VwGH 87/05/0042

VwGH87/05/004214.4.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde des HG in B, vertreten durch Dr. Peter Obermayr, Rechtsanwalt in Graz, Sporgasse 11, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. März 1985, Zl. 8‑Wa‑2/3/1985, betreffend Verpflichtung zum Kanalanschluß (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

GdKanalisationsG Krnt 1978 §4 Abs2
GdKanalisationsG Krnt 1978 §5 Abs1
GdKanalisationsG Krnt 1978 §5 Abs2
GdKanalisationsG Krnt 1978 §5 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1987050042.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. August 1981 wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 4 des Gemeindekanalisationsgesetzes 1977, LGBl. für Kärnten Nr. 18/1978, aufgetragen, das auf seinem Grundstück Nr. 18 des Grundbuches über die Kat. Gem. S errichtete Gebäude an den öffentlichen Kanal der mitbeteiligten Gemeinde anzuschließen. Der Anschluß an die Kanalisationsanlage sei binnen 12 Monaten unter Einhaltung der Bestimmungen der Kärntner Bauordnung und der Kärntner Bauvorschriften herzustellen. Gleichzeitig sei bei Herstellung des Anschlusses an die Kanalisationsanlage die Auflassung bzw. Schließung der bestehenden Abwasserbeseitigungsanlage (Sickergrube, sonstige Versickerungsanlage, Senkgrube, Klärgrube) zu veranlassen.

Dieser Bescheid wurde auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Juni 1983 bestätigt.

Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. März 1985 gemäß § 95 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982 als unbegründet abgewiesen.

Nach einer Wiedergabe der entscheidungswesentlichen gesetzlichen Grundlagen führte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, im Zuge der von ihr durchgeführten Ermittlungen seien mehrere wasserbautechnische Gutachten sowie ein landwirtschaftliches Gutachten eingeholt worden. Daraus ergebe sich, daß der Anschluß an die Gemeindekanalisationsanlage ohne überdurchschnittliche Kosten möglich sei, da ein Anschlußschacht bereits unmittelbar vor dem anzuschließenden Objekt vorhanden sei. Eine Ausnahme von der Anschlußpflicht nach § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes, die nur dann vorliege, wenn die Kosten der baulichen Herstellung des Anschlußkanales diejenigen eines vergleichbaren, dem örtlichen Durchschnitt entsprechenden Anschlusses um 50 % übersteigen, liege daher im gegenständlichen Fall ganz offensichtlich nicht vor und sei auch vom Beschwerdeführer in dessen Vorstellung nicht behauptet worden. Der Beschwerdeführer sei Eigentümer einer Landwirtschaft im Ausmaß von 2,66 ha. Diese Fläche gliedere sich in 0,86 ha Wald, 1,63 ha landwirtschaftliche Nutzfläche (Wiese, Weide), 0,09 ha Garten und 0,08 ha Bauareal. Die Wald- und Gartenfläche werde vom Beschwerdeführer selbst bewirtschaftet, während die landwirtschaftliche Nutzfläche schon seit Jahren vom Nachbarn genutzt werde. Überdies sei die Viehhaltung schon vor längerer Zeit aufgegeben worden. Es sei also klar ersichtlich, daß das anzuschließende Bauwerk nicht überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken diene; überdies werde im landwirtschaftlichen Gutachten festgestellt, daß es sich bei den anfallenden Abwässern um solche aus dem Wohnbereich der Besitzerfamilie (Fäkalien, Küchenabwässer, Abwässer der Körperpflege usw.) und um solche aus dem Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers handle. Da eine Tierhaltung nicht vorhanden und der Anteil an Fäkalien sehr gering sei, sei der Düngerwert dieser Abwässer von untergeordneter Bedeutung und wären diese wegen des hohen Anteils an Waschwasser für die Düngung landwirtschaftlicher Nutzflächen nicht geeignet, da die Düngerwirkung äußerst gering sei. Solche Abwässer würden üblicherweise in der Landwirtschaft nicht zu Düngungszwecken verwendet. Darüber hinaus vertrete der Beschwerdeführer die Meinung, daß das Überwasser seiner bereits existierenden „Dreikammerkläranlage“ seit Wiederaufbau seines Bauwerkes bzw. seit Errichtung des öffentlichen Kanalnetzes in diesen Kanal zugeleitet werde. Die damals dafür entstandenen Kosten für den Anschluß seien sicherlich bereits durch den Vater abgegolten worden. Ein Bescheid, der eine Kanalanschlußpflicht vorschreibe, habe keine sachliche Grundlage, da ohnehin schon seit Jahren bzw. seit Jahrzehnten ein vollkommener Kanalanschluß vorhanden sei. Diesem Vorbringen entgegnete die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides, aus dem wasserbautechnischen Gutachten und einer von der mitbeteiligten Gemeinde eingeholten Stellungnahme gehe jedoch eindeutig hervor, daß bisher weder ein tatsächlicher Anschluß noch eine bescheidmäßige Anschlußverpflichtung des gegenständlichen Bauwerbers an die bestehende Gemeindekanalisationsanlage erfolgt seien. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Mit Beschluß vom 25. September 1986, Zl. B 261/85‑12, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte Beschwerde und die dazu erstattete Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdegrund (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) geltend, daß der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig sei, weil die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Anschlußpflicht gemäß § 5 Abs. 3 des Gemeindekanalisationsgesetzes gegeben seien. Es handle sich nämlich um ein Bauwerk, welches überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken diene; ferner seien alle anfallenden Abwässer für Düngungszwecke geeignet und würden in entsprechenden Anlagen gesammelt.

