeltliche Getränkelieferungen an gewerbliche Abnehmer mit Niederlassung in Wien, die nicht Wiederverkäufer sind, durchgeführt hat und die Feststellung beantragen, daß für diese Lieferungen, für die K Erfüllungsort sei, in Wien die Getränkesteuerpflicht nicht gegeben ist, wird Ihnen folgendes mitgeteilt:
Nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes (z.B.: Erkenntnis vom 24. März 1954, Zl. 1921/51) sind Firmen, bei denen es sich nicht um typische Wiederverkäufer (für Getränke) handelt, als Letztverbraucher anzusehen, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die Getränke von ihnen für eigene Zwecke, für Angestellte oder zu Geschenkzwecken erworben wurden.
Die entgeltlichen Getränkeabgaben an Letztverbraucher in Wien unterliegen in Wien auf Grund der §§ 1 und 5 des zit. Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 der Getränkesteuer, weil nach der Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 14. Oktober 1958, Zl. B 67/58) konkludent auch der Verbrauch in Wien erfolgt und weil unter Beachtung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juni 1965, Zl. 1729/64, es nicht darauf ankommt, wo die Bestellung der Getränke erfolgte, sondern wo sie verbraucht werden. Als Verbrauchsort wird aber im allgemeinen - es sei denn, daß das Gegenteil nachgewiesen wird - der Ort angesehen werden können, wohin die Getränke geliefert worden sind.
Das Wiener Getränkesteuergesetz, das lediglich auf den Verbrauch abstellt, sagt zwar selbst darüber, wann eine entgeltliche Abgabe von Getränken vorliegt, nichts aus. Da aber die Getränkesteuer eine Verbrauchssteuer und nicht eine Verkehrsteuer (Umsatzsteuer) ist, darf die Auslegung nur unter dem Gesichtspunkt dieser Verbrauchssteuer erfolgen. Es ist daher unter ‚Abgabe‘ jede Leistung zu verstehen, durch die der Abgebende jemanden befähigt, im eigenen Namen über den Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann vom Abgebenden selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten (z.B.: Bahn, Post oder Spediteur) verschafft werden. Eine ‚Abgabe‘ wird jedenfalls dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht Übergabe) befindet. Diese Übergabe aber erfolgt durch die von Ihnen bestätigte Lieferung von K an die Letztverbraucher nach Wien in Wien, wodurch nach Meinung des Magistrates der Stadt Wien der getränkesteuerpflichtige Tatbestand der ‚entgeltlichen Abgabe‘ in Wien gegeben ist.
Die Getränkesteuer beträgt auf Grund des § 3 des zitierten Getränkesteuergesetzes in der Fassung des Artikels III des Gesetzes vom 1973 01 26, mit dem abgabenrechtliche Vorschriften an das Finanzausgleichsgesetz 1973 angepaßt werden, LGBl. für Wien Nr. 12/73, 10 v.H. des dem Verbraucher für das Getränk ausschließlich der Getränkesteuer, der Umsatzsteuer (diese ab 1973 01 01), der Abgabe von alkoholischen Getränken und des Bedienungsgeldes in Rechnung gestellten Entgeltes (Kleinhandelspreises).
Auf Grund des § 7 des Getränkesteuergesetzes sind bis zum 10. Tag jedes Monates die Getränke, für die im Vormonat eine Steuerschuld entstanden ist, bei der Magistratsabteilung 6 - Rechnungsamt, Abgabenhauptverrechnung, 1082 Wien, Rathaus, Stiege 3, Hochparterre, nach Art, Menge und Kleinhandelspreisen mittels der amtlich aufgelegten Getränke-Gefrorenes-Steuererklärung zu dem Getränkesteuerkonto 686/AHV anzumelden und die Steuer dafür zu entrichten.
