Normen
EStG 1972 §17 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §21 Abs1 Z3;
FischereiG Tir 1952;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Steuerberater. Seit 1975 besitzt er ein Fischereirecht (Eigenrevier an einem Fluß in Tirol in 3,25 km Länge), das er von seinem Vater geschenkt erhalten hatte. Einkünfte aus diesem Fischereirecht hat der Beschwerdeführer nie erklärt, weil er die Fischerei als Liebhaberei im steuerlichen Sinn ansah. Er wurde bis 1984 auch mit Einkünften aus der Fischerei nicht veranlagt. Auf die dann ergangene Aufforderung des Finanzamtes zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für nichtbuchführende Land- und Forstwirte (für die Jahre 1980 bis 1982) hin, erstattete der Beschwerdeführer eine Leermeldung. Nach Wiederaufnahme der Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre setzte das Finanzamt in den berichtigten Einkommensteuerbescheiden auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Fischereirecht) nach Durchschnittssätzen (§ 17 Abs. 1 EStG iVm den jeweiligen Pauschalierungsverordnungen) an. Der Beschwerdeführer erhob hiegegen Berufung mit der Begründung, es handle sich bei der Fischerei um Liebhaberei, weil auf Dauer gesehen Einnahmenüberschüsse nicht zu erwarten seien. Die Fischerei werde zum überwiegenden Teil vom Beschwerdeführer selbst bzw. von seinen Freunden ausgeübt, von denen er für die Tageskarte nichts verlange. Vollständige Aufzeichnungen, die eine Gewinnermittlung ermöglichten, wären nicht vorhanden, da der Beschwerdeführer die Fischerei immer schon als Hobby (Liebhaberei) betrachtet und sich deshalb zur Führung von Aufzeichnungen nicht für verpflichtet erachtet habe. Wie bereits sein Vater, habe auch der Beschwerdeführer die Verwaltung und Beaufsichtigung des Fischereiwassers einem (namentlich genannten) Dritten übertragen. Dessen Aufgabe sei die Beaufsichtigung des Fischwassers gegen Schwarzfischerei, die Durchführung von Kontrollen (Mindestmaße, Fangbeschränkungen, Köderwahl, etc.), die Vertretung der Interessen des Beschwerdeführers als Fischereirechtseigentümer gegenüber Behörden und anderen Institutionen (Besorgung des Fischbesatzes, Vertretung bei Fischereirevierausschußsitzungen, Überwachung von Schotterentnahmen aus dem Flußbett sowie von diversen Flußbettverbauungen durch die Behörde, jährliche Besorgung der Fischereikarten, etc.) sowie Begleitung von Freunden und Bekannten des Beschwerdeführers beim Fischen. Die mit der Erfüllung dieser Aufgaben verbundenen Kosten (Fahrtspesen, Taggelder, Fischereigeräte und -artikel, etc.) und auch die Aufwendungen für Fischbesatz, Kartengebühren und die sonstigen Abgaben und Beiträge würden von dem erwähnten Dritten aus den Einnahmen aus Kartenverkäufen bestritten, wobei zur Schonung des Gewässers die interne Abmachung bestehe, daß die Ausgaben und die Einnahmen in etwa gleich hoch sein sollten. Sollte das - vom Beschwerdeführer nicht überprüfbare - tatsächliche Ergebnis eines Jahres von dieser auf reiner Vertrauensbasis getroffenen Abmachung einmal geringfügig abweichen, so wäre ein Einnahmenüberschuß als Entlohnung für die Erfüllung der oben angeführten Aufgaben, ein Ausgabenüberschuß als Entschädigung für die kostenlose Fischereimöglichkeit zu betrachten. Geringfügige Abweichungen nach beiden Richtungen sollten sich, wie erwähnt, über die Jahre hindurch ausgleichen. In den letzten Jahren seien die Ausgaben für die Fischerei durch die Notwendigkeit des Einsatzes von Besatzfischen gestiegen, um den durch Verschlechterung der Wasserqualität und Bautätigkeiten in den Gewässern (Kraftwerksbauten) zunehmenden Rückgang des Fischbestandes einigermaßen aufzuhalten. In dieser Zeit sei ein Einnahmenrückgang festzustellen gewesen, weil die fremdenverkehrsreichen Monate Juli und August auf Grund des sommerlichen Hochwassers für die Fischerei die schlechtesten Monate seien.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zählten gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 EStG die Einkünfte aus Binnenfischerei und Fischzucht. Der Beschwerdeführer sei Fischereiberechtigter gemäß dem Tiroler Fischereigesetz 1952, er besitze ein Eigenrevier. Vergleiche man das, was der Beschwerdeführer im Verfahren über die in seinem Fischereirevier ausgeübten Aktivitäten berichtet habe (Verwaltung und Beaufsichtigung des Fischwassers, entgeltliche Abgabe von Fischereigastkarten) mit den Bestimmungen des Tiroler Fischereigesetzes 1952, so betreibe er sichtlich die Fischerei im Sinne dieses Landesgesetzes. Damit liege eine Tätigkeit vor, die sich ebenfalls nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft darstelle, zumal auch bei der Binnenfischerei anders als beim Betrieb von Luxusgütern, beim Halten von Rennställen und der nicht gewerblich ausgeübten Jagd keine allgemeine Vermutung für die Liebhaberei