Zufolge § 4 Abs. 1 des Gemeindekanalisationsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 18/1978, sind die Eigentümer der im Kanalisationsbereich gelegenen Grundstücke verpflichtet, die auf diesen Grundstücken errichteten Gebäude an die Kanalisationsanlage der Gemeinde anzuschließen. Aus Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ergibt sich, daß der Bürgermeister die Anschlußpflicht mit Bescheid auszusprechen hat.

Gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. darf ein Anschlußauftrag nicht erteilt werden, wenn a) die Kosten der baulichen Herstellung des Anschlußkanals diejenigen eines vergleichbaren, dem örtlichen Durchschnitt entsprechenden Anschlusses um 50 v. H. übersteigen, sofern eine sonstige schadlose Verbringung der Abwässer gewährleistet ist; b) bei Gebäuden nur Niederschlagswässer anfallen, die ohne Anlage und ohne nachteilige Auswirkungen zur Gänze versickern können; c) ein Grundstück für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle darf ein Anschlußauftrag weiters nicht erteilt werden, wenn der Anschluß an die Kanalisationsanlage nicht möglich ist. Der Anschluß an die Kanalisationsanlage ist nicht möglich, wenn durch die Einbringung der in Betracht kommenden Abwässer die wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter (§ 32 Abs. 4 des Wasserrechtsgesetzes 1959) überschritten oder die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt würde oder wenn der Durchführung des Anschlusses rechtliche Hindernisse von seiten Dritter entgegenstehen.

Im Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist schließlich vorgesehen, daß Bauwerke, die überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken dienen, auf Antrag von der Anschlußpflicht zu befreien sind, sofern alle anfallenden Abwässer für Düngungszwecke geeignet sind und in Anlagen gesammelt werden, die den Kärntner Bauvorschriften entsprechen.

Die Entscheidung über einen auf diesen Abs. 3 gestützten Befreiungsantrag setzt also einen die Anschlußpflicht aussprechenden, rechtskräftigen Bescheid im Sinne des § 4 Abs. 2 leg. cit. voraus, weshalb nicht schon in dem dem angefochtenen Bescheid vorausgegangenen Verfahren, in welchem über die Anschlußpflicht gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. entschieden worden ist, zu prüfen war, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig feststehenden Anschlußpflicht gegeben sind (siehe das zur vergleichbaren Rechtslage nach der OÖ Bauordnung 1976 ergangene hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1985, Zl. 85/05/0002, Baurechts-Slg. Nr. 451). Im Fall eines Antrages auf Befreiung von der Anschlußpflicht gemäß § 5 Abs. 3 des zitierten Gemeindekanalisationsgesetzes muß daher die Anschlußpflicht bereits rechtskräftig feststehen, wogegen entsprechend der eindeutigen Regelung der Abs. 1 und 2 dieser Gesetzesstelle bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ein Anschlußauftrag nicht erteilt, also ein Bescheid gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. nicht erlassen werden darf.

Da der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 leg. cit. für einen Anschlußauftrag nicht gegeben sind oder ein solcher im Hinblick auf die Regelungen des § 5 Abs. 1 und 2 leg. cit. zu unterlassen gewesen wäre, und die belangte Behörde auf Grund der Vorstellung gegen den die Anschlußpflicht verfügenden Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde gar nicht zu prüfen hatte, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 leg. cit. für eine Befreiung von der Anschlußpflicht vorliegen, kann auch nicht davon die Rede sein, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 14. April 1987

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