Hochachtungsvoll“
2.1.3. Unzweifelhaft kommt nach Form und Inhalt dieser Erledigung zum Ausdruck, daß ein bescheidmäßiger Abspruch über den gestellten Antrag nicht intendiert war. Ein Bescheid liegt jedenfalls nicht vor.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber auch keine andere Art einer Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches vor. Das Schreiben des Magistrates diente weder der Feststellung des Abgabenanspruches noch enthielt es die Aufforderung zur Erstattung einer Abgabenerklärung für einen bestimmten Zeitraum. Sein Inhalt erschöpft sich in einer Darlegung des Rechtsstandpunktes der Abgabenbehörde. Dies gilt insbesondere auch für den letzten Absatz des Schreibens. Ungeachtet des Umstandes, daß bereits ein ganz bestimmter in der Vergangenheit gelegener Zeitraum in Rede stand, bezog sich die Abgabenbehörde nicht auf diesen konkreten Abgabenanspruch, sondern gab den Inhalt des § 7 Wr GetrStG 1971 wieder, wonach bis zum 10. Tag jedes Monates die Getränke, für die im Vormonat eine Steuerschuld entstanden ist, anzumelden und die Steuer dafür zu entrichten ist. Durch die Anführung des Abgabenkontos der Beschwerdeführerin wurde zwar die außer Streit stehende Person des Abgabenschuldners individualisiert, nicht aber ein bestimmter Zeitraum und damit auch nicht der Abgabenanspruch konkretisiert.
2.1.4. Die belangte Behörde hat daher dem genannten Schreiben des Magistrats vom 26. März 1976 zu Unrecht eine verjährungsunterbrechende Wirkung beigemessen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher, insoweit er die Getränkesteuervorschreibung für die Zeit vom 1. September 1974 bis 31. Jänner 1975 betrifft, als inhaltlich rechtswidrig.
2.2.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen die Auferlegung eines Verspätungszuschlages. Dieser betrifft den Zeitraum von April 1976 bis September 1978. Der Beschwerdeführerin könne aus der Nichtentrichtung der Getränkesteuer bis einschließlich September 1978 kein Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens gemacht werden. Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin sei nicht abwegig und durch einzelne Formulierungen in Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes durchaus indiziert gewesen. Auch wenn die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ihre Rechtsauffassung über die Getränkesteuerpflicht wiederholt mitgeteilt habe, ändere dies nichts an der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin - dem Rat ihres Anwaltes folgend - solange eine gegenteilige Auffassung vertrete, als diese nicht von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu ihren Ungunsten verworfen worden sei. Auch daraus, daß die Beschwerdeführerin nach der am 28. November 1978 erfolgten Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1978, Zlen. 2731/77, 963/78, keine nachträglichen Abrechnungen gelegt habe, könne ihr kein Vorwurf gemacht werden. Die Beschwerdeführerin habe zum ehestmöglichen Zeitpunkt Aufzeichnungen über die steuerpflichtigen Getränkeabgaben dem Magistrat übermittelt.
2.2.2. § 104 Abs. 1 WAO lautet:
„Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Bei Berechnung des Verspätungszuschlages findet § 153 sinngemäß Anwendung.“
2.2.3. Was das Verschulden der Beschwerdeführerin an der Verspätung anlangt, sind zwei Zeiträume zu unterscheiden, der vor und jener nach der Zustellung des hg. Erkenntnisses vom 9. Oktober 1978, Zlen. 2731/77, 963/78, am 28. November 1978.
Für den erstgenannten Zeitraum kann zwar von einer - Verschulden von vornherein ausschließenden - vertretbaren Rechtsansicht, es komme beim Begriff der entgeltlichen Abgabe der Getränke im Sinne des § 1 Abs. 1 Wr GetrStG 1971 auf die Einräumung der rechtlichen (und nicht der tatsächlichen) Verfügungsgewalt an, nicht gesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1983, Zl. 81/17/0199). Die Organe der Beschwerdeführerin, denen die Rechtsauffassung der Abgabenbehörden bekannt war, setzten sich allerdings über die damit aufgeworfene Zweifelsfrage nicht hinweg - insofern entsprachen sie der ihnen obliegenden Sorgfaltspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1981, Zlen. 81/17/0126, 0127, 0131) -, sondern bedienten sich des Rates eines fachkundigen und befugten Rechtsbeistandes. Bei diesem Sachverhalt kann dem Organ eines Abgabepflichtigen der Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens nicht gemacht werden, sofern sich das Organ nur mit der von einer Person seiner Stellung zu erwartenden Gewissenhaftigkeit mit dem Für und Wider der beiden Rechtsauffassungen eingehend auseinandergesetzt hat, darnach bei ihm an der Richtigkeit der Anschauung seines Rechtsfreundes weder ernstliche Zweifel auftauchten noch solche bei ihm in Anbetracht der von ihm zu prästierenden Kenntnisse auftauchen mußte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1983, Zl. 82/17/0064, unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse vom 8. April 1983, Zl. 81/17/0199, und vom 15. April 1983, Zl. 82/17/0151).