spreche. Von bloßer Sportausübung könne bei dem vom Beschwerdeführer geschilderten Sachverhalt nicht die Rede sein. Da der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben keine vollständigen Aufzeichnungen führe, die eine Gewinnermittlung nach § 4 EStG ermöglichten, stelle sich die Frage nicht, ob die von ihm in seinem Fischereirevier betriebene Fischerei Liebhaberei im Sinne des Einkommensteuergesetzes sei. Bei der hier anzuwendenden land- und forstwirtschaftlichen Durchschnittssatzbesteuerung mit 31 v.H. des zum 1. Jänner des zu veranlagenden Kalenderjahres maßgebenden Einheitswertes träten tatsächlich erwirtschaftete, anhaltende Verluste nicht in Erscheinung, die aber das Kennzeichen für Liebhaberei seien. Wenn zuträfe - was der Beschwerdeführer allerdings nur vermute - daß über Jahre hinweg betrachtet die Einnahmen und die Ausgaben bei der Fischerei etwa gleich hoch seien, hätte er zudem tatsächlich keine Verluste zu verzeichnen. Da bei den nach Durchschnittssätzen ermittelten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die gewinnmindernden Beträge nicht zu einem Verlust führen dürften (§ 6 Abs. 1 letzter Satz der Durchschnittssatzverordnungen), verlange der Verordnungsgeber von der Vielzahl der unter die Verordnungen fallenden Land- und Forstwirte offensichtlich auch nicht, daß sie jemals einen Gewinn erzielten. Aus dieser Sicht erscheine es ebenfalls gerechtfertigt, die Fischereiberechtigung des Beschwerdeführers als Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes anzusehen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, nicht mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft im Hinblick auf seine als Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinn anzusehende Fischerei zur Einkommensteuer herangezogen zu werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt, den angefochtenen Bescheid deshalb aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der angefochtene Bescheid steht schon deshalb mit dem Gesetz nicht in Einklang, weil die belangte Behörde unzulässigerweise die Frage der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 17 Abs. 1 EStG mit der Frage der Eignung des Fischereirechtes des Beschwerdeführers, als Einkunftsquelle zu dienen, vermengt hat. Voraussetzung dafür, daß sich die Frage nach der Gewinnermittlungsart überhaupt erst stellen kann, ist nämlich, daß eine Einkunftsquelle vorliegt. Für die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde spricht auch nicht die von ihr im angefochtenen Bescheid zitierte Kommentarstelle (Einkommensteuer-Kommentar, Hofstätter-Reichel, Band III A, § 2 Tz 13) oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofes BStBl II 1986, 808. Darin wird nämlich von dem Fall ausgegangen, daß der Steuerpflichtige "eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen vorzieht" oder, daß er "ausnahmsweise die Anerkennung als Liebhabereibetrieb erhalten" will. Ob für diese Fälle die an den angeführten Stellen geäußerte Rechtsansicht zutreffend ist, braucht der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall nicht zu beantworten. In diesem hat der Beschwerdeführer nämlich nie Gewinne aus Einkünften der Land- und Forstwirtschaft (Fischerei) nach Durchschnittssätzen ermittelt, weil er von vornherein davon ausgegangen ist, daß eine Einkunftsquelle nicht vorliegt. Er hat deshalb auch aus eigenem keine Abgabeerklärungen abgegeben und über Aufforderung eine Leermeldung erstattet.
Der belangten Behörde kann aber auch darin nicht gefolgt werden, daß von bloßer Sportausübung durch den Beschwerdeführer nicht die Rede sein könne und seine Aktivitäten im Zusammenhang mit der Fischerei das äußere Erscheinungsbild der Ausübung der Land- und Forstwirtschaft darstellten. Der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt unterscheidet sich nämlich z.B. in keiner Weise von einer nicht gewerblich, sondern als Sport ausgeübten Jagd.
Die belangte Behörde hätte daher im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers zu überprüfen gehabt (vgl. hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1987, Zl. 85/14/0125), ob bei der von ihm geschilderten Bewirtschaftungsweise überhaupt die Möglichkeit einer Erzielung von Einnahmenüberschüssen besteht und, falls diese Überprüfung kein eindeutiges Ergebnis zeigt, zu klären gehabt, ob die Behauptung des Beschwerdeführers zutrifft, daß er, dessen Lebensunterhalt doch offenbar aus seinen Einkünften als Steuerberater sichergestellt ist, sich das Fischereirecht als Hobby, also zur Liebhaberei leistet.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt und infolge dessen die Aufklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes unterlassen. Dies mußte zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 27. Oktober 1987
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