VwGH 86/16/0023

VwGH86/16/002322.1.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde der MR in W, vertreten durch Dr. Friedrich Mosing, Rechtsanwalt in Wien I, Mölkerbastei 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. Februar 1985, Zl. GA 11 - 380/85, betreffend Säumniszuschlag (Erbschaftssteuer), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §108 Abs3
BAO §108 Abs4
BAO §218 Abs1 Satz1 idF 1980/151
BAO §221 Abs1
BAO §221 Abs1 Satz1 idF 1980/151
VwGG §42 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986160023.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: Finanzamt) hatte mit Bescheid vom 21. März 1984 u.a. der Beschwerdeführerin auf Grund deren am 2. Dezember 1983 zur Post gegebenen Ansuchens desselben Tages hinsichtlich eines Erbschaftssteuerbetrages, dessen Festsetzung mit Berufung bekämpft und für den ein Überbringersparbuch mit einer Einlage in der Festsetzung entsprechender Höhe als Sicherheitsleistung gestellt sowie zugelassen worden war, Stundung bis ein Monat nach Erledigung ihrer Berufung, längstens bis 30. September 1984 (ein Sonntag) gewährt. Mit Bescheid vom 5. Oktober 1984 hatte das Finanzamt u.a. der Beschwerdeführerin auf Grund deren am September 1984 (ein Mittwoch) zur Post gegebenen Ansuchens vom 24. September 1984 (ein Montag) hinsichtlich desselben Abgabenbetrages Stundung bis ein Monat nach Erledigung ihrer Berufung, längstens bis 31. Dezember 1984 gewährt.

Mit einem anderen Bescheid - ebenfalls vom 5. Oktober 1984 - setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin einen Säumniszuschlag fest, weil der angeführte Abgabenbetrag am 30. September 1984 fällig gewesen und nicht bezahlt worden sei. Werde ein neuerliches Ansuchen um Stundungserleichterung gestellt, so sei dies spätestens eine Woche vor Ablauf der zuletzt bewilligten Stundung einzubringen.

In ihrer rechtzeitigen Berufung gegen den zuletzt zitierten Bescheid des Finanzamtes brachte die Beschwerdeführerin vor, die Stundung sei bis 30. September 1984 (Sonntag) bewilligt, der neuerliche Antrag auf Stundung vom 24. September 1984 daher rechtzeitig eingebracht gewesen; jedenfalls sei keine fünf Tage überschreitende Säumnis eingetreten, sodaß gemäß § 221 Abs. 1 BAO der angefochtene Bescheid nicht begründet sei.

Das Finanzamt wies diese Berufung der Beschwerdeführerin mit Berufungsvorentscheidung vom 21. November 1984 als unbegründet ab, weil der im § 221 BAO enthaltene Begriff der "Säumnis" die verspätete Tilgung einer Abgabe erfasse, nicht etwa Fristverstöße anderer Art, wie z.B. verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.

Die Beschwerdeführerin beschränkte sich in ihrem am 19. Dezember 1984 zur Post gegebenen Schriftsatz desselben Tages auf den rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung (über die Berufung) durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wies die Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 15. Februar 1985 im wesentlichen unter Hinweis auf die §§ 217 Abs. 1 erster Satz sowie 218 Abs. 1 erster Satz BAO als unbegründet ab, weil das Stundungsansuchen vom 24. September 1984 erst am 27. September 1984 beim Finanzamt eingelangt sei.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 erster Satz BAO (hier und in der Folge jeweils in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 151/1980) mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.

Diese Einschränkungen der Abs. 2 bis 6 sowie des § 218 kommen mit nachstehend angeführter Ausnahme im vorliegenden Fall von vornherein nicht in Betracht.

§ 218 Abs. 1 erster Satz BAO bestimmt folgendes:

"Wird ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) spätestens eine Woche vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht und wird diesem Ansuchen stattgegeben, so tritt vor Ablauf des Zeitraumes, für den Zahlungserleichterungen bewilligt wurden, die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages erst dann ein, wenn infolge eines Terminverlustes (§ 230 Abs. 5) ein Rückstandsausweis (§ 229) ausgestellt wird."

Die Fristbestimmungen der BAO gelten sowohl für die Fristen des Verfahrensrechtes wie auch für die des materiellen Rechtes - siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1981, Zl. 16/3706/80, ÖStZB 1982/19, Seite 284, sowie die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung, weiters auch Ritz, Die Nichteinrechnung der Tage des Postenlaufes (§ 108 Abs. 4 BAO), ÖStZ 1985/20, Seite 258.)

Nach § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Auf Grund des § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Bereits die vorstehenden Ausführungen zeigen, daß es einerseits entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung nicht auf den Tag des Einlangens beim Finanzamt und anderseits entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung auch nicht auf das Datum des Schriftsatzes, sondern unter der hier gegebenen Voraussetzung des Einlangens beim Finanzamt (siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1983, Zl. 82/16/0119, ÖStZB 1983/15, Seite 287, und die dortigen Hinweise auf die Vorjudikatur) auf den Tag der Postaufgabe ankommt (siehe z.B. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1981, Zl. 16/3706/80, ÖStZB 1982/19, Seite 284).

Obwohl die belangte Behörde zu Unrecht den Tag des Einlangens beim Finanzamt als wesentlich ansah, belastete sie den angefochtenen Bescheid nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil sie mit einer zwar unrichtigen Begründung doch zum rechtmäßigen Spruch gelangte (siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 86/16/0019, und den dort gemachten Hinweis auf die Vorjudikatur), weil die Postaufgabe am Mittwoch, dem 26. September 1984, jedenfalls im Sinne des § 218 Abs. 1 erster Satz BAO verspätet war.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vermeint, die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entstehe nicht "... soweit die Säumnis nicht mehr als 5 Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem

Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten .... zeitgerecht

entrichtet hat", dann übersieht sie folgendes:

Der Begriff der "Säumnis" in dem § 221 Abs. 1 erster Satz BAO, aus dem das vorstehende Zitat stammt, erfaßt die verspätete Tilgung, nicht etwa Fristverstöße anderer Art (z.B. verspätete Zahlungserleichterungsansuchen, verspätete Abgabe von Erklärungen usw. - siehe z.B. Stoll, Bundesabgabenordnung-Handbuch, Wien 1980, Seite 548 letzter Absatz, und schon Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Wien 1966, Seite 745, Anm. 4 Abs. 2, und das u. a. dort zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1963, Zlen. 818 und 819/62, Slg. Nr. 2930/F, das trotz der Novellierung des § 221 BAO im vorliegenden Zusammenhang bedeutungsvoll geblieben ist).

Worin die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt, hat sie in keiner Weise ausgeführt. Der Verwaltungsgerichtshof findet auch im Rahmen der ihm gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufgetragenen amtswegigen Prüfung des angefochtenen Bescheides keine diesem anhaftende Rechtswidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG.

Aus allen dargelegten Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie durch einen auf Grund des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 22. Jänner 1987

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