Die belangte Behörde hat nun die Rechtslage insofern verkannt, als sie die Aufklärung des Sachverhaltes in der Richtung für entbehrlich hielt, welche Rechtsbelehrungen (Ratschläge), mit welchen Begründungen und zu welchen Zeiten das verantwortliche Organ der Beschwerdeführerin von ihrem Rechtsfreund erhielt, mit welcher Gewissenhaftigkeit es sich mit dem Für und Wider der beiden Rechtsauffassungen befaßte und zu welchen Überzeugungen es dabei gelangte. Erst auf Grund eines solcherart ergänzten Sachverhaltes ließe sich beurteilen, ob der Rechtsirrtum als entschuldbar anzusehen gewesen wäre oder nicht.
Mit Zustellung des hg. Erkenntnisses vom 9. Oktober 1978 mußte die Beschwerdeführerin die - objektiv von Anfang an gegebene, fortdauernde (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 8. April 1983, Zl. 81/17/0199) - Melde- und Abrechnungspflicht erkennen. Es ist ihr angesichts der Länge des Abrechnungszeitraumes und des Umstandes, daß die firmeneigenen Aufzeichnungen nicht nach den geforderten Kriterien geführt und daher nicht zugleich und ohne aufwendige Sichtungstätigkeit für die abzugebenden Meldungen brauchbar waren, unter dem Gesichtspunkt der unverschuldeten Verspätung ein gewisser Spielraum (für die Abgabe der Erklärung bzw. des Antrages auf Setzung einer Nachholungsfrist) zuzubilligen. Ein solcher Spielraum ist aber jedenfalls überschritten, wenn die Abgabenschuldnerin mit ihrem Schreiben vom 25. Juni 1979 erst auf Grund der Aufforderung durch die Abgabenbehörde überhaupt reagiert, eine Verlängerungsfrist beantragt und ausgeführt hat, es werde mit der „Abfassung dieser Aufstellung ohne Verzug begonnen werden“. Daß es im übrigen nicht als Entschuldigungsgrund gelten kann, wenn die Abgabenbehörde die Abgabenerklärung nicht eingemahnt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Jänner 1958, Zl. 2296/56, ausgesprochen.
Waren somit die Tatbestandsvoraussetzungen für den Ermessensgebrauch gegeben, so stellt sich die Frage, ob die belangte Behörde mit Verhängung des Zuschlages in der maximalen Höhe von 10 % von diesem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat und diesen Gebrauch im Sinne des § 18 WAO entsprechend begründet hat. Für den Fall, daß die Verspätung in der Zeit bis zum 28. November 1978 der Beschwerdeführerin nicht als Verschulden angelastet werden kann, erscheint das Begründungselement der „Dauer der Verspätung“ im angefochtenen Bescheid, insoweit es sich auch auf den Zeitraum von 1976 bis 28. November 1978 und nicht nur auf die Verspätung nach diesem Zeitpunkt bezieht, für die Verhängung des maximalen Zuschlages nicht ausreichend, dies auch nicht im Zusammenhang mit dem Umstand, daß die Getränkesteuer amtlich habe bemessen werden müssen. Tatsächlich wurden in der Folge Aufstellungen über die steuerpflichtigen Getränkelieferungen vorgelegt und der Steuerbemessung auch zugrunde gelegt.
Die Handhabung des Ermessens bei Festsetzung des Verspätungszuschlages mit dem gesetzlich zulässigen höchsten Prozentsatz erweist sich somit im Ergebnis als fehlerhaft.
2.3. Der festgesetzte Säumniszuschlag erweist sich aus den im Punkt 2.1. dargelegten Gründen hinsichtlich der verjährten Abgabenschuld als gesetzwidrig.
2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Stempelgebührenersatz war für die Beschwerde (zweifach) und eine Bescheidausfertigung in Höhe von insgesamt S 250,-- zuzusprechen. Die vergebührte Vollmachtsurkunde war bereits in früheren Verfahren verwendet worden.
2.6. Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 22. Dezember 1